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OLG Zweibrücken Urteil vom 19.11.2015 - 4 U 120/14 - Verpflichtung des Schuldners zur Vermeidung weiterer Wettbewerbsverstöße

OLG Zweibrücken v. 19.11.2015: Verpflichtung des Schuldners zur Vermeidung weiterer Wettbewerbsverstöße


Das OLG Zweibrücken (Urteil vom 19.11.2015 - 4 U 120/14) hat entschieden:

  1.  Der Unterlassungsschuldner hat nach Abgabe einer Unterwerfungserklärung wegen einer irreführenden Geschäftsbezeichnung nicht nur alles zu unterlassen, was zu einer Verletzung führen könnte, sondern auch alles zu tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige oder andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen. Dazu gehört es, die Betreiber der gängigen Branchendienste zu veranlassen, diese beanstandeten Angaben aus ihren Verzeichnissen zu entfernen.

  2.  Ihm ist aber nicht zumutbar, das Internet wochen- oder sogar monatelang zu überwachen, ob eine der Bezeichnungen, zu deren Unterlassung er sich verpflichtet hatte, verwendet wurde. Hätte demnach eine unverzügliche Recherche den Wettbewerbsverstoß nicht verhindert, etwa weil die beanstandete Bezeichnung erst später durch einen Branchendienst ergänzt wurde, so geht dies nicht zu Lasten des Unterlassungsschuldners. Es ist auch nicht zumutbar, über die gängigen Suchdienste hinaus sämtliche Suchdienste im Internet ausfindig zu machen und zu kontrollieren.




Siehe auch Unterlassungsverpflichtung - Folgenbeseitigung - Löschung in Suchmaschinen und Stichwörter zum Thema Abmahnung


Gründe:


I.

Die Beklagten sind die Erben des nach Erlass des angefochtenen Urteils verstorbenen früheren Beklagten U… S… , des Ehemannes der Beklagten zu 1) und Vaters der übrigen Beklagten. Der Erblasser betrieb zu Lebzeiten ein Kfz-Sachverständigenbüro. Am 4. Januar 2011 unterschrieb er gegenüber dem Kläger, einem Wettbewerbsverein, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, in welcher er sich verpflichtete, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das „Z…-Logo“ und/oder die Verbandsbezeichnung „z… und a… h… K… e.V.“ ohne Berechtigung zu verwenden. Hintergrund war eine Abmahnung des Klägers, weil der Erblasser im Briefkopf seines Sachverständigenbüros unrichtigerweise mit seiner Mitgliedschaft im „Z… e.V.“ warb. Bei dem Verein handelt es sich um einen Interessenverband von Kraftfahrzeugsachverständigen, der laut seinem Internetauftritt u.a. auch die Zertifizierung von Sachverständigen im Bereich „Fahrzeug-Schäden und – Bewertung“ fördert. Im Januar 2012 stellte der Kläger fest, dass sich auf der Internetseite „Stadtbranchenbuch K…“ in einer Anzeige für das Sachverständigenbüro des Erblassers die Angabe befand: „z… und a… h… K… e.V.“. Der Kläger mahnte deshalb den Erblasser erneut ab und begehrt mit seiner vorliegenden Klage Zahlung der in der Unterlassungserklärung vom 4. Januar 2011 vereinbarten Vertragsstrafe von 4 000,00 € nebst Zinsen.

Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kaiserslautern hat den Erblasser durch Versäumnisurteil vom 9. Juli 2013 antragsgemäß verurteilt und durch das angefochtene Urteil, auf dessen Inhalt zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen wird, das Versäumnisurteil nach Beweisaufnahme aufrechterhalten.

Mit ihrer Berufung bekämpfen die nunmehrigen Beklagten als Erben das angefochtene Urteil. Sie rügen die Rechtsauffassung des Kammervorsitzenden, wobei sie im Wesentlichen das erstinstanzliche Vorbringen wiederholen.

Sie beantragen,

   das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

   die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Vertiefung seines dortigen Vortrags.

Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.





II.

Die Berufung der Beklagten führt zum Erfolg.

1. Richtig hat der Erstrichter festgestellt, dass der Erblasser aufgrund seiner Verpflichtung aus der Vertragsstrafenvereinbarung nicht nur alles zu unterlassen hatte, was zu einer Verletzung führen konnte, sondern auch alles zu tun hatte, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar war, um künftige oder andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen, ihn also nicht nur Unterlassungs-, sondern auch Handlungspflichten trafen und dass es den Beklagten obliegt, insoweit den Entlastungsbeweis zu führen (vgl. BGH Urteil vom 18. September 2014 – I ZR 76/13 -; BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 77/12 -).

2. Dieser Entlastungsbeweis ist entgegen der Auffassung des Landgerichts geführt.

a) Aufgrund der Aussage der Zeugin S…, einer Beschäftigten der Fa. b… steht fest, dass diese Firma die im Stadtbranchenbuch von K… enthaltene Anzeige, welche der Erblasser im Jahre 2006 bei der Fa. O… beauftragt hatte, die im Internet den Suchdienst „S… .com“ betrieb, im Mai 2011 aus eigenem Antrieb ergänzt hatte, indem sie die Anzeige um den „Geschäftsgegenstand … angereichert“ hatte. Diese Ergänzung enthielt die nunmehr von dem Kläger beanstandete Angabe „z… und a… h… K… e.V.“.

Anderes ergibt sich auch nicht aus der Aussage der Zeugin R… , einer Mitarbeiterin der Fa. O… , welche lediglich in einem Schreiben vom 12. März 2012 an den Rechtsanwalt Dr. O… , einem Mitarbeiter des Klägers, geäußert hatte, dass die Anzeige im Jahre 2006 von dem Erblasser geschaltet worden sei und sich bei ihrer Zeugenvernehmung an die näheren Umständen des Schreibens nicht mehr erinnern konnte.

b) Zwar musste der Erblasser damit rechnen, dass Branchendienste seine Unternehmensbezeichnung mit der abgemahnten unrichtigen Bezeichnung in im Internet verfügbare Verzeichnisse aufnahmen. Dementsprechend war er aufgrund der von ihm übernommenen Unterlassungsverpflichtung gehalten, unverzüglich eigene Recherchen über die weitere Verwendung der untersagten Bezeichnung durchzuführen und jedenfalls die Betreiber der gängigen Dienste zu veranlassen, diese oder ähnliche Angaben aus ihren Verzeichnissen zu entfernen (vgl. BGH, aaO).



c) Die Beklagten machen aber mit Recht geltend, dass eine unverzügliche Recherche des Erblassers nach Abgabe der Unterwerfungserklärung vom 4. Januar 2011 den nunmehr inkriminierten Wettbewerbsverstoß nicht verhindert hätte.

Wie sich aus der Aussage der Zeugin S… ergibt, wurde die beanstandete Bezeichnung erst im Mai 2011 durch die Fa. b… der Anzeige des Erblassers hinzugefügt. Hätte der Erblasser in nahem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Unterwerfungserklärung im Internet recherchiert, hätte er somit (noch) keinen rechtsverletzenden Eintrag gefunden. Dem Erblasser war nicht zumutbar, das Internet wochen- oder sogar monatelang zu überwachen, ob eine der Bezeichnungen, zu deren Unterlassung er sich verpflichtet hatte, im Zusammenhang mit der Nennung seines Sachverständigenbüros verwendet wurde.

Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der von der Fa. O… betriebenen Internetseite „B… .com“ um einen gängigen Suchdienst wie z. B. „G… .de“, „G…“ oder „1… .com“ (vgl. hierzu BGH aaO) handelt. Das behauptet noch nicht einmal der Kläger. Dem Erblasser war nicht zuzumuten, über die gängigen Suchdienste hinaus sämtliche Suchdienste im Internet ausfindig zu machen und zu kontrollieren.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.


Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4 000,00 € festgesetzt.

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