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Landgericht Düsseldorf Urteil vom 11.11.2022 - 38 O 144/22 - Die bloße Angabe von durchgestruchenen Preisen isr ausreichend. Es besteht keine weitergehende Aufklärungspflicht (z.B. über den Zeitpunkt des neuen Preises).

LG Düsseldorf v. 11.11.2022: Die bloße Angabe von durchgestruchenen Preisen isr ausreichend. Es besteht keine weitergehende Aufklärungspflicht (z.B. über den Zeitpunkt des neuen Preises).


Das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 11.11.2022 - 38 O 144/22) hat entschieden:

   § 11 Abs. 1 PAngV schreibt (in Umsetzung von Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse [PreisangabenRL]) vor, dass bestimmte Informationen "bei Bekanntgabe einer Preisermäßigung" angegeben werden müssen. Damit sind diese Informationen dem Verbraucher jedenfalls vor Abgabe seiner Vertragserklärung zugänglich zu machen. Mithin handelt es sich um Informationen, die in der auf die Förderung des Produktabsatzes gerichteten Phase bereitzustellen sind. Zu mehr als der (rein betragsmäßigen) Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage verpflichtet § 11 Abs. 1 PAngV den Unternehmer nicht. Ein Erfordernis, diesen Preis nicht nur zu beziffern, sondern ihn in bestimmter Weise zu bezeichnen oder durch Erläuterung ausdrücklich als niedrigsten Preis der letzten 30 Tage auszuweisen, stellt § 11 Abs. 1 PAngV nicht auf.

Siehe auch
Werbung mit durchgestrichenen Preisen - „Bisher-Preise“ - Streichpreise
und
Preisangaben im Internethandel




Aus den Entscheidungsgründen:


“...

II.

Der Antrag ist unbegründet. Die allgemeinen Voraussetzungen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs liegen zwar vor, da der Antragsteller - wie oben unter I 2 bereits angesprochen - gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anspruchsberechtigt ist und Herausgabe wie Verbreitung der Prospekte geschäftliche Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG darstellen, die die Antragsgegnerin entweder selbst vorgenommen hat (§ 8 Abs. 1 S. 1 UWG) oder von jemandem hat vornehmen lassen, dessen Verhalten gemäß § 8 Abs. 2 UWG einen Unterlassungsanspruch auch gegen sie begründet. Das beanstandete geschäftliche Handeln verwirklicht unter den von dem Antragsteller geltend gemachten Gesichtspunkten jedoch keinen Unlauterkeitstatbestand und kann der Antragsgegnerin deshalb nicht als gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässig verboten werden.

1. Zu prüfen ist die Lauterkeit der Geschäftspraxis der Antragsgegnerin unter verschiedenen Blickwinkeln und ohne Beschränkung auf die von dem Antragsteller angeführten Vorschriften.

Der Antragsteller leitet den von ihm verfolgten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch aus mehreren unterschiedlichen Argumentationslinien ab. Zunächst hält er die 14 von ihm angegriffenen Angebotsbeschreibungen für sich betrachtet für unzulässig, weil beispielsweise bei den Fischstäbchen der Streichpreis von € 4,19 nicht ausdrücklich als niedrigster Preis der letzten 30 Tage ausgewiesen sei. Darin sieht er einerseits einen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PAngV und rügt außerdem, die Angaben seien nicht eindeutig und klar genug. Schließlich macht er geltend, die Antragsgegnerin habe mit ihren unterschiedlich gestalteten Preisgegenüberstellungen Verwirrung gestiftet und bezieht sich hierzu auf einen Vergleich der 14 angegriffenen Angebotsbeschreibungen mit weiteren in dem Prospekt enthaltenen Angebotsbeschreibungen (beispielsweise des Erfrischungsgetränks). Diese verschiedenen Aspekte hat der Antragsteller dergestalt zur Unterlegung seines Antrags herangezogen, dass es zwar im Erfolgsfall dem Gericht überlassen bleibt zu bestimmen, worauf das Verbot gestützt werden soll, der Antrag aber nur dann abgewiesen werden kann, wenn das begehrte Verbot unter keinem der geltend gemachten Gesichtspunkte begründet ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11 - Biomineralwasser [unter II 1 f {Rn. 24}]; Urteil vom 25. Juni 2020 - I ZR 96/19 - LTE-Geschwindigkeit [unter II 3 c aa]).

In rechtlicher Hinsicht ist die Prüfung nicht auf die von dem Antragsteller genannte Vorschrift des § 3a UWG und den - in der Einleitung des Verfügungsantrags beiläufig erwähnten - Unlauterkeitstatbestand des § 5 UWG beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle Verbotsnormen, zu deren Prüfung der von dem Antragsteller vorgetragene Sachverhalt Anlass geben kann. Leitet ein Anspruchsteller - wie das der Antragsteller getan hat - einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch aus einer konkreten Verletzungshandlung her, stellen die verschiedenen Unlauterkeitstatbestände regelmäßig nur unterschiedliche rechtliche Gesichtspunkte der dem Gericht obliegenden Bewertung des zur Entscheidung gestellten einheitlichen Streitgegenstandes dar (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 175/12 - Treuepunkte-Aktion [unter II 1]; Urteil vom 2. Juni 2005 - I ZR 252/02 - Aktivierungskosten II [unter II 1 b und c]; Urteil vom 20. Februar 2020 - I ZR 5/19 - Sofort-Bonus II [unter B I 2 a]). Für die Begründetheit eines solchen Verbotsantrags ist nicht entscheidend, welche rechtlichen Aspekte der Anspruchsteller angeführt hat, sondern ob die von ihm vorgetragenen Tatsachen sein Rechtsschutzziel tragen (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2018 - I ZR 121/17 - Applikationsarzneimittel [unter II 2 a]; Urteil vom 11. Oktober 2017 - I ZR 78/16 - Tiegelgröße [unter II 1 b aa und II 1 b bb (2)]; Urteil vom 7. April 2011 - I ZR 34/09 - Leistungspakete im Preisvergleich [unter II 1 b aa]; Urteil vom 2. Juni 2005 - I ZR 252/02 - Aktivierungskosten II [unter II 1 c]; s.a. Urteil vom 25. Juni 2020 - I ZR 96/19 - LTE-Geschwindigkeit [unter II 3 c bb (4)]).

2. Die Geschäftspraxis der Antragsgegnerin erweist sich nicht bereits wegen eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 PAngV als unlauter.

a) Im Ausgangspunkt wäre ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PAngV allerdings geeignet, die betreffende geschäftliche Handlung als unlauter zu qualifizieren, wenn auch nicht (mehr) nach der von dem Antragsteller genannten Vorschrift des § 3a UWG, so doch nach §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG.



aa) Während nach bisheriger Sichtweise die Unlauterkeit einer Informationspflichten in Bezug auf kommerzielle Kommunikation verletzenden geschäftlichen Handlung gleichrangig sowohl aus § 5a Abs. 2 S. 1 und Abs. 4 UWG in der bis zum 27. Mai 2022 geltenden Fassung (künftig nur UWG a.F.) als auch aus § 3a UWG abgeleitet werden konnte, ohne dass zwischen diesen Normen ein Konkurrenzverhältnis bestand und ohne dass sich - da bestimmte Anforderungen aus § 5a Abs. 2 S. 1 UWG a.F. in § 3a UWG hineingelesen wurden - inhaltliche Unterschiede ergaben (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II [unter B II 1 c aa und bb]), ist die Unlauterkeit einer Verletzung von kommerzielle Kommunikation betreffenden Informationspflichten im Hinblick auf die seit Inkrafttreten von § 9 Abs. 2 UWG am 28. Mai 2022 unterschiedlich weit reichenden Rechtsfolgen von Verstößen gegen § 3a UWG einerseits und §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG (entspricht inhaltlich § 5a Abs. 2 S. 1 und Abs. 4 UWG a.F.) andererseits nunmehr allein nach den zuletzt genannten Vorschriften zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - I ZR 69/21 - Grundpreisangabe im Internet [unter D V]; Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II [unter B II 1 d bis B II 1 d bb]). Lediglich Verstöße gegen Informationspflichten, die nicht die kommerzielle Kommunikation betreffen, können weiterhin eine Unlauterkeit nach § 3a UWG begründen (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II [unter B II 1 d cc]; Beschluss vom 10. Februar 2022 - I ZR 38/21 - Zufriedenheitsgarantie [unter B II 6 b bb (1)]). Es ist nicht ersichtlich, dass mit der Entscheidung "7 x mehr" von dieser Sichtweise wieder abgerückt werden soll, auch wenn dort für einen die kommerzielle Kommunikation betreffenden Bereich weiterhin auf § 3a UWG abgestellt wird (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 , I ZR 93/21 - 7 x mehr [unter B I 2 a aa]).

bb) Der von dem Antragsteller geltend gemachte Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PAngV hat Informationspflichten zum Gegenstand, die im Sinne von § 5b Abs. 4 UWG die kommerzielle Kommunikation betreffen.

