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Landgericht Magdeburg Urteil vom 18.08.2010 - 7 O 456/10 - AGB-Klausel mit nicht hinreichend bestimmte Frist zur Annahme des Angebots

LG Magdeburg v. 18.08.2010: AGB-Klausel mit nicht hinreichend bestimmte Frist zur Annahme des Angebots des Kunden


Das Landgericht Magdeburg (Urteil vom 18.08.2010 - 7 O 456/10) hat entschieden:

   Eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Stromversorgungsunternehmens enthaltene Klausel, nach der der Vertrag erst nach Eingang des Kundenauftrags durch Bestätigung des Versorgers unter Angabe des Lieferbeginns zustande kommt, verstößt gegen § 308 Nr. 1 BGB, da die Frist zur Annahme des Angebots nicht hinreichend bestimmt ist. Der Durchschnittskunde muss ohne Schwierigkeiten feststellen können, wann die Bindung an sein Angebot endet.



Siehe auch Allgemeine Geschäftsbedingungen - AGB - bei Online-Verträgen und Wettbewerbsverstöße und Stichwörter zum Thema Onlinehandel und Internetverträge


Tatbestand:


Der Kläger begehrt die Unterlassung der Nutzung von Geschäftsbedingungen.

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentrale und Verbraucherverbände und nimmt nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahr. Er ist in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 Unterlassungsklagengesetz eingetragen. Die Beklagte ist Stromversorger im Großraum M und erbringt Dienstleistungen gegenüber den Endverbrauchern. Sie verwendet im Rahmen des Tarifes S Spar Plus Stand 09/2009 Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Kläger mahnte am 25.01.2010 insgesamt fünf Klauseln ab in der Weise, dass die Beklagte sie nicht weiter verwendet. Die Beklagte kam dem Begehren nicht nach.

Der Kläger hatte Kosten für die Abmahnung, die im Bereich von 200,00 Euro liegen.

Zu den Einzelheiten der Klauseln vergleiche die Antragsschrift und Anlage K2.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Klauseln gegen die AGB-​Regelungen im BGB verstießen.

Der Kläger beantragt,

  I.  die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen,

   bei Stromversorgungsverträgen, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Klauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen:

   [2.] Nach Eingang des Kundenauftrags bei den S kommt der Vertrag S Spar Strom erst durch ausdrückliche, schriftliche Bestätigung durch die S unter Angabe des Lieferbeginns zustande.

[3.] [Der Vertrag hat eine Laufzeit von 12 Monaten.] Die Laufzeit beginnt mit der Lieferung des S Spar Stroms.

[4] [Die S haben bei Vorliegen eines wichtigen Grundes das Recht, den Vertrag außerordentlich mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende zu kündigen.] Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Kunde sich trotz schriftlicher Mahnung mit Abschlagszahlungen oder Abrechnungsbeträgen im Verzug befindet oder der Kunde nicht mehr über eine ausreichende Bonität verfügt.

[7.] Bei einer Unterbrechung oder bei Unregelmäßigkeiten in der Elektrizitätsversorgung sind, soweit es sich um Folgen einer Störung des Netzbetriebs einschließlich des Netzanschlusses handelt, die S von der Leistungspflicht befreit.

[10.] Der Kunde erklärt mit Abschluss des Vertrages sein Einverständnis zur Nutzung seiner gespeicherten Daten zu eigenen Marketingzwecken der S, insbesondere zur telefonischen [...] oder elektronischen (z. B. E-​Mail) Information über aktuelle Angebote und Veranstaltungen der S.


  II.  die Beklagte zu verurteilen, an den 200 Euro nebst 5 %-​Punkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die AGB Klauseln nicht gegen die rechtlichen Vorschriften verstießen, zum Teil seien die entsprechenden Regelungen im BGB nicht anwendbar. Im Übrigen liege kein Verstoß vor.

Ergänzend wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.





Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Der Kläger ist auch befugt, entsprechende Ansprüche geltend zu machen.

Die Klage ist zum Teil begründet.

