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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Beschluss vom 17.10.2007 - 7 G 3111/07(1) - Unzulässigkeit eines kostenlosen Pokerturniers

VG Frankfurt am Main v. 17.10.2007: Unzulässigkeit eines kostenlosen Pokerturniers


Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main (Beschluss vom 17.10.2007 - 7 G 3111/07(1)) hat entschieden:

   Ein kostenloses Pokerturnier, bei dem zum Zwecke der Teilnahme eine Benutzerkennung vergeben wird, die die Angaben von persönlichen Daten der Spieler verlangt, ist unzulässig. Die Einwerbung elektronischer Verbindungsdaten wie Name, E-Mail-Anschrift usw. stellt auch mit dem Angebot der kostenlosen Teilnahme an einem Pokerturnier ein strafbares Verhalten, nämlich Werbung für unerlaubtes Glücksspiel, dar.




Siehe auch Gewinnspiele und Glücksspiel


Gründe:


Der am 09.10.2007 gestellte Antrag der Antragstellerin,

  1.  der Antragsgegnerin zu untersagen, gegen die von der Antragstellerin am 14.10.2007 geplante Durchführung eines kostenlosen Pokerturniers im „...“ in ..., im Wege des Sofortvollzuges ordnungsbehördlich einzuschreiten, wenn für die Teilnahme weder ein Einsatz noch ein Startgeld erhoben wird;

  2.  hilfsweise, vorläufig bis zur Entscheidung über die von der Antragstellerin erhobene Feststellungsklage festzustellen,

   dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Durchführung von Pokerturnieren, die im Einklang mit den vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport herausgegebenen Richtlinien veranstaltet werden, nicht deshalb untersagen darf, weil für die Teilnahme eine Benutzerkennung vergeben wird, die u. a. auf der kostenlosen Online-Spielseite www. ... .net heruntergeladen werden kann.

hat keinen Erfolg.

Der Antrag zu 1) ist zunächst nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulässig. Durch die einstweilige Anordnung ist grundsätzlich auch vorbeugender Rechtsschutz in Bezug auf jede Art verwaltungsbehördlichen Handelns, somit auch in Hinblick auf angekündigte Verwaltungsakte möglich. Hier ist der Antrag auch nicht wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, da hier irreversible Tatsachen entstünden und die Antragstellerin beim Verweis auf nachgehenden Rechtsschutz nicht wieder gutzumachende erhebliche Nachteile erleiden würde. Das Rechtsschutzbedürfnis ist auch nicht dadurch entfallen, dass das Hotel, in dem die Veranstaltung durchgeführt werden soll, nach Information über die Rechtslage die Veranstaltung storniert hat, denn die Antragstellerin hat durch Vorlage des Schreibens der Betreiberin des Hotels vom 05.10.2007 glaubhaft gemacht, dass bei Ausräumung der Zweifel an der Rechtmäßigkeit die Räume zur Verfügung stehen.

Der Antrag zu 1) ist jedoch unbegründet, da die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich die von der Antragsgegnerin im Anhörungsschreiben vom 27.09.2007 angekündigte Untersagung des beabsichtigten Pokerturniers nicht als rechtswidrig. Nach Einschätzung des Gerichts ist das geplante Pokerturnier als Werbung für unerlaubtes Glücksspiel anzusehen, so dass eine Untersagung der Veranstaltung nach § 11 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) i. V. m. § 284 StGB und § 2 Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland vom 22.06.2004 (GVBl. I 204, S. 214 ff.) und § 5 Abs. 2 und 4 des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland rechtmäßig sein dürfte. Das geplante Pokerturnier selbst ist zunächst nicht als Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland anzusehen. Nach dieser Bestimmung liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Vorliegend trägt die Antragstellerin vor, dass die Teilnahme an dem Pokerturnier am 14.10.2007 kostenlos sei. Für die Teilnahme sei lediglich die Zuweisung eines Benutzernamens erforderlich. Somit sei ihrer Auffassung nach kein Vermögenswert zu leisten, der möglicherweise als Einsatzgeld und nicht als Startgeld angesehen werden könnte. Dies ergebe sich auch aus der Internetseite der German Poker Players Association - GPPA -. Die Antragsgegnerin verweist darauf, dass für die Teilnahme Anmeldegebühren und gegebenenfalls Abmeldegebühren i. H. v. 35,-- € zu entrichten sind. Sie geht somit davon aus, dass für das Pokerturnier am 14.10.2007 in bb für den Erwerb einer Gewinnchance Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland verlangt wird. Darauf kommt es aber nach der Auffassung der Kammer nicht an. Denn bei dem am 14.10.2007 in bb geplanten Pokerturnier handelt es sich nämlich um eine Veranstaltung, durch welche für ein öffentliches Glücksspiel im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB geworben werden soll, weshalb die beabsichtigte Untersagung dieser Veranstaltung aus obigen Vorschriften rechtmäßig sein dürfte.