(1) § 5b Abs. 4 UWG dient der Umsetzung von Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt (UGPRL) und ist daher richtlinienkonform auszulegen (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 29. Juli 2021 - I ZR 135/20 - Flaschenpfand III [unter B II 3 b bb]).

Das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung gilt jedenfalls insoweit, als der Anwendungsbereich der UGPRL betroffen ist. Das ist hier der Fall. Zwar ist der Anwendungsbereich der UGPRL insofern enger als derjenige des UWG, als Geschäftspraktiken im Sinne von Art. 2 lit. d UGPRL nur solche Verhaltensweisen sind, die sich in den Rahmen der Geschäftsstrategie eines Wirtschaftsteilnehmers einfügen und unmittelbar mit der Absatzförderung und dem Verkauf oder der Lieferung seiner Produkte an Verbraucher zusammenhängen (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 - C-391/12, RLvS Verlagsgesellschaft mbH/Stuttgarter Wochenblatt GmbH [Rn. 34 ff.]; BGH, Urteil vom 9. September 2021 - I ZR 125/20 - Influencer II [unter B II 2 c bb (1)]). Daran fehlt es hier insofern, als die Antragsgegnerin keine Geschäfte mit Verbrauchern abschließt, sondern nur Dienstleistungen für andere Gesellschaften ihrer Unternehmensgruppe erbringt. Der Anwendungsbereich der UGPRL ist, wie sich aus deren Art. 2 lit. b ergibt, aber auch in einer Situation eröffnet, in der die Geschäftspraktiken eines Wirtschaftsteilnehmers von einem anderen Unternehmen ausgeübt werden, das im Namen oder Auftrag des Wirtschaftsteilnehmers tätig wird, so dass die Bestimmungen der UGPRL in bestimmten Situationen sowohl dem Wirtschaftsteilnehmer als auch dem für ihn handelnden Unternehmen entgegengehalten werden können, wenn beide der Definition des Gewerbetreibenden entsprechen (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 - C-391/12, RLvS Verlagsgesellschaft mbH/Stuttgarter Wochenblatt GmbH [Rn. 38]). So liegt es hier, weil die Antragsgegnerin mit der Herausgabe ihres Prospekts die Werbung für diejenigen Unternehmen ihrer Gruppe betreibt, die mit dem Absatz der Produkte an den Endverbraucher befasst sind, mithin im Sinne von Art. 2 lit. b UGPRL "im Namen oder Auftrag" dieser Unternehmen handelt.

Infolge der danach gebotenen richtlinienkonformen Auslegung sind Informationsanforderungen im Sinne von Art. 7 Abs. 5 UGPRL solche im Sinne von § 5b Abs. 4 UWG.

(2) Erfasst werden von Art. 7 Abs. 5 UGPRL (und damit zugleich von § 5b Abs. 4 UWG) Informationsanforderungen in Bezug auf kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung oder Marketing, auf die in der nicht erschöpfenden Liste des Anhangs II der UGPRL verwiesen wird.

Dabei sind unter kommerzieller Kommunikation im Sinne von Art. 7 Abs. 5 UGPRL - und damit zugleich im Sinne von § 5b Abs. 4 UWG -in Anlehnung an Art. 2 lit. f der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr") alle Formen der Kommunikation zu verstehen, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer Organisation oder einer natürlichen Person dienen, die eine Tätigkeit in Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen reglementierten Beruf ausübt (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II [unter B II 1 e dd (1)]; Beschluss vom 10. Februar 2022 - I ZR 38/21 - Zufriedenheitsgarantie [unter B II 6 b bb (1)]). Nicht dazu zählen mangels Förderung des Produktabsatzes oder des unternehmerischen Erscheinungsbilds grundsätzlich Informationspflichten, die anderen Zwecken dienen oder (erst) im Zuge des Vertragsschlusses oder bei der Vertragsabwicklung zu erfüllen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2022 - I ZR 38/21 - Zufriedenheitsgarantie [unter B II 6 b bb (1)]).

Ob die betreffenden unionsrechtlichen Vorschriften in der Liste nach Anhang II der UGPRL enthalten sind, ist nicht maßgeblich, da diese Liste ausdrücklich nicht erschöpfend ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II [unter B II 1 e cc]; Urteil vom 7. März 2019 - I ZR 184/17 - Energieeffizienzklasse III [unter II 3 c bb (3)]). Diese Sichtweise steht in Einklang mit den Zielen der UGPRL, nach deren Erwägungsgrund 15 S. 1 in ihrem Rahmen Informationsanforderungen, die das Gemeinschaftsrecht in Bezug auf Werbung, kommerzielle Kommunikation oder Marketing festlegt, als wesentlich angesehen werden.

(3) Danach betreffen die Informationspflichten, deren Verletzung der Antragsteller geltend macht, die kommerzielle Kommunikation im Sinne von Art. 7 Abs. 5 UGPRL (und damit zugleich im Sinne von § 5b Abs. 4 UWG).

§ 11 Abs. 1 PAngV schreibt (in Umsetzung von Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse [PreisangabenRL]) vor, dass bestimmte Informationen "bei Bekanntgabe einer Preisermäßigung" angegeben werden müssen. Damit sind diese Informationen dem Verbraucher jedenfalls vor Abgabe seiner Vertragserklärung zugänglich zu machen. Mithin handelt es sich um Informationen, die in der auf die Förderung des Produktabsatzes gerichteten Phase bereitzustellen sind.

Die Informationsanforderungen sind im Unionsrecht festgelegt, nämlich in Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL, deren Umsetzung § 11 Abs. 1 PAngV dient.

Auf den Umstand, dass Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL in der Liste nach Anhang II der UGPRL nicht enthalten sind, kommt es nicht an.

cc) Der deshalb angezeigten Beurteilung der Lauterkeit der Geschäftspraxis der Antragsgegnerin anhand von §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG steht Art. 3 Abs. 4 UGPRL (und gleichlaufend der diese Vorschrift in nationales Recht umsetzende § 1 Abs. 2 UWG) nicht grundsätzlich entgegen.

Ein die Anwendbarkeit der UGPRL ausschließender Kollisionsfall im Sinne von Art. 3 Abs. 4 UGPRL liegt regelmäßig nicht vor, wenn - was hier, wie gerade festgestellt, der Fall ist - Art. 7 Abs. 5 UGPRL eingreift. Art. 7 Abs. 5 UGPRL bezieht über die Verweisung auf im sonstigen Gemeinschaftsrecht festgelegte, die kommerzielle Kommunikation betreffende Informationsanforderungen diese Normen derart in den Anwendungsbereich der UGPRL ein, dass sie und die UGPRL einander ergänzen mit der Folge, dass auf die Verletzung von Informationspflichten im Sinne von Art. 7 Abs. 5 UGPRL, die zugleich solche im Sinne von § 5b Abs. 4 UWG darstellen, Art. 7 Abs. 1 bis Abs. 3 UGPRL - und damit die diese umsetzenden Regelungen in § 5a Abs. 1 bis Abs. 3 UWG - anzuwenden sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - I ZR 69/21 - Grundpreisangabe im Internet [unter C II 3 b cc (2)]; Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II [unter B II 1 e bb (2)]; Beschluss vom 29. Juli 2021 - I ZR 135/20 - Flaschenpfand III [unter B II 3 b dd (1)]; s.a. Beschluss vom 10. Februar 2022 - I ZR 38/21 - Zufriedenheitsgarantie [unter B II 6 b aa] sowie EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015 - C-544/13 und 545/13, Abcur AB/Apoteket Farmaci AB und Abcur AB/Apoteket AB u.a [Rn. 78 f.]; Urteil vom 13. September 2018 - C-54/17 und 55/17, Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato/Wind Tre SpA und Autorità Garante.../Vodafone Italia SpA [Rn. 58 und 60 f.] und Erwägungsgrund 10 der UGPRL).



