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BGH Urteil vom 18.11.2020 - VIII ZR 78/20 - ur Unzulässigkeit der Verjährungsverkürzung auf ein Jahr bei gebrauchten Waren

BGH v. 18.11.2020: Zur Unzulässigkeit der Verjährungsverkürzung auf ein Jahr bei gebrauchten Waren


Der BGH (Urteil vom 18.11.2020 - VIII ZR 78/20) hat entschieden:

  a)  § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF (= §476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB nF) verstößt gegen die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, weil nach dieser Vorschrift entgegen Art.5 Abs.1 und Art.7 Abs.1 Unterabs. 2 Verbrauchsgüterkauf-RL bei einem Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über gebrauchte Sachen eine Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfristfür Sachmängelgewährleistungsrechte auf weniger als zwei Jahre zugelassen wird. Die Mitgliedstaaten können nach Art.5 Abs.1 und Art.7 Abs.1 Unterabs. 2 Verbrauchsgüterkauf-RL nur eine Vereinbarung über die Verkürzung der Haftungsdauer auf bis zu ein Jahr, nicht jedoch über die Verkürzung der Verjährungsfrist erlauben.

  b)  Eine richtlinienkonforme Anwendung von § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF (= §476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB nF) dahingehend, dass diese Regelung entfällt oder nur eine Vereinbarung über die Verkürzung der Haftungsdauer erlaubt, kommt jedoch nicht in Betracht. Die Vorschrift ist vielmehr bis zu einer gesetzlichen Neuregelung weiterhin anzuwenden. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr in Kaufverträgen über gebrauchte Sachen vorsieht, ist demnach wirksam.




Siehe auch
Gewährleistung - Haftung für Mängel im Internethandel
und
Artikel und Stichwörter zum Thema Onlinehandel


Tatbestand:


Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche nach einem Rücktritt vom Kauf eines gebrauchten BMW X 6 geltend. Er kaufte das Fahrzeug von der Beklagten am 31. März 2017 zum Preis von 24.750 €; das Fahrzeug wurde am selben Tag übergeben.

In den zwischen den Parteien vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist in Ziffer VI.1 für Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln eine Verjährungsfrist von einem Jahr ab Ablieferung des Fahrzeugs bestimmt, wobei dies nach Ziffer 2 nicht für Schäden gilt, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des Verkäufers beruhen, sowie bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit.

Am 5. Februar 2018 leitete der Kläger ein selbständiges Beweisverfahren ein, das sich zunächst nur auf einen - von dem Kläger bereits beseitigten - Mangel am Luftfahrwerk hinten rechts bezog. Im Mai und im August 2018 erweiterte der Kläger das selbständige Beweisverfahren auf weitere von ihm behauptete Mängel, welche die Steuerkette sowie das Pleuellager beziehungsweise den Motor betrafen.

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2018 trat der Kläger wegen der im selbständigen Beweisverfahren geltend gemachten Mängel vom Kaufvertrag zurück. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Die auf Zahlung von 24.750 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs sowie auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.242,84 € gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.





Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Das Landgericht habe die geltend gemachten Ansprüche des Klägers zu Recht verneint, weil ein auf die klagegegenständlichen Mängel gestütztes Nacherfüllungsverlangen des Klägers verjährt und ein Rücktritt deshalb ausgeschlossen sei.

Die von § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB [gemeint ist § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF] eröffnete Möglichkeit einer vertraglichen Verjährungsverkürzung bei gebrauchten Sachen sei zwar nach einhelliger Auffassung richtlinienwidrig. Bis zu einer Neuregelung durch den deutschen Gesetzgeber habe dies aber keine Auswirkungen auf die bestehende Rechtslage.

Der Wortlaut des Gesetzes sei derart klar und eindeutig, dass eine Auslegung der Norm im Sinne einer Regelung einer Haftungsdauer, welche dem deutschen Regelungsmodell fremd sei, die Wortlautgrenze sprengen würde. Der deutsche Gesetzgeber habe in § 476 Abs. 2 BGB [gemeint ist § 475 Abs. 2 BGB aF] bei gebrauchten Sachen ausdrücklich eine Verkürzung der Verjährung gestattet und damit auch die Verjährung im Rechtssinne gemeint.

Auch eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung des § 476 Abs. 2 BGB im Sinne einer teleologischen Reduktion der Norm komme nicht in Betracht, da dies zu der generellen Nichtanwendbarkeit des letzten Halbsatzes dieser Norm führen würde. Zudem führte eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung zu einer indirekt unmittelbaren Anwendung einer Richtlinie im Verhältnis zwischen Privaten, welche in ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abgelehnt werde.

