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Anfechtung von Preisangaben im Internet - Irrtum - Softwarefehler

Anfechtung von Preisangaben im Internet




Gliederung:


-   Einleitung
-   Weiterführende Links
-   Allgemeines
-   Konkludente Anfechtung
-   Rechtzeitigkeit der Anfechtung
-   Irrtum bei Reisepreis



Einleitung:


Bei Internetangeboten in Webshops, aber auch bei Versteigerungsangeboten auf Auktionsplattformen wie eBay oder Amazon kann es gelegentlich zu falschen Preisauszeichnungen von angebotenen Waren kommen, sei es infolge eines Versehens des Verkäufers, sei es auf Grund von hardware- oder softwaremäßigen Übermittlungsfehlern bei der Weitergabe des Angebotsbetrages.




In derartigen Fällen stellt sich die Frage, inwiefern Irrtümer oder Übermittlungsfehler den Verkäufer berechtigen, den Kaufvertrag nachträglich anzufechten bzw. inwieweit dem Erfüllungsverlangen des Käufers bzw. einem entsprechenden Schadensersatzanspruch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen stehen kann.

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Weiterführende Links:


Allgemeine Geschäftsbedingungen - AGB

Urheberrechtlicher Schutz von Formularen und Vertragsmustern

Stichwörter zum Thema Preisangaben im Onlinehandel

Preisangaben im Internethandel

Preisanpassungsklauseln - Einbeziehung von AGB - Sonderkündigungsrech

Pauschalierter Schadensersatz

Unzulässige AGB-Klauseln

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Allgemeines:


OLG München v. 15.11.2002:
Wer in Kenntnis, dass der im Internet angegebene Preis für einen Flug viel zu niedrig ist, diesen online bucht, um den Anbieter nach einer online erfolgten Bestätigung für die Nichtinanspruchnahme des gebuchten Flugs zu einer Zahlung zu veranlassen, handelt rechtsmissbräuchlich und kann deshalb aus der Buchung keine Rechte herleiten.

OLG Frankfurt v. 20.11.2002:
Bei einem Kaufvertrag der über das Internet "online" geschlossen wurde, kann der Verkäuferin ein Anfechtungsrecht nach § 120 BGB zustehen, wenn der Kaufpreis, zu dem der Käufer bestellt hat, infolge einer Formeländerung in der Software des Providers niedriger dargestellt wurde, als er tatsächlich war.

LG Köln v. 16.04.2003:
Eine wirksame Annahmeerklärung kann nicht mit der Begründung angefochten werden, bei der Einstellung der Preise in das Internet sei dem Verkäufer ein Irrtum i.S.d. §§ 119 ff. BGB unterlaufen, weil dieser Irrtum nicht "bei Abgabe der Willenserklärung" vorgelegen hat (entgegen OLG Frankfurt, Urteil vom 20.11.2002 - 9 U 94/02).

OLG Oldenburg v. 30.10.2003:
Ist dem Bieter durch laufende Verhandlungen während des Auktionszeitraumes bekannt, dass der Anbieter irrtümlich einen viel zu niedrigen Kaufpreis genannt hatte, dann kommt durch das Höchstgebot des Bieters kein Kaufvertrag zu Stande.

AG Hamburg-Barmbek v. 03.12.2003:
Eine versehentliche zu niedrige Preisangabe im Internetangebot berechtigt den Internethändler nicht zur Anfechtung des Vertrages. Auch ist das Erfüllungverlangen des Bestellers nicht rechtsmissbräuchlich.

OLG Hamm v. 12.01.2004:
Wird auf eine Bestellung per Internet der Auftrag sofort darauf bestätigt, wobei auf Grund eines Fehlers des zwischengeschalteten Dienstleisters der Kaufpreis versehentlich um zwei Kommastellen falsch angegeben wird, so ist der Verkäufer unabhängig von der Frage, ob durch die sofortige elektronische Auftragsbestätigung ein Kaufvertrag zustande gekommen ist, zur Anfechtung seiner Erklärung wegen Übermittlungsirrtums berechtigt (§ 120 BGB).

LG Berlin v. 20.07.2004:
Das Einstellen eines Angebotes in eine Online-Auktion ist eine Willenserklärung und stellt bereits ein rechtsverbindliches Verkaufsangebot im Sinne des § 145 BGB dar. Ein solches verbindliches Angebot kann nicht durch den Anbieter im Wege der vorzeitigen Beendigung seiner Auktion als Willenserklärung "gelöscht" werden.

BGH v. 26.01.2005:
Die Verfälschung des ursprünglich richtig Erklärten auf dem Weg zum Empfänger durch eine unerkannt fehlerhafte Software ist als Irrtum in der Erklärungshandlung anzusehen. Denn es besteht kein Unterschied, ob sich der Erklärende selbst verschreibt beziehungsweise vertippt oder ob die Abweichung vom gewollten Erklärungstatbestand auf dem weiteren Weg zum Empfänger eintritt. Ein derartiger Erklärungsirrtum berechtigt zur Anfechtung durch den Erklärenden (Fehlerhafte Preisauszeichnung auf Internetseite).




