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OLG Hamm Urteil vom 08.12.2009 - 4 U 164/09 - Zum Transparenzerfordernis bei der Angabe von Energiepreisen im Internet
 

 

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Preisanfechtung - Umsatzsteuer/Mehrwertsteuer - Versandkosten - Werbung - Wettbewerb


OLG Hamm v. 08.12.2009: Die grundlegenden Maßstäbe für die ordnungsgemäße Darstellung von Preisangabenpflichten hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil „Versandkosten“ gesetzt. Danach kommt es entscheidend darauf an, dass die notwendigen Preisangaben gemacht werden, bevor der Kunde bestellt. Dabei ist es gleichgültig, ob der Kunde bereits durch einen Klick per Internet bestellen oder ob er wie hier sich durch Herunterladen die erforderlichen Formulare beschaffen kann. Ist auf der Internetseite unter "Unsere Tarife" kein Preis, geschweige denn der verbrauchsabhängige Preis je Mengeneinheit entsprechend § 3 Preisangabenverordnung genannt, dann hat das anbietende Unternehmen mit dieser Ausgestaltung ihrer Angebote den Verbotstatbestand bereits erfüllt. Denn es muss eben vor dem Bestellvorgang in dem vorliegenden Fall keine Seite notwendig weiter aufgerufen werden, auf der der Grundpreis erscheint. Eine Bestellmöglichkeit ohne den Grundpreis zwingend aufgerufen haben zu müssen, ist aber nach den Anforderungen des Bundesgerichtshofes per se ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und damit zugleich auch ein Wettbewerbsverstoß nach §§ 3, 4 Ziff. 11 UWG.

Das OLG Hamm (Urteil vom 08.12.2009 - 4 U 164/09) hat entschieden:
Die grundlegenden Maßstäbe für die ordnungsgemäße Darstellung von Preisangabenpflichten hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil „Versandkosten“ gesetzt. Danach kommt es entscheidend darauf an, dass die notwendigen Preisangaben gemacht werden, bevor der Kunde bestellt. Dabei ist es gleichgültig, ob der Kunde bereits durch einen Klick per Internet bestellen oder ob er wie hier sich durch Herunterladen die erforderlichen Formulare beschaffen kann. Ist auf der Internetseite unter "Unsere Tarife" kein Preis, geschweige denn der verbrauchsabhängige Preis je Mengeneinheit entsprechend § 3 Preisangabenverordnung genannt, dann hat das anbietende Unternehmen mit dieser Ausgestaltung ihrer Angebote den Verbotstatbestand bereits erfüllt. Denn es muss eben vor dem Bestellvorgang in dem vorliegenden Fall keine Seite notwendig weiter aufgerufen werden, auf der der Grundpreis erscheint. Eine Bestellmöglichkeit ohne den Grundpreis zwingend aufgerufen haben zu müssen, ist aber nach den Anforderungen des Bundesgerichtshofes per se ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und damit zugleich auch ein Wettbewerbsverstoß nach §§ 3, 4 Ziff. 11 UWG.




Tatbestand:

Die Antragsgegnerin vertreibt leitungsgebundenes Gas. Auf ihrer Internetseite bewirbt sie ihre Produkte. Der Verbraucher kann Auftragsformulare herunterladen, ausdrucken und versenden. Um Preisangaben zu erhalten, muss er auf der Startseite entweder die Seite „Unsere Tarife“ oder die Seite „Tarifrechner“ aufrufen.

Ein Aufruf der Seite „Unsere Tarife“ führte im März 2009 zu den Bildern, die im landgerichtlichen Urteil auf den Seiten 4 und 5 des Urteilsumdrucks (= den Fotokopien Bl. 27 unten und 28 d.A.) wiedergegeben worden sind.

Klickte der Verbraucher auf den im Fließtext bei den einzelnen Produkten genannten Begriff „Tarifrechner“, erschien das Bild, das auf Seite 6 des Urteilsumdrucks (= Fotokopie Bl. 29 d.A.) wiedergegeben ist.

