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Amtsgericht Wuppertal Urteil vom 19.01.2009 - 35 C 39/08 - Zur unzulässigen zeitlichen Begrenzung der Geltung einer Mehrfachbade- und schwimmkarte
 

 

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AG Wuppertal v. 19.01.2009: Zur unzulässigen zeitlichen Begrenzung der Geltung einer Mehrfachbade- und schwimmkarte


Das Amtsgericht Wuppertal (Urteil vom 19.01.2009 - 35 C 39/08) hat entschieden:
Zwar sind Gültigkeitsbeschränkungen bei Berechtigungskarten, die dem jeweiligen Inhaber die Möglichkeit verschaffen, eine bestimmte Leistung zu verlangen, nicht generell als unangemessen anzusehen (vgl. BGH NJW 2001, 2635, 2637; OLG München, Urteil vom 17.01.2008, 29 U 3193/07). Jedoch hat der Gesetzgeber durch die Abkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren auf drei Jahre im Rahmen der Schuldrechtsreform bereits den Interessen der Schuldner Rechnung getragen. Damit haben sich die Anforderungen an die Rechtfertigung von AGB, die eine kürzere als die gesetzliche Verjährungsfrist zur Anspruchsdurchsetzung statuieren, erhöht (vgl. OLG München, Urteil vom 17.01.2008, 29 U 3193/07). Die Befristung von Mehrfach-Bade- und Schwimmkarten auf ein Jahr ist nicht zulässig.




Gründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf weitere dreimalige Benutzung der Einrichtungen der Beklagten.

Mit Erwerb einer 11-er Karte am 29.11.2005 durch die Klägerin wurde zwischen den Parteien ein Benutzungsvertrag geschlossen, der die Klägerin berechtigte, die Bade- und Saunalandschaft der Beklagten elf Mal zu nutzen. Nach der Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die Klägerin die Karte am 29.11.2005 gekauft hat und aufgrund ihrer Schwangerschaft erst acht der elf Besuche absolvieren konnte. Die Klägerin konnte die Quittung über den Erwerb der Karte zu einem Preis von 160,00 € vorlegen. Auch hat der Zeuge Q in der mündlichen Verhandlung glaubhaft angegeben, er sei im November 2005 dabei gewesen und habe gesehen, wie die Klägerin die streitgegenständliche Karte gekauft habe. Der Zeuge Q berichtete ebenso glaubhaft, dass die Klägerin aufgrund eines ärztlichen Rates nach acht Besuchen von weiteren Saunabesuchen Abstand nahm.

Der Anspruch der Klägerin auf die restlichen drei Besuche ist nicht aufgrund einer Befristung der erworbenen Karte ausgeschlossen.

Die Parteien gehen zutreffend davon aus, dass die streitgegenständliche Befristung eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Rahmen des § 305 I BGB darstellt.

Es kann dahinstehen, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wirksam in den zwischen den Parteien geschlossenen Benutzungsvertrag einbezogen wurden. Die Klausel, aus der die Beklagte eine Befristung des Vertrages herleiten möchte, ist jedenfalls unwirksam, weil sie gegen § 307 I 1, II Nr. 1 BGB verstößt.

Nach dieser Vorschrift sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessenheit liegt vor, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Nur wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch höherrangige oder zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders gerechtfertigt ist, ist die Unangemessenheit zu verneinen (vgl. BGH, NJW 2005, 1774 m. w. Nachweisen). Eine unangemessene Benachteiligung ist nach § 307 II Nr. 1 BGB im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung in AGB mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

Das bürgerliche Recht kennt für Verpflichtungen aus schuldrechtlichen Verträgen im Allgemeinen nur das in den §§ 194 ff. BGB im Einzelnen geregelte Rechtsinstitut der Verjährung. Davon unabhängige gesetzliche Ausschlussfristen gibt es nicht. Bei der streitgegenständlichen Mehrfachkarte handelt es sich um ein kleines Inhaberpapier im Sinne des § 807 BGB (vgl. Palandt, 67. Auflage, § 807, Rn. 3). Der Klägerin wurde durch den Kauf der Eintrittskarte ein Erfüllungsanspruch gegen die Beklagte eingeräumt. Derartige vertragliche Erfüllungsansprüche unterliegen der Regelverjährung von drei Jahren, vgl. § 195 BGB. Die Gültigkeitsbefristung der Mehrfacheintrittskarte auf ein Jahr enthält damit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften des bürgerlichen Rechts.

