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BGH Urteil vom 30.06.2020 - XI ZR 119/19 - Überprüfung der AGB eines Kreditinstituts

BGH v. 30.06.2020: Überprüfbarkeit der AGB eines Kreditinstituts bezüglich angemessenem Entgelt für Basiskonto


Der BGH (Urteil vom 30.06.2020 - XI ZR 119/19) hat entschieden:

   Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts enthaltene Entgeltklausel für ein Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen (Basiskonto) unterliegt nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der richterlichen Inhaltskontrolle. Sie ist im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 41 Abs. 2 ZKG unwirksam, wenn bei der Bemessung des Entgelts das kontoführende Institut den mit der Führung von Basiskonten verbundenen Mehraufwand allein auf die Inhaber von Basiskonten umgelegt hat.




Siehe auch
Zahlungskosten - Aufschläge für Zahlungsarten
und
Stichwörter zum Thema Bezahlen im Onlinehandel

Tatbestand:


Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, der als qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die beklagte Bank verwendet ein Preis- und Leistungsverzeichnis (Stand: 1. Januar 2017), in dem unter anderem die Preise für ein Basiskonto im Sinne der §§ 30 ff. ZKG geregelt sind. Danach beträgt der monatliche Grundpreis für ein solches Konto 8,99 €. Die in diesem Preis enthaltenen Leistungen umfassen insbesondere die Nutzung von Online-Banking, Telefon-Banking und Bankingterminals, die Nutzung des D. Card Service, Kontoauszüge am Bankterminal, beleglose Überweisungen sowie die Einrichtung und Änderung von Daueraufträgen über Online-Banking und Bankingterminal. Für beleghafte Überweisungen, für Überweisungen und für die Einrichtung oder Änderung von Daueraufträgen über einen Mitarbeiter der Beklagten im telefonischen Kundenservice oder in der Filiale sowie für ausgestellte oder eingereichte Schecks hat der Inhaber eines Basiskontos ein zusätzliches Entgelt von jeweils 1,50 € zu entrichten.

Daneben bietet die Beklagte noch weitere Kontomodelle an. Für das vom Leistungsumfang mit dem Basiskonto vergleichbare …-AktivKonto verlangt sie einen monatlichen Grundpreis in Höhe von 4,99 € und - wie auch beim Basiskonto - für bestimmte Leistungen ein Zusatzentgelt von 1,50 €. Beim …-BestKonto entfallen diese Zusatzentgelte; der monatliche Grundpreis beträgt hier 9,99 €.

Der Kläger wendet sich gegen die im Preis- und Leistungsverzeichnis ausgewiesenen Entgelte für ein Basiskonto. Nach seiner Ansicht sind die Entgeltklauseln nach § 41 ZKG inhaltlich unangemessen und deshalb unwirksam. Dies zeige bereits ein Vergleich mit dem um 4 € deutlich geringeren Grundpreis für das …-AktivKonto. Außerdem lege die Beklagte in unzulässiger Weise den mit der Führung von Basiskonten verbundenen Mehraufwand auf diese Kundengruppe um. Die Beklagte behauptet, das von ihr für ein Basiskonto verlangte Entgelt sei marktüblich und decke im Übrigen nur die Kosten ab. Der mit der Führung eines Basiskontos verbundene Zusatzaufwand betrage 22 bis 23 € pro Jahr und dürfe auf die Basiskontoinhaber umgelegt werden.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger, dass die Beklagte es bei Meidung von Ordnungsmitteln unterlässt, die Entgeltklauseln oder eine inhaltsgleiche Bestimmung in Zahlungsdiensterahmenverträge mit grundlegenden Funktionen (Basiskonto) mit Verbrauchern einzubeziehen sowie sich auf diese oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 18. Juni 2016, zu berufen. Zudem verlangt er die Erstattung von Abmahnkosten nebst Rechtshängigkeitszinsen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.


Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat seine unter anderem in WM 2019, 1297 ff. veröffentlichte Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte auf Verwendung der beanstandeten Klauseln gemäß § 4a UKlaG i.V.m. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 41 Abs. 2 ZKG zu. Gemäß § 4a UKlaG könne derjenige, der innergemeinschaftlich gegen Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen i.S.v. Art. 3 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden verstoße, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Zu diesen Gesetzen gehöre auch das Zahlungskontengesetz, das in Umsetzung der verbraucherschützenden Zahlungskontenrichtlinie Nr. 2014/92/EU (im Folgenden: Zahlungskontenrichtlinie) ergangen sei.

