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Zur Abgrenzung zwischen Arzneimitteln einerseits und Lebensmitteln sowie Kosmetika andererseits

Zur Abgrenzung zwischen Arzneimitteln einerseits und Lebensmitteln sowie Kosmetika andererseits




Siehe auch
Medikamente - Arzneimittel - Heilmittel - Medizinprodukte
und
Kosmetika - Kosmetikartikel - Pflegemittel - Hygieneprodukte



Zu unterscheiden sind Arzneimittel einerseits und andererseits Lebensmittel einschließlich der Nahrungsergänzungsprodukte sowie Kosmetika .

Arzneimittel dürfen in Deutschland nur mit behördlicher Zulassung beworben und vertrieben werden.

Die anderen genannten Produkte bedürfen keiner Zulassung und dürfen frei verkauft und beworben werden.

Ein Produkt kann nicht gleichzeitig Arzneimittel und Lebensmittel bzw. Kosmetikum sein.




Immer muss zunächst geprüft werden, ob es sich bei einem Produkt um ein Arzneimittel handelt (arzneimittelrechtlicher Vorrang). Es kann sich dabei um sog. Präsentationsarzneimittel oder/und um sog. Funktionsarzneimittel handeln. Bei einem Präsentationsarzneimittel wird die Wirkung behauptet; bei einem Funktionsarzneimittel ergibt sich die objektiv zu beurteilende Arzneimitteleigenschaft aus nachgewiesener pharmakologischer, immunologischer oder metabolischer Wirksamkeit. Ein objektiv völlig unwirksames Produkt ist kein Arzneimittel.

Aus der vielfältigen Rechtsprechung der deutschen Gerichte ist zu sehen, dass die Abgrenzung der Produkte besonders auf der Verwaltungsebene immer wieder auf Schwierigkeiten stößt. Jedoch ist durch neuere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und durch ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung in Deutschland eine deutliche Tendenz zu einer objektiven Betrachtungsweise zu erkennen.

Zur Abgrenzung zwischen Arznei- und Lebensmitteln hat das OLG Hamm (Urt. v. 07.08.2007 - 4 U 194/06) ausgeführt:

   Hinsichtlich der Abgrenzung zwischen einem Arzneimittel und einem Lebensmittel ist auf der Grundlage der EG-Richtlinie 2001/83/EG in der Fassung der Richtlinie 2004/27/EG und gemäß dem Urteil des BGH vom 30.03.2006 (Az. I ZR 24/03 - Arzneimittelwerbung im Internet; WRP 2006, 736) von einem einheitlichen europäischen Arzneimittelbegriff auszugehen. Arzneimittel sind danach

   "alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen".

Durch diese Begriffsbestimmung wird nunmehr in einem größeren Umfang als zuvor auf objektive Merkmale des Produkts abgestellt, wobei insoweit europarechtlich eine Vollharmonisierung besteht. Der nationale Arzneimittelbegriff in § 2 AMG ist richtlinienkonform im Sinne der neu gefassten europarechtlichen Begriffsbestimmung auszulegen. Lebensmittel sind demgegenüber alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.

Unter Hinweis auf seine Rechtsprechung zu Muskelaufbaupräparaten hat der BGH (Urt. v. 30.03.2006 - I ZR 24/03) erläutert:

   "Der Senat ist in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass für die Einordnung eines Produkts als Arznei- oder Lebensmittel seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung entscheidend ist, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher darstellt. Die Verkehrsauffassung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung des Verbrauchers von der Zweckbestimmung des Produkts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft, durch ihm beigefügte oder in Werbeprospekten enthaltene Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie durch die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher entgegentritt, beeinflusst sein (BGHZ 151, 286, 292 - Muskelaufbaupräparate). Diese Abgrenzung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zum gemeinschaftsrechtlichen Arzneimittelbegriff nach der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 (BGH, Urt. v. 6.5.2004 - I ZR 275/01, GRUR 2004, 793, 796 = WRP 2004, 1024 - Sportlernahrung II; vgl. auch EuGH, Urt. v. 9.6.2005 - Rs. C-211, C-299 und C-316/03 bis C-318/03, WRP 2005, 863 Tz. 45 = ZLR 2005, 435 - HLH Warenvertriebs GmbH)."