Gab der Kunde die geforderten Daten, die Postleitzahl, Verbrauch und dergleichen ein und wählte er die Funktion „anzeigen“, erschien eine Ergebnistabelle der W GmbH. Darin werden die berechneten Gesamtkosten der jeweiligen Anbieter – beginnend mit dem günstigten – angezeigt, wie es die Anlage AG1 (vgl. Fotokopie Bl. 72 und 73 d.A.) ausweist. In der Liste waren standardmäßig max. 3 Tarife pro Anbieter genannt. Der Verbraucher konnte sich durch einen Wechsel der Einstellungen auch eine größere Anzahl von Tarifen pro Anbieter zeigen lassen.

Unter der Angabe der jeweiligen Gesamtkosten befand sich ein „i“. Fuhr die Maus über dieses Zeichen, erschien folgender Text:
„Wie setzen sich die Kosten zusammen?

Arbeitspreis: … Cent pro kWh
Grundpreis: …Euro pro Monat.“
Klickte man in der Rubrik „Anbieter und Tarif“ einen der dort genannten Anbieter an, erschien eine weitere Seite der W GmbH. Sie enthielt unter der Überschrift „Gastarife“ u.a. den Verbrauchspreis, die Grundgebühr und den Gesamtpreis unter Berücksichtigung der vom Kunden eingegebenen Angaben z.B. zur Postleitzahl und zu den Verbrauchszahlen.

Wegen der Ausgestaltung dieser Seite im Einzelnen wird auf die Anlage AG3 Bl. 76 d.A. verwiesen.

Klickte der Verbraucher auf den Begriff „Tarifrechner“, gelangt er zu der Seite, die im Urteil auf Seite 6 des Urteilsumdrucks (= Fotokopie Bl. 29 d.A.) wiedergegeben worden und die mit „Gastarife“ überschrieben ist. Gab er die individuellen Angaben ein, gelangte er zur schon genannten Tabelle der W GmbH.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die Antragsgegnerin gegen die Preisangabenverordnung mit dieser Ausgestaltung ihrer Tarife verstoße. Auf den Seiten, die der Verbraucher im Rahmen des Bestellvorgangs zwingend aufrufen müsse, seien keine Preisangaben enthalten. Insofern hat sich die Antragstellerin auf die eidesstattliche Versicherung ihres Mitarbeiters Dr. I. vom 20.03.2009 (Bl. 25 f. d.A.) berufen.

Das Landgericht hat der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln antragsgemäß durch Beschlussverfügung vom 27.03.2009 verboten,
Letztverbrauchern, wie nachstehend wiedergegeben, ohne Angaben von Preisen leitungsgebundenes Gas anzubieten:

[folgt die Wiedergabe des Angebots]

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht durch Urteil vom 03.08.2009 seine Beschlussverfügung aufrechterhalten.

Wegen des Inhaltes des Urteils im Einzelnen wird auf Bl. 163 f. d.A. verwiesen. Gegen dieses Urteil hat die Antragsgegnerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihr Abweisungsbegehren weiterverfolgt.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages hält die Antragsgegnerin den Verbotsantrag schon nicht für hinreichend bestimmt. Darüber hinaus stehe der Antragstellerin auch kein Verfügungsanspruch zu. Die Homepage der Antragsgegnerin enthalte die erforderlichen Preisangaben und sei zudem auch so gestaltet, dass es dem Verbraucher ohne Schwierigkeiten möglich sei, die Preisangaben zu erhalten. Das Landgericht habe die Anforderungen an den Gasanbieter deutlich überspannt, wenn es einen Verstoß gegen § 3 Preisangabenverordnung angenommen habe.

Auch ein Verstoß gegen § 1 Abs. 6 der Preisangabenverordnung stellt die Antragsgegnerin in Abrede. Ihre Angaben entsprächen den Kriterien für Preiswahrheit und Preisklarheit. Die Preise seien für den durchschnittlichen Verbraucher leicht erkennbar und deutlich lesbar. Auch für den Durchschnittsverbraucher seien die Preisangaben ohne Schwierigkeiten auffindbar.