Eine Entscheidung gegen den Wortlaut der Norm und den konkreten Willen des Gesetzgebers könne selbst unter den großzügigen Maßstäben des Bundesgerichtshofs vorliegend nicht erfolgen. Es fehle bereits an der notwendigen verdeckten Regelungslücke. Seien - wie hier - mehrere Lösungen geeignet, die Vorgaben der Richtlinie zu erfüllen, sei es Sache des Gesetzgebers, die von ihm bevorzugte Lösung zu wählen. Der Gesetzgeber könne hier einerseits den Parteien die Möglichkeit einräumen, die Haftungsfrist auf ein Jahr zu verkürzen, was die dem deutschen Recht bisher fremde Einführung einer Unterscheidung von Haftungs- und Verjährungsfrist bedeute, andererseits könne er auch die Möglichkeit der Verkürzung der Verjährungsfrist nach § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB ersatzlos streichen. Bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber sei damit die derzeitige gesetzliche Regelung anzuwenden.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Das Berufungsgericht hat richtig entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises (§ 434 Abs. 1, § 437 Nr. 2, §§ 323, 346 Abs. 1 BGB), Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (§ 280 Abs. 1 BGB) sowie auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten mit der Rücknahme des Fahrzeugs nicht zusteht.

Zwar hat es keine Feststellungen dazu getroffen, ob die vom Kläger bezüglich der Steuerkette und des Pleuellagers/Motors behaupteten Mängel bestanden, ob sie bereits bei Gefahrübergang vorlagen oder dem Kläger insoweit die Vermutung des § 476 BGB in der gemäß Art. 229 § 39 EGBGB bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (nunmehr § 477 BGB) zugute kam und die weiteren Rücktrittsvoraussetzungen nach § 323 BGB vorlagen. Diese Fragen konnten indes offenbleiben, weil der vom Kläger erklärte Rücktritt jedenfalls gemäß § 218 BGB unwirksam ist. Denn der Nacherfüllungsanspruch des Klägers wegen der von ihm geltend gemachten Mängel an der Steuerkette und am Pleuellager/Motor war im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nach den in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereits verjährt und die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen. Die - sich in dem von § 475 Abs. 2 BGB in der gemäß Art. 229 § 39 EGBGB bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (im Folgenden aF; nunmehr § 476 Abs. 2 BGB) gestatteten Rahmen haltende - formularmäßige Verkürzung der Verjährungsfrist war auch wirksam. Insbesondere führt die Richtlinienwidrigkeit der Regelung des § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF (= § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB nF), die den Parteien eines Verbrauchsgüterkaufs bei gebrauchten Sachen die Begrenzung der Verjährungsfrist auf weniger als zwei Jahre ab Lieferung des betreffenden Gutes erlaubt, zu keiner anderen Beurteilung. Denn eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift ist - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - nicht möglich.

1. Rückabwicklungsansprüche aufgrund behaupteter Mängel an der Steuerkette und dem Pleuellager bzw. dem Motor stehen dem Kläger nicht zu, weil der von ihm mit Schreiben vom 10. Oktober 2018 erklärte Rücktritt angesichts der Verjährung der Nacherfüllungsansprüche wegen dieser Mängel, auf die sich die Beklagte berufen hat, nach § 218 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.

a) Nach Ziffer VI.1 der zwischen den Parteien vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen verjähren die Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln nach einem Jahr ab der - hier am 31. März 2017 erfolgten - Ablieferung des Fahrzeugs. Diese Frist war bezüglich der Mängel, die der Kläger an der Steuerkette sowie dem Pleuellager und Motor geltend gemacht hatte, bei Erklärung des Rücktritts am 10. Oktober 2018 bereits abgelaufen. Das selbständige Beweisverfahren, das die Beklagte am 5. Februar 2018 wegen anderer Mängel eingeleitet hatte, konnte insoweit eine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB nicht bewirken. Denn eine Hemmung durch ein selbständiges Beweisverfahren tritt nur wegen Ansprüchen aus den Mängeln ein, auf die sich die Sicherung des Beweises bezieht (BGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07 BGHZ 175, 161 Rn. 30 mwN). Die Mängel an der Steuerkette und dem Pleuellager/Motor hat der Kläger erst nach Ablauf des 31. März 2018 zum Gegenstand des Beweisverfahrens gemacht, so dass dadurch eine Hemmung der - auf der Grundlage von Ziffer VI.1 der Geschäftsbedingungen bereits eingetretenen - Verjährung nicht mehr bewirkt werden konnte.

b) Die formularvertragliche Verkürzung der Verjährungsfrist für Ansprüche war auch wirksam, insbesondere verstößt sie weder gegen das Klauselverbot des § 309 Nr. 7 BGB noch ist sie wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden (§ 307 Abs. 1, 2 BGB) unwirksam. Ein Verstoß gegen das gesetzliche Leitbild (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) liegt nicht vor, weil § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF (= § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB nF) auch beim Verbrauchsgüterkauf eine derartige Verkürzung der Verjährung gestattet.