Ziff. I. 1. mit der Klausel:

   Nach Eingang des Kundenauftrags bei den S kommt der Vertrag S Spar Strom erst durch ausdrückliche, schriftliche Bestätigung durch die S unter Angabe des Lieferbeginns zustande.

Diese Klausel verstößt gegen § 308 Nr. 1 i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG sowie § 1 Unterlassungsklagengesetz. Nach § 308 Nr. 1 BGB ist eine Bestimmung unwirksam, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Frist zur Annahme oder Ablehnung eines Angebotes vorbehält. Diese Regelung gilt nicht nur für Klauseln die nach Vertragsschluss zur Anwendung kommen, sondern auch für Klauseln, die den Vertragsschluss selbst betreffen (OLG Düsseldorf NJW 2005, S. 1515 f sowie Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Auflage, § 308 Randziffer 2). Im Übrigen ist die Klausel nicht hinreichend bestimmt was die Frist zur Annahme beinhaltet. Nach der Klausel ist es nämlich so, dass die Beklagte den Kundenauftrag annimmt und dadurch der Vertrag zustande kommt. Die Klausel hat nicht zum Gegenstand, dass etwa die Beklagte ihrerseits ein Vertragsangebot abgibt, was der Kunde anzunehmen hätte. Das bedeutet aber, dass die Beklagte selbst von einer Verbindlichkeit des Angebotes des Kunden jedenfalls für einen gewissen Zeitraum ausgeht. Völlig offen ist aber, wie lange dieser Zeitraum sein soll. Der Hinweis der Beklagten, ohne nähere Regelungen erlösche ein Angebot in den Fristen des §§ 147 Abs. 2 BGB führt aber nicht dazu, dass die Annahmefrist hinreichend bestimmt ist. Auch wenn die Beklagte möglicherweise hätte eine Regelung vollständig unterlassen können und dann die gesetzliche Regelung zur Anwendung kommt, hat sie dies nicht getan, sondern bestimmt, wann ihre Annahmeerklärung Wirkung entfaltet. Der weitere Hinweis, sie könne nicht genau abschätzen, wie lange sie brauche, um zu prüfen, ob sie das Vertragsangebot annehme, ist nicht hinreichend. Wenn die Beklagte schon eine Klausel in ihre Vertragsbedingungen hinein schreibt, dann muss sie halt überlegen, mit welchem Zeitraum sie hinkommt und inwieweit dieser Zeitraum in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften festzulegen ist. Bei einer entsprechenden Klausel muss nämlich der Durchschnittskunde ohne Schwierigkeiten und ohne rechtliche Beratung feststellen können, wann die Bindung an sein Angebot endet. Dies kann er nach der vorliegenden Klausel nicht. Von daher ist diese Klausel unwirksam.

Die Klausel I.2.:

   [Der Vertrag hat eine Laufzeit von 12 Monaten.] Die Laufzeit beginnt mit der Lieferung des S Spar Stroms.

In Bezug auf diese Ziffer liegt kein Verstoß gegen die entsprechenden gesetzlichen Regelungen vor. Zwar ist nach § 309 Nr. 9 a BGB eine Laufzeit von mehr als 2 Jahren in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart unwirksam. Allerdings enthalten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten eine solche Laufzeitvereinbarung nicht. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sehen eine Laufzeit von 12 Monaten vor ab Beginn der Stromlieferung, wobei das Antragsformular der Beklagten vorsieht, dass beantragt wird zum nächstmöglichen Zeitpunkt innerhalb der nächsten 3 Monate Strom zu liefern (Anlage B2, Bl. 78 d.A.). Wenn man diese beiden Zeiten aufaddiert ist damit der Zeitraum von 2 Jahren unterschritten. Verstöße gegen andere Regeln sind nicht ersichtlich.

Ziff. I.3.:

   [Die S haben bei Vorliegen eines wichtigen Grundes das Recht, den Vertrag außerordentlich mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende zu kündigen.] Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Kunde sich trotz schriftlicher Mahnung mit Abschlagszahlungen oder Abrechnungsbeträgen im Verzug befindet oder der Kunde nicht mehr über eine ausreichende Bonität verfügt.