Darüber hinaus scheide ein Anspruch auch deshalb aus, weil ein etwaiger Verstoß gegen die Preisangabenverordnung nur zu einer unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs führe. Durch die in Anspruch genommenen Dienste der W GmbH habe der Verbraucher optimale Preisvergleichsmöglichkeiten.

Die Antragsgegnerin beantragt,
das Endurteil des Landgerichts Dortmund vom 03.08.2009 aufzuheben, die einstweilige Verfügung vom 27.03.2009 ebenfalls aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Berufung der Antragsgegnerin unter Bestätigung des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 29.07.2009 zurückzuweisen.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages verteidigt die Antragstellerin das angefochtene Urteil. Zu Unrecht versuche die Antragsgegnerin in ihrer Berufungsbegründung den Eindruck zu vermitteln, die Gaspreise seien auf ihrer Internetseite ohne Weiteres und leicht auffindbar. Auf die Anlagen AG1 und AG2 könne sich die Antragsgegnerin nicht berufen. Denn bei den dort mitgeteilten Beträgen handele es sich nicht um die erforderlichen Preisangaben nach § 3 der Preisangabenverordnung. Zu dem Preis pro kWh gelange man erst, wenn man über den Link „Unsere Tarife“ auf den Tarifrechner gehe, dort die Postleitzahl eingebe, die Berechnung anklicke und sodann auf die Anlagen AG1 und AG2 komme, dort nochmals auf den Namen des Tarifs klicke oder den Cursor auf das „i“ halte, bis sich ein entsprechendes Fenster öffne. Die Preisangaben befänden sich nicht auf den Seiten der Antragsgegnerin und seien geradezu versteckt.

Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.


Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Antragsgegnerin ist unbegründet. Das Landgericht hat das beantragte Verbot zu Recht ausgesprochen.

Es geht in der Sache um die Internetwerbung, die das Landgericht in seiner Beschlussverfügung zum Verbotsgegenstand gemacht hat. Infolgedessen kommt es auf Neugestaltung der Angebotsseiten, wie in der Berufungsinstanz vorgetragen, nicht an (vgl. Bl. 223, 227, 242 d.A.).

Der Verbotsantrag ist auch hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO. Es geht um dieses konkrete Gasangebot, das zum Gegenstand des Verbotsausspruchs gemacht worden ist. Bei diesem Gasangebot erfährt der Kunde den Grundpreis gerade nicht. Die Anlagen AG1 f. (Bl. 72 f. d.A.) brauchten nicht ebenfalls noch in das Verbot einbezogen zu werden, weil es sich dabei lediglich um einen Weg handeln soll, um aus dem Verbot herauszukommen.

Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist nicht widerlegt. Die Antragstellerin hat unwidersprochen erst am 06.03.2009 Kenntnis von dem Verstoß erlangt und am 25.03.2009 schon um gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht.

Der Verfügungsanspruch folgt aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 3 Preisangabenverordnung. Die Klagebefugnis der Antragstellerin folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Beide Parteien sind als Gasanbieter Wettbewerber.

Die Preisangabenverordnung, gegen die die Antragsgegnerin verstoßen hat, stellt auch eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar, so dass zugunsten der Antragstellerin auch von einem Wettbewerbsverstoß ausgegangen werden kann.

Zu Recht rügt die Antragstellerin auch einen Verstoß der Antragsgegnerin gegen § 3 Preisangabenverordnung. Nach dieser Vorschrift muss, wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig Gas anbietet, den verbrauchsabhängigen Preis je Mengeneinheit angeben, wobei als Mengeneinheit eine kWh gilt. Nach § 1 Abs. 6 Preisangabenverordnung müssen diese Angaben zumindest gut wahrnehmbar sein.

Daran fehlt es hier.

Die Antragsgegnerin legt zwar abstrakt dar, wie einfach erkennbar sie die notwendige Angabe des verbrauchsabhängigen Preises je Mengeneinheit macht. Die einzige konkrete Angabe, wo der Grundpreis tatsächlich steht, findet sich aber lediglich in der Anlage AG3 (Bl. 76 d.A.). Sonst wird der verbrauchsabhängige Preis nirgendwo konkret ausgeworfen. Zu dieser Angabe kommt man aber nur auf einem umständlichen Weg, der den Anforderungen des § 1 Abs. 6 Preisangabenverordnung nicht gerecht wird.