c) Zwar verstößt § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF (= § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB nF) bei wortlautgemäßer Anwendung gegen Art. 5 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. L 171, S. 12; im Folgenden: Verbrauchsgüterkauf-RL; hierzu unter aa) und sind die nationalen Gerichte gehalten, das nationale Recht soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck einer Richtlinie auszulegen unter voller Ausschöpfung des ihnen nach nationalem Recht zustehenden Beurteilungsspielraums (hierzu unter bb). Jedoch scheidet hier eine richtlinienkonforme Anwendung dahingehend, dass § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF (= § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB nF) eine Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfrist auf bis zu ein Jahr nicht zulässt, aus (hierzu unter cc). Trotz Richtlinienwidrigkeit ist die Vorschrift deshalb bis zu einer gesetzlichen Neuregelung weiterhin dahingehend anzuwenden, dass sie eine derartige Abrede zulässt (hierzu unter dd).

aa) Eine nationale Regelung, die den Parteien bei einem Verbrauchsgüterkauf über gebrauchte Sachen die Begrenzung der Verjährungsfrist auf weniger als zwei Jahre ab Lieferung des betreffenden Gutes erlaubt, verstößt nach der für die nationalen Gerichte bindenden Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Union (C-133/16, JZ 2018, 298 Rn. 50 - Ferenschild) gegen die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.

Nach Art. 5 Abs. 1 Verbrauchsgüterkauf-RL haftet der Verkäufer nach Art. 3 Verbrauchsgüterkauf-RL, wenn die Vertragswidrigkeit binnen zwei Jahren nach der Lieferung des Verbrauchsgutes offenbar wird. Gilt nach dem innerstaatlichen Recht für die Ansprüche nach Art. 3 Abs. 2 Verbrauchsgüterkauf-RL eine Verjährungsfrist, so endet sie nicht vor Ablauf eines Zeitraums von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung. Nach Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 Verbrauchsgüterkauf-RL können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Verkäufer und der Verbraucher sich auf Vertragsklauseln einigen können, denen zufolge der Verkäufer weniger lange haftet als in Art. 5 Abs. 1 Verbrauchsgüterkauf-RL vorgesehen. Diese kürzere Haftungsdauer darf ein Jahr nicht unterschreiten (Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 Verbrauchsgüterkauf-RL).

Der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) hat auf Vorlage eines belgischen Gerichts mit Urteil vom 13. Juli 2017 (C-133/16, JZ 2018, 298 Rn. 32 ff., 50 - Ferenschild) entschieden, dass Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 Verbrauchsgüterkauf-RL der Regelung eines Mitgliedstaates entgegenstehen, die es erlaubt, dass die Verjährungsfrist für die Klage eines Verbrauchers eine kürzere Dauer als zwei Jahre ab Lieferung des Gutes beträgt. Zur Begründung hat der Gerichtshof im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Art. 5 Abs. 1 Verbrauchsgüterkauf-RL zwischen zwei Arten von Fristen zu unterscheiden sei, von denen jede eine unterschiedliche Zielsetzung verfolge. Es handele sich zum einen um die in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Verbrauchsgüterkauf-RL genannte Frist, das heißt, die Haftungsdauer des Verkäufers, die sich auf den Zeitraum beziehe, in dem das Auftreten einer Vertragswidrigkeit des in Rede stehenden Gutes die in Art. 3 der Richtlinie vorgesehene Haftung des Verkäufers auslöse und somit zur Entstehung der Rechte führe, die diese zuletzt genannte Vorschrift zugunsten des Verbrauchers vorsehe. Diese Haftungsdauer des Verkäufers betrage grundsätzlich zwei Jahre ab Lieferung des Gutes. Zum anderen handele es sich bei der Frist, auf die sich Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Verbrauchsgüterkauf-RL beziehe, um eine Verjährungsfrist, die dem Zeitraum entspreche, in dem der Verbraucher seine Rechte, die während der Haftungsdauer des Verkäufers entstanden seien, tatsächlich gegenüber diesem ausüben könne. Aus dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Verbrauchsgüterkauf-RL ergebe sich in Verbindung mit ihrem 17. Erwägungsgrund, dass eine Verjährungsfrist nicht vor Verstreichen der zwei Jahre ablaufen dürfe, die auf die Lieferung des betreffenden Gutes folge. Die Dauer der Verjährungsfrist hänge nicht von der Haftungsdauer des Verkäufers ab. Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 Verbrauchsgüterkauf-RL beziehe sich nicht auf die Verjährungsfrist, sondern ausschließlich auf die Haftungsdauer des Verkäufers. Die Regelung verleihe den Mitgliedstaaten daher keine Befugnis, auch zu bestimmen, dass die Parteien die Dauer der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Verbrauchsgüterkauf-RL genannte Verjährungsfrist begrenzen dürften (EuGH, C-133/16, JZ 2018, 298 Rn. 33 ff. - Ferenschild).

Gemessen hieran ist § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF (= § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB nF) bei Anwendung entsprechend seinem Wortlaut richtlinienwidrig (vgl. Senat, Urteil vom 9. Oktober 2019 - VIII ZR 240/18, BGHZ 223, 236 Rn. 22). Denn hiernach kann bei einem Verbrauchsgüterkauf über gebrauchte Sachen die Verjährung der in § 437 BGB bezeichneten Ansprüche vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer nicht durch Rechtsgeschäft erleichtert werden, wenn dies zu einer Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn von weniger als einem Jahr führt, was zugleich bedeutet, dass die Vereinbarung einer Verjährungsfrist von einem Jahr zulässig ist.




Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie durch Art. 23 der Richtlinie (EU) 2019/771 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragliche Aspekte des Warenkaufs, zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2394 und der Richtlinie 2009/22/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/44/EG (ABl. L 136 S. 28) mit Wirkung zum 1. Januar 2022 aufgehoben und ersetzt wird und die Mitgliedstaaten nach Art. 10 Abs. 6 der neuen Richtlinie bei gebrauchten Waren sowohl Vereinbarungen über kürzere Haftungszeiträume als auch über kürzere Verjährungsfristen zulassen können, sofern diese kürzeren Fristen ein Jahr nicht unterschreiten. Auch wenn hiernach die in § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB enthaltene Regelung zulässig wäre, gilt die neue Richtlinie nicht für vor dem 1. Januar 2022 geschlossene Verträge (Art. 24 Abs. 2) und sollen die von den Mitgliedstaaten zur Umsetzung zu erlassenden Vorschriften erst ab 1. Januar 2022 angewendet werden (Art. 24 Abs. 1). Bis zu diesem Zeitpunkt und für vor dem 1. Januar 2022 geschlossene Verträge gilt deshalb die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie fort und sind die nationalen Vorschriften an dieser auszurichten.

bb) Die nationalen Gerichte sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgrund des Umsetzungsgebots gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV und des Grundsatzes der Gemeinschaftstreue gemäß Art. 4 Abs. 3 EUV verpflichtet, die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. nur EuGH, C-14/83, Slg. 1984, 1891 Rn. 26, 28 - von Colson und Kamann; C-397/01 bis C-403/01, Slg. 2004, I-8878 Rn. 113 - Pfeiffer u.a.; C-565/12, NJW 2014, 1941 Rn. 54 - LCL Le Credit Lyonnais; Senatsurteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 24; vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09, BGHZ 198, 111 Rn. 55; vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 36 und vom 12. Oktober 2016 - VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 37).
Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts unterliegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs indes bestimmten Schranken. So findet die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt einer Richtlinie heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (EuGH, C-351/12, GRUR 2014, 473 Rn. 45 - OSA; C-176/12, BB 2014, 2493 Rn. 39 - Association de mediation sociale; C-441/14, EuZW 2016, 466 Rn. 32 - Dansk Industri; jeweils mwN).

Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt der Grundsatz richtlinienkonformer Auslegung nicht schrankenlos. Er findet vielmehr dort seine Grenze, wo die nationale Vorschrift nicht richtlinienkonform ausgelegt werden könnte, ohne dabei die Grenzen der verfassungsrechtlichen Bindung des Richters an das Gesetz zu sprengen. Eine die Gesetzesbindung des Richters überschreitende Auslegung ist auch durch den Grundsatz der Unionstreue nicht zu rechtfertigen (BVerfG, ZIP 2013, 924 Rn. 32; NJW 2012, 669 Rn. 46 f.).

Dem steht nicht entgegen, dass der aus Art. 4 Abs. 3 EUV folgende Grundsatz der Unionstreue alle mitgliedstaatlichen Stellen, also auch Gerichte, dazu verpflichtet, diejenige Auslegung des nationalen Rechts zu wählen, die dem Inhalt einer EU-Richtlinie in der ihr vom Gerichtshof gegebenen Auslegung entspricht. Denn die unionsrechtliche Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung verpflichtet das nationale Gericht zwar, durch die Anwendung seiner Auslegungsmethoden ein richtlinienkonformes Ergebnis zu erzielen. Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten. Ob und inwieweit das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung zulässt, können nur innerstaatliche Gerichte beurteilen. Sowohl die Identifizierung als auch die Wahrnehmung methodischer Spielräume des nationalen Rechts obliegt - auch bei durch Richtlinien determiniertem nationalem Recht - den nationalen Stellen in den Grenzen des Verfassungsrechts (vgl. BVerfG, NJW 2012, 669 Rn. 47 f.; NJW-RR 2016, 1366 Rn. 41; Senatsurteil vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 42). Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass eine richtlinienkonforme Auslegung - ebenso wie die verfassungskonforme Auslegung - voraussetzt, dass hierdurch der erkennbare Wille des Gesetz- oder Verordnungsgebers nicht verändert wird, sondern die Auslegung seinem Willen (noch) entspricht (vgl. Senatsurteile vom 17. Oktober 2012 - VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 22; vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209, Rn. 43 und vom 12. Oktober 2016 - VIII ZR 103/15, NJW 2017, 1093 Rn. 38 und vom 26. August 2020 - VIII ZR 351/19, juris Rn. 47; jeweils mwN). Entsprechendes gilt für eine vom Senat in früheren Entscheidungen erwogene richtlinienkonforme Rechtsfortbildung (vgl. etwa Senatsurteil vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 37).

