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Landgericht Hannover Urteil vom 21.06.2005 - 14 O 158/04 - Zum unverlangten Versenden von SMS-Nachrichten mit ungenügenden Preisangaben
 

 

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LG Hannover v. 21.06.2005: Das unverlangte Zusenden einer SMS ist einen sittenwidrige Belästigung. Werden für das Versenden einer kostenpflichtigen Premium-SMS ungenügende Preisangaben gemacht, liegt auch darin ein Wettbewerbsverstoß.

Das Landgericht Hannover (Urteil vom 21.06.2005 - 14 O 158/04) hat entschieden:
Das unverlangte Zusenden einer SMS ist einen sittenwidrige Belästigung. Werden für das Versenden einer kostenpflichtigen Premium-SMS ungenügende Preisangaben gemacht, liegt auch darin ein Wettbewerbsverstoß.




Zum Sachverhalt: Tatbestand: Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband. Er ist in die Liste nach § 4 UKIaG eingetragen.

Die Beklagte bietet sogenannte Premium-SMS-Dienste an, bei denen per SMS Dienstleistungen über das Handy abgerufen und abgerechnet werden können. Unter der Bezeichnung Chat-Dienst bietet die Beklagte einen SMS-Flirt-Chat für Singles. Dabei übersendet der Nutzer an eine von der Beklagten gehaltene Kurzwahlnummer eine SMS, um mit einem "Flirtwilligen" SMS-Botschaften auszutauschen; dieser Dienst ist über die Höhe der normalerweise bei einer SMS anfallenden Kosten hinaus kostenpflichtig.

Mit der Klage rügte der Kläger die Weise, in der die Beklagte einen SMS-Flirt-Chat anbietet und durchführt; eine vorgerichtliche Abmahnung blieb erfolglos.

Der Kläger behauptete, dass am 21.1.2004 die damals 12-jährige Zeugin ... unaufgefordert eine SMS von der Beklagten erhalten habe, in der sie mit den Worten "Warum meldest Du Dich nicht mehr – hast Du mich etwa vergessen?" aufgefordert worden sei, an die von der Beklagten genutzte Kurzwahlnummer ... eine Antwort-SMS zu senden. Nach der Aufforderung zur Antwort hätten sich erst einmal nur Leerzeichen befunden. Erst nach sechsmaligem Herunterscrollen sei am Ende des SMS-Textfeldes auf dem Handydisplay die Preisangabe 1,99 €/SMS sichtbar gewesen; darauf sei die Zeugin nicht aufmerksam geworden und habe dann, in der Annahme, dass nur die üblichen SMS-Kosten von 0,19 € /SMS anfallen würden, insgesamt 60 SMS an die Kurzwahl gesandt; da auch in keiner der Antwort-SMS des angeblichen Flirtpartners auf die Kosten in Höhe von 1,99 € pro SMS hingewiesen wurde, habe sie erst bei einem Schwellenwert von 100,- € eine Warnung erhalten und bemerkt, dass die an die Kurzwahlnummer ... abgesandten Antwort-SMS Kosten von je 1,99 € verursachten.

Die Klägerin war der Ansicht, vom Empfänger nicht gewünschte SMS-Werbung, wie hier für den von der Beklagten angebotenen Premium-SMS-Dienst, verstoße gegen die guten Sitten des Wettbewerbs und sei unzulässig. In der Art, wie die Beklagte dabei auf den verlangten Preis hinweise, sei ein Verstoß gegen die gesetzlichen Regelungen zu sehen, da der Preis dem Angebot nicht eindeutig zuzuordnen, leicht erkennbar und deutlich lesbar sei. Durch das Weglassen der Preisangabe in den Folge-SMS werde die Unerfahrenheit der Kinder und Jugendlichen, an die sich ein solcher Dienst auch richte, unlauter i.S. des Wettbewerbsrechts ausgenutzt. Auch fehle es, wenn in einer ersten SMS nur der Preis einer Einzel-SMS angegeben werde, an der notwendigen Angabe des Endpreises; Zeitraum und Anzahl der SMS und damit der Gesamtpreis seien ja völlig unbestimmt.

Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

  1. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbrauchern unaufgefordert und ohne deren vorheriges Einverständnis zu gewerblichen Zwecken SMS zu senden bzw. senden zu lassen

    und / oder

  2. die kostenpflichtige Vermittlung von SMS-Chats anzubieten bzw. anbieten zu lassen, wenn sich die Preisangabe für diese Leistung nicht in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Angebot befindet (hier: erst nach sechsmaligem Herunterscrollen auf dem Handy-Display erscheint)

    und / oder

  3. in den im Rahmen eines SMS-Chats vermittelten Folge-SMS nicht den Preis für eine SMS anzugeben.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat zunächst bestritten, die fragliche SMS am 21.1.2004 ("Warum meldest Du Dich nicht mehr – hast Du mich etwa vergessen?") überhaupt versandt zu haben bzw. versandt haben zu lassen. Sie versende SMS ausschließlich nach entsprechender Aufforderung bzw. Anmeldung. Sie Zeugin müsse sich also, z.B. über www.gratisflirtsms.de angemeldet haben. Zumindest aber stelle die erste SMS der Zeugin für die Beklagte ein Anmeldung in deren System dar. Wer sich anmelde, bekomme auch eine Begrüßungs-SMS mit einer den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Preisangabe. Da es sich um ein einheitliches Vertragsverhältnis handele, sei eine Preisangabe bei weiteren SMS nicht notwendig. Zum Herunterscrollen weist die Beklagte darauf hin, dass die Notwendigkeit dazu vom jeweiligen Mobiltelefon (Art und Größe des Displays, Größe der eingestellten Schrift) abhänge.

Die Klage hatte Erfolg.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Die Handhabung der Beklagten verstößt gegen verbraucherschützende Vorschriften und ist damit wettbewerbswidrig.

Zu den einzelnen Anträgen gilt:

- zum Antrag a. ("im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbrauchern unaufgefordert und ohne deren vorheriges Einverständnis zu gewerblichen Zwecken SMS zu senden bzw. senden zu lassen"):

Die Beklagte hat insoweit wettbewerbswidrig gehandelt, so dass der Klageantrag gerechtfertigt ist. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung von ihrem Vorbringen Abstand genommen, wonach sie bisher behauptet hatte, die Zeugin ... müsse sich angemeldet haben. Schon danach kann davon ausgegangen werden, dass die Beklagte es zugelassen hat, dass mit ihrem Einverständnis im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbrauchern unaufgefordert und ohne deren vorheriges Einverständnis zu gewerblichen Zwecken SMS zugesandt worden sind. Gleiches gilt aber auch aus folgenden Überlegungen: Die Beklagte hat ausgeführt, dass auch eine sogenannte erste SMS für sie eine Anmeldung im System darstellt (vgl. S. 2 des Schriftsatzes vom 6.9.2004, BI. 98 d.A.). Gleichzeitig gesteht sie zu, dass es für jedermann möglich ist, SMS mit beliebig wählbarer Absenderkennung zu versenden und sich so anzumelden (daselbst, S. 1 und 2, BI. 97 / 98 d.A.).

Dann ist es aber auch möglich, dass eine beliebige Person sich ohne Wissen des wahren Inhabers der Absenderkennung bei der Beklagten anmeldet und die Beklagte dies als "echte" Anmeldung wertet. In Wahrheit nimmt sie es bei dieser Sachlage, die sie ja selbst anführt, in Kauf, dass sie dann auf diese "unberechtigte" Anmeldung hin zu geschäftlichen Zwecken in Wirklichkeit unaufgefordert und ohne vorheriges Einverständnis des wahren Inhabers der Absenderkennung über SMS mit diesem zu gewerblichen Zwecken Kontakt aufnimmt.

