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OLG Hamburg Beschluss vom 24.01.2008 - 3 W 7/08 - Bitte um ausreichende Frankierung nur zulässig, wenn über Kostentragungspflicht des Unternehmers aufgeklärt wird

OLG Hamburg v. 24.01.2008: Zur Bitte des Onlinehändlers an den Kunden um ausreichende Frankierung der Retoursendung


Das OLG in Hamburg (Beschluss vom 24.01.2008 - 3 W 7/08) hat entschieden:

   Die Bitte des Onlinehändlers an den Kunden, zur Vermeidung unnötiger Strafportogebühren die Rücksendung der Ware im Falle des Widerrufs ordnungsgemäß zu frankieren ist nur dann zulässig, wenn der Verbraucher gleichzeitig darüber aufgeklärt wird, dass von Gesetzes wegen der Unternehmer zur Kostentragung verpflichtet ist.




Siehe auch
Widerrufsbelehrung
und
Rückabwicklung


Aus den Entscheidungsgründen:


"... Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Antragstellerin aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG i. V. m. §§ 312 b, 312 c Abs. 1, 312 d Abs. 1, 355, 356, 357 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1 Nr. 10 BGB-InformationsV. zu.

1. Kern der Beanstandung ist, dass die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Verkaufsaktivitäten auf der Internethandelsplattform www.ebay.de Widerrufsbelehrungen erteilt, die den Hinweis enthalten, dass unfrei zurückgesandte Ware nicht angenommen werde, wie geschehen in ihrem Internet-Auftritt vom 27.10.2007. Zwar hat die Antragstellerin die konkrete Verletzungsform weder in ihren Antrag aufgenommen noch im Rahmen ihres Antrags auf sie verwiesen. Wie sich aus der Antragsbegründung ergibt, die zur Auslegung des Antrags heranzuziehen ist (vgl. etwa BGH GRUR 1998, 1045 - Brennwertkessel; GRUR 2002, 177, 178 - Jubiläumsschnäppchen m. w. N.), bezieht sich dieser - trotz seiner weitergehenden Formulierung - aber lediglich auf die konkrete Anzeige.

2. Nach § 3 UWG sind unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinflussen, unzulässig. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die beanstandete Anzeige sowohl unlauter (dazu unter a.) als auch nicht nur unerheblich (dazu unter b.).

a. Unlauter im Sinne von § 3 UWG handelt nach § 4 Nr. 11 UWG insbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zu den gesetzlichen Vorschriften im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG zählen nicht nur formelle Bundes- und Landesgesetze, sondern auch Rechtsverordnungen, mithin die gesetzlichen Regelungen über Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen nach §§ 312 c Abs. 1 und Abs. 2, 355 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InformationsV. (vgl. etwa BGH GRUR 2002, 720 - Postfachanschrift; OLG Karlsruhe GRUR 2002, 730, 731; OLG Frankfurt MMR 2001, 529, 530). Demgemäß handelt unlauter, wer eine falsche oder unzureichende Belehrung im Sinne von § 312 c Abs. 1 BGB i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InformationsV gibt.

Bei Fernabsatzverträgen ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher klar und verständlich unter anderem über die Rechtsfolgen des Widerrufs- und Rückgaberechts zu informieren. Dazu gehört eine zutreffende Aufklärung über die Kosten der Rücksendung der Ware. Nach § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB hat die Kosten der Rücksendung einer durch Paket versandten Ware grundsätzlich der Unternehmer zu tragen. Nur unter bestimmten Voraussetzungen und nur durch vertragliche Vereinbarung können die Kosten der Rücksendung dem Verbraucher auferlegt werden, § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB. Die Belehrung der Antragsgegnerin genügt diesen gesetzlichen Anforderungen nicht. Die entsprechenden Textpassagen verstoßen zum Teil gegen den klaren Wortlaut von § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB. Im Übrigen ist die Belehrung jedenfalls widersprüchlich und bleibt damit hinter dem in § 312 c Abs. 1 Satz 1 BGB verankerten Transparenzgebot zurück. Der angegriffene, unter der Überschrift „Widerrufsrecht nach § 361 a BGB“ stehende Belehrungstext enthält an zwei Passagen Äußerungen zur Frage der Rücksendekosten. Nach Informationen über „Ausnahmen vom Widerrufsrecht“ heißt es zunächst:

   „Bei Reklamationen möchten wir Sie bitten, uns keine unfreien Pakete zu senden, da dies mit erheblichen Mehrkosten (12 Euro Strafporto) für uns verbunden ist. Diese werden grundsätzlich nicht entgegengenommen.