cc) Gemessen an diesen Grundsätzen kommt eine richtlinienkonforme Auslegung (oder gar Rechtsfortbildung) des § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF (= § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB nF) dahingehend, dass bei einem Verbrauchsgüterkauf über eine gebrauchte Sache die Vereinbarung einer Verjährungsfrist von einem Jahr unzulässig ist, nicht in Betracht. Weder kann diese Vorschrift richtlinienkonform so ausgelegt oder fortgebildet werden, dass sie ersatzlos entfällt, noch so, dass hiermit (nur) eine Vereinbarung einer auf bis zu ein Jahr verkürzten Haftungsdauer erlaubt sein soll (ebenso: BeckOK-BGB/Faust, Stand: 1. August 2020, § 476 Rn. 4; MünchKommBGB/S. Lorenz, 8. Aufl., § 476 Rn. 26 f.; BeckOGK-BGB/Augenhofer, Stand: 1. Oktober 2020, § 476 Rn. 67; BeckOGK-BGB/Arnold, Stand: 1. Mai 2020, § 438 Rn. 240; Arnold/Hornung, JuS 2019, 1041, 1047; Köhler, GPR 2018, 37, 41; Papadopouluos/Aslan, DAR 2018, 544, 546 ff.; wohl auch Kulke, MDR 2018, 1025, 1028 f., der bei Ablehnung einer richtlinienkonformen Auslegung oder Rechtsfortbildung eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV befürwortet; für eine Nichtanwendung der Vorschrift dagegen: OLG Frankfurt, DAR 2020, 89, 90; jurisPK-BGB/Ball, Stand: 1. Februar 2020, § 476 Rn. 28; für eine Rechtsfortbildung, wonach statt einer verkürzten Verjährungsfrist eine verkürzte Haftungsfrist zulässig ist: Staudinger, DAR 2018, 241; Leenen, JZ 2018, 284, 289; wohl auch Eggert in Reinking/Eggert/Hettwer, Der Autokauf, 14. Aufl., Rn. 4090; für eine zusätzliche ergänzende Vertragsauslegung im Sinne einer verkürzten Haftungsfrist: Leenen, aaO S. 290; jurisPK-BGB/Ball, aaO Rn. 29; vgl. auch Staudinger, DAR 2018, 241 und Eggert in Reinking/Eggert/Hettwer, aaO Rn. 4091a).

(1) Der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig. Geregelt ist hierin die Möglichkeit zur Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr. Der verwendete Rechtsbegriff der Verjährung ist unmissverständlich und keiner Interpretation dahingehend zugänglich, dass damit eine Haftungsdauer gemeint ist. Er ist sowohl im Bürgerlichen Gesetzbuch insgesamt als auch speziell im Rahmen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes sowie innerhalb des § 475 BGB aF (= § 476 BGB nF) einheitlich verwendet als dauerndes Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners gegen die Geltendmachung eines Anspruchs.


(2) Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich der eindeutige und unmissverständliche Wille des Gesetzgebers, im deutschen Recht weiterhin keine Haftungsfrist einzuführen, sondern das bisherige Recht, wonach zur zeitlichen Begrenzung der Gewährleistung nur eine Verjährungsfrist bestand, fortzuführen und mit § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF (= § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB nF) eine Regelung zur Möglichkeit der Verkürzung der Verjährung zu schaffen, nicht dagegen eine Regelung über Vereinbarungen zu einer Haftungsfrist. (a) Der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes war sich der Differenzierung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zwischen einer Haftungsdauer und einer Verjährung bewusst. Ausdrücklich ist hierzu in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie zwei ganz unterschiedliche Fristen regele. Dies gehe auf die Rechtslage in den anderen Mitgliedstaaten zurück. In den meisten anderen kaufrechtlichen Bestimmungen der europäischen Staaten werde nämlich zwischen einer Frist, in welcher der Mangel auftreten müsse, und einer Frist unterschieden, die der gewährleistungsberechtigte Käufer zur Entscheidung darüber erhalte, ob er Klage erhebe oder nicht. Das deutsche Recht kenne eine besondere Frist für das Auftreten des Mangels nicht. Faktisch werde sie allerdings durch die Gewährleistungsfrist mit abgedeckt, weil niemand eine Klage wegen eines Mangels erheben werde, der vor Ablauf dieser Frist nicht aufgetreten sei. In Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie werde auch eine Verjährungsfrist nach deutschem Vorbild zugelassen, die ebenfalls zwei Jahre betrage und mit Lieferung beginne. Die Gewährleistungsfrist werde also insgesamt auf zwei Jahre verlängert. Sie sei nur beim Kauf gebrauchter Güter verkürzbar (BT-Drucks. 14/6040, S. 81).

Bereits diese Begründung zeigt eindeutig, dass der Gesetzgeber sich in Kenntnis des Unterschieds zwischen einer Haftungsfrist und einer Verjährungsfrist sowie der Tatsache, dass die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie beide Fristen kennt, für die Fortführung des deutschen Rechtssystems, das nur eine Verjährungs-, nicht aber eine Haftungsfrist kannte, entschieden hat.