Soweit sie sich darauf berufen will, dass sie nach einer solchen Anmeldung zunächst eine Anmeldebestätigung per SMS mit Preisangabe zuschicke (vgl. S. 5 des Schriftsatzes vom 30.6.2004, BI. 51 d.A.), ist dies nicht geeignet, diese, von der Beklagten offensichtlich bewusst in Kauf genommene, Missbrauchsgefahr zu verhindern:

Sie gesteht selbst zu, dass SMS dann, wenn man sein Handy über einige Zeit nicht anschaltet, nicht eintreffen (vgl. S. 5 des Schriftsatzes vom 6.9.2004, BI. 101 d.A.). Dies ist auch allgemeinkundig, da die Zustellung von SMS vom Provider meist nur 48 Stunden nach deren Absendung erfolgt (vgl. z.B. die Angaben von t-mobile unter http://www.t-mobile.de/smsbasics/1,7285,10349-_,00.html ). Wenn nun der Nutzer des Handys sein Gerät also für mehr als 48 Stunden ausgeschaltet hat, erreicht ihn die Anmeldebestätigung der Beklagten per SMS mit Preisangabe nicht. Dies nimmt die Beklagte offensichtlich in Kauf. In der Zeit danach können dann aber von der Beklagten weitere SMS an den wahren Inhaber der Absenderkennung versandt werden; da aber diese Folge-SMS – wie die Beklagte zugesteht und wie sie es auch rechtlich für zulässig hält – keine Preisangabe mehr enthalten, nimmt die Beklagte es in Kauf, dass ohne Anmeldung durch den wahren Inhaber der Absenderkennung, und ohne dass dieser eine Preisinformation überhaupt bekommen haben muss, diesem zu gewerblichen Zwecken im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs unaufgefordert und ohne dessen vorheriges Einverständnis SMS zugesandt werden. Dies ist wettbewerbswidrig. Im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH für Telefonwerbung und auch für Werbung per E-Mail (vgl. BGH, NJW 2004, 1655 ff.) ist die Kammer entsprechend dem LG Berlin (vgl. MMR 2003, 419 ff.) der Ansicht, dass ohne Einverständnis des Empfängers die unverlangte Zusendung von SMS im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu gewerblichen Zwecken eine unzumutbare Belästigung darstellt. Schon daher kann der Kläger Unterlassung verlangen (vgl.§§ 1,3,7,8 UWG, §§ 2 , 3, 4 UKIaG.

- zum Antrag b. ("die kostenpflichtige Vermittlung von SMS-Chats anzubieten bzw. anbieten zu lassen, wenn sich die Preisangabe für diese Leistung nicht in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Angebot befindet [hier: erst nach sechsmaligem Herunterscrollen auf dem Handy-Display erscheint]")

Die Beklagte hat insoweit gegen verbraucherschützende Vorschriften verstoßen, so dass der Klageantrag gerechtfertigt ist. Auf die Frage, ob im konkreten Fall der Zeugin ... die Preisangabe erst nach sechsmaligem Herunterscrollen auf dem Handy-Display erschienen ist, kommt es allerdings nicht an. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Darstellung einer SMS je nach Handy-Modell und je nach vom Benutzer eingestellter Schriftgröße unterschiedlich ist, so dass es durchaus sein kann, dass eine entsprechende Preisangabe erst nach mehrmaligen Herunterscrollen sichtbar wird. Jedoch ist der Beklagten dieses Problem ja bewusst, so dass sie sich bei der Verpflichtung zur Preisangabe darauf einstellen muss:

Der Beklagten ist bekannt, dass sie entsprechende Preisangaben machen muss. Diese Angaben müssen sich in unmittelbarer Umgebung zum Angebot befinden, eindeutig zuzuordnen, leicht erkennbar und deutliche lesbar / gut wahrnehmbar sein (vgl. § 1 Nr. 6 PAnGV; s. auch § 312b BGB (SMS unterfallen dieses Regel, vgl. Palandt, BGB, 64. Auflage, § 312b, Rdnr. 7) i.V.m. § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 Abs. 1, Nr. 7 BGB-InfoV, vgl. Palandt a.a.O., § 1 BGB-InfoV, Rdnr. 5). Dem entspricht die Preisinformation durch die Beklagte nicht. Da die Beklagte nämlich weiß, dass die Darstellung einer SMS je nach Handy-Modell und je nach vom Benutzer eingestellter Schriftgröße unterschiedlich ist, muss sie sich bei der Preisinformation darauf einstellen:

