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OLG Jena Urteil vom 09.06.2007 - 2 W 124/07 - Zur Widerrufsfrist und zum Sofort-Kauf bei eBay

OLG Jena v. 09.06.2007: Zur Widerrufsfrist und zum Sofort-Kauf bei eBay


Das OLG Jena (Urteil vom 09.06.2007 - 2 W 124/07) hat entschieden:

  1.  Das Zurverfügungstellen einer "Sofort-Kaufen"-Option im Rahmen der Internetplattform eBay stellt keine bloße invitatio ad offerendum dar, sondern ein verbindliches Angebot an denjenigen, der sich während des Bestehens der Sofortkaufoption durch das Anklicken der "Sofort-Kaufen"-Option zu dem Vertragsschluss unter den im Angebot genannten Bedingungen bereit erklärt. Da die "Sofort-Kaufen"-Option nur so lange zur Verfügung steht, wie der oder die zu diesen Bedingungen angebotenen Artikel überhaupt verfügbar sind, ist der Verkäufer in Hinblick auf seine Vorratshaltung nicht weiter schutzbedürftig und seine Willenserklärung als ein verbindliches Angebot anzusehen, das der Käufer nur noch durch Anklicken der "Sofort-Kaufen"-Option anzunehmen braucht bzw. annehmen kann. Ein Vertrag über die angebotene Ware kommt dementsprechend dadurch zustande, dass der Käufer die "Sofort-Kaufen"-Option betätigt, ohne dass es einer weiteren Bestätigung durch den Verkäufer bedürfte.

  2.  Damit die Belehrung über ein zweiwöchiges Widerrufsrecht ausreichend ist, müsste dem Verbraucher die Belehrung über diese Widerrufsrecht spätestens bei Vertragsschluss in Textform mitgeteilt werden. Dies kann auch durch eine bei Vertragsabschluss übersandte E-Mail geschehen. Die bloße Möglichkeit zur Abspeicherung auf der eigenen Festplatte oder zum Ausdrucken reichen genauso wenig aus wie das automatische Abspeichern von Internetseiten in dem Dateiordner "Temporäre Internetdateien" auf dem eigenen Computer.

  3.  Nach § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB beträgt die gesetzliche Widerrufsfrist im Zusammenhang mit einem Sofortkauf bei eBay einen Monat. Eine teleologische Reduktion von § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB scheidet bei Fällen des Sofortkaufs aus, da es technisch nicht unmöglich ist, eine Verkaufsplattform so zu gestalten, dass Widerrufsbelehrungen zumindest in Gestalt einer E-Mail vor Vertragsschluss mitgeteilt werden.




Siehe auch
Die Widerrufsfrist im Onlinehandel
und
Widerrufsrecht


Aus den Entscheidungsgründen:


"I.

Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich des Handels mit Saunaanlagen und Infrarotkabinen. Der Verfügungsbeklagte bot am 18.01.2007 über die Internetplattform E. eine Infrarotkabine zu einem Preis von Euro 3.795,00 zum sog. "Sofortkauf" an. Angeboten wurde die Infrarotkabine auch mit der Option "Preis vorschlagen". Die abrufbare Angebotsseite enthielt eine ausführliche Beschreibung der Infrarotkabine und außerdem unter der Überschrift "Widerrufsrecht" Folgendes:

   "Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (...) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung, bei Lieferung von Waren nicht vor dem Eingang bei Ihnen (...)".

Der Verfügungskläger hält diese Widerrufsbelehrung im Lichte von § 312 c Abs. 1 BGB für unzureichend, da die Widerrufsfrist einen Monat betrage. Er macht nach erfolgloser Abmahnung einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Begründung zurückgewiesen, die Widerrufsbelehrung des Verfügungsbeklagten sei dann zutreffend, wenn der Kunde die Angebotsseite mit der Widerrufsbelehrung vor Vertragsschluss ausdrucke. Da der Verfügungsbeklagte nicht wissen könne, welche Widerrufsfrist anzuwenden sei, sei er mit der Angabe der zweiwöchigen Widerrufsfrist "auf der sicheren Seite". Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Verfügungsklägers.

II.

Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Dem Verfügungskläger steht als Mitbewerber der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11, 12 Abs. 2 UWG zu. Die vom Verfügungsbeklagten im streitgegenständlichen Angebot aufgenommene Widerrufsbelehrung ist unrichtig, da sie nicht den gesetzlichen Erfordernissen nach §§ 312 c Abs. 1, Abs. 2, 355 Abs. 2 BGB, Art. 240 EGBGB, § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVO entspricht. Das Zuwiderhandeln gegen diese gesetzlichen Vorschriften ist wettbewerbsrechtlich unlauter.

Zwar genügt der Verfügungsbeklagte mit der Wiedergabe der Widerrufsbelehrung auf seiner konkreten Angebotsseite im Rahmen der Internetplattform E. grundsätzlich den Informationspflichten nach § 312 c Abs. 1 BGB, weil über das Widerrufsrecht in einer dem Fernkommunikationsmittel Internet entsprechenden Weise rechtzeitig vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers informiert wird. Die Information ist aber unvollständig und damit unrichtig, weil sie (nur) in Bezug auf ein zweiwöchiges Widerrufsrecht belehrt. Dass (nur) ein zweiwöchiges Widerrufsrecht besteht, widerspricht der Rechtslage gerade bei einem über die Internetplattform E. angebotenen Sofortkauf, da bei einem solchen Geschäft nach § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB grundsätzlich eine Widerrufsfrist von einem Monat gilt. Denn die Mitteilung über das Widerrufsrecht nach § 312 c Abs. 2 BGB geht dem Verbraucher bei einem Sofortkauf erst nach Vertragsschluss in Textform zu. Dies folgt aus den technischen Gegebenheiten bei der Internetplattform E. und den allgemeinen Grundsätzen zum Vertragsschluss. Etwas Abweichendes hat der Verfügungsbeklagte nicht glaubhaft gemacht.

1.) Der Sofortkauf im Rahmen der Internetplattform E. ist allerdings keine Versteigerung in dem Sinne, dass der Vertrag zwischen den Parteien dadurch zustande kommt, dass der das Höchstgebot abgebende Käufer ein verbindliches, an die das Höchstgebot abgebende Person gerichtetes Angebot des sein Angebot bei E. freischaltenden Verkäufers annehmen würde (vgl. dazu BGH NJW 2002, 363, 365).




Das Zurverfügungstellen einer "Sofort-Kaufen"-Option im Rahmen der Internetplattform E. stellt jedoch (anders: Hoffmann in Anmerkung zum Urteil des OLG Hamburg vom 24.08.2006, MMR 2006, 676, 677) keine bloße invitatio ad offerendum dar, sondern ein verbindliches Angebot an denjenigen, der sich während des Bestehens der Sofortkaufoption durch das Anklicken der "Sofort-Kaufen"-Option zu dem Vertragsschluss unter den im Angebot genannten Bedingungen bereit erklärt. Die Willenserklärung eines Verkäufers, der bei E. eine "Sofort-Kaufen"-Option zur Verfügung stellt, ist mit derjenigen eines Verkäufers, der seine Ware in einem gewöhnlichen Onlineshop anbietet (dazu BGH NJW 2005, 976), nicht vergleichbar. Eine Willenserklärung eines Verkäufers ist nach §§ 133, 157 BGB immer dann nur als eine invitatio ad offerendum zu verstehen, wenn die Erklärung objektiv keinen Willen zu einer rechtlichen Bindung erkennen lässt. Dies ist bei Angeboten in Zeitungsinseraten, Katalogen oder eben gewöhnlichen Onlineshops deshalb der Fall, weil es an einem Bindungswillen des Unternehmers gewöhnlich deshalb fehlt, weil sein Vorrat in Hinblick auf die unbekannte Zahl von Kaufinteressenten nicht ausreichend ist. So verhält es sich bei einem Angebot mit einer "Sofort-Kaufen"-Option im Rahmen der Internetplattform E. aber gerade nicht. Unter Berücksichtigung der gerichtsbekannten technischen Abläufe und der Kaufbedingungen von E. (z.B. abrufbar über die Erläuterungen von E. im Rahmen einer "Hilfe"-Option) steht die "Sofort-Kaufen"-Option nur so lange zur Verfügung wie der oder die zu diesen Bedingungen angebotenen Artikel überhaupt verfügbar sind. Ist der oder sind die zum Sofortkauf angebotenen Artikel bereits gekauft worden, ist die Wahl der "Sofort-Kaufen"-Option nicht mehr möglich. Da der Verkäufer in Hinblick auf seine Vorratshaltung nicht weiter schutzbedürftig ist, ist seine Willenserklärung als ein verbindliches Angebot anzusehen (so auch LG Memmingen NJW 2004, 2389, 2390; Bonke/Gellmann NJW 2006, 3169, 3171), das der Käufer nur noch durch Anklicken der "Sofort-Kaufen"-Option anzunehmen braucht bzw. annehmen kann. Ein Vertrag über die angebotene Ware kommt dementsprechend dadurch zustande, dass der Käufer die "Sofort-Kaufen"-Option betätigt, ohne dass es einer weiteren Bestätigung durch den Verkäufer bedürfte.