(b) Die Gesetzesbegründung zu § 475 Abs. 2 BGB aF (= § 476 Abs. 2 BGB nF) bestätigt dies. Auch dort ist durchgängig nur von Verjährung die Rede. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber entsprechend seinen oben zitierten allgemeinen Ausführungen auch im Hinblick auf die Zulässigkeit abweichender Vereinbarungen im deutschen Recht weiterhin keine Haftungsfrist als neues Rechtsinstitut einzuführen, sondern nur eine Verjährungsfrist vorsehen wollte. Der Begründung ist weiter zu entnehmen, dass die Regelung den in Art. 7 Abs. 1 Satz 2 Verbrauchsgüterkauf-RL eröffneten Spielraum für Vereinbarungen nutzen wollte, wobei der Gesetzgeber allerdings - unzutreffend - davon ausging, dass diese Vorschrift auch eine Verkürzung der Verjährungsfrist erlaube. Dies ergibt sich aus der Formulierung der Begründung, wonach § 475 Abs. 2 aF (= § 476 Abs. 2 nF) für gebrauchte Sachen eine Untergrenze von einem Jahr enthalte, die nicht unterschritten werden dürfe; dies lasse Art. 7 Abs. 1 Satz 2 Verbrauchsgüterkauf-RL zu (BT-Drucks. 14/6040 S. 245).

(3) Im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut und den bewusst gefassten unmissverständlichen Willen des Gesetzgebers, keine Haftungsfrist in das nationale Recht einzuführen und eine Vereinbarungsmöglichkeit der Parteien bei gebrauchten Sachen nur bezüglich der Verjährungsfrist zuzulassen, scheiden sowohl eine richtlinienkonforme Auslegung als auch eine vom Senat in früheren Entscheidungen erwogene richtlinienkonforme Rechtsfortbildung aus. Weder kann die Norm teleologisch dahingehend reduziert werden, dass sie für Verbrauchsgüterkaufverträge über gebrauchte Sachen keine Anwendung findet, noch kann ihr der Inhalt beigemessen werden, dass hierdurch (nur) eine Vereinbarung über eine Haftungsfrist von nicht weniger als einem Jahr erlaubt ist. Denn beide Varianten widersprächen dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers. Der Senat verkennt dabei nicht, dass § 475 Abs. 2 BGB aF (= § 476 Abs. 2 BGB nF) gerade der Umsetzung von Art. 7 Abs. 1 Verbrauchsgüterkauf-RL diente und der Gesetzgeber nach seinem erklärten Willen von der den Mitgliedstaaten in Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 Verbrauchsgüterkauf-RL eröffneten Möglichkeit, vom Gesetz abweichende Vereinbarungen einer kürzeren Haftungsdauer im Fall gebrauchter Güter zuzulassen, Gebrauch machen wollte. Es entsprach demnach dem Willen des Gesetzgebers, eine richtlinienkonforme Regelung für zulässige, die gesetzlichen Vorschriften abändernde Vereinbarungen zu treffen. Dieses Ziel hat er mit der getroffenen Regelung nicht erreicht, da die Richtlinie die dort vorgesehene Vereinbarung einer bis hin zu einem Jahr verkürzten Verjährungsfrist nicht zulässt. Dies ändert aber nichts daran, dass er eine Verkürzung der Verjährung für Gewährleistungsansprüche beim Verkauf gebrauchter Sachen gestatten wollte. Dieser gesetzgeberische Wille lässt sich weder im Wege einer teleologischen Reduktion der Vorschrift noch durch die Umdeutung der Verjährungsfrist in eine Haftungsfrist korrigieren. (a) Eine Reduktion der Vorschrift dahingehend, dass sie auf den Verbrauchsgüterkauf bei gebrauchten Sachen keine Anwendung fände, führte zu einer Derogation von § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF (= § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB nF), der einzig hierin seinen vom Gesetzgeber vorgesehenen Anwendungsbereich hat. Die auf eine Literaturmeinung (Papadopoulos/Aslan, DAR 2018, 544, 547) gestützte Auffassung der Revision, dass der Norm ein - wenn auch geringer - Anwendungsbereich verbliebe, ist angesichts des Wegfalls des Hauptanwendungsbereichs schon nicht durchgreifend. Sie ist überdies ohnehin unzutreffend. Der dortige Verweis auf § 650 BGB nF und die Geltung der §§ 474 ff. BGB auch für Werklieferungsverträge zwischen Unternehmern trägt nicht. Zwar gilt die Verweisung des § 650 BGB auf das Kaufrecht - insoweit überschießend gegenüber der nur für Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern geltenden Verbrauchsgüterkaufrichtlinie - auch für Verträge zwischen Unternehmern. Die Anwendung der §§ 474 ff. BGB und damit des § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF (= § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB nF) ist indes nach deren eindeutigen Wortlaut im Bereich der Werklieferungsverträge ebenso auf Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern beschränkt, so dass auch insoweit kein Anwendungsbereich verbliebe, würde diese Vorschrift im Wege der richtlinienkonformen Auslegung (oder gar Rechtsfortbildung) bei Verbraucherverträgen für unanwendbar erklärt.