LG Berlin v. 15.05.2007:
Das Angebot eines Versteigerers auf einer Auktionsplattform ist verbindlich und nicht widerruflich, auch wenn an sich ein Anfechtungsgrund vorliegt. Die Besonderheiten von Internetauktionen erfordern die Unwiderruflichkeit der Vertragsangebote; der Bieter wäre der Willkür des Anbieters ausgesetzt, wenn dieser es sich jederzeit überlegen könnte, ob er ein Angebot gelten lassen will oder nicht.

LG Darmstadt v. 11.04.2008:
Der Kaufinteressent kann nicht allein aufgrund der Einstellung der Ware in das Internet auf die Lieferung der Ware zum angegeben Preis vertrauen, insbesondere, wenn die Fehlerhaftigkeit der Preisangabe offensichtlich ist. Für eine Kenntnis des Irrtums des Verkäufers spricht, wenn der Käufer gleich mehrere der irrtümlich falsch ausgepreisten Geräte bestellt.

AG Fürth v. 03.07.2008:
Wird auf eine Bestellung im Internet von 2 Flachbildfernsehern zum Preis von 419,93 € über eine E-Mail Bestätigung hinaus vom Verkäufer der Abschluss eines Kaufvertrages gegen Vorauskasse angeboten und wurde dieses Angebot konkludent durch Zahlung angenommen, so ist der Kaufvertrag wirksam zu Stande gekommen. Für eine Irrtumsanfechtung ist dann kein Raum.

LG Koblenz v. 18.03.2009:
Stellt eine Anbieter bei eBay eine Porsche versehentlich zum Preis von 5 € bei einem Wert von mehreren zehntausend € ein, bemerkt aber dann seinen - unbeachtlichen - Irrtum und beendet die Auktion mit dem von eBay dafür vorgesehenen Verfahren nach 8 Minuten vorzeitig, dann kommt zwar ein Kaufvertrag zum höchsten Gebot von 1.100,00 € wirksam zustande, jedoch ist der Verkäufer nicht wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages zu Schadensersatz verpflichtet, weil er dem Käufer in diesem Fall die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung entgegen halten kann.

OLG Koblenz v. 03.06.2009:
Der Käufer, der bei einer nach kurzer Zeit abgebrochenen Internetauktion ein hochwertiges Fahrzeug im Wert von 78.000,00 € für 5,50 € erworben hat, hat gegen den Verkäufer, der nicht erfüllt, nicht ohne Weiteres einen Schadensersatzanspruch. Diesem Anspruch kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen.

OLG Nürnberg v. 10.06.2009:
Es kann gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn ein Käufer bei einem im Internetversandhandel abgeschlossenen Kaufvertrag den Verkäufer an einer offensichtlich falschen Preisangabe festhält. - Aus den während des Bestellvorgangs erkennbaren Umständen (kein Sonderangebot und 10-fach höherer Preis vergleichbarer Markenprodukte) und aus der Bestellung einer für den Normalverbrauch unüblichen Anzahl der angebotenen Ware (hier: 18 Plasma-Flachbildschirmfernsehgeräte) kann geschlossen werden, dass der Käufer die falsche Preisangabe unredlich ausnutzen wollte.

AG Fürth v. 11.08.2009:
Setzt der Onlinehändler irrtümlich einen falschen Preis auf seine Internetseite, ist er nicht zur Anfechtung der Preisangabe berechtigt, wenn er den Irrtum bereits Stunden vor dem Eingang der Bestellung bemerkt hat, den Eingang der Bestellung mit dem "falschen" Preis gleichwohl per E-Mail bestätigt und zwei Tage später per Brief eine Anzahlung fordert.

LG Köln v. 30.11.2010:
Die Einstellung des Angebots zum Kauf eines Whirlpools zu einem Preis von 1,00 € auf der Internetplattform ebay kann wirksam wegen eines Erklärungsirrtums angefochten werden, wenn bereits der äußere Erklärungstatbestand nicht dem Willen des Erklärenden entspricht, wie z.B. in dem Fall, dass der Anbietende beim Verfassen des Angebots versehentlich per Mausklick das Angebot entgegen seinem Willen zu einem Festpreis von 1,00 € anstatt als Auktion mit einem Startpreis von 1,00 € einstellt und daher im Weiteren ein evidentes Missverhältnis zwischen dem Sofort-Kauf-Angebot und dem Wert des angebotenen Gegenstandes gegeben ist.