2.) Damit die Belehrung über ein zweiwöchiges Widerrufsrecht ausreichend ist, müsste dem Verbraucher die Belehrung über diese Widerrufsrecht spätestens bei Vertragsschluss in Textform mitgeteilt werden. Dies ist aber bei dem streitgegenständlichen Angebot des Verfügungsbeklagten ersichtlich nicht der Fall, ist vom Verfügungsbeklagten im Übrigen auch nicht glaubhaft gemacht.



Eine Mitteilung in Textform setzt nach der Legaldefinition in § 126 b BGB voraus, dass die Erklärung dem Verbraucher in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise mitgeteilt wird. Die vom Verfügungsbeklagten genannten Umstände reichen nicht aus, um von einer Wahrung der Textform zu sprechen. Die Mitteilung auf der Angebotsseite selbst reicht nicht aus, solange diese nicht tatsächlich vom Verbraucher bewusst auf seine Festplatte heruntergeladen wurde oder tatsächlich ausgedruckt wurde (KG NJW 2006, 3125, 3216; KG MMR 2007, 185, 186; OLG Hamburg MMR 2006, 675, 677; Palandt/Heinrichs § 312 c BGB Rn. 7). Die bloße Möglichkeit zur Abspeicherung auf der eigenen Festplatte oder zum Ausdrucken reichen genauso wenig aus wie das automatische Abspeichern von Internetseiten in dem Dateiordner "Temporäre Internetdateien" auf dem eigenen Computer (so auch Hoffmann aaO. S. 677; Bonke/Gellmann aaO. S. 3170, anders LG Flensburg MMR 2006, 686). Mit Fragen zum Lesbarkeitserfordernis einer Belehrung darf die hier zu entscheidende Frage der Mitteilung in Textform nicht verwechselt werden.

a) Die in der Regel automatische Abspeicherung von aufgerufenen Internetseiten im Ordner "Temporäre Internetdateien" reicht schon deshalb nicht aus, weil diese Art der Abspeicherung beeinflussbar und, wie der Name des Ordners bereits sagt, lediglich vorübergehend ist. Der einzelne Nutzer kann die Einstellungen seines Webbrowsers so wählen, dass überhaupt keine Speicherung vorgenommen wird. Die Dateien werden außerdem automatisch nach Ablauf einer bestimmten Zeit oder nach Erreichen einer bestimmten Menge gelöscht. Zudem ist das Auffinden von Angebotsseiten in diesem Ordner schwierig. All dies lässt nur die Bewertung zu, dass von einer Mitteilung in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise im Sinne von § 126 b BGB nicht die Rede sein kann (so auch MünchKommBGB/Einsele § 126 b Rn. 4). Zu beachten ist nämlich, dass die Mitteilung der sicheren Dokumentation der Verbraucherrechte dienen soll. Das automatische Abspeichern als temporäre Internetdatei ist deshalb nicht einem bewussten Abspeichern in einem selbst gewählten Dateiordner unter einem selbst gewählten Dateinamen vergleichbar.