Eine Derogation der Vorschrift verkehrte den Willen des Gesetzgebers, beim Kauf gebrauchter Sachen eine Vereinbarung über eine verkürzte Verjährung zuzulassen, ins Gegenteil und käme einer Verwerfung der Norm durch den Senat gleich, die ihm aber nach oben dargelegten verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht zusteht (siehe oben unter II 1 c bb; vgl. BeckOK-BGB/Faust, Stand: 1. August 2020, § 476 Rn. 4; allgemein zur Derogation: Canaris in Festschrift für Bydlinski, 2002, S. 47, 94; Gebauer in Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., Kap. 4 Rn. 51; Michael/Payandeh, NJW 2015, 2392, 2397; für eine weitgehende Zulässigkeit: Herresthal, Rechtsfortbildung im europarechtlichen Bezugsrahmen, 2006, S. 321, 324 ff.). Dies ist nicht vergleichbar mit einer teleologischen Reduktion einer Vorschrift im Sinne einer einschränkenden Anwendung, wenn ein ausreichender Anwendungsbereich der gesetzgeberischen Sachentscheidung verbleibt (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 33 und vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 260/11, NJW 2015, 1023 Rn. 23 ff.).




(b) Ebenso wenig kann der Senat die Norm dahingehend umdeuten (oder gar rechtsfortbilden), dass sie nur Vereinbarungen über eine Haftungsdauer zulässt. Wenn dies auch zu einer richtlinienkonformen Regelung führte, widerspräche dies doch dem erklärten Willen des Gesetzgebers, das ihm bekannte Modell einer Haftungsfrist gerade nicht neu in das nationale Recht einzuführen, sondern es bei der bislang geltenden Rechtslage - zeitliche Begrenzung nur durch Verjährung - zu belassen. Die Entscheidung darüber, ob das deutsche Recht im Bereich der Gewährleistungsfristen systematisch neu aufgestellt und neben der Verjährungsfrist eine Haftungsfrist eingeführt werden soll, obliegt dem Gesetzgeber.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass eine Haftungsfrist faktisch in der Verjährungsfrist enthalten ist, weil niemand eine Klage wegen eines Mangels erheben wird, der vor Ablauf der Verjährungsfrist eingetreten ist (BT-Drucks. 14/6040, S. 81). Wenn auch die Haftungsfrist die Geltendmachung eines Gewährleistungsrechts in zeitlicher Hinsicht faktisch nicht länger einschränken kann als eine Verjährungsfrist, so bestehen zwischen beiden Instituten doch erhebliche Unterschiede in ihrer Wirkungsweise und ihren Rechtsfolgen, auf Grund derer es nicht möglich ist, die Haftungsdauer als Minus zur Verjährung anzusehen und § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF (= § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB nF) dahingehend zu interpretieren, dass hierdurch die Vereinbarung einer Haftungsfrist mitgeregelt wurde und dieser Teil der Regelung aufrecht erhalten bleibt (aA Leenen, JZ 2018, 284, 289). So bestimmt eine Haftungsfrist den Zeitraum, in welchem der Verkäufer für die Vertragswidrigkeit des Verkaufsgegenstandes haftet. Es handelt sich um eine materiellrechtliche Ausschlussfrist, die zu einer rechtshindernden Einwendung und damit zum Wegfall des Gewährleistungsrechts führt. Die Verjährungsfrist ist dagegen die Frist, innerhalb derer der Anspruchsinhaber seine Rechte geltend machen kann. Nach Ablauf der Verjährungsfrist bleiben diese materiellrechtlich zwar bestehen, sie sind aber nicht mehr durchsetzbar - dem Schuldner steht ein Leistungsverweigerungsrecht zu, das von ihm als Einrede geltend gemacht werden kann. Es verbleibt dem Gläubiger allerdings - anders als bei einer Haftungsfrist - die Möglichkeit, unter den Voraussetzungen des § 215 BGB weiterhin mit der verjährten Forderung aufzurechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen.

Die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gegen die zusätzliche Einführung einer Haftungsfrist in Kenntnis der Unterschiede zwischen dieser und einer Verjährungsfrist ist von der Rechtsprechung zu respektieren. Eine richterliche Entscheidung, die gegen den eindeutig erklärten Willen des Gesetzgebers zu der erstmaligen Einführung einer Haftungsfrist in das deutsche Gewährleistungsrecht führte, überschritte die verfassungsrechtlichen Grenzen und griffe unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. BVerfG, NJW-RR 2016, 1366 Rn. 39). Hierdurch würde nicht nur - unzulässig - ohne ausreichende Rückbindung an gesetzliche Aussagen, sondern darüber hinaus sogar gegen den erklärten Willen des Gesetzgebers eine neue Regelung geschaffen und die Wertentscheidung des Gesetzgebers in das Gegenteil verkehrt.