Wie sich aus diesen technischen Gegebenheiten ergibt, ist es möglich, dass eine am Ende einer SMS stehende Preisinformation für den Empfänger der SMS eben nicht leicht erkennbar und gut wahrnehmbar ist und ggf. längeres Herunterscrollen im Anzeigefeld, nach der "eigentlichen" SMS-Nachricht erfordert. Selbst wenn es vom Grundsatz eigentlich genügt, dass die Preisinformation am Ende der SMS erscheint, muss die Beklagte, um ihren Informationspflichten zu genügen, unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze zur Preisinformation, um diese Probleme zu vermeiden, schon am Beginn einer entsprechenden SMS darauf verweisen, dass sich am Ende der SMS eine Preisinformation befindet. Dies ist bei den SMS, die die Beklagte versendet, aber nicht der Fall. Hierzu besteht bei der Beklagten auch deshalb besonderer Anlass, weil sie unter der Adresse www.gratisflirtsms.de die Anmeldung ermöglicht; schon diese Webadresse suggeriert ja, dass der "Flirt gratis" sei. In diesem Fall ist es umso mehr Verpflichtung der Beklagten, sich darauf einzustellen, dass die – der Beklagten bekannte – Gefahr besteht, dass der Empfänger entsprechend seinem Handy-Modell und entsprechend der eingestellten Schriftgröße die Preisinformation nicht in unmittelbarer Umgebung zum Angebot, eindeutig zuzuordnen, leicht erkennbar und deutlich lesbar / gut wahrnehmbar angezeigt bekommt: In der SMS mit der Preisinformation muss sie daher vorsorglich jeden Empfänger durch einen Hinweis am Beginn der SMS auf die am Ende der SMS befindliche Preisinformation aufmerksam machen. Die Beklagte weiß ja nicht, welches Handy der Empfänger nutzt und wie es eingestellt ist; dem hat sie vorsorglich auch für den ungünstigsten Fall Rechnung zu tragen.

Auch insoweit kann der Kläger somit Unterlassung der bisherigen Praktik der Beklagten verlangen.

- zum Antrag c. ("in den im Rahmen eines SMS-Chats vermittelten Folge-SMS nicht den Preis für eine SMS anzugeben")

Die Beklagte hat auch insoweit gegen verbraucherschützende Vorschriften verstoßen, so dass der Klageantrag gerechtfertigt ist. Wie oben schon ausgeführt, gesteht die Beklagte selbst zu, dass SMS dann, wenn man sein Handy über einige Zeit nicht anschaltet, nicht eintreffen. Damit ist ihr bewusst, dass auch die erste SMS, mit der allein sie über Preise informiert, den Empfänger nicht erreichen muss. Dann aber muss sie - da sie eben die bei ihr herausgehenden SMS nicht protokolliert und sie auch keine Statusmeldungen über den Empfang einer SMS beim "Kunden" erhält (vgl. Hinweis der Kammer mit Schreiben vom 4.10.2004, BI. 108 d.A., und Schriftsatz der Beklagten vom 4.11.2004, BI. 117 d.A.), auch in den Folge-SMS die Preisinformation geben, um ihren vorgenanten Verpflichtungen zur Preisinformation gerecht zu werden.

Im übrigen ist auf folgendes hinzuweisen: Die Beklagte behauptet zwar, sie versuche zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche zu diesem Dienst Zugang erhielten (vgl. S. 8 ihres Schriftsatzes vom 30.6.2004, BI. 54 d.A.), wobei sie aber nicht einmal mitteilt, wie sie dies zu hindern sucht. Zumindest werden aber Jugendliche von dem von der Beklagten angebotenen Dienst angesprochen; gerade im Hinblick auf die von der Beklagten unter der Adresse www.gratisflirtsms.de vorgesehene Anmeldung, die suggeriert, dass der "Flirt gratis" sei, ist das Handeln der Beklagten, in den vermittelten Folge-SMS nicht den Preis für eine SMS anzugeben, geeignet, bei diesem Personenkreis die geschäftliche Unerfahrenheit auszunutzen; dies verstößt gegen § 4 Nr. 2 UWG. Auch von daher kann der Kläger Unterlassung verlangen.

Bei dieser Sachlage hatte die Klage in vollem Umfang Erfolg. ..."







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