Ein die Prüfung anhand der UGPRL und der sie umsetzenden Normen beschränkender Anwendungsvorrang kommt spezifischen Vorschriften des Unionsrechts wie der PreisangabenRL gemäß Art. 3 Abs. 4 UGPRL (und § 11 Abs. 1 PAngV gemäß § 1 Abs. 2 UWG) nur insoweit zu, als diese besondere Aspekte der auf seine Lauterkeit zu prüfenden Geschäftspraktiken in einer mit den Vorgaben der UGPRL unvereinbaren Weise regeln (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Juli 2016 - C-476/14, Citroën Commerce GmbH/Zentralvereinigung des Kraftfahrzeuggewerbes zur Aufrechterhaltung lauteren Wettbewerbs e. V. [Rn. 42 ff.]; Urteil vom 13. September 2018, a.a.O. [Rn. 60 f.]), etwa indem sie besondere Informationsanforderungen aufstellen oder bestimmen, wie bestimmte Informationen dem Verbraucher zu vermitteln sind (vgl. Erwägungsgrund 10 der UGPRL sowie EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O. [Rn. 79]). Soweit dies der Fall ist, könnte eine durch spezielle unionsrechtliche Regelungen vorgeschriebene Informationspraxis selbst dann nicht als irreführend angesehen werden, wenn sie für sich gesehen geeignet sein sollte, bei Verbrauchern Fehlvorstellungen auszulösen, und es könnte ebenfalls nicht verlangt werden, die durch spezielle unionsrechtliche Regelungen vorgeschriebene Informationspraxis durch aufklärende Zusätze zu erläutern (vgl. EuGH, Urteil vom 4. September 2019 - C-686/17, Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V./Prime Champ Deutschland Pilzkulturen GmbH [Rn. 66 ff. und 76 ff.]; Urteil vom 25. Juli 2018 - C-632/16, Dyson Ltd und Dyson BV/BSH Home Appliances NV [Rn. 32 ff.; 42 ff.]; BGH, Urteil vom 16. Januar 2020 - I ZR 74/16 - Kulturchampignons II [unter II 2 c bb und unter II 2 d] sowie Köhler, WRP 2022, 127 [130 Rn. 30]).

b) Eine nach alledem grundsätzlich in Betracht kommende Unlauterkeit der Geschäftspraxis der Antragsgegnerin nach §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG wegen eines als Vorenthalten wesentlicher Informationen zu qualifizierenden Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 PAngV ist zu verneinen, weil die seitens des Antragstellers monierte Bewerbung der Fischstäbchen und der 13 weiteren von ihm benannten Artikel § 11 Abs. 1 PAngV nicht verletzt.

aa) Gemäß § 11 Abs. 1 PAngV hat derjenige, der zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat.

bb) Die Bewerbung der 14 von dem Antragsteller bezeichneten Lebensmittel hat diese Pflicht zur Angabe des niedrigsten für diese Lebensmittel in den letzten 30 Tagen vor Angebotsbeginn angewendeten Preises ausgelöst.

Nach dem zwischen den Parteien unstreitigen Sachverhalt ist nicht zweifelhaft, dass die Antragsgegnerin bei der Gestaltung der Prospektwerbung für die Lebensmittel im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 PAngV handelte und gemäß § 3 Abs. 1 PAngV zur Angabe von Gesamtpreisen verpflichtet war.

Die Werbung für die 14 Lebensmittel enthält jeweils die Bekanntgabe einer Preisermäßigung. Diese liegt zum einen in der auf dem Störer ausgewiesenen prozentualen Ermäßigung und zum anderen in der Nennung eines Streichpreises.

cc) Der Verpflichtung zur Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage hat die Antragsgegnerin entsprochen.

Die Preiskacheln, die den 14 Artikeln zugeordnet sind, deren Bewerbung der Antragsteller angreift, sind allesamt so gestaltet, wie im Tatbestand für die Fischstäbchen exemplarisch dargestellt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass in allen 14 Fällen der angegebene Streichpreis zum einen derjenige Preis ist, der vor Wirksamwerden der Preisermäßigung in den von der Unternehmensgruppe der Antragsgegnerin betriebenen Filialen zuletzt gefordert worden ist, und zum anderen in den letzten 30 Tagen vor Wirksamwerden der Preisermäßigung für keines dieser Lebensmittel ein geringerer als der in der jeweiligen Preiskachel genannte Streichpreis verlangt wurde. Vor diesem Hintergrund hat die Antragsgegnerin mit dem Streichpreis den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage angegeben.

dd) Zu mehr als der (rein betragsmäßigen) Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage verpflichtet § 11 Abs. 1 PAngV den Unternehmer nicht. Ein Erfordernis, diesen Preis nicht nur zu beziffern, sondern ihn in bestimmter Weise zu bezeichnen oder durch Erläuterung ausdrücklich als niedrigsten Preis der letzten 30 Tage auszuweisen, stellt § 11 Abs. 1 PAngV nicht auf.

(1) Dem Wortlaut von §11 Abs. 1 PAngV ist ein solches Erfordernis nicht ausdrücklich zu entnehmen, wenn er auch einer solchen Auslegung nicht unbedingt entgegensteht.

§ 11 Abs. 1 PAngV schreibt die Angabe des niedrigsten innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung geforderten Preises vor, regelt aber nicht, wie das zu geschehen hat. Folglich enthält die Norm keine ausdrückliche Verpflichtung, diesen Preis als solchen zu bezeichnen oder die Preisangabe zu erläutern. Hinzu kommt, dass ein Preis regelmäßig bereits dadurch "angegeben" wird, dass er betragsmäßig benannt (beziffert) wird.

Auf der anderen Seite ergibt sich allerdings schon aus der Natur der Sache, dass immer dann, wenn neben dem beworbenen Angebotspreis ein weiterer Preis genannt wird, sich dem Betrachter erschließen muss, welcher Preis der Angebotspreis und welcher der Referenzpreis ist. Hieraus leitet sich aber nicht zwangsläufig das Erfordernis ab, den Referenzpreis in bestimmter Form zu betiteln oder verbal zu erläutern. Vielmehr kann sich der Werbende bloßer Schlagworte oder nonverbaler gestalterischer Mittel bedienen um kenntlich zu machen, welcher Preis der Angebotspreis und welcher der ihm zu Vergleichszwecken gegenübergestellte Preis ist.

(2) Aus der Systematik der PAngV ergibt sich keine Pflicht, den Preis in bestimmter Weise zu bezeichnen oder zu erläutern.




Die Regelungen der PAngV legen im Wesentlichen fest, welche Angaben dem Verbraucher bereitzustellen sind. Wie dies zu geschehen hat, wird in § 1 Abs. 3 PAngV allgemein vorgegeben und in § 3 Abs. 3 sowie § 4 Abs. 1 S. 1 PAngV für bestimmte Angaben näher konkretisiert. Eine grundsätzliche Verpflichtung des Händlers, die ihm vorgeschriebenen Angaben zu definieren oder zu erläutern, stellen weder diese Regelungen noch sonstige Vorschriften der PAngV auf. So ist der Unternehmer beispielsweise Verbrauchern gegenüber gemäß § 3 Abs. 1 PAngV verpflichtet, den Gesamtpreis anzugeben, wobei mit Gesamtpreis der Preis einschließlich der Umsatzsteuer gemeint ist, § 2 Nr. 4 PAngV. Grundsätzlich nicht gehalten ist der Unternehmer demgegenüber, seine (Gesamt-)Preisangabe als solche zu betiteln oder sie zu erläutern und den Verbraucher darüber zu informieren, dass der ihm genannte Preis die Umsatzsteuer einschließt. Eine solche Pflicht besteht nur ausnahmsweise und aufgrund besonderer Anordnung, nämlich gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 PAngV für Fernabsatzgeschäfte.

Eine dem vergleichbare, über die Pflicht zur Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage hinausgehende Informationspflicht stellt die PAngV nicht auf.

(3) Eine Verpflichtung, den neben dem Angebotspreis zu nennenden niedrigsten Preis der letzten 30 Tage als solchen zu bezeichnen, lässt sich nicht aus Sinn und Zweck von § 11 Abs. 1 PAngV ableiten.

Ziel der Regelung ist es, Verbrauchern zu ermöglichen, Preisermäßigungen für Waren besser einordnen und ihre Preiswürdigkeit einschätzen zu können, und zu verhindern, dass bei der Bekanntgabe von Preisermäßigungen vorherige Preise angegeben werden, die vor der Preisermäßigung so nicht verlangt wurden, oder dass Preise vor einer Preisermäßigung kurzzeitig angehoben werden um dann auf diesen erhöhten Preis Bezug nehmen und den Eindruck einer höheren Preisermäßigung und eines besonders preisgünstigen Angebotes erwecken zu können (vgl. Begründung der Bundesregierung für die Novellierung der PAngV, BR-Drs. 669/21, S. 39).

Dieser Regelungszweck gebietet es nicht, den anzugebenden günstigsten Preis der letzten 30 Tage ausdrücklich als solchen zu bezeichnen oder zu erläutern. Die Möglichkeit des Verbrauchers, die Preiswürdigkeit einer beworbenen Preisermäßigung einzuschätzen, wird bereits dadurch verbessert, dass ihm der niedrigste Preis der letzten 30 Tage betragsmäßig angegeben wird, da ihm auf diese Weise der nach der Vorstellung des Normgebers geeigneter Bezugspunkt für einen Preisvergleich an die Hand gegeben wird. In gleichem Maße wird der Anreiz für den Handel gemindert, den Preis kurz vor einer Ermäßigung heraufzusetzen (vgl. Sosnitza, WRP 2021, 440 [442 Rn. 22 mit Rn. 19]). Zudem brächte eine ausdrückliche Bezeichnung oder Erläuterung des "vorherigen Preises" im Sinne des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage dem Verbraucher keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn. Die von dem Antragsteller für notwendig gehaltene Erläuterung stellt der Sache nach nichts anderes dar als ein Selbstbekenntnis des werbenden Unternehmers, für den Streichpreis die vorgeschriebene Bezugsgröße gewählt zu haben. Dadurch erhält der Verbraucher keinen Mehrwert.

