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Landgericht München I Beschluss vom 02.12.2021 - 37 O 12256/21 - Wirksame Unterkassungserklärung muss auch Suchmaschinen-Cache umfassen

LG München I v. 02.12.2021: Wirksame Unterkassungserklärung muss auch Suchmaschinen-Cache umfassen


Das Landgericht München I (Beschluss vom 02.12.2021 - 37 O 12256/21) hat entschieden:

   Eine Unterlassungserklärung ist nur wirksam und schließt die Wiederholungsgefahr aus, wenn sie auch den Cache von Suchmaschinen erfasst. Wird in der Erklärung dieser Bereich ausdrücklich ausgenommen, ist dies unzureichend.

Siehe auch
Unterlassungsverpflichtung - Folgenbeseitigung - Löschung in Suchmaschinen
und
Stichwörter zum Thema Abmahnung


Gründe:


1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 a Abs. 1 ZPO.

Die Parteien haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Gericht hat deshalb unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen sind. Ausschlaggebend ist hierbei insbesondere der ohne die Erledigterklärung zu erwartende Verfahrensausgang, wobei lediglich eine summarische Prüfung der jeweiligen Erfolgsaussichten erfolgen kann.

a) Vorliegend waren deshalb dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da er ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wäre. Er hat zwischenzeitlich die begehrte Unterlassungserklärung erbracht und hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass die Forderung des Antragstellers berechtigt war.



b) Der Rechtsgedanke des § 93 ZPO führt vorliegend nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Hiernach können die Kosten der Antragsteller- oder Klägerseite auferlegt werden, wenn der Gegner durch sein Verhalten keinen Anlass zur Klage gegeben hat, und der Gegner den Anspruch sofort anerkennt. Verhalten zur Klage gibt, wer vor Prozessbeginn der Antragsteller-/Klägerseite durch sein Verhalten vermittelt, die Antragsteller-/Klägerseite werde ohne Anrufung des Gerichts nicht zu ihrem Recht kommen. Maßgeblich ist das vorprozessuale Verhalten; das Verhalten im Prozess kann aber zu der Beurteilung herangezogen werden (zum Ganzen Zöller-Herget, 32. Auflage, § 93 ZPO Rn. 3 m.w.N.).

aa) Nach diesem Maßstab ist zu berücksichtigen, dass die Abmahnung des Antragstellers unter dem 1.9.2021 mit einer Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung bis zum 10.9.2021 erging (A 4). Unter dem 10.9.2021 gab der Antragsgegner durch seinen Rechtsanwalt eine mehrseitige Stellungnahme ab, in der er die fehlende Begründetheit der Abmahnung darlegte und die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung zur Vermeidung eines Gerichtsverfahrens nach Stellungnahme des Antragstellers zu der eigenen Rechtsauffassung in Aussicht stellte (A 5 = AG 1).

Nach Eingang des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wies die erkennende Kammer unter dem 15.09.2021 darauf hin, dass der Antrag Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Die Verfügung ging dem Antragstellervertreter am 21.09.2021 zu. Der Antragsteller erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 27.09.2021. Unter dem 27.09.2021 gab der Antragsgegner eine Unterlassungserklärung ab (AG 2), die gegenüber der vom dem Antragsteller formulierten Erklärung folgenden Zusatz aufweist

   "Die Abrufbarkeit oben wiedergegebener werblicher Aussagen bzgl. des ... und die Abrufbarkeit oben wiedergegebener Website im Cache von Suchmaschinenbetreibern, z.B. ... oder in sonstigen Internetarchiven, stellt ausdrücklich keinen solchen Verstoß dar."

bb) Das Schreiben AG 1 durfte der Antragsteller so verstehen, dass der Antragsgegner die Berechtigung des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs aus Rechtsgründen ablehnte. Insbesondere lässt sich dem Schreiben - entgegen der Einschätzung der Antragsgegnerseite, S. 2 des Schriftsatzes vom 18.10.2021 - nicht entnehmen, dass der Antragsgegnervertreter dem Antragsgegner geraten habe, eine modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung nach Abgabe einer Stellungnahme stellte er zwar in Aussicht, indes war für den Antragsteller nicht erkennbar, welchen Inhalts sie sein würde, und wann der Antragsgegner sie abgeben würde. Insofern durfte der Antragsteller davon ausgehen, seine Ansprüche nicht ohne gerichtliche Hilfe durchsetzen zu können.



cc) Der Antragsgegner durfte auch nicht davon ausgehen, ihm werde die Frist zur Abgabe der Unterlassungserklärung verlängert. Er teilte im Schreiben AG 1 mit, er gehe "bis dahin" (i.e. bis zu einer inhaltlichen Stellungnahme des Antragstellers) von einer stillschweigend gewährten Fristverlängerung aus. Indes hatte der Antragsteller keinen Anlass für die Annahme geboten, er werde inhaltlich auf die Stellungnahme des Antragsgegners erwidern. Insoweit durfte dieser auch nicht davon ausgehen, die Frist werde stillschweigend verlängert.

dd) Auch nach Einleitung des Verfahrens durch die Antragstellerin zeigte der Antragsgegner durch sein Verhalten, dass der Antragsteller zu Recht Anlass zu einer gerichtlichen Verfolgung seiner Interessen gesehen hatte. Erst unter dem 27.09.2021 gab er eine Unterlassungserklärung ab, die - entgegen der antragstellerseits formulierten Erklärung - den Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Abrufbarkeit der angegriffenen werblichen Aussagen im Cache von Suchmaschinenbetreibern beschränkte. Auf eine insoweit sachlich beschränkte Unterlassungserklärung musste sich der Antragsteller indes nicht verweisen lassen (siehe hierzu Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Goldmann UWG § 8 Rn. 28 m.w.N.).

2. Der Streitwert war gemäß § 63 GKG endgültig festzusetzen. Gemäß § 51 Abs. 2 GKG war er nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Das Gericht folgt der mit Schriftsatz vom 1.10.2021 erläuterten Einschätzung des Antragstellers.

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