b) Auch die bloße Möglichkeit zur bewussten Speicherung oder zum Ausdrucken reichen zur Wahrung der Textform nicht. Gerade wegen der vom Landgericht genannten Unwägbarkeiten, wie sich ein Verbraucher insoweit konkret verhalten wird bzw. verhalten hat (ob er also einen Ausdruck oder eine Speicherung tatsächlich vorgenommen hat) und um die Mitteilung von einer unzweifelhaft nicht ausreichenden "Nur-Lese-Datei" (dazu BT-Drcks. 14/4987 S. 20) zu unterscheiden, muss das Dauerhaftigkeitserfordernis bei bloßer Möglichkeit des Ausdrucks oder der Speicherung verneint werden (Palandt/Heinrichs § 355 BGB Rn. 20; a.A.: MünchKommBGB/Einsele § 126 b Rn. 4, 9; Staudinger/Hertel § 126 b BGB Rn. 28; Bamberger/Wendtland § 126 b BGB Rn. 5). Der Gesetzgeber hat in § 312 c Abs. 2 BGB dem Unternehmer die Pflicht auferlegt, dem Verbraucher die geschuldeten Informationen formgerecht zukommen zu lassen. Deshalb kann es zur Erfüllung dieser Pflicht nicht ausreichen, wenn der Verbraucher die den Dokumentationszweck erst sichernde Abspeicherung bzw. den Ausdruck erst selbst herbeiführt (Bonke/Gellmann aaO. S. 3170). Im weiteren Zusammenhang des § 355 Abs. 2 BGB hat der Gesetzgeber auch Beweislastfragen zu Lasten des Unternehmers geregelt. Im Sinne eines umfassenden Verbraucherschutzes muss deshalb vermieden werden, dass Verbraucher Verträge abschließen, ohne eine Belehrung über ihr Widerrufsrecht dauerhaft erhalten zu haben, nur weil sie aus eigenem Entschluss (möglicherweise aus Bequemlichkeit) auf die ihnen lediglich eingeräumte Möglichkeit des Ausdruckens oder der dauerhaften Abspeicherung verzichtet haben.

c) Der vom Verfügungsbeklagten geschilderte Vorgang, dass die Angebotsseite vom Käufer mit Abgabe seiner Vertragserklärung in das Account des angemeldeten Nutzers "mein-E." übernommen werde, reicht ebenfalls nicht aus, um dem Texterfordernis zu genügen. Denn auf diese Art und Weise wird lediglich dieselbe, zur Wahrung der Textform unzureichende Angebotsseite des Verkäufers nur online zur Verfügung gehalten ohne dass es zu einer gesichert dauerhaften Abspeicherung auf der Festplatte des Käufers kommt.




d) Dass dem Käufer, was wohl ausreichend ist, sein Widerrufsrecht durch eine ihm bei Vertragsschluss übersandte E-Mail mitgeteilt worden wäre, hat der Verfügungsbeklagte nicht glaubhaft gemacht. Bestätigungsmails gehen dem Käufer nach den obigen Ausführungen zum Vertragsschluss beim Sofortkauf zwangsläufig erst nach Vertragsschluss zu. Dass der Käufer vor Abgabe seiner Willenserklärung zum Sofortkauf technisch veranlasst wäre, eine E-Mail mit Widerrufsbelehrung abzufordern, ist nicht glaubhaft gemacht oder sonst ersichtlich, im Übrigen auch nicht gerichtsbekannt.

e) Auch wenn die Mitteilung der Widerrufsbelehrung in ausreichender Textform dadurch erfolgt, dass die Belehrung der übersandten Ware beigelegt wird, liegt nur eine nach Vertragsschluss erfolgte Belehrung über das Widerrufsrecht vor.

Nach § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB beträgt die gesetzliche Widerrufsfrist im Zusammenhang mit einem Sofortkauf bei E. daher einen Monat. Eine teleologische Reduktion von § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB scheidet für den Senat gerade bei Fällen des Sofortkaufs aus. Es ist technisch nicht unmöglich, eine Verkaufsplattform so zu gestalten, dass Widerrufsbelehrungen zumindest in Gestalt einer E-Mail vor Vertragsschluss mitgeteilt werden.

Der Verfügungsbeklagte kann sich nicht darauf berufen, seine Widerrufsbelehrung entspreche dem Muster gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB InfoVO. Denn zum einen ist dort in einer Fußnote ausdrücklich klargestellt, dass die zweiwöchige Widerrufsfrist dann nicht gilt, wenn die Belehrung erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wird. Außerdem setzt das Muster eine Belehrung in Textform voraus und nicht bloß auf einer Angebotsseite im Internet (so auch KG MMR 2007, 185, 186).