Bei dem streitgegenständlichen Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die beanstandeten Preisklauseln seien auch kontrollfähig, weil sie von gesetzlichen Preisregelungen abwichen. Für Zahlungskonten für Verbraucher mit grundlegenden Funktionen, d.h. sogenannten Basiskontoverträgen gemäß § 30 Abs. 1 ZKG, gelte die besondere Preisregelung des § 41 Abs. 2 ZKG, von der nicht zu Lasten des Verbrauchers abgewichen werden dürfe. Außerdem enthielten die streitgegenständlichen Klauseln auch Elemente kontrollfähiger Preisnebenabreden, weil die Beklagte für die Führung des Basiskontos trotz eines vergleichbaren Leistungsumfangs ein deutlich höheres Entgelt als für die Führung des …-AktivKontos verlange und dies darauf beruhe, dass sie bei dem Basiskonto auch den Aufwand für die Erfüllung ihr obliegender gesetzlicher Pflichten, wie etwa für Legitimationsprüfungen, Geldwäscheprüfungen oder die Ablehnung anderer Anträge von Basiskonten, auf den Kunden umlege.

Der danach aus beiden Gründen eröffneten Inhaltskontrolle hielten die angegriffenen Klauseln nicht stand, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen abgewichen werde, nicht zu vereinbaren seien und die Kunden entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen benachteiligten. Dies sei hier im Hinblick auf § 41 Abs. 2 ZKG der Fall. Bei der Beurteilung der Angemessenheit des Entgelts für ein Basiskonto seien insbesondere die marktüblichen Entgelte und das Nutzerverhalten zu berücksichtigen. Ferner sei zu beachten, dass die Beklagte auch solchen Inhabern von Basiskonten, die faktisch ausschließlich ihre Bankgeschäfte online erledigten und Bargeldabhebungen ausschließlich an Geldautomaten vornehmen würden, den Zugang zu ihren Filialen und die Nutzung der SB-Terminals und Schalter ermöglichen und im Bedarfsfall auch Papierüberweisungen oder Scheckeinreichungen ausführen müsse, ihr die besonderen Unterstützungspflichten gemäß § 45 ZKG oblägen und für sie gemäß § 42 ZKG die Kündigungsmöglichkeit erschwert sei. Ob für die Angemessenheitskontrolle ein objektiver Maßstab unabhängig von den Kosten des konkreten Kreditinstituts heranzuziehen sei oder auf das kontoführende Institut selbst abzustellen sei, könne offenbleiben. Denn die Institute seien nicht gehalten, im Wege einer Meistbegünstigung auch den Inhabern eines Basiskontos besonders günstige Entgeltkonditionen, die sie für andere Kontomodelle anböten, einzuräumen. Soweit innerhalb der Angemessenheitskontrolle als objektives Korrektiv die marktüblichen Entgelte zu berücksichtigen seien, seien die von der Beklagten verlangten Entgelte nicht zu beanstanden, weil weder vom Kläger dargetan noch vom Landgericht festgestellt sei, dass die Pauschale von 8,99 € die bundesweit oder regional üblichen Entgelte übersteige.




Andererseits dürfe das Entgelt nicht so hoch sein, dass das Ziel der Zahlungskontenrichtlinie, kontolosen, schutzbedürftigen Verbrauchern den Zugang zu Zahlungskonten zu ermöglichen, nicht erreicht werde. Im Rahmen des Kriteriums des Nutzerverhaltens sei zu beachten, dass die wirtschaftliche Lage der betroffenen Verbraucher, insbesondere auch die Zielgruppe der Obdachlosen, Asylbewerber und Flüchtlinge, regelmäßig angespannt sei und sie regelmäßig nur wenige Zahlungen über das Basiskonto abwickelten. Dabei benötige ein Teil von Nutzern individuelle Hilfe bei der Erledigung der Zahlungsvorgänge, während ein anderer Teil, wie etwa junge Flüchtlinge, eine hohe Affinität zu Mobilgeräten aufweise und ihre Bankgeschäfte ausschließlich oder jedenfalls ganz überwiegend online erledigten. Biete ein Institut - wie vorliegend - nur ein einziges Basiskontomodell an, müsse dieses bei der Entgeltbemessung dieses unterschiedliche Nutzerverhalten angemessen abbilden. Die Höhe des Entgelts müsse dann das durchschnittliche Nutzungsverhalten aller Kontoinhaber angemessen widerspiegeln. Dass dies der Fall sei, habe die Beklagte nicht ausreichend dargelegt. Insoweit habe sie nicht substantiiert dargelegt, weshalb bezogen auf das durchschnittliche Nutzerverhalten erhebliche Mehrkosten für die angebotene Basiskontoführung im Verhältnis zum Entgelt für das vergleichbare Zahlungskonto …-AktivKonto erforderlich seien.