(4) Eine richtlinienkonforme Auslegung im Lichte des in § 11 Abs. 1 PAngV umgesetzten Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL bestätigt dieses Ergebnis.

(a) Art. 6a Abs. 1 PreisangabenRL sieht vor, dass bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung der vorherige Preis anzugeben ist, den der Händler vor der Preisermäßigung über einen bestimmten Zeitraum angewandt hat. Gemäß Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL ist der vorherige Preis der niedrigste Preis, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat.

(b) Ihrem Wortlaut nach verlangt die Vorschrift jedenfalls nicht, den anzugebenden "vorherigen Preis" als niedrigsten Preis der letzten 30 Tage zu bezeichnen oder sonst auszuweisen.

Der Regelungsgehalt von Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL erschließt sich (ungeachtet mancher Zweifelsfragen) durch die rechtstechnische Gestaltung etwas klarer, als das bei § 11 Abs. 1 PAngV der Fall ist. Nach Art. 6a Abs. 1 PreisangabenRL verpflichtet nunmehr jede Preissenkungswerbung zur Angabe des "vorherigen Preises". Außerdem deutet sich in Abs. 1 bereits an, dass mit dem "vorherigen Preis" nicht (was angesichts des Wortsinns der Wendung "vorheriger Preis" dem natürlichen Begriffsverständnis entspräche) der unmittelbar vor Anwendung der Preisermäßigung geltende, letzte Preis gemeint ist, sondern eine zeitliche Komponente einfließt. Näheren Aufschluss dazu gibt Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL, der eine Legaldefinition des "vorherigen Preises" enthält. Danach ist der "vorherige Preis" (abweichend vom natürlichen Begriffsverständnis) der niedrigste Preis, der innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tagen vor der Preisermäßigung gefordert worden ist.

Letztlich regelt Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL auf diese Weise vor allem, unter welchen Bedingungen welche Informationen bereitzustellen sind, nicht aber ausdrücklich, wie das zu geschehen hat. Soweit man dieser Regelung gleichwohl Vorgaben dazu entnehmen möchte, dass und wie der "vorherige Preis" zu bezeichnen ist, spricht vieles für die Annahme, die vorgeschriebene Bezeichnung laute "vorheriger Preis", da dessen Angabe in Art. 6a Abs. 1 PreisangabenRL vorgeschrieben wird. Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL enthält hingegen keine Handlungsanweisung, sondern eine bloße Begriffsbestimmung.

(c) Das aufgezeigte Verständnis entspricht dem Konzept der weiteren bei Preisangaben zu berücksichtigenden unionsrechtlichen Vorgaben.

So ordnet Art. 3 Abs. 1 S. 1 PreisangabenRL die Angabe des Verkaufspreises an, während Art. 2 lit. a PreisangabenRL den Verkaufspreis als den Endpreis für eine Produkteinheit oder eine bestimmte Erzeugnismenge definiert, der die Mehrwertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließt. Eine Verpflichtung des Händlers, den Preis als Verkaufspreis zu bezeichnen oder ihn mit dem Hinweis zu versehen, er schließe alle Steuern ein, sieht die PreisangabenRL nicht vor.

Allgemeine Vorgaben dazu, wie Preise auszuzeichnen sind, enthält Art. 4 Abs. 1 PreisangabenRL für den Verkaufspreis und den Preis je Maßeinheit. Soweit das Unionsrecht in Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr", sog. E-CommerceRL) zusätzlich eine Unterrichtung der Verbraucher darüber vorsieht, ob in dem ihnen angegebenen Preis Steuern enthalten sind, handelt es sich um eine nur bestimmte Bezugnahmen auf Preise erfassende Sondervorschrift.

(d) Ein Erfordernis, den anzugebenden "vorherigen Preis" ausdrücklich als günstigsten Preis der letzten 30 Tage zu bezeichnen oder zu erläutern, lässt sich nicht aus dem von der PreisangabenRL und von der (die Einfügung von Art. 6a PreisangabenRL anordnenden) Richtlinie (EU) 2019/2161 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinien 98/6/EG, 2005/29/EG und 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union (sog. Omnibus-Richtlinie) angestrebten Ziel ableiten, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten.



Das durch die Omnibus-Richtlinie eingeführte Gebot soll einer künstlichen kurzfristigen Aufblähung des Preises zum Zwecke seiner anschließenden werbewirksamen Ermäßigung und einer Irreführung über die Höhe des Preisnachlasses entgegenwirken, indem klare Regeln zur Ermittlung des vorherigen Vergleichspreises festgelegt werden, auf dem die angekündigte Ermäßigung basieren muss (vgl. Leitlinien zur Auslegung und Anwendung von Artikel 6a der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse, Bekanntmachung der Kommission 2021/C 526/02, S. 131). Den Interessen des Verbraucherschutzes ist durch die Verpflichtung Genüge getan, bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung den günstigsten Preis der letzten 30 Tage anzugeben. Die von dem Antragsteller für notwendig gehaltene ausdrückliche Benennung des angegebenen Vergleichspreises als des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage verbessert die Wirksamkeit dieser Regelung nicht und brächte dem Verbraucher außerdem keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn. Insoweit wird ergänzend auf die Ausführungen oben unter II 2 b dd (3) verwiesen.

(5) Das gefundene Auslegungsergebnis fügt sich in das Normverständnis ein, wie es in den Leitlinien der Kommission zu Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL (vgl. Leitlinien zur Auslegung und Anwendung von Artikel 6a der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse, Bekanntmachung der Kommission 2021/C 526/02, S. 134 Mitte, 135 und 136), der Begründung der Bundesregierung für die Novellierung der PAngV (BR-Drs. 669/21, S. 40 Mitte, 41) und den in der Literatur veröffentlichten Stellungnahmen zu § 11 Abs. 1 PAngV (vgl. etwa Sosnitza, WRP 2021, 440; ders., GRUR 2022, 794; Buchmann/Sauer, WRP 2022, 538; Laoutoumai/Barth, GRUR-Prax 2022, 305; Schröder, WRP 2022, 671) zum Ausdruck kommt. Zwar wird dort die Frage, ob der als Referenzpreis heranzuziehende vorherige Preis im Sinne des während der letzten 30 Tage geforderten niedrigsten Preises als solcher zu bezeichnen oder zu erläutern ist, nirgends ausdrücklich aufgegriffen (vgl. aber - in dem hier vertretenen Sinn - Lebensmittelzeitung vom 7. Oktober 2022, S. 20; von der Antragsgegnerin als Anlage SOH 5 vorgelegt). Die von der Kommission und der Bundesregierung vertretene und in der Literatur geteilte Interpretation von Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL dahin, dass einerseits außer dem stets anzugebenden niedrigsten Preis der letzten 30 Tage zusätzlich der letzte Verkaufspreis genannt werden dürfe (vgl. Kommission, a.a.O. S. 135 Mitte; Bundesregierung, a.a.O. S. 40 Mitte; Sosnitza, GRUR 2022, 794 [797]) und andererseits keine zusätzlichen Angaben erforderlich seien, wenn der letzte Verkaufspreis 30 Tage lang unverändert Gültigkeit hatte (vgl. Kommission, a.a.O. S. 136 oben; Schröder, WRP 2022, 671 [675]), beruht aber auf der (unausgesprochenen) Annahme, dass der anzugebende "vorherige Preis" im Sinne des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage zwar (betragsmäßig) genannt, aber nicht ausdrücklich als günstigster Preis der letzten 30 Tage bezeichnet oder erläutert werden muss.