3.) Ob die Widerrufsbelehrung mit der Nennung einer Zweiwochenfrist in Fällen der vom Verfügungsbeklagten ebenfalls angebotenen Option "Preis vorschlagen" möglicherweise ausreichend ist, kann für die Entscheidung dahinstehen. Zwar wäre die Nennung der Zweiwochenfrist dann zutreffend, wenn der Verkäufer bei Einverständnis mit dem vom Kunden vorgeschlagenen Preis unmittelbar mit seiner Annahmeerklärung auch eine Widerrufsbelehrung in Textform (z.B. per E-Mail) übersendet. Solches hat der Verfügungsbeklagte jedoch nicht glaubhaft gemacht. Dass der Verfügungsbeklagte bei Käufen unter der Option "Preis vorschlagen", im Rahmen einer ersten Kontaktaufnahme mit Kunden beim Aushandeln des Preises seine AGB mit einer Regelung zum Widerrufsrecht (per E-mail) übersendet, genügt nicht. Denn die Mitteilung der Widerrufsbelehrung vor der entscheidenden Vertragserklärung des Verbrauchers genügt nicht den gesetzlichen Erfordernissen (BGH NJW 2002, 3396, 3398). Dass die Widerrufsbelehrung per E-Mail erfolgt, nachdem der Verbraucher seine im Rahmen des Aushandelns maßgebliche Verbrauchervertragserklärung abgegeben hat, geht aus der (zudem erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegten) eidesstattlichen Versicherung des Verfügungsbeklagten nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit hervor.

Letztlich kann dies auch deshalb dahinstehen, weil die Widerrufsbelehrung des Verfügungsbeklagten jedenfalls in Bezug auf den Sofortkauf unrichtig ist. Bei mehreren angebotenen Geschäftstypen (genauso wie bei der ihm unbekannten Möglichkeit des Ausdruckens der Belehrung durch den Käufer) befindet sich der Verfügungsbeklagte nur dann auf der "sicheren" Seite wenn er das Widerrufsrecht entweder differenziert darstellt oder (wie mittlerweile geschehen) das dem Verbraucher günstigere Recht, also das Widerrufsrecht innerhalb eines Monats, einräumt und dahingehend bereits nach § 312 c Abs. 1 BGB informiert (so auch Bonke/Gellmann aaO. S. 3173). Dadurch sind weder eine Aufblähung des Textes noch eine Benachteilung des im Fernabsatz tätigen Verkäufers zu befürchten. Weist der Verfügungsbeklagte jedoch nur auf ein zweiwöchiges Widerrufsrecht hin, ist die Belehrung in den genannten Sofortkauf-Fällen (zum Beispiel bei Zeitablauf von drei Wochen) geeignet, den Verbraucher von der Ausübung eines an sich noch bestehenden Widerrufsrechts abzuhalten (so auch KG MMR 2007, 185, 186). Der rechtsunkundige Verbraucher wird, nachdem er über ein zweiwöchiges Widerrufsrecht belehrt wurde, zum Beispiel nach Ablauf von drei Wochen nicht davon ausgehen, dass wegen falscher Belehrung die Widerrufsfrist zunächst nicht zu laufen begonnen hat, sondern vom Widerruf Abstand nehmen.



3.) Auch die weiteren Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch sind gegeben. Mit der Zuwiderhandlung gegen § 312 c Abs. 1, 355 Abs. 2 BGB, Art. 240 EGBGB, § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVO verstößt der Verfügungsbeklagte gegen § 4 Nr. 11 UWG, denn die genannten Rechtsnormen sind dazu bestimmt, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln (Senat GRUR-RR 2006, 283; KG aaO.; OLG Hamburg aaO.). Es liegt auch nicht bloß ein Bagatellfall vor, weil es um die Beeinträchtigung gewichtiger Verbraucherinteressen bei erheblicher Nachahmungsgefahr geht.

Da der Verfügungskläger seinen Antrag auf die konkrete Verletzungsform beschränkt hat, war wegen des Unterlassungsantrags auf die konkret vorgelegte Widerrufsbelehrung Bezug zu nehmen, wie sie sich aus der vorgelegten und beigefügten Anlage Ast 2 (im entscheidenden Auszug des Screenshots) ergibt.

Nach alledem war die landgerichtliche Entscheidung abzuändern und die einstweilige Verfügung wie geschehen zu erlassen. Die sprachliche Umformulierung (§ 938 Abs. 1 ZPO) beruht auf der Beschränkung auf die konkrete Verletzungsform und hat kein Teilunterliegen zur Folge, weil der Verfügungskläger bereits mit seinem zuerst angekündigten Antrag mit der Formulierung "wenn dies geschieht wie..." eine Beschränkung auf die konkrete Verletzungsform vorgenommen hat (vgl. Senat GRUR-RR 2006, 247). Die Kostenentscheidung folgt daher aus § 91 Abs. 1 ZPO. ..."

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