Sollte tatsächlich ein Reklamationsgrund vorliegen, werden wir im Zuge der Rückabwicklung bei Vorlage des Postbelegs Ihnen die Portokosten zurück erstatten.“

Nach Mitteilung, an welche Adresse der Widerruf zu richten ist - es werden Name und Adresse der Antragsgegnerin genannt - heißt es dann weiter:

   „Im Fall eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren. (…). Unfreie Sendungen werden von der Firma xxx-Consulting nicht angenommen. Bis zu einem Warenwert von 40 Euro sind Rücksendungen ausreichend frankiert zurückzusenden, es sei denn, die gelieferte Ware entspricht nicht der bestellten Ware. Ab einem Warenwert von über 40 Euro übernehmen wir die Kosten der Rücksendung. Versandkosten werden nur in Höhe der günstigsten Versandart erstattet. Informieren Sie sich daher bitte über die entstehenden Kosten.“

Sowohl bei getrennter Untersuchung der Textpassagen, als auch bei einer Gesamtbetrachtung des Belehrungstextes teilt der Senat die rechtliche Würdigung des Landgerichts nicht.

(1) Dabei mag offen bleiben, ob der Verbraucher den die erste Passage einleitenden Begriff der Reklamation überhaupt dahingehend versteht, dass damit nicht das in der Überschrift angesprochene „Widerrufsrecht“, sondern vielmehr das gesetzliche Gewährleistungsrecht gemeint sein soll; denn jedenfalls für die Anteile der Verbraucherschaft, die zwischen Gewährleistungs- und dem gesetzlichen Widerrufsrecht nicht unterscheiden können, verstößt die auf die unfreie Rücksendung bezogene Aussage „Diese werden grundsätzlich nicht angenommen“ gegen § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB. Diese Vorschrift schließt eine Vorleistungspflicht des Verbrauchers in Bezug auf die Kosten der Rücksendung aus, sofern eine nach § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB zulässige Kostenvereinbarung nicht getroffen ist.




Anders als das Landgericht es sieht, enthält die Textpassage auch keinen bloßen Appell der Antragsgegnerin, ihr zur Vermeidung eines Strafportos doch bitte keine unfreien Waren zurückzusenden. Zwar ist der erste Satz der Textpassage tatsächlich als Bitte formuliert. Der nachgelagerte Satz bezieht sich indes auf die im vorherigen Satz angesprochenen unfreien Pakete und formuliert kategorisch, dass diese „grundsätzlich nicht angenommen“ würden. Dies kann der situationsadäquat aufmerksame Durchschnittsverbraucher nur dahingehend verstehen, dass unfreie Pakete wegen des damit für die Antragsgegnerin anfallenden Strafportos nicht entgegengenommen würden, mithin das Widerrufsrecht bei einer unfreien Rücksendung der Ware nicht wirksam ausgeübt werden könne. Eine solche Vorstellung ist mit dem Schutzgedanken des § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB unvereinbar (so auch OLG Hamburg WRP 2007, 674, 675).

Die entsprechende Vorstellung wird durch den weiteren Satz, dass die Portokosten bei tatsächlichem Vorliegen eines Reklamationsgrundes im Zuge der Rückabwicklung zurück erstattet würden, nicht entschärft. Vielmehr entnimmt der Verbraucher dieser Äußerung lediglich das Angebot der Antragsgegnerin, die angefallenen Portokosten nachträglich zu erstatten, mithin bleibt es bei der Annahme des Verbrauchers, er sei hinsichtlich der Kosten der Rücksendung vorleistungspflichtig.

Ob die Auffassung des Landgerichts zutreffend ist, dass es dem Online-Händler zur Vermeidung unnötiger Strafportogebühren nicht versagt werden könne, den Kunden nahe zu legen, die Rücksendung ordnungsgemäß zu frankieren, sofern eine Rückerstattund des Portos ausdrücklich angeboten wird, kann hier dahinstehen. Denn eine solche Bitte ist jedenfalls nur dann zulässig, wenn der Verbraucher gleichzeitig darüber aufgeklärt wird, dass von Gesetzes wegen der Unternehmer zur Kostentragung verpflichtet ist. Daran fehlt es vorliegend jedoch.

(2) Auch die weitere, mit den Worten „Im Falle eines wirksamen Widerrufs“ eingeleitete Textpassage entspricht nicht den Anforderungen der § 312 c Abs. 1 BGB i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InformationsV.

Soweit es hier heißt „Unfreie Sendungen werden von der Firma xxx-Consulting nicht angenommen“, widerspricht auch diese kategorische Formulierung der gesetzlichen Verpflichtung, eindeutig und unmissverständlich über die grundsätzlich von § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB angeordnete Kostenpflicht des Unternehmers zu informieren, die obigen Ausführungen gelten entsprechend. Welche Rolle eine Firma xxx-Consulting bei der Ausübung des Widerrufsrechts spielen soll, bleibt im Übrigen völlig unklar. Dass es sich bei dieser Firma jedenfalls nicht um eine von der Vertragspartnerin zu unterscheidende Widerrufsempfängerin hendeln kann, ergibt sich aus der zuvor erfolgten Aufforderung, den Widerruf an die xxx GmbH i. G. zu richten, mithin die Antragsgegnerin Auch aus diesem Grund ist diese Aussage für den Verbraucher nicht hinreichend verständlich.