Auf die von dem Antragsteller aufgeworfene Frage, ob der - ohnehin nicht verbindlichen (vgl. Kommission, a.a.O. S. 131 unten; s.a. EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - C-226/11, Expedia Inc./Autorité de la concurrence u. a. [Rn. 24 ff.]) - Auffassung der Kommission in ihren Leitlinien insoweit zu folgen ist, als nach Lesart der Kommission als Bezugsgröße für eine prozentuale Berechnung von Preisermäßigungen ausschließlich der niedrigste Preis der letzten 30 Tage herangezogen werden dürfe (vgl. Kommission, a.a.O. S. 135 Mitte; ebenso möglicherweise Bundesregierung, a.a.O. S. 40 Mitte; offen Buchmann/Sauer, WRP 2022, 538 [545]; ablehnend Sosnitza, WRP 2021, 440 [442]; Schröder, WRP 2022, 671 [676]), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Auch wer der Einschätzung der Kommission nicht folgt und den Händler für berechtigt hält, den Prozentsatz einer Preisermäßigung mit Bezug auf den zuletzt von ihm geforderten Preis und nicht in Bezug auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage zu berechnen, kommt nicht an der Tatsache vorbei, dass nach dem geltenden Recht bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung (von hier nicht einschlägigen, in Art. 6a Abs. 3 bis Abs. 6 PreisangabenRL und § 11 Abs. 2 und Abs. 4 PAngV ermöglichten Ausnahmen abgesehen) der niedrigste Preis der letzten 30 Tage stets angegeben werden muss und der letzte Verkaufspreis allenfalls zusätzlich dazu angegeben werden darf. Von daher verhält sich derjenige Händler, der nur einen unter dem Angebot nicht mehr gültigen Preis angibt, stets normgemäß, sofern es sich bei diesem Preis (auch) um den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage handelt.

Eine Divergenz zu dem von dem Antragsteller angeführten Urteil des Landgerichts München I vom 10. Oktober 2022 - 42 O 9140/22 liegt ebenfalls nicht vor. Ausweislich der von dem Antragsteller vorgelegten Presseerklärung (im Volltext ist die Entscheidung derzeit soweit ersichtlich noch nicht verfügbar) hat das Landgericht München I einen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PAngV angenommen, weil für die dort angegriffene Streichpreiswerbung die falsche Bezugsgröße ausgewählt worden sei. Ein Postulat, den für die Preisermäßigung angeführten Referenzpreis in bestimmter Weise zu bezeichnen, lässt sich dem nicht entnehmen. Im Übrigen betrifft die Münchener Entscheidung die Werbung mit Streichpreisen auf einer Plattform, über die verschiedene Händler Waren anbieten. Die sich aus dieser Konstellation möglicherweise ergebende Notwendigkeit, in der Werbung genannte Bezugsgrößen eindeutig zu bezeichnen, lässt sich nicht auf den hier zu beurteilenden Fall der Werbung für Filialangebote einer einheitlich nach außen auftretenden Unternehmensgruppe übertragen.

(6) Der Umstand, dass wie unter II 2 b dd (4) aufgezeigt die oben unter II 2 b dd (1) bis (3) vorgenommene autonome Auslegung von § 11 Abs. 1 PAngV den unionsrechtlichen Vorgaben entspricht, schließt eine abweichende Auslegung von § 11 Abs. 1 PAngV im Sinne der von dem Antragsteller vertretenen Auffassung aus. Zwar sieht die PreisangabenRL nur eine Mindestharmonisierung vor und gestattet in ihrem Art. 10 den Mitgliedsstaaten, für Verbraucher günstigere Regelungen zu treffen. Die Pflicht, bei der Ankündigung von Preisermäßigungen den vorherigen Preis anzugeben, fällt jedoch in den Anwendungsbereich der UGPRL (Art. 3 UGPRL), mit der gemäß deren Art. 4 die Regeln über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern auf Unionsebene vollständig harmonisiert worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - I ZR 69/21 - Grundpreisangabe im Internet [unter C II 3 a sowie unter C II 3 b aa (1) und (2)]). Infolge der sich aus Art. 7 Abs. 5 UGPRL ergebenden Integration von Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL in die UGPRL (vgl. dazu oben unter II 2 a cc) ist eine über die sich aus Art. 6a PreisangabenRL hinausgehenden Pflichten ergebende Regelung (wie sie § 11 Abs. 1 PAngV in der von dem Antragsteller vertretenen Auslegung darstellte) strenger als die UGPRL. Eine hierfür notwendige unionsrechtliche Grundlage für die von dem Antragsteller für richtig gehaltene Auslegung von § 11 Abs. 1 PAngV fehlt. Auf die Öffnungsklausel in Art. 10 PreisangabenRL, die über Art. 6a PreisangabenRL hinausgehende, für Verbraucher günstigere Regelungen ermöglicht, kann nicht zurückgegriffen werden, weil der Zeitraum, in dem dies durch Art. 3 Abs. 5 S. 1 UGPRL in der bis zum 6. Januar 2020 geltenden Fassung gestattet war, abgelaufen ist. Eine andere Öffnungsklausel greift nicht ein.

3. Die Verbreitung der Prospekte ist nicht deshalb unlauter, weil - was der Antragsteller neben der Verletzung von § 11 Abs. 1 PAngV ebenfalls rügt - die Prospektangaben nicht klar und eindeutig wären oder weil die Antragsgegnerin mit ihren unterschiedlich gestalteten Preisgegenüberstellungen Verwirrung gestiftet hätte.

a) Mit seinen Vorhalten einer nicht klaren und eindeutigen Kennzeichnung und einer durch unterschiedlich gestaltete Gegenüberstellungen gestifteten Verwirrung macht der Antragsteller eine irreführende oder intransparente Darstellung geltend. Diese Beanstandung lässt sich rechtlich einordnen als Rüge eines Verstoßes gegen die Grundsätze der Preiswahrheit und Klarheit (§ 1 Abs. 3 S. 2 PAngV in Verbindung mit §§ 5a Abs. 1 und Abs. 2, 5b Abs. 4 UWG in Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 PreisangabenRL, Art. 7 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 UGPRL), eines Verstoßes gegen das Verbot irreführender geschäftlicher Handlungen, das sich ausdrücklich auf eine Irreführung über das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils erstreckt (§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG in Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 lit. d UGPRL), und eines Verstoßes gegen die Pflicht, wesentliche Informationen nicht vorzuenthalten, und zwar auch nicht, indem sie verheimlicht oder nicht klar, verständlich und eindeutig bereitgestellt werden (§ 5a Abs. 1 und Abs. 2 Nrn. 1 und 2, 5b Abs. 1 Nr. 3 UWG in Umsetzung von Art. 7 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 lit. c UGPRL).

Die fehlende ausdrückliche Benennung dieser Vorschriften durch den Antragsteller entbindet das Gericht, wie unter II 1 bereits angemerkt, nicht von der Prüfung, ob sich der vorgetragene Sachverhalt darunter einordnen lässt. Eine Überprüfung der Geschäftspraxis der Antragsgegnerin anhand der allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Irreführungstatbestände ist - insoweit kann auf die Ausführungen oben unter II 2 a cc verwiesen werden - grundsätzlich möglich, wenn auch der Rückgriff auf sie nur insoweit zulässig ist, als nicht die PreisangabenRL kollidierende, gemäß Art. 3 Abs. 4 UGPRL Anwendungsvorrang genießende Vorgaben aufstellt.

Um zu beurteilen, ob solche Verstöße vorliegen, ist nach den gefestigten, allgemein im Bereich des Verbraucherschutzes geltenden (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Januar 2016 - C-75/15, Viiniverla Oy/Sosiaali - ja terveysalan lupa - ja valvontavirasto [Rn. 25]) Grundsätzen, auf denen die UGPRL gemäß deren Art. 5 Abs. 2 lit. b und Abs. 3 und Erwägungsgrund 18 fußt und die auch Beurteilungsmaßstab für die von der PreisangabenRL aufgestellten Anforderungen sind (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Juli 2016 - C-476/14, Citroën Commerce GmbH/Zentralvereinigung des Kraftfahrzeuggewerbes zur Aufrechterhaltung lauteren Wettbewerbs e. V. [Rn. 30]), auf die mutmaßliche Erwartung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Der Begriff des Durchschnittsverbrauchers beruht nicht auf statistischen, sondern auf normativen Maßstäben und bezeichnet einen fiktiven typischen Verbraucher, dessen mutmaßliche Reaktion von den Gerichten regelmäßig aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer Verbraucherbefragung unter Berücksichtigung sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren durch Anwendung speziellen Erfahrungswissens festzustellen ist (vgl. Erwägungsgrund 18 der UGPRL; EuGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - Rs. C-210/96, Gut Springenheide GmbH und Rudolf Tusky ./. Oberkreisdirektor des Kreises Steinfurt [Rn. 31 f., 35 f. und 37]; Urteil vom 26. Oktober 2016 - Rs. C-611/14 Canal Digital Danmark A/S [Rn. 39 f.]; Urteil vom 7. Juni 2018 - C-44/17, Scotch Whisky Association/Michael Klotz [Rn. 45, 47, 52 und 56]; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1999 - I ZR 167/97 - Orient-Teppichmuster, GRUR 2000, 619 [unter II 2 b]; Urteil vom 2. Oktober 2003 - I ZR 150/01 - Marktführerschaft [unter II 2 a]; Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11 - Biomineralwasser [unter II 2 c aa und unter II 3 a aa]; Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 202/10 - Marktführer Sport [unter II 3 c bb]; Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 34/12 [unter II 2]; Urteil vom 24. Januar 2019 - I ZR 200/17 - Das beste Netz [unter B II 2 a]; Urteile vom 7. April 2022 - I ZR 5/21 - Kinderzahnärztin [unter B II 3 c aa und bb] und I ZR 217/20 - Kinderzahnarztpraxis [unter B III 2 b und c]), und zwar grundsätzlich unabhängig davon, ob die entscheidenden Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 - I ZR 150/01 - Marktführerschaft [unter II 2 b]; Urteil vom 29. März 2007 - I ZR 122/04 - Bundesdruckerei [unter III 1]; Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 34/12 [unter II 2]; Beschluss vom 28. Mai 2020 - I ZR 190/19 [unter III 2 a]; s.a. EuGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - C-428/11, Purely Creative Ltd. u. a./Office of Fair Trading [Rn. 53 und 56]).