Die Einwerbung elektronischer Verbindungsdaten wie Name, Emailanschrift usw. auch mit dem Angebot der kostenlosen Teilnahme an einem Pokerturnier stellt ein strafbares Verhalten im Sinne des § 284 Abs. 4 StGB dar.

Unter Werbung für ein Glücksspiel nach dieser Vorschrift ist eine ausdrückliche oder konkludente Äußerung gleich welcher Form zu verstehen, die von einer werbenden Zielrichtung des Täters selbst getragen ist. Erfolgreich muss die Werbung nicht sein. Es ist auch nicht erforderlich, dass das Glücksspiel, für das geworben wird, tatsächlich stattfindet (Tröndle-Fischer, StGB, 54. Auflage, § 284 Rdnr. 5 i. V. m. § 129 Rdnr. 27).




Es mag vorliegend dahinstehen, ob die Internetseite www.....net Äußerungen mit einer werbenden Zielrichtung im Sinne des Angebotes für unerlaubte Glücksspiele durch die Antragstellerin enthält, da der Tatbestand des Werbens für ein öffentliches Glücksspiel durch die Abforderung der Verbindungsdaten mit dem Angebot der kostenlosen Teilnahme an einem Pokerturnier erfüllt sein dürfte. Die für die Teilnehmer am Pokerturnier zwingend erforderlich erklärte Registrierung, für welche die Teilnehmer die kostenlose Teilnahme als Vergünstigung erhalten, ist typischerweise mit der Werbung für unerlaubte Glücksspiele im Sinne einer Äußerung mit werbender Zielrichtung verbunden. Allein schon aus dem Charakter von Pokerturnieren, die im Allgemeinen eindeutig Glücksspiele gegen Geld darstellen, ist es branchentypisch, dass die Antragstellerin, die vorliegend das Pokerturnier am 14.10.2007 anbietet und Sachpreise dafür auslobt, sich refinanzieren muss. Das Pokerturnier ist daher als vorgeschaltete Veranstaltung anzusehen, die den alleinigen Zweck hat, die Teilnehmer gezielt auf die Teilnahme an unerlaubtem Glücksspiel, sei es durch die Antragstellerin oder Dritte gewerbliche Glücksspielveranstalter anzusprechen. Die zwingend verlangte Registrierung dient nach Auffassung des Gerichts vorrangig der Sammlung der Daten Interessierter und potenzieller Teilnehmer und somit dem vorgenannten Zweck. Es kommt somit nicht darauf an, ob die Antragstellerin selbst ein unerlaubtes Glücksspiel veranstaltet. Sie wirbt für unerlaubte Glücksspiele, die ein Dritter anbietet und für die sie an die Personen, deren persönliche Daten sie mit der Benutzerkennung erlangt hat, herantreten kann. Dies ist nach Auffassung des Gerichts auch Sinn der Zusammenarbeit zwischen der Antragstellerin mit einem Online-Casino. Es handelt sich dabei auch um Werbung für einen konkreten Anbieter von Glücksspielen.

Dem hilfsweise zu Ziffer 2) gestellten Antrag ist ebenfalls der Erfolg versagt.

Es bestehen bereits erhebliche Zweifel an dessen Zulässigkeit. Der Hilfsantrag bezieht sich auf die Durchführung von Pokerturnieren in der Zukunft generell mit dem Begehren, dass die Antragsgegnerin die Durchführung von Pokerturnieren nicht deshalb untersagen darf, weil für die Teilnahme eine Benutzerkennung vergeben werde. Hier erscheint es ausreichend, dass die Antragstellerin vor den gegebenenfalls weiter geplanten Turnieren zuvor entsprechende einstweilige Rechtsschutzanträge stellt.



Selbst wenn man den Hilfsantrag noch für zulässig erachten würde, wäre er aus den gleichen Gründen (siehe oben) wie der Hauptantrag abzulehnen, weil gerade die Abforderung von persönlichen Daten über die Vergabe einer Benutzerkennung mit dem Angebot der kostenlosen Teilnahme an einem Pokerturnier den Straftatbestand des Werbens für ein Glücksspiel erfüllt.

Dass die mit dem Anhörungsschreiben vom 27.09.2007 angekündigte Verfügung ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig wäre, ist nicht erkennbar und wurde durch die Antragstellerin auch nicht glaubhaft gemacht.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG. Da hier eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt wird, ist der Betrag in voller Höhe anzusetzen.

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