Bezüglich der Abgrenzung von Kosmetika zu den Lebensmitteln hat das Landgericht Köln (Urt. v. 10.07.2007 - 33 O 466/06) entschieden:

   Kosmetische Mittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die ausschließlich oder überwiegend dazu bestimmt sind, äußerlich am Körper des Menschen oder in seiner Mundhöhle zur Reinigung, zum Schutz, zur Erhaltung eines guten Zustandes, zur Parfümierung, zur Veränderung des Aussehens oder dazu angewendet zu werden, den Körpergeruch zu beeinflussen.

Für die Abgrenzung von Kosmetika zu den Lebensmitteln ist "die Bestimmung des Produkts maßgeblich, so wie sie einem durchschnittlich informierten Verbraucher gegenüber in Erscheinung tritt. Diese "Bestimmung" - der Verwendungszweck - erschließt sich aus der stofflichen Zusammensetzung des Präparats, seiner Aufmachung und Darreichungsform und aus der Art seines Vertriebs.

Und zur Abgrenzung von Kosmetikartikeln zu den Arzneimitteln hat das Verwaltungsgericht Köln in einem Eilverfahren (Beschl. v. 02.02.2007 - 11 K 1924/06) festgestellt:

   "Kosmetische Mittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die ausschließlich oder überwiegend dazu bestimmt sind, äußerlich am Körper des Menschen oder in seiner Mundhöhle zur Reinigung, zum Schutz, zur Erhaltung eines guten Zustandes, zur Parfümierung, zur Veränderung des Aussehens oder dazu angewendet zu werden, den Körpergeruch zu beeinflussen. Als kosmetische Mittel gelten nicht Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Beeinflussung der Körperformen bestimmt sind. Diese Definition greift in Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27.07.1976 (76/768/EWG) zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel (ABl.EG Nr. 262 S. 169) in der durch die Richtlinie 93/35/EWG vom 14.06.1993 (ABl.EG Nr. L 151 S. 32) geänderten Fassung die Abgrenzung der kosmetischen Mittel von den Arzneimitteln im Sinne des Gemeinschaftsrechtes dahin gehend auf, dass nur bei Überwiegen des kosmetischen Zweckes von einem kosmetischen Mittel im Verhältnis zu Arzneimitteln ausgegangen werden kann."

Auch wenn Nahrungssupplemente ebenfalls in den Stoffwechsel eingreifen, sind sie dennoch keine Arzneimittel, ""wenn durch das Erzeugnis keine gegenüber den Wirkungen bei normaler Nahrungsaufnahme nennenswerte Einflussnahme auf den Stoffwechsel erzielt wird", vgl. BGH (Urteil vom 26.08.2005 - IR ZR 61/05).

In seiner Entscheidung vom 14.01.2010 - I ZR 138/07 - hat der BGH festgestellt, dass es für die Entscheidung Lebensmittel oder Arzneimittel nicht auf die vom Hersteller vorgeschriebene oder empfohlene Häufigkeit der Einnahme ankommt:

   Ein Erzeugnis, dessen Wirkungen durch einen Stoff erzielt werden, der in entsprechender Menge in angemessener Weise auch mit der normalen Nahrung aufgenommen werden kann, kann auch dann als Lebensmittel und nicht als Arzneimittel anzusehen sein, wenn die empfohlene Häufigkeit der Aufnahme (hier: täglich) nicht den üblichen Ernährungsgewohnheiten entspricht (Diabetruw® Zimtkapseln).

Das OVG Lüneburg (Urteil vom 03.02.2011 - 13 LC 92/09) hat hinsichtlich der Abgrenzung zwischen Supplement und Präsentationsarzneimittel entschieden:

   Einzelne Werbeaussagen im Internet in Bezug auf ein ausdrücklich als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnetes Produkt, die als solche unter das Verbot krankheitsbezogener Werbung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB oder als Angaben zur Reduzierung eines Krankheitsrisikos in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 ("Health-Claims-Verordnung") fallen können (hier: wissenschaftlich ausgestaltete Beschreibung einer Unterbrechung der körpereigenen Cholesterinsynthese), vermögen die Eigenschaft des Produkts als Präsentationsarzneimittel nicht zu begründen, wenn sie aus Sicht eines durchschnittlich informierten Verbrauchers für das Gesamtbild der Produktpräsentation nicht prägend sind.

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