b) Der Prospektinhalt löst keine Fehlvorstellung in Bezug auf das Vorhandensein eines Preisvorteils (§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG) aus.

aa) Gemäß § 5 Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Irreführend ist eine geschäftliche Handlung nach § 5 Abs. 2 UWG, wenn sie entweder (Fall 1) unwahre Angaben oder aber (Fall 2) sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über einen der nachfolgend in der Vorschrift aufgezählten Bezugspunkte enthält. In diesem Sinne irreführend ist eine in einer geschäftlichen Handlung enthaltene Angabe, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt, wobei es auf den von der geschäftlichen Handlung bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorgerufenen Gesamteindruck ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2022 - I ZR 203/20 - Webshop Awards [unter II 2 b aa]), weshalb die gesamte geschäftliche Handlung zu würdigen und nicht lediglich auf einzelne Elemente derselben abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 - I ZR 93/21 - 7 x mehr [unter B I 2 a cc (1)]).

Beurteilungsmaßstab ist das mutmaßliche Verständnis durchschnittlicher Verbraucher in dem eben unter II 3 a beschriebenen Sinne, da sich der Prospekt an das allgemeine Publikum wendet. Dabei ist für die Annahme einer Irreführung erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die geschäftliche Handlung geeignet ist, irrige Vorstellungen über marktrelevante Umstände bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise hervorzurufen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2019 - I ZR 200/17 - Das beste Netz [unter B II 2 a]; Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 202/10 - Marktführer Sport [unter II 3 c bb]). Der Maßstab des durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers verlangt nicht, dass eine Angabe geeignet sein muss, jeden durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten irrezuführen, weil auch durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher geschäftliche Handlungen unterschiedlich auffassen können (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 - I ZR 252/01 - Mindestverzinsung [unter II 2]). Demzufolge ist in die Betrachtung das gesamte Spektrum unter Einschluss sowohl derjenigen Verbraucher einzubeziehen, die den Prospekt insgesamt oder jedenfalls zu größeren Teilen zur Kenntnis nehmen und dabei mehrere oder sogar alle Angebote betrachten, als auch derjenigen Verbraucher, die den Prospekt nur grob durchblättern um sich lediglich wenige oder sogar nur ein einzelnes Angebote näher ansehen, weil nur ein Artikel ihr Interesse geweckt hat.




bb) Im Ausgangspunkt ist davon auszugehen, dass - wie es auch in den Überlegungen des Antragstellers anklingt - jeder der angesprochenen Prospektleser die Preiskacheln mit Preisangabe, Streichpreis und Prozentsatz als Preissenkungswerbung versteht und alle dort genannten Preise als Preise der Filialen der Unternehmensgruppe der Antragsgegnerin wahrnimmt. Da für den Verbraucher erkennbar ist, dass ein Unternehmer nur eigene Preise für ungültig erklären kann, wird nach den bislang gültigen Erfahrungssätzen eine Streichpreiswerbung regelmäßig als Gegenüberstellung des aktuell geforderten Preises mit dem früher von dem werbenden Unternehmer verlangten Preis verstanden, sofern sich nicht aus den Umständen erschließt, dass die Preisgünstigkeit des beworbenen Angebots aus der Gegenüberstellung mit einem anderen Faktor - wie beispielsweise einer unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers oder dem aktuell geforderten Preis eines Wettbewerbers - hergeleitet werden soll, wobei ein solcher weiterhin gültiger Preis regelmäßig näher erläutert werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 182/14 - Durchgestrichener Preis II [unter II 1 c]). Vor diesem Hintergrund kann der an anderer Stelle der Antragsbegründung eher beiläufig geäußerten Ansicht des Antragstellers, die Preisgegenüberstellung sei unklar, weil sie nicht erkennen lasse, ob es sich bei dem Streichpreis um einen vormaligen eigenen Preis, den Verweis auf eine Hersteller-UVP oder den Preis eines Konkurrenten handele, nicht beigetreten werden.

cc) In Bezug auf die Frage, welcher eigene Preis der Filialen der Unternehmensgruppe der Antragsgegnerin mit dem Streichpreis angesprochen ist (also der unmittelbar vor Beginn des Angebotszeitraums geforderte letzte Preis, der niedrigste Preis der letzten mindestens 30 Tage oder beide [gleichlautenden] Preise), ist demgegenüber kein übereinstimmendes Verkehrsverständnis festzustellen.

Das Verkehrsverständnis ist insoweit nicht durch eine verbreitete Handhabung in einem bestimmten Sinn vorgeprägt. Angesichts vieler durch Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL und § 11 Abs. 1 PAngV aufgeworfener Zweifelsfragen (vgl. nur Sosnitza, WRP 2021, 440) ist die Verunsicherung im Handel groß und hat sich eine auf der Regelung fußende einheitliche Werbepraxis bei der Ankündigung von Preisermäßigungen nicht herausgebildet (vgl. Lebensmittelzeitung vom 12. August 2022, S. 18; von der Antragsgegnerin als Anlage SOH 2 vorgelegt).




dd) Von daher werden Verbraucher bei der Lektüre des Prospekts je nach ihrem individuellen Vorverständnis und je nachdem, wie viele verschiedene Angebote sie lesen, die Preisangaben unterschiedlich auffassen. Keine der danach denkbaren unterschiedlichen Wahrnehmungen geht allerdings mit einer Irreführung in dem eben unter II 3 b aa beschriebenen Sinn einher.

(1) An einer Fehlvorstellung fehlt es zunächst bei all jenen Verbrauchern, die den Streichpreisen keinerlei Beachtung schenken und sich allein für die aktuell geforderten Preise interessieren.

(2) Ebenfalls keiner Fehlvorstellung unterliegen solche Verbraucher, die von der Verpflichtung, bei der Ankündigung von Preisermäßigungen den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage anzugeben, bislang keine Kenntnis erlangt haben und aufgrund der Grundlage des geschilderten, bislang geltenden Erfahrungssatzes weiterhin davon ausgehen, dass es sich beispielsweise bei dem für die Fischstäbchen genannten Streichpreis von € 4,19 um den zuletzt von den Händlern der Unternehmensgruppe der Antragsgegnerin für die Fischstäbchen geforderten Preis handelt. Diese Vorstellung trifft zu.

(3) Demgegenüber mag ein anderer Teil der Verbraucher aufgrund der am 28. Mai 2022 entsprechend der unionsrechtlichen Vorgabe in Art. 7 Abs. 1 der Omnibus-Richtlinie in Kraft getretenen Regelung des § 11 Abs. 1 PAngV und der in Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL enthaltenen, vom natürlichen Begriffsverständnis abweichenden Legaldefinition des "vorherigen Preises" als des niedrigsten Preises der letzten mindestens 30 Tage davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin ihre Werbung diesen Vorgaben angepasst hat und als Bezugspunkt ihrer Preissenkungswerbung den entsprechend dieser Vorgaben ermittelten "vorherigen Preis" im Sinne des niedrigsten Preises der letzten mindestens 30 Tage angibt. Dieser Teil der Verbraucher versteht die Preisangabe der Fischstäbchen mithin dahin, dass sie in den letzten 30 Tagen vor dem 8. August mindestens € 4,19 gekostet haben ohne dass damit notwendigerweise ausgedrückt werden soll, dass dieser Preis zugleich der letzte geforderte Preis ist. Da die Fischstäbchen tatsächlich in den in den letzten 30 Tagen mindestens € 4,19 gekostet haben, unterliegt auch dieser Teil der Verbraucher keiner Fehlvorstellung.

(4) Wiederum andere Verbraucher mögen, bevor sie sich dem Angebot der Fischstäbchen (oder einem der anderen von dem Antragsteller herausgegriffenen 14 Produkte) zuwenden, die Werbung beispielsweise für das Erfrischungsgetränk (oder für die in diesem Zusammenhang ebenfalls von dem Antragsteller angeführten Karotten, Heidelbeeren, Nektarinen, roten Paprika, Äpfel oder Erdnüsse in Schalen) zur Kenntnis genommen und dabei die dort unter der zugehörigen Preiskachel vorhandene Zusatzangabe "Letzter Verkaufspreis. Niedrigster Preis der letzten 30 Tage: [...]" bemerkt haben.

