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Landgericht Darmstadt Urteil vom 24.01.2002 - 3 O 289/01 - Vorrang klarstellender Beschreibung des Anbieters gegenüber den Nutzungsbedingungen einer Auktionsplattform

LG Darmstadt v. 24.01.2002: Vorrang klarstellender Beschreibung des Anbieters gegenüber den Nutzungsbedingungen einer Auktionsplattform


Das Landgericht Darmstadt (Urteil vom 24.01.2002 - 3 O 289/01) hat entschieden:

   Stellt ein Anbieter bei einer Internetauktion klar, dass es sich nicht um ein verbindliches Verkaufsangebot handelt, dann geht diese Erklärung den allgemeinen Nutzungsbedingungen der Auktionsplattform vor, wonach bereits das Einstellen eines Angebots eine verbindliche Willenserklärung ist.




Siehe auch
AGB
und
Auktionsplattformen


Zum Sachverhalt:


Der Ehemann der Beklagten stellte im September 2000 eine umfangreiche Modelleisenbahnanlage mit Zubehör der Märklin HO im … in vier verschiedenen Sparten ein. Der Beschreibung der Anlage war die folgende Einleitung vorangestellt:

   "Guten Tag zusammen … ACHTUNG, DIES IST VOERST EINE UMFRAGE!!!! NICHT BIETEN!! Von meinem OPA möchte ich eine Märklin Anlage HO versteigern. Die Frage ist natürlich ob überhaupt Interesse an dieser besteht. Der Wertpreis liegt bei dem Fuhrpark etwa bei 13500,-- Alles Tipp-Top und im ORK."

Nach Ziff. 8 der Nutzungsbedingungen des Internetdienstes, die jeder neue Nutzer durch Anklicken des Feldes "ich stimme zu" akzeptieren muss, gibt ein Verkäufer mit der Einstellung eines Artikels

   "ein verbindliches Angebot zum Verkauf des Artikels an denjenigen Bieter ab, der bei Ablauf der Angebotszeit das höchste Gebot abgegeben hat."

Für jede der vier Sparten, in der der Ehemann der Beklagten die Modelleisenbahnanlage eingestellt hatte, wurde eine gesonderte Auktion durchgeführt. Bei zwei dieser Auktionen gab der Kläger das Höchstgebot ab. Er bot einmal 1.003,- DM und ein anderes Mal 1.565,- DM. Die am 16.12.2000 begonnenen Auktionen waren am 23.12.2000 abgeschlossen.

Im Anschluss an die Durchführung der Auktionen, kam es zur Korrespondenz zwischen den Parteien, bei der der Kläger die Übergabe der Modelleisenbahnanlage verlangte, was die Beklagte ablehnte.

Der Kläger hat mit einem Käufer L. am 27.12.2000 einen Kaufvertrag über die erwähnte Modellanlage geschlossen. Im Kaufvertrag wurde ein Kaufpreis in Höhe von 15.000,-- DM vereinbart.

Der Kläger vertrat ie Ansicht, mit dem Einstellen der Modelleisenbahn habe die Beklagte ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages an den Bieter, der nach Ablauf der Angebotszeit das höchste Angebot abgegeben hat, abgegeben. Als solchen sieht sich der Kläger an. Er vertritt die Ansicht, die Beklagte könne sich angesichts der für sie verbindlichen Nutzungsbedingungen des Internetdienstes nicht darauf berufen, dass sie gar keine ernsthafte Verkaufsabsicht gehabt habe.

Der Kläger macht nach Ablauf der mit anwaltlichem Schreiben vom 12.2.2001 bis zum 20.2.2001 für die Übergabe der Anlage gesetzten Frist Schadensersatz wegen Nichterfüllung des seiner Ansicht nach zustande gekommenen Kaufvertrages geltend. Er berechnet die Höhe des ihm entstandenen Schadens gemäß der Differenz zwischen dem Auktionspreis in Höhe von 1.565,-- DM und dem Preis gemäß dem Kaufvertrag vom 27.12.2000 in Höhe von 15.000,-- DM.




Der Kläger hat beantragt,

   die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 13.435,- DM nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz nach § 1 Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz seit dem 5.4.2001 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Sie vertrat die Ansicht, der Kläger habe schon daraus, dass der Ehemann der Beklagten die Modelleisenbahn in vier verschiedenen Sparten des Internetdienstes mit dem exakt gleichen Angebotstext eingestellt habe, erkennen müssen, dass tatsächlich keine Verkaufsabsichten bestanden hätten. Man habe ja nicht viermal die gleiche Eisenbahn versteigern können.

Die Klage blieb erfolglos.





Aus den Entscheidungsgründen:


"... Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Zahlung eines Betrages von 13.435,-- DM, der einem Betrag von 6.869,21 € entspricht, nebst den weiter geltend gemachten Zinsen verlangen.

Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag über die Modelleisenbahnanlage Märklin HO nicht zustande gekommen.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass nach den Nutzungsbedingungen des Internetdienstes … das Einstellen eines Artikels in die … als verbindliches Angebot zum Verkauf anzusehen ist. Die Beklagte hat durch den ersten Satz der Beschreibung des Artikels, den sie durch ihren Ehemann unter ihrer E-Mail-Adresse in die … unter vier verschiedenen Sparten einstellen ließ, unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie sich an die Nutzungsbedingungen des Internetdienstes gerade nicht halten will, sondern nur "eine Umfrage" durchführen will. Dass sie mit dieser Erklärung gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen hat, die jeder Nutzer vor dem Beginn der Nutzung akzeptieren muss, kann zu Konsequenzen allenfalls im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Betreiber des Internetdienstes führen. Der Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen führt aber nicht dazu, dass die einschränkende Erklärung, es handele sich vorerst nur um eine Umfrage, als unbeachtlich angesehen werden kann.



Durch diese Erklärung hat die Beklagte für jeden Leser dieses Teiles der Website unmissverständlich deutlich gemacht, dass bei ihr kein Rechtsbindungswille bestand (vgl. zu dieser Fallkonstellation auch AG Kerpen, NJW 2001, 3274). Angesichts der Eindeutigkeit der Willenserklärung der Beklagten kommt eine Auslegung dieser Erklärung mit dem Ziel der Erforschung des wirklichen Willens gemäß § 133 BGB nicht in Betracht.

Die in der von Seiten des Klägers mehrfach zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (NJW 2001, 1142 f.) angestellten rechtlichen Erwägungen sind auf den vorliegenden Fall deshalb nicht zu übertragen, weil in dem vor dem Oberlandesgericht Hamm zur Entscheidung stehenden Fall von dem aus dem Abschluss eines Kaufvertrags in Anspruch Genommenen ein fehlender Rechtsbindungswille gerade nicht deutlich gemacht worden war.

Da somit schon der in die Website des Internetdienstes … durch den Ehemann der Beklagten eingestellte Text den fehlenden Rechtsbindungswillen eindeutig erkennen lässt, bedurfte die Frage, ob auch die mehrfache Einstellung desselben Textes in verschiedenen Sparten des Internetdienstes den sicheren Schluss auf den fehlenden Rechtsbindungswillen begründet, keiner weiteren Klärung. ..."

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