Die Beklagte habe vielmehr beim Basiskontomodell zahlreiche Kostenelemente auf die Kunden umgelegt, die sie im Rahmen des …-AktivKontos nicht in gleichem Maße den Kunden belaste. Dies zeige sich insbesondere an den höher kalkulierten Gesamtkosten des Basiskontos. Darüber hinaus habe die Beklagte - unstreitig - auch zahlreiche Kostenpositionen auf die Kunden eines Basiskontos abgewälzt, die Ausfluss gesetzlicher Prüfungen oder Informationspflichten seien oder die Ausbuchungen von ausgefallenen Kundengeldern anderer Basiskontobesitzer beträfen. Dies seien etwa die Kosten für aufwändigere Legitimationsprüfungen, verstärktes Monitoring aufgrund höherer Risiken mit Blick auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Meldungen von Kontoeröffnungsablehnungen bei der BaFin oder den Ausfall durch Ausbuchungen. Solche Kosten dürfe die Beklagte nicht auf die Basiskontokunden abwälzen, weil sie zu den zugrundeliegenden Tätigkeiten gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet sei oder sie überwiegend im eigenen Interesse erbringe und das Gesetz die Erhebung eines gesonderten Entgelts nicht vorsehe.

Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände sei das von der Beklagten erhobene Entgelt für das einzig angebotene Basiskontomodell im Zusammenspiel mit den Kosten für beleghafte und telefonische Überweisungen nicht angemessen und benachteilige die Verbraucher unangemessen. Gründe, die die Klauseln nach Treu und Glauben gleichwohl als angemessen erscheinen ließen, seien weder dargetan noch sonst ersichtlich. Aufgrund dessen schulde die Beklagte dem Kläger auch den Ersatz der geltend gemachten und der Höhe nach von ihr nicht angegriffenen Abmahnkosten von 214 € nebst Rechtshängigkeitszinsen.



II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren Verwendung der angegriffenen Klauseln. Dieser Anspruch umfasst neben der Pflicht, die Verwendung der Klauseln in Neuverträgen zu unterlassen, auch die Verpflichtung, bei der Durchführung bereits bestehender Verträge die beanstandeten Klauseln nicht anzuwenden (Senatsurteil vom 9. Mai 2017 - XI ZR 308/15, BGHZ 215, 23 Rn. 54 mwN).

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt der Unterlassungsanspruch allerdings nicht aus § 4a UKlaG. Danach kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer innergemeinschaftlich gegen Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen im Sinne von Art. 3 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden (ABl. 2004 Nr. L 364 S. 1) verstößt. § 4a Abs. 1 UKlaG ermöglicht über die Verweisung in Absatz 2 dieser Bestimmung in Verbindung mit § 3 Abs. 1 UKlaG den dort genannten qualifizierten Einrichtungen ein Vorgehen gegen grenzüberschreitende Verstöße gegen die im Anhang zur Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz aufgeführten Verordnungen und Richtlinien in ihrer jeweiligen in das nationale Recht umgesetzten Form. Die Verbraucherschutzverbände können danach nicht nur inländische Unternehmen in Anspruch nehmen, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft gegen verbraucherschützende Normen verstoßen, sondern auch Unternehmen aus einem anderen Mitgliedstaat, die im Inland die für ihr Handeln maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen oder auf gemeinschaftsrechtlicher Grundlage erlassenen Vorschriften ihres Heimatrechts nicht einhalten. Ist dagegen die Wirksamkeit der angegriffenen Klausel nach deutschem Sachrecht zu beurteilen, folgt der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - Xa ZR 19/08, BGHZ 182, 24 Rn. 24 ff.). Da das Berufungsgericht die Kontrollfähigkeit und Wirksamkeit der angegriffenen Klauseln aber - wie dies auch im Rahmen des § 1 UKlaG geboten ist - an § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 41 Abs. 2 ZKG gemessen hat, hat sich das Abstellen auf § 4a UKlaG nicht ausgewirkt.

2. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die angegriffenen Klauseln der Inhaltskontrolle unterliegen.

a) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind Gegenstand der Inhaltskontrolle solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Darunter fallen grundsätzlich weder bloß deklaratorische Klauseln noch solche, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung oder das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen. Kontrollfähig sind aber Klauseln, die von gesetzlichen Preisregelungen abweichen (Senatsurteile vom 20. Oktober 2015 - XI ZR 166/14, BGHZ 207, 176 Rn. 16, vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, BGHZ 212, 329 Rn. 22, vom 5. Juni 2018 - XI ZR 790/16, BGHZ 219, 35 Rn. 36 und vom 18. Juni 2019 - XI ZR 768/17, BGHZ 222, 240 Rn. 23).

Eine gesetzliche Preisregelung liegt auch vor, soweit in dieser keine starren Regelungen getroffen, sondern Gestaltungsmöglichkeiten geboten werden und für die Höhe des Entgelts ein Spielraum gewährt wird. Dann hat der Gesetzgeber Vorgaben für die Preisgestaltung aufgestellt. Soll der vom Gesetzgeber mit dem Erlass der Preisvorschriften verfolgte Zweck nicht verfehlt werden, können und müssen Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf überprüft werden, ob sie mit den Preisvorschriften übereinstimmen (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 - XI ZR 66/13, BGHZ 199, 281 Rn. 12 mwN).

b) Nach diesen Maßgaben stellt § 41 Abs. 2 ZKG eine gesetzliche Preisregelung dar. Danach muss das Entgelt für die grundlegenden Funktionen eines Basiskontovertrags angemessen sein, wobei für die Beurteilung der Angemessenheit insbesondere die marktüblichen Entgelte und das Nutzerverhalten zu berücksichtigen sind. Die Einhaltung dieser gesetzgeberischen Vorgabe hat - wie hier - im Fall von Entgeltvereinbarungen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen und in Bezug genommene Preis- und Leistungsverzeichnisse durch eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB zu erfolgen (ebenso OLG Schleswig, WM 2019, 68 Rn. 87 f.; LG Köln, WM 2018, 2245, 2246; Escher-Weingart, WuB 2019, 199; Nobbe, WuB 2019, 103, 104; Rodi, BKR 2018, 397, 398; Vortmann, EWiR 2019, 195, 196; BT-Drucks. 18/7204 S. 85; aA Schultheiß, WuB 2019, 541 f.).

3. Entgegen den Angriffen der Revision hat das Berufungsgericht auch zu Recht angenommen, dass die streitgegenständlichen Klauseln der Inhaltskontrolle nicht standhalten und deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sind.




a) Prüfungsmaßstab für die Inhaltskontrolle ist § 41 Abs. 2 ZKG. Nach dessen Satz 1 muss das Entgelt für die von § 38 ZKG erfassten Dienste, d.h. die grundlegenden Funktionen eines Zahlungskontos, nämlich das Ein- und Auszahlungsgeschäft sowie das Lastschrift-, Überweisungs- und Zahlungskartengeschäft, angemessen sein. Für die Beurteilung der Angemessenheit sind nach § 41 Abs. 2 Satz 2 ZKG insbesondere die marktüblichen Entgelte und das Nutzerverhalten zu berücksichtigen.

Diese Bewertungsparameter sind jedoch - was sich bereits aus dem Wortlaut ("insbesondere") ergibt - nicht abschließend. Bei der Prüfung der Angemessenheit eines Entgelts für ein Basiskonto ist auch in den Blick zu nehmen, dass die Vorschriften über das Basiskonto allen, d.h. insbesondere auch einkommensarmen Verbrauchern den Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen und damit die Teilhabe am Zahlungsverkehr ermöglichen sollen und der zur Verwirklichung dieses Ziels in § 31 Abs. 1 ZKG geregelte Kontrahierungszwang nicht durch zu hohe, prohibitiv wirkende Entgelte unterlaufen werden darf (vgl. BT-Drucks. 18/7204 S. 85 f.). Andererseits hat der deutsche Gesetzgeber von der Option in Art. 18 Abs. 1 der Zahlungskontenrichtlinie Gebrauch gemacht, eine Entgeltlichkeit des Basiskontos zu erlauben, und - entgegen einem Vorschlag des Bundesrates (vgl. BR-Drucks. 537/15 (Beschluss) S. 11; siehe dazu die Gegenäußerung der Bundesregierung in BT-Drucks. 18/7204 S. 121) - auch keine sogenannte Meistbegünstigungsvorgabe für Basiskonten vorgesehen (vgl. BT-Drucks. 18/7204 S. 85 und 121 f.).