Unabhängig davon, ob diese Art der Preisgegenüberstellung den Vorgaben von § 11 Abs. 1 PAngV entspricht oder sie (ebenso wie die in der mündlichen Verhandlung beispielhaft erörterten, in der vorgelegten Anlage A 9 abgebildete Werbung zweier Mitbewerber für Angebote der Artikel Ritter Sport Bunte Vielfalt, Avocados Hass und Wagner Big City Pizza) als fehlerhaft einzuordnen ist, lässt sie im Vergleich mit dem Angebot der Fischstäbchen (und der weiteren von dem Antragsteller benannten Artikel) eine dem Prospekt zugrundeliegende Systematik dahin erkennen, differenzierte Angaben zu dem unmittelbar vor der Preisermäßigung geltenden letzten Verkaufspreis und dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage nur aufzunehmen, wenn beide voneinander abweichen. Mithin werden Verbraucher, die bemerkt haben, dass sich unter einigen Preiskacheln ein Zusatz befindet, davon ausgehen, dass bei den Fischstäbchen der Streichpreis von € 4,19 der letzte Verkaufspreis ist und er zugleich in den letzten 30 Tagen vor der Preisermäßigung entweder unverändert geblieben ist oder zeitweise noch darüber lag. Demzufolge unterliegen diese Verbraucher ebenfalls keiner Fehlvorstellung.

(5) Ein weiterer Teil der Verbraucher wird sich über die Frage, ob es sich bei dem angegebenen Streichpreis nicht nur um den letzten, sondern zugleich um den niedrigsten Preis der letzten mindestens 30 Tage handelt, keine Gedanken machen. Folglich wird dieser Teil der Verbraucher nicht in die Irre geführt, da er keine (Fehl-)vorstellung entwickelt.

(6) Diejenigen Verbraucher schließlich, die zwischen dem letzten Verkaufspreis und dem niedrigsten Preis der letzten mindestens 30 Tage differenzieren, den Angaben im Prospekt aber nicht zu entnehmen vermögen, ob es sich beispielsweise bei den für die Fischstäben angegebenen € 4,19 um den letzten Verkaufspreis, um den niedrigsten Preis der letzten mindestens 30 Tage oder um beides gleichzeitig handelt (beispielsweise weil sie zuvor das - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert einen Ausreißer von der oben beschriebenen, dem Prospekt zugrundeliegenden Systematik darstellende - Angebot der grünen Kiwis angeschaut haben), erkennen diese Ungewissheit und entwickeln deshalb ebenfalls keine Fehlvorstellung.

c) Eine Informationspflichtverletzung in Form eines nach § 5a Abs. 1 bis Abs. 3 UWG (in Verbindung mit § 5b Abs. 4 UWG und Vorschriften der PAngV oder in Verbindung mit § 5b Abs. 1 Nr. 3 UWG) unlauteren irreführenden Unterlassens liegt ebenfalls nicht vor.

aa) Nach § 5a Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer dem Verbraucher oder sonstigem Marktteilnehmer eine wesentliche Information vorenthält, die dieser nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2).

bb) Für sich betrachtet sind die beanstandeten 14 Angebotsbeschreibungen nicht in diesem Sinne unlauter.

(1) Wie bereits ausgeführt, wird durch § 11 Abs. 1 PAngV nicht vorgeschrieben, dass der anzugebende niedrigste Preis der letzten 30 Tage als solcher zu bezeichnen oder zu erläutern ist, weshalb keine Unlauterkeit gemäß §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 PAngV vorliegt.

(2) Die Annahme einer Unlauterkeit gemäß §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 3 PAngV scheidet ebenfalls aus.

Insoweit kann offenbleiben, ob sich das von dem Antragsteller angenommene Gebot, den Referenzpreis in dem Sinne klar und eindeutig auszuweisen, dass er als niedrigster Preis der letzten 30 Tage bezeichnet oder erläutert wird, aus § 1 Abs. 3 S. 2 PAngV ableiten lässt. Eine dann gegebene Verletzung von § 1 Abs. 3 S. 2 PAngV wäre nämlich nicht geeignet, eine Unlauterkeit gemäß §§ 5a Abs. 1 und Abs. 2, 5b Abs. 4 UWG zu begründen. Die bei dieser Lesart durch § 1 Abs. 3 S. 2 PAngV vorgeschriebene Information wäre keine gemäß § 5b Abs. 4 UWG als wesentlich geltende Information. Mit einer solchen Auslegung hätte § 1 Abs. 3 S. 2 PAngV keine unionsrechtliche Grundlage (dazu sogleich). Ohne unionsrechtliche Grundlage aber können - wie sich aus den Ausführungen oben unter II 2 a bb und cc ergibt - im nationalen Recht vorgeschriebene Informationen nicht als wesentlich im Sinne von § 5b Abs. 4 UWG angesehen werden und kann ihre Vorenthaltung keine Unterlauterkeit gemäß §§ 5a Abs. 1 und Abs. 2, 5b Abs. 4 UWG begründen. Auf Art. 4 Abs. 1 PreisangabenRL, dessen Umsetzung § 1 Abs. 3 S. 2 PAngV jedenfalls teilweise dient (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - I ZR 140/07 - Versandkosten bei Froogle [unter II 3] für die inhaltsgleiche Regelung in § 1 Abs. 6 PAngV a.F.), kann als unionsrechtliche Grundlage nicht zurückgegriffen werden. Art. 4 Abs. 1 PreisangabenRL regelt nur die Angabe des Verkaufspreises und des Preises je Maßeinheit. Vorgaben für den gemäß Art. 6a Abs. 1 PreisangabenRL anzugebenden vorherigen Preis enthält Art. 4 Abs. 1 PreisangabenRL nicht.

Andere Vorschriften der PreisangabenRL einschließlich deren Art. 6a kommen als unionsrechtliche Grundlage für § 1 Abs. 3 PAngV in einer dem Antragsteller günstigen Auslegung ebenfalls nicht in Betracht. Nach dem Regelungskonzept der PreisangabenRL ist eine Erläuterung des vorherigen Preises nicht notwendig, weil der stets anzugebende vorherige Preis durch Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL legaldefiniert ist.

Ob Art. 7 Abs. 2 UGPRL als unionsrechtliche Grundlage für § 1 Abs. 3 PAngV herangezogen werden kann, kann offenbleiben. Art. 7 UGPRL ist durch §§ 5a, 5b UWG vollständig in nationales Recht umgesetzt worden, weshalb sich aus § 1 Abs. 3 PAngV bei unionsrechtskonformer Auslegung keine Anforderungen ableiten lassen die über §§ 5a, 5b UWG hinausgehen.

(3) Nicht gegeben ist ferner eine Unlauterkeit gemäß §§ 5a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2, 5b Abs. 1 Nr. 3 UWG.

Zwar mag bei isolierter Betrachtung der 14 beanstandeten Angebotsbeschreibungen die von dem Antragsteller angenommene Unklarheit darüber bestehen, ob es sich nun bei den Streichpreisen um den zuletzt geforderten, den niedrigsten Preis der letzten mindestens 30 Tage oder beides zugleich handelt. Diese Unsicherheit beruht aber letztlich auf dem Umstand, dass das Unionsrecht spezielle Regelungen für die Bekanntgabe von Preisermäßigungen aufgestellt und dabei den dem Verbraucher bekannten Bezugspunkt für die Bewerbung einer Preisermäßigung dergestalt modifiziert hat, dass dem Angebotspreis nicht wie bisher zulässig der letzte geforderte Preis des Händlers gegenübergestellt werden darf, sondern die vom natürlichen Begriffsverständnis abweichend definierte Größe des "vorherigen Preises" zu nennen ist. Soweit es infolgedessen bei Verbrauchern zu Unklarheiten darüber kommt, ob ein angegebener "vorheriger Preis" tatsächlich den niedrigsten Preis der letzten mindestens 30 Tage vor Angebotsbeginn, den zeitlich letzten Preis vor Angebotsbeginn oder beide gleichzeitig bezeichnet, sind diese Unsicherheiten nach dem Regelungskonzept des Unionsrechts hinzunehmen, weil sie ihren Ursprung in der Abweichung des unionsrechtlich abweichend vom natürlichen Sprachverständnis festgelegten Begriffs des "vorherigen Preises" nehmen.