LG Berlin v. 21.05.2012:
Die Einstellung von neun Telefonen für 99,00 € in die Internetseite von eBay unter Wahl der Option "Sofortkauf" stellt ein verbindliches Angebot des Verkäufers dar. Wird dieses Angebot vom Käufer angenommen, kommt unmittelbar ein wirksamer Kaufvertrag zu Stande. Die Äußerung in einer E-Mail, "... das bei der Einstellung der Auktion etwas schief gegangen ist ..." und " ... Wie wollen wir jetzt verfahren ...?" stellt keine wirksame Anfechtungserklärung dar.

OLG Düsseldorf v. 19.05.2016:
Die Anfechtung eines aufgrund einer fehlerhaften Preisauszeichnung in einem Online-Shop zu Stande gekommenen Vertrages wegen Erklärungsirrtums setzt neben der Darlegung einer ungewollten Preisangabe auch die konkrete Darlegung voraus, dass das Auseinanderfallen des inneren Willens und des äußeren Erklärungstatbestandes auf einem Fehler bei der Dateneingabe oder -weiterleitung beruht, da andernfalls auch ein nicht zur Anfechtung berechtigender Kalkulationsirrtum in Betracht kommt. - Der über einen Online-Shop abschließende Kunde kann sich bei einem aufgrund fehlerhafter Kalkulation mit einem deutlich zu niedrigen Preis ausgezeichneten Vertragsgegenstand nach § 242 BGB jedenfalls dann nicht auf den Vertrag berufen, wenn er bei Vertragsschluss die fehlerhafte Preisangabe positiv erkannt hat und die Vertragsdurchführung für den Verkäufer schlechthin unzumutbar ist. Das bloße Erkennen der fehlerhaften Preisangabe allein reicht zur Annahme eines Rechtsmissbrauchs hingegen nicht aus (anders OLG München, Beschluss vom 15. November 2002, 19 W 2631/02, MMR 2003, 274).

AG Dortmund v. 21.02.2017:
Ist aber für den Kunden ganz offensichtlich, dass es sich um eine fehlerhafte Preisauszeichnung erheblichen Ausmaßes handelt und nutzt der Kunde dies z.B. durch Bestellung mehrerer Gegenstände - auch für Freunde - aus, handelt er treuwidrig. - Das Festhalten am Vertrag ist dann unbillig und rechtsmissbräuchlich, sodass der Händler gemäß Treu und Glaube nicht zur Lieferung verpflichtet ist.

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Konkludente Anfechtung:


BGH v. 15.02.2017:
Zum Vorliegen einer Anfechtungserklärung kann es schon genügen, dass der Anfechtende eine Verpflichtung, die er nach dem objektiven Erklärungswert seiner - gegebenenfalls durch schlüssiges Handeln getätigten - Willensäußerung übernommen hat, bestreitet oder nicht anerkennt oder ihr sonst widerspricht, sofern sich unzweideutig der Wille ergibt, dass er das Geschäft gerade wegen eines Willensmangels nicht bestehenlassen will. Dies ist auch in Form einer Eventualanfechtung möglich, die für den Fall erklärt wird, dass das Rechtsgeschäft nicht den in erster Linie behaupteten Inhalt hat oder nicht ohnehin nichtig ist (Bestätigung von BGH, Urteile vom 15. Mai 1968, VIII ZR 29/66, NJW 1968, 2099 unter B III mwN; vom 28. September 2006, I ZR 198/03, NJW-RR 2007, 1282 Rn. 17).

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Rechtzeitigkeit der Anfechtung:


AG Hamburg-Barmbek v. 03.12.2003:
Es entspricht herrschender Meinung, dass der Anfechtende zu Wahrung der vom Gesetz verlangten Unverzüglichkeit alle Anstrengungen zu unternehmen hat, damit die Anfechtungserklärung schnellstmöglich dem Erklärungsempfänger zugehen kann. Dem genügt eine Anfechtung zehn Tage nach der Bestellbestätigung nicht.

OLG Hamm v. 12.01.2004:
Eine Anfechtung des Kaufvertrages im Internethandel vier Tage nach der Auftragsbestätigung ist rechtzeitig.

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Irrtum bei Reisepreis:


Reisen - Reiseveranstalter

OLG München v. 15.11.2002:
Wer in Kenntnis, dass der im Internet angegebene Preis für einen Flug viel zu niedrig ist, diesen online bucht, um den Anbieter nach einer online erfolgten Bestätigung für die Nichtinanspruchnahme des gebuchten Flugs zu einer Zahlung zu veranlassen, handelt rechtsmissbräuchlich und kann deshalb aus der Buchung keine Rechte herleiten.

AG München v. 04.11.2009:
Beläuft sich der im Internet ausgewiesene Reisepreis lediglich auf etwa 30 Prozent des regulären Gesamtpreises, dann besteht ein ohne weiteres erkennbares Missverhältnis zur angebotenen Leistung. Der Reiseinteressent kann sich diesbezüglich einfach durch andere Quellen im Internet, durch Reiseprospekte oder Fernsehsendungen informieren. Wenn er sich dennoch auf den per Internet geschlossenen Vertrag beruft, so handelt er rechtsmissbräuchlich.

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