Nach der Begründung des Regierungsentwurfs soll ein Entgelt für ein Basiskonto angemessen sein, wenn es im Durchschnitt die Kosten der Institute deckt und ihnen einen angemessenen Gewinn sichert (vgl. BT-Drucks. 18/7204 S. 86). Dies entspricht im Ausgangspunkt einer möglichen kaufmännischen Preiskalkulation. Der so gefundene Preis ist allerdings im Rahmen eines Marktvergleichs darauf zu überprüfen, ob er auch marktüblich und durchsetzbar ist. Hierauf spielt die Entwurfsbegründung (aaO) an, wonach die Angemessenheit des Preises mit der Bezugnahme in § 41 Abs. 2 Satz 2 ZKG auf die marktüblichen Entgelte sichergestellt werde. Bei einer Betrachtung nur der marktüblichen Entgelte für Basiskonten kann diesen allerdings keine allein maßgebende Bedeutung zukommen, weil zweifelhaft ist, ob ein aktiver Wettbewerb um Basiskontokunden besteht. Eine Heranziehung aller Kontomodelle mit einem vergleichbaren Leistungsumfang in den Preisvergleich stößt auf das Bedenken, dass - was die Beklagte im Einzelnen vorgetragen hat - Girokonten teilweise nicht kostendeckend oder sogar kostenlos geführt werden, um sie als Einstiegstor für die weitere Geschäftsbeziehung und die Vermarktung weiterer Bankprodukte zu nutzen (vgl. BR-Drucks. 537/15 (Beschluss) S. 11: "Türöffner"). Ob vor diesem Hintergrund - jeweils unter weiterer Berücksichtigung des Kriteriums des Nutzerverhaltens - der Marktvergleich nur ein zugunsten des Verbrauchers wirkendes Korrektiv des mit der Führung eines Basiskontos verbundenen Kostenaufwands des konkreten Instituts ist (so OLG Schleswig, WM 2019, 68 Rn. 98 ff.; Herresthal, BKR 2016, 133, 141 f.) oder umgekehrt der objektive Marktvergleich den Ausgangspunkt bildet und gegebenenfalls der normativen Korrektur bedarf (so Bülow in Bülow/Artz, ZKG, § 41 Rn. 5 ff.; Rodi, BKR 2018, 397, 398 ff.), bedarf vorliegend allerdings keiner Entscheidung.

b) Das Entgelt für ein Basiskonto ist jedenfalls dann nicht angemessen im Sinne des § 41 Abs. 2 ZKG, wenn in dem verlangten Entgelt Kostenbestandteile enthalten sind, die entweder gar nicht oder jedenfalls nicht nur auf die Nutzer der Basiskonten umgelegt werden dürfen. Dass diese Kostenbestandteile in dem Hauptentgelt einkalkuliert und nicht als Zusatzentgelt dargestellt sind, ist unerheblich (vgl. Senatsurteil vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 39).

aa) Für die sogenannten Unterstützungsleistungen, d.h. die mündliche Erläuterung des Angebots von Basiskonten oder die Unterstützung beim Ausfüllen der Formulare, folgt unmittelbar aus § 45 ZKG, dass das Institut solche Leistungen unentgeltlich zu erbringen hat. Die hiermit verbundenen (Gemein-)Kosten muss das Institut daher durch die im freien Wettbewerb erzielbaren Leistungspreise erwirtschaften (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 1997 - XI ZR 269/96, BGHZ 136, 261, 266, vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 46 und 86, vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, BGHZ 212, 329 Rn. 38 und vom 4. Juli 2017 - XI ZR 562/15, BGHZ 215, 172 Rn. 77; BVerfG, WM 2000, 2040, 2042).