Zu den wesentlichen Grundgedanken der für schuldrechtliche gegenseitige Verträge geltenden Regelungen des bürgerlichen Rechts gehört das Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1124), das durch die Verjährungsvorschriften in zeitlicher Hinsicht näher ausgestaltet wird. In dieses Äquivalenzverhältnis wird durch eine vertragliche Regelung eingegriffen, die die Werthaltigkeit einer Gegenleistung, die ein Vertragspartner auf Grund eigener Vorleistung verlangen kann, zeitlich über die Verjährungsregelungen hinaus beschränkt (vgl. BGH NJW 2001, 2635, 2637).

Die streitgegenständliche Gültigkeitsbefristung der Eintrittskarte stellt einen so weitgehenden Eingriff in das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung dar, dass sie als unangemessene Benachteiligung der Klägerin angesehen werden muss.

Zwar sind Gültigkeitsbeschränkungen bei Berechtigungskarten, die dem jeweiligen Inhaber die Möglichkeit verschaffen, eine bestimmte Leistung zu verlangen, nicht generell als unangemessen anzusehen (vgl. BGH NJW 2001, 2635, 2637; OLG München, Urteil vom 17.01.2008, 29 U 3193/07). Jedoch hat der Gesetzgeber durch die Abkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren auf drei Jahre im Rahmen der Schuldrechtsreform bereits den Interessen der Schuldner Rechnung getragen. Damit haben sich die Anforderungen an die Rechtfertigung von AGB, die eine kürzere als die gesetzliche Verjährungsfrist zur Anspruchsdurchsetzung statuieren, erhöht (vgl. OLG München, Urteil vom 17.01.2008, 29 U 3193/07).

Die Abwägung der Interessen der Beklagten an der Gültigkeitsbefristung der Karten mit denen der Klägerin als Karteninhaberin ergibt, dass die Befristung eine für die Klägerin unangemessen benachteiligende Abweichung vom Äquivalenzprinzip darstellt, die nicht hinnehmbar ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die in Streit stehende Klausel zu einer doppelten Benachteiligung der Karteninhaberin führt. Gemäß §§ 195, 199 I BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Durch die hier vorliegende Beschränkung der Gültigkeit der Mehrfachkarte wird die Zeit, in der die Klägerin ihren Erfüllungsanspruch unmittelbar geltend machen könnte, auf weniger als ein Drittel des vom gesetzlichen Leitbild Vorgesehenen herabgesetzt. Dies stellt eine erhebliche Beeinträchtigung der Interessen der Klägerin als Karteninhaberin dar. Daneben wird die auch nach Eintritt der Verjährung mögliche Entgegenhaltung des Anspruchs im Wege der Aufrechnung oder der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts (vgl. § 215 BGB) dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nach Ablauf eines Jahres endgültig untergehen soll (vgl. OLG München, Urteil vom 17.01.2008, 29 U 3193/07).

Aus dieser doppelten Abweichung vom gesetzlichen Leitbild der Verjährung in drei Jahren folgt die Unangemessenheit der Benachteiligung der Klägerin als Mehrfachkarteninhaberin, denn die Beklagte hat keine nachvollziehbaren anerkennenswerten höherrangigen oder zumindest gleichwertigen Interessen dargetan, die eine solche Benachteiligung zu Lasten der Klägerin rechtfertigen könnten.

Der von der Beklagten pauschal behauptete höhere Verwaltungs- und Kostenaufwand genügt jedenfalls nicht, um eine Verkürzung der Gültigkeit auf ein Jahr zu rechtfertigen (vgl. OLG München, Urteil vom 17.01.2008, 29 U 3193/07). Insbesondere greift auch die Behauptung der Beklagten, unter anderem seien bilanzielle Gründe für die Gültigkeitsbeschränkung ausschlaggebend, nicht. Die Beklagte ist nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung stets verpflichtet, Verbindlichkeiten gegenüber ihren Kunden aus Mehrfacheintrittskarten und Gutscheinen, bilanztechnisch auszuweisen. Auch bei nur einjähriger Gültigkeit der Gutscheine müssen die jeweils noch offenen Gutscheinwerte in Konten geführt und am Ende des Geschäftsjahres bilanziert werden. Inwieweit eine aufgrund der gesetzlichen Verjährungsfrist bestehende dreijährige Gültigkeit der Eintrittskarten im Rahmen heute üblicher elektronischer Buchführung zu einem wesentlich höheren Bilanzierungs- und Verwaltungsaufwand führen soll, ist nicht ersichtlich.

Die Klägerin hat darüber hinaus keinen Anspruch auf Ersatz der ihr entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Sie hat trotz ausdrücklichen Bestreitens der Beklagten nicht dargetan und bewiesen, dass sie die Rechtsanwaltskosten bezahlt hat und ihr insoweit ein Schaden bereits entstanden ist.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Berufung wird zugelassen. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert die Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 511 IV S. 1 Nr. 1 ZPO).

Streitwert: bis 300,00 €









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