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OLG Bamberg Urteil vom 27.07.2011 - 3 U 81/11 - Auffindbarkeit und Lesbarkeit der Fundstelle bei der Werbung mit Testergebnissen

OLG Bamberg v. 27.07.2011: Leichte Auffindbarkeit und deutliche Lesbarkeit der Fundstellenangabe bei der Werbung mit Testergebnissen


Das OLG Bamberg (Urteil vom 27.07.2011 - 3 U 81/11) hat entschieden:
  1. Nach §§ 5a Abs. 2, 3 Abs. 2 UWG ist es als unlauter anzusehen, wenn Testergebnisse zur Werbung für ein Produkt verwendet werden, und der Verbraucher nicht leicht und eindeutig darauf hingewiesen wird, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten kann. Erforderlich ist insoweit, dass die in die Werbung aufgenommenen Angaben über Testurteile leicht und eindeutig nachprüfbar sind. Das setzt nicht nur voraus, dass überhaupt eine Fundstelle für den Test angegeben wird, sondern auch, dass diese Angabe für den Verbraucher aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar ist.

  2. Auf die Anforderungen an die Lesbarkeit von Hinweisen auf Testergebnisse lassen sich die Grundsätze übertragen, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der früheren Fassung des § 4 Abs. 4 HWG aufgestellt worden sind, wonach die Pflichtangaben "erkennbar" zu sein haben, was in der Regel nur bei Verwendung einer Schrift der Fall ist, deren Größe 6-Didot-Punkte nicht unterschreitet, wenn nicht besondere, die Deutlichkeit des Schriftbildes in seiner Gesamtheit fördernde Umstände die tatrichterliche Würdigung rechtfertigen, dass auch eine jene Grenze unterschreitende Schrift ausnahmsweise noch ohne besondere Konzentration und Anstrengung lesbar ist.



Siehe auch Die Werbung mit Testergebnissen und Schriftgröße und Lesbarkeit von diversen Angaben auf Printmedien und im Internet


Gründe:

I.

Von der Darstellung des Sach- und Streitstands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.


II.

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, da das Landgericht die Berufung zugelassen hat (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Hieran ist der Senat gebunden.

2. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf die ihr entstandenen - der Höhe nach unstreitigen - Abmahnkosten gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die Abmahnung des Klägers war berechtigt.

Dem Kläger stand gegen die Beklagte der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 5 a Abs. 2, 3 Abs. 2, 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu.

Der Kläger ist gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktiv legitimiert. Die Beklagte hat dadurch, dass sie in der Zeitschrift S, Ausgabe November 2010, für von ihr vertriebenen Matratzen mit der Wiedergabe eines Qualitätsurteils der Zeitschrift "Ö" geworben hat, eine geschäftliche Handlung i. S. von § 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 2, 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG vorgenommen.

Diese geschäftliche Handlung war unlauter.

7Nach §§ 5 a Abs. 2, 3 Abs. 2 UWG ist es als unlauter anzusehen, wenn Testergebnisse zur Werbung für ein Produkt verwendet werden und der Verbraucher nicht leicht und eindeutig darauf hingewiesen wird, wo er nähere Angaben zu dem Test erhalten kann. Erforderlich ist insoweit, dass die in die Werbung aufgenommenen Angaben über Testurteile leicht und eindeutig nachprüfbar sind. Das setzt nicht nur voraus, dass überhaupt eine Fundstelle für den Test angegeben wird, sondern auch, dass diese Angabe für den Verbraucher aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar ist (vgl. BGH GRUR 2010, 248). Eine leichte Auffindbarkeit in diesem Sinn bedingt, dass die Fundstellenangabe ausreichend deutlich lesbar ist (vgl. KG, Urteil vom 14. September 1993 - 5 U 5035/93, MD 1994, 158, 159; OLG Stuttgart, Urteil vom 07.04.2011, Az. 2 U 170/10; OLG Celle, MD 2011, 436-437). Auf die Anforderungen an die Lesbarkeit lassen sich die Grundsätze übertragen, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der früheren Fassung des § 4 Abs. 4 HWG aufgestellt worden sind, wonach die Pflichtangaben "erkennbar" zu sein hatten (vgl. KG, a. a. O.). Dies bedeutete in der Auslegung des Bundesgerichtshofs Lesbarkeit für den normalsichtigen Betrachter ohne besondere Konzentration und Anstrengung. Diese Voraussetzung hat der Bundesgerichtshof im Regelfall nur bei Verwendung einer Schrift als erfüllt angesehen, deren Größe 6-Didot-Punkte nicht unterschreitet, wenn nicht besondere, die Deutlichkeit des Schriftbildes in seiner Gesamtheit fördernde Umstände die tatrichterliche Würdigung rechtfertigen, dass auch eine jene Grenze unterschreitende Schrift ausnahmsweise noch ohne besondere Konzentration und Anstrengung lesbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1986 - I ZR 213/84, zitiert nach juris, Tz. 12 ff.).

Diesen Anforderungen wurde die streitgegenständliche Fundstellenangabe nicht gerecht. Sie ist in einem deutlich unter 6-Didot-Punkt liegenden Schriftgrad gehalten, den der Senat als 3-Punkt, maximal aber 4-Punkt-Schriftgrad einstuft. Der Senat kann die Fundstellenangabe zwar lesen. Dies erfordert aber eine besondere Anstrengung unter Betrachtung der streitgegenständlichen Werbeanzeige aus allernächster Nähe. Besonderheiten der grafischen Gestaltung, die die in der geringen Schriftgröße begründete Lesbarkeitserschwernis durch ausgleichende optische Effekte wettmachen würden, sind nicht erkennbar. Vielmehr wird die Lesbarkeit noch durch den leicht verwaschenen Druck der Fundstellenangabe erschwert.

Die geschäftliche Relevanz hat der Senat bei einer - wie hier - Verletzung einer wesentlichen Informationspflicht i. S. v. § 5 a Abs. 2 UWG nicht gesondert zu prüfen (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 5 a Rdn. 56).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Der Umstand, dass der Bundesgerichtshof die Rechtsfrage, der erforderlichen Druckgröße bei Werbung mit Testergebnissen noch nicht entschieden hat, führt nicht dazu, dass dieser Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zukommt. Hierfür wäre erforderlich, dass die bisher vom Bundesgerichtshof noch nicht entschiedene Rechtsfrage von den Oberlandesgerichten nicht einhellig beantwortet wird und abweichende nachvollziehbar begründete Meinungen in der Literatur hierzu vertreten werden (vgl. BGH NJW-RR 2010, 1047). Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Soweit ersichtlich wird die Frage der erforderlichen Schriftgröße von den bisher mit dieser Frage befassten Oberlandesgerichten einhellig beantwortet (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 07.04.2011, Az. 2 U 170/10; OLG Celle, Urteil vom 24.02.2011, Az. 13 U 172/10). Dass abweichende, nachvollziehbar begründete Auffassungen hierzu von der Literatur vertreten werden, ist nicht ersichtlich.



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