Eine unmissverständliche Aufklärung über die Gesetzeslage ergibt sich ferner nicht durch die Tatsache, dass die zwei nachgelagerten Sätze den Verbraucher darauf hinweisen, dass die Kosten der Rücksendung ab einem Warenwert von über 40 Euro von der Antragsgegnerin übernommen werden. Ein Hinweis, der die Kosten der Rücksendung vom Preis der zurückzusendenden Ware abhängig macht, ist nach § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB zulässig, wenn eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen wurde, was auch im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgen kann. Ob im Rahmen der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin eine solche Vereinbarung vorgesehen ist und die Antragsgegnerin demgemäß berechtigt war, die vertragliche Vereinbarung sogleich in ihren Belehrungstext zu integrieren, vermag der Senat nicht festzustellen, da ein vollständiger Text der allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vorgelegt wurde. Dies kann indes auch dahinstehen. Denn selbst unterstellt, dass eine entsprechende Geschäftsbedingung bestand, würde dies nicht zu einer Zulässigkeit der hier in Rede stehenden Passage in der Belehrung führen. In Anbetracht des vorhergehenden Satzes „Unfreie Sendungen werden von der Firma xxx-Consulting nicht angenommen“ kann der Verbraucher der Belehrung nämlich jedenfalls nicht die eindeutige Aussage entnehmen, dass Waren ab einem Preis von mehr als 40 Euro stets unfrei versandt werden können, mithin die entsprechenden Pakete mit Sicherheit angenommen werden und der Widerruf damit wirksam ausgeübt werden kann.

Jenseits dessen sei angemerkt, dass es auch nicht mit § 357 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz BGB vereinbar ist, die Kostenübernahme jenseits der günstigsten Versandform schlechthin dem Verbraucher aufzuerlegen, d. h. unabhängig von den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen.

(3) Da beide Textpassagen schon für sich genommen der Pflicht einer klaren und unmissverständlichen Aufklärung über die Kosten der Rücksendung im Falle eines Widerrufs nicht genügen, kann für die angezeigte Gesamtwürdigung der Belehrung nichts anderes gelten. Schon die zu Eingang der entsprechenden Passagen vorgenommene Differenzierung zwischen den Rücksendekosten „Bei Reklamationen“ und „Im Falle eines wirksamen Widerrufs“ erschließt sich dem Verbraucher in Anbetracht der einheitlichen Überschrift, bei der nur von einem „Widerrufsrecht“ die Rede ist (welches zudem mit einem nicht mehr gültigen Paragraphen bezeichnet wird), nicht. Insgesamt betrachtet ist die Belehrung widersprüchlich und genügt nicht dem Gebot der Eindeutigkeit und Transparenz nach § 312 c Abs. 1 Satz 1 BGB, mithin handelt es sich um eine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.



b. Die Handlung ist auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinflussen, § 3 UWG. Zwar begründet die Verletzung einer Marktverhaltensregel im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG nicht schon notwendig einen nicht nur unerheblichen Nachteil für die von der Norm geschützten Marktteilnehmer (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 24. Auflage 2006, § 3, Rn. 79). Die Verwendung einer gesetzwidrigen Widerrufsbelehrung berührt indes wesentliche Belange der Verbraucher und begründet regelmäßig die Gefahr, dass der die Rechtslage nicht überblickende Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten wird. Das Ausnutzen einer derartigen Rechtsunkenntnis steht, wie der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden hat, mit dem Sinn und Zweck des Leistungswettbewerbs und den guten kaufmännischen Sitten nicht in Einklang (st. Rspr., vgl. etwa BGH GRUR 2002, 1085, 1088 - Belehrungszusatz und NJW 1993, 1013, 1014 - Widerrufsbelehrung).

Hier gilt nichts anderes. Die angegriffene Belehrung ist unzutreffend und widersprüchlich. Entgegen der Ansicht des Landgerichts birgt sie ein erhebliches Irreführungspotential über die Voraussetzungen des Widerrufs in sich, mithin begründet sie Nachteile, die nicht so geringfügig sind, dass der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher ihnen keine Bedeutung beimessen würde.

Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob der Verbraucher bereits vorgeleistet hat oder nicht. Denn jedenfalls bei einem vergleichsweise geringen Warenpreis kann die Kostenlast des Paketportos durchaus von wirtschaftlicher Relevanz sein und demgemäß bei der Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrechts eine Rolle spielen. Abgesehen davon kann es schon wegen der bei derartigen Rechtsverstößen erheblichen Nachahmungsgefahr und wegen der gebotenen Herstellung von Rechtssicherheit bei der Frage der Erheblichkeit der Rechtsverletzung nicht darauf ankommen, ob der Verbraucher schon vorgeleistet hat.

Aus den Wertungen des Gesetzes ergibt sich nichts anderes. Zwar differenziert § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB hinsichtlich vertraglich zulässiger Abweichungen bei einem Warenpreis von über 40 Euro gerade auch nach einer erfolgten Vorleistung. Danach dürfen dem Verbraucher, der hinsichtlich eines 40 Euro übersteigenden Kaufpreises in Vorleistung getreten ist, die Kosten der Rücksendung aber gerade nicht auferlegt werden. Mithin spricht auch der in dieser Regelung zum Ausdruck kommmende Gedanke des Verbraucherschutzes dagegen, den Rechtsverstoß der Antragsgegnerin nur unerheblich zu bewerten. ..."

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