bb) Ebenso steht es mit § 41 Abs. 2 ZKG nicht in Einklang, die mit der Ablehnung eines Antrags auf Abschluss eines Basiskontovertrags verbundenen Kosten unter anderem für das Ablehnungsschreiben nach § 34 Abs. 3 ZKG nebst der Unterrichtung über das Verwaltungsverfahren und die Verbraucherschlichtungsstelle nach § 34 Abs. 4 ZKG und gegebenenfalls für die Durchführung des Verwaltungsverfahrens nach § 48 ZKG ausschließlich auf die Inhaber von Basiskonten umzulegen. Diese bilden mit den abgelehnten Basiskontointeressenten keine "homogenere" Gruppe als die abgelehnten Basiskontointeressenten mit allen Girokonteninhabern, so dass bereits aus diesem Grund eine Umlegung der Kosten allein unter den Basiskontoinhabern sachlich nicht gerechtfertigt ist.



cc) Darüber hinaus schließt § 41 Abs. 2 ZKG aber auch allgemein die Umlegung des mit der Führung von Basiskonten verbundenen Zusatzaufwands allein auf die Inhaber von Basiskonten aus. Vielmehr müssen diese Kosten von den Instituten durch die im freien Wettbewerb erzielbaren Leistungspreise erwirtschaftet werden.

Dies folgt aus dem Sinn und Zweck der Vorschriften über den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen. Sie sollen - vor allem auch einkommensschwachen - Verbrauchern einen allgemeinen Zugang zu einem Basiskonto geben. Dies gebietet es, sicherzustellen, dass die Verpflichtung zur Zahlung von Entgelten faktisch nicht als Hindernis gegenüber der mit dem Basiskonto verbundenen Schaffung einer hinreichenden und effektiven Möglichkeit der Teilnahme am Zahlungsverkehr und der Nutzung von Zahlungsdiensten wirkt (vgl. BT-Drucks. 18/7204 S. 85).

Das entspricht auch den Vorstellungen des Gesetzgebers. Dieser sieht zwar ein Entgelt als angemessen an, das im Durchschnitt die Kosten der Institute deckt und ihnen einen angemessenen Gewinn sichert (vgl. BT-Drucks. 18/7204, S. 86). Damit ist aber keine Aussage darüber verbunden, ob der mit der Führung von Basiskonten verbundene Mehraufwand allein von den Basiskontoinhabern oder von allen Girokontoinhabern zu tragen ist. Für letzteres spricht, dass der Gesetzgeber für Basiskonten eine spürbare Begrenzung der Entgelte für erforderlich hält, um das sozialpolitische Ziel der Zahlungskontenrichtlinie zu erreichen, einen Kontozugang für bisher hiervon ausgeschlossene Personen zu gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 18/7204, S. 86). Dem würde indes ein "Zusatzentgelt" für die Führung eines Basiskontos - auch wenn es in das Hauptentgelt eingepreist ist - widersprechen. Eine insoweit erhöhte Bepreisung von Basiskonten wäre deshalb mit dem Ziel des Zahlungskontengesetzes, den gesetzlichen Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen zu verbessern, unvereinbar (vgl. Senatsurteil vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 48).

dd) Nach diesen Maßgaben ist das von der Beklagten verlangte Entgelt für ein Basiskonto gemäß § 41 Abs. 2 ZKG unangemessen. Nach den von ihr vorgelegten Kostenkalkulationen für das Basiskonto und die übrigen Girokonten und den diesbezüglichen, von der Revision nicht angefochtenen Feststellungen der Vorinstanzen hat sie, einen erheblichen Anteil ausmachend, den mit der Führung der Basiskonten verbundenen Mehraufwand ausschließlich auf die Basiskonten umgelegt.

c) Aufgrund dessen sind die angegriffenen Klauseln, die untrennbare Bestandteile des einheitlichen Basiskontomodells der Beklagten sind, gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 41 Abs. 2 ZKG im Verkehr mit Verbrauchern unwirksam. Da die Klauseln gegen die gemäß § 4 Abs. 1 ZKG halbzwingenden Vorgaben von § 41 Abs. 2 ZKG verstoßen, kommt es auf eine weitere Interessenabwägung nicht an (vgl. Senatsurteil vom 12. September 2017 - XI ZR 590/15, BGHZ 215, 359 Rn. 62 mwN).

4. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten findet seine Rechtsgrundlage in § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 UWG (Senatsurteile vom 7. Juni 2011 - XI ZR 388/10, BGHZ 190, 66 Rn. 41 und vom 9. Mai 2017 - XI ZR 308/15, BGHZ 215, 23 Rn. 55) und wird der Höhe nach von der Revision nicht angegriffen.

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