Die grundlegenden Maßstäbe für die ordnungsgemäße Darstellung von Preisangabenpflichten hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil „Versandkosten“ ( WRP 2008, 98) gesetzt. Danach kommt es entscheidend darauf an, dass die notwendigen Preisangaben gemacht werden, bevor der Kunde bestellt. Dabei ist es gleichgültig, ob der Kunde bereits durch einen Klick per Internet bestellen oder ob er wie hier sich durch Herunterladen die erforderlichen Formulare beschaffen kann.

Wie sich aus Bl. 27 f. ergibt (i.V.m. Bl. 25 f.) kann man nach Aufruf der Startseite die Rubrik „Unsere Tarife“ aufrufen, bekommt dann aber nur die einzelnen möglichen Tarife ihrem Namen und ihrer Struktur nach vorgestellt. Ein Preis, geschweige denn der verbrauchsabhängige Preis je Mengeneinheit entsprechen § 3 Preisangabenverordnung, erscheint dort nicht. Anschließend kann der Kunde durch Anklicken der Unterzeile „Jetzt die Unterlagen herunterladen“ unmittelbar sich den Lieferungsaufdruck ausdrucken lassen (Bl. 31 d.A.) und bestellen.

Mit dieser Ausgestaltung ihrer Angebote hat die Antragsgegnerin den Verbotstatbestand bereits erfüllt. Denn es muss eben vor dem Bestellvorgang in dem vorliegenden Fall keine Seite notwendig weiter aufgerufen werden, auf der der Grundpreis erscheint. Eine Bestellmöglichkeit ohne den Grundpreis zwingend aufgerufen haben zu müssen, ist aber nach den Anforderungen des Bundesgerichtshofes (BGH a.a.O. Versandkosten) per se ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und damit zugleich auch ein Wettbewerbsverstoß nach §§ 3, 4 Ziff. 11 UWG.

Ein solcher Verstoß stellt auch keine Bagatelle dar. Denn die Information über die Preise stellt ein wesentliches Verbraucherschutzrecht dar, das dem Verbraucher eine einfache Möglichkeit zum Preisvergleich eröffnen will.

Das Ergebnis ist auch nicht anders, wie es schon das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, wenn man auch die weiteren Ausgestaltungen des Gasangebotes durch die Antragsgegnerin berücksichtigt. Denn auch der Kunde, der gezielt nach dem Grundpreis sucht und deshalb die Rubrik Tarifrechner ankreuzt, kommt zunächst nicht zum Grundpreis, sondern zu der weiteren Seite Gastarife (vgl. Bl. 29 d.A.), wo ebenfalls noch nichts zum Grundpreis steht. Auf dieselbe Seite wird auch der Kunde geführt, der auf der Startseite (vgl. Bl. 27 d.A.) seine Postleitzahl eingibt.

Dabei versteht der Senat den Vortrag der Antragsgegnerin so, dass man, wenn man die Rubriken auf der Seite „Gastarife“ ausgefüllt hat und „anzeigen“ anklickt, dass man dann zunächst erst einmal zu den Preisvergleichsübersichten gem. Anlage AG1 f. (Bl. 72 f. d.A.) kommt, wo ebenfalls der Grundpreis immer noch nicht erscheint, sondern nur eine Tabelle der günstigsten Gasanbieter mit den jeweiligen Gesamtkosten. Erst wenn der Kunde auf das „i“ unter den Gesamtkosten oder auf den Tarifnamen klickt, erscheint dann erst die Seite „Gastarife“ (Anlage AG3 Bl. 76 d.A.) mit dem Grundpreis, im vorliegenden 6,21 Cent pro kWh. Das ist keine leichte Erkennbarkeit mehr, wie sie der Bundesgerichtshof fordert. Es fehlt auf jeden Fall ein konkreter Hinweis, wo der Kunde die Grundpreisangabe finden kann, wenn er sich erst einmal mit einem Tarif der Antragsgegnerin beschäftigt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.







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