Vor diesem Hintergrund können bei einer für sich gesehen den Anforderungen des Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL Rechnung tragenden Geschäftspraxis aufgrund des oben unter II 2 a cc und II 3 a bereits angesprochenen, insoweit gegebenen Anwendungsvorrangs der spezielle Informationsanforderungen vorsehenden PreisangabenRL keine aufklärenden Zusätze verlangt werden. Als den unionsrechtlichen Vorgaben entsprechende Praxis aber wäre es entsprechend der Ausführungen oben unter II 2 b dd (4) (a) anzusehen, wenn ein Unternehmer den niedrigsten Preis der letzten mindestens 30 Tage vor Angebotsbeginn in seiner kommerziellen Kommunikation dem Verbraucher gegenüber als "vorherigen Preis" bezeichnet und sich damit der in Art. 6a Abs. 1 PreisangabenRL gewählten Terminologie bedient. Nichts anderes hat die Antragsgegnerin getan. Zwar hat sie die Streichpreise nicht ausdrücklich als "vorherige Preise" bezeichnet. Das von ihr gewählte Gestaltungsmittel des Streichpreises wird vom Verkehr aber - wie unter II 3 b bb festgehalten - als Angabe des durch den Angebotspreis abgelösten Preises verstanden und steht deshalb einer ausdrücklichen Bezeichnung als "vorheriger Preis" gleich.

cc) Schließlich kann ein Vorenthalten wesentlicher Informationen durch Verheimlichen der Information oder ihrer Bereitstellung in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise (§ 5a Abs. 2 Nrn. 1 und 2 UWG) nicht aus dem Umfeld abgeleitet werden, in dem sich die beanstandeten Angebote finden.

Wie bereits oben unter II 3 b dd (4) erwähnt lässt der Prospekt anhand einer Betrachtung der 14 von dem Antragsteller beanstandeten Angebotsbeschreibungen einerseits und der von ihm zum Vergleich herangezogenen Angebote des Erfrischungsgetränks und der weiteren oben unter II 3 b dd (4) bezeichneten Artikel andererseits eine Systematik dahin erkennen, differenzierte Angaben zu dem unmittelbar vor der Preisermäßigung geltenden letzten Verkaufspreis und dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage nur aufzunehmen, wenn beide voneinander abweichen. Um das dem Prospekt zugrundeliegende Konzept zu erkennen, bedarf es weder einer eingehenden Befassung mit dem Prospekt noch eines nennenswerten Interpretationsaufwands. Bereits ein kurzer Blick auf wenige Angebote offenbart, dass sich zwischen letztem Verkaufspreis und niedrigstem Preis der letzten 30 Tage differenzierende Angaben nur finden, wenn sich beide Preise unterscheiden. An der Systematik und ihrer Erkennbarkeit für den Verbraucher ändern auch die in sich unlogischen Angaben zu den Karotten nichts, da die dortigen Preisangaben offensichtlich einen Schreib- oder Übermittlungsfehler enthalten.

Einen "Ausreißer" von der verfolgten Darstellungsweise stellt lediglich das Angebot der grünen Kiwis dar, weil es dort unterhalb von Preiskachel und Störer mit den Angaben "0.25*", "0.39" und "-35%" zusätzlich hieß: "Letzter Verkaufspreis. Niedrigster Preis der letzten 30 Tage: 0.39". Auf dieses Angebot hat sich der Antragsteller allerdings nicht bezogen, weshalb es nicht zur Feststellung einer Informationspflichtverletzung herangezogen werden kann.

Unabhängig davon handelt es sich bei der Beschreibung des Angebots der Kiwis um einen vereinzelten Ausbruch aus dem ansonsten in dem Prospekt durchgängig verfolgten Konzept, den Streichpreis nur dann näher zu erläutern, wenn sich letzter Verkaufspreis und niedrigster Preis der letzten 30 Tage unterscheiden. Dass es sich um einen Ausrutscher handelt, springt einem durchschnittlich aufmerksamen und angemessen kritischen Verbraucher bei der Betrachtung nur weniger weiterer Angebote ins Auge. Von daher ist es nicht gerechtfertigt, in den von dem Antragsteller beanstandeten, dem Grundkonzept des Prospekts entsprechenden Preisangaben ein Vorenthalten der geschuldeten Information durch Verheimlichen oder Bereitstellung in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise zu sehen.



4. Im Hinblick auf den von den Parteien gehaltenen Vortrag zur Spürbarkeit eines etwaigen Verstoßes der Antragsgegnerin gegen § 11 Abs. 1 PAngV wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass für den Fall einer von der hier vertretenen Sichtweise abweichenden Auslegung von § 11 Abs. 1 PAngV im Sinne der von dem Antragsteller vertretenen Lesart die weiteren, sich aus § 5a Abs. 1 UWG ergebenden Voraussetzungen für einen aus §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 PAngV abgeleiteten Anspruch ebenfalls erfüllt wären.

a) Bei der von § 5a Abs. 1 UWG vorausgesetzten Notwendigkeit der Information für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers und der Eignung ihres Vorenthaltens, diese zu beeinflussen, handelt es sich um eigenständige und als solche selbständig zu prüfende Tatbestandsmerkmale des Unlauterkeitstatbestands (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II [unter B II 3 a]; Urteil vom 15. April 2021 - I ZR 134/20 - Testsiegel auf Produktabbildung [unter II 2 e]; Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 41/16 - Komplettküchen [unter II 4 e bb]). Allerdings trifft den Unternehmer eine sekundäre Darlegungslast wenn er geltend machen will, dass - abweichend vom Regelfall - der Verbraucher eine ihm vorenthaltene wesentliche Information für eine Kaufentscheidung nicht benötigt und das Vorenthalten dieser Information den Verbraucher nicht zu einer anderen Entscheidung veranlassen kann (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - I ZR 69/21 - Grundpreisangabe im Internet [unter D IV]; Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - Knuspermüsli II [unter B II 3 a]; Urteil vom 15. April 2021 - I ZR 134/20 - Testsiegel auf Produktabbildung [unter II 2 e]; Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 41/16 - Komplettküchen [unter II 4 e cc]; s.a. Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 17/18 - Berechtigte Gegenabmahnung [unter II 7 e bb]; Urteil vom 28. März 2019 - I ZR 85/18 - Kaffeekapseln [unter II 4 b]; Urteil vom 7. März 2019 - I ZR 184/17 - Energieeffizienzklasse III [unter II 3 c bb (2)]; Urteil vom 31. Oktober 2018 - I ZR 73/17 - Jogginghosen [unter II 3 c cc (3)]). Bei Prüfung der Frage, ob abweichend vom Regelfall besondere Umstände eine Information entbehrlich machen, ist auf den Informationserfolg abzustellen; ist dieser auf anderem Wege als durch die vorgeschriebene Information bereits erreicht worden, ist das Vorenthalten der Information nicht geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2019 - I ZR 184/17 - Energieeffizienzklasse III [unter II 3 c bb (5)]).

b) Dies beachtend lägen, sollte die Antragsgegnerin (wie tatsächlich nicht der Fall) gemäß § 11 Abs. 1 PAngV verpflichtet gewesen sein, den Referenzpreis ausdrücklich als niedrigsten Preis der letzten Tage auszuweisen, die weiteren Voraussetzungen des § 5a Abs. 1 UWG vor.

Die Antragsgegnerin hat nicht aufgezeigt, dass der durch die (unterstellt: gemäß § 11 Abs. 1 PAngV vorgeschriebene) ausdrückliche Bezeichnung des Referenzpreises als des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage (oder einen entsprechenden Hinweis) bezweckte Informationserfolg bereits auf anderem Wege als durch diese Bezeichnung (oder einen entsprechenden Hinweis) in dem Prospekt erreicht worden ist und letzteres deshalb ausnahmsweise entbehrlich war. Ihre Argumentation läuft vielmehr darauf hinaus, dass in Fällen, in denen der niedrigste innerhalb der letzten 30 Tage geforderte Preis zugleich der zuletzt gültige ist, der Verbraucher einer Bezeichnung des Referenzpreises als niedrigster Preis der letzten 30 Tage (oder eines entsprechenden Hinweises) gar nicht bedürfe. Damit stellt sie die Sinnhaftigkeit der (unterstellt bestehenden) Informationspflicht als solche in Frage. Derartige Überlegungen ändern aber weder etwas daran, dass das Unterlassen der (unterstellt: durch § 11 Abs. 1 PAngV vorgeschriebenen) Information gegen geltendes Recht verstößt noch lassen sie es angezeigt erscheinen, den Verstoß als nicht relevant zu qualifizieren. Schreibt das Unionsrecht (wie hier unterstellt) bestimmte Angaben vor, hat der Verbraucher grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, diese Informationen zu erhalten, um sie in seine geschäftliche Entscheidung einbeziehen zu können. Letztlich kommt es darauf aber auch nicht entscheidend an, weil das in § 5a Abs. 1 UWG geregelte Kriterium der wettbewerblichen Relevanz nicht dazu dient, eine nicht als sinnvoll empfundene gesetzliche Verpflichtung zu korrigieren (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2019 - 15 U 55/19, BeckRS 2019, 25783 [unter II 3 c bb] zum vergleichbaren Merkmal der "Spürbarkeit" in § 3a UWG). …

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