Entgegen der Auffassung der Revision kann der Referentenentwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 24. Januar 2020, der eine Änderung des aktuellen § 476 BGB dahingehend vorsieht, dass eine Vereinbarung über eine Haftungsfrist von nicht unter einem Jahr zulässig sein soll, nicht herangezogen werden, um eine gesetzliche Rückbindung der Einführung einer Haftungsfrist durch das Gericht zu begründen. Denn entscheidend für die Auslegung der für den streitgegenständlichen Vertrag geltenden Norm ist der damalige Wille des Gesetzgebers des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 2015 - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 61).

(c) Letztlich verdeutlicht auch die Tatsache, dass es verschiedene Möglichkeiten der Umsetzung der Richtlinie im Bereich der zulässigen Vereinbarungen und mithin zur Korrektur der Richtlinienwidrigkeit gibt, dass dies eine von Verfassungs wegen dem Gesetzgeber zukommende Aufgabe ist (vgl. BeckOGK-BGB/Arnold, Stand: 1. Mai 2020, § 438 Rn. 240; Arnold/Hornung, JuS 2019, 1041, 1047; Köhler, GPR 2018, 37, 41). Es liegt außerhalb der Kompetenz des Gerichts, zwischen mehreren zulässigen Varianten einer Richtlinienumsetzung auszuwählen. Dies gilt zumal dann, wenn - wie hier - die Varianten für die betroffenen Rechtskreise ganz erhebliche Unterschiede bewirken. Bei einer Entscheidung für den vollständigen Wegfall einer Vereinbarungsmöglichkeit über die Verjährungsverkürzung käme bei Verbrauchsgüterkaufverträgen bezüglich gebrauchter Sachen unabdingbar die gesetzliche Verjährungsfrist zum Tragen, was angesichts der verbreiteten Praxis einer Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr durch Allgemeine Geschäftsbedingungen erhebliche praktische Auswirkungen zu Lasten der Unternehmer hätte (vgl. hierzu Leenen, JZ 2018, 284, 290; jurisPK-BGB/Ball, Stand: 1. Februar 2020, § 476 Rn. 29). Die Änderung der Vorschrift dahingehend, dass Vereinbarungen über eine Haftungsfrist zulässig sind - wie dies der oben genannte Referentenentwurf vorsieht -, hätte demgegenüber zur Folge, dass Verbraucher zwar länger als bislang auf Grund der Verjährungsverkürzung möglich, Zeit zur Geltendmachung ihrer Ansprüche hätten, die Rechte der Verbraucher andererseits durch die Einführung einer materiellrechtlichen rechtshindernden Haftungsfrist eingeschränkt wären. Es obliegt dem Gesetzgeber, die Folgen der möglichen Varianten abzuwägen und zu entscheiden, welcher hiervon der Vorzug zu geben ist. Es kommt auch nicht in Betracht, im Wege einer richterlichen Entscheidung bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber eine der Regelungsoptionen als Minimallösung anzuwenden. Denn die beiden möglichen Varianten stehen nicht in einem Abstufungsverhältnis zueinander, sondern stellen voneinander deutlich zu unterscheidende Regelungsoptionen dar. Keine der Varianten kann als eine im Zuge einer gesetzgeberischen Neuregelung ohnehin zwingend zu realisierende Minimallösung angesehen werden.



dd) Nachdem eine richtlinienkonforme Auslegung (oder gar Rechtsfortbildung) nicht in Betracht kommt, bleibt es bis zu einer Neureglung durch den Gesetzgeber bei der geltenden Fassung des § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB beziehungsweise für bis zum 31. Dezember 2017 begründete Schuldverhältnisse des § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB aF. Die hierauf gestützte, in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr ist demnach zulässig.

Eine diesbezüglich in der Literatur angeregte Vorlage nach Art. 267 AEUV (Kulke, MDR 2018, 1025, 1028) ist weder erforderlich noch zulässig. Die Auslegung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ist für den hier relevanten Bereich durch den Gerichtshof geklärt. Ob und inwieweit das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung zulässt, können dagegen nur innerstaatliche Gerichte beurteilen (siehe oben II 1 c bb).

2. Vergeblich beruft sich die Revision zur Wirksamkeit des vom Kläger mit Schreiben vom 10. Oktober 2018 erklärten Rücktritts auf den Mangel am Luftfahrwerk hinten rechts. Diesen Mangel hat der Kläger zwar vor Ablauf der Verjährung zum Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens gemacht, er bestand aber bei Erklärung des Rücktritts nicht mehr, weil der Kläger ihn bereits beseitigt hatte. Ein Rücktritt setzt indes voraus, dass der Mangel noch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung besteht (Senatsurteile vom 30. Oktober 2019 - VIII ZR 69/18, NJW 2020, 389 Rn. 35, und vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 315/18, NJW 2020, 2879 Rn. 43).

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