Insofern liegt ein Verstoß gegen § 314 BGB vor. Danach kann ein Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden, wobei ein wichtiger Grund vorliegt, wenn der kündigende Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung nach Ablauf der regulären Kündigungsfrist nicht hinnehmen muss. Von dieser gesetzlichen Regelung weicht die Klausel der Beklagten ab. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn trotz Mahnung Abschläge oder Abrechnungsbeträge nicht ohne Verzug entrichtet werden. Hierbei stellt die Beklagte nicht auf den Umfang der rückständigen Zahlungen ab, was aber im Rahmen einer Abwägung, wie sie § 314 BGB vorsieht, erforderlich wäre. Im Übrigen liegt nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein wichtiger Grund in nicht ausreichender Bonität, wobei nicht klar ist, was die Beklagte unter nicht ausreichender Bonität versteht. Insofern ist die Klausel intransparent und weicht zu Lasten der Kunden von der Regelung des § 314 BGB ab. Grundsätzlich ist eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht immer ein Grund, der zur Kündigung berechtigt (vgl. Palandt/Grüneberg a.a.O., § 314, Randziffer 7).

Ziff. I.4.:

   Bei einer Unterbrechung oder bei Unregelmäßigkeiten in der Elektrizitätsversorgung sind, soweit es sich um Folgen einer Störung des Netzbetriebs einschließlich des Netzanschlusses handelt, die S von der Leistungspflicht befreit.

Hier liegt ein Verstoß nicht vor. Insbesondere nicht gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. §§ 326 Abs. 1 und 314 BGB. Mit dieser Regelung stellt die Beklagte nur klar, dass ihre eigene Leistungspflicht entfällt. Es ist kein Ausspruch über die Gegenleistung getroffen, so dass kein Verstoß gegen Grundgedanken gesetzlicher Regelungen vorliegt. Was mit der Leistungsverpflichtung des Kunden ist, regelt sich dann danach nach den gesetzlichen Vorschriften. Eine Aufklärungspflicht in der Weise, dass die Beklagte verpflichtet wäre, den Kunden über seine eigene Rechte und die Möglichkeiten, die er nun hat, umfassend zu belehren, besteht nicht.

Ziff. I.5.:

   Der Kunde erklärt mit Abschluss des Vertrages sein Einverständnis zur Nutzung seiner gespeicherten Daten zu eigenen Marketingzwecken der S, insbesondere zur telefonischen [...] oder elektronischen (z. B. E-​Mail) Information über aktuelle Angebote und Veranstaltungen der S.



Diese Klausel ist unwirksam. Insoweit liegt ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG vor. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die formularmäßige Einwilligung in telefonische oder elektronische Werbeangebote angesichts der entsprechende Regelungen im UWG dann zu beanstanden ist, wenn diese Einwilligung nicht drucktechnisch so gestaltet worden ist, dass sie nicht im Rahmen anderer Erklärungen mit abgegeben wird. Es ist eine spezifische Angabe drucktechnisch zu gestalten, die eine gesonderte Erklärung (Opt-​In) erfordert (BGH NJW 2008 S. 3055 ff. (3057) – BGH vom 16.07.2008, VIII ZR 348/06)). Die entsprechende Klausel ist zwar drucktechnisch hervorgehoben, befindet sich aber als eine Ziffer unter den Ziffern der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im laufenden Text ohne dass hier eine gesonderte Zustimmung erforderlich wäre. Alleine der Umstand, dass der Kunde auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen wird in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insoweit nicht ausreichend.

Nach alledem ist in diesem Umfang wie tenoriert zu entscheiden.

Soweit der Kläger einen Zahlungsanspruch von 200,-​- Euro wegen aufgewendeter Kosten geltend macht, ist dieser Anspruch gem. § 5 Unterlassungsklagengesetz i.V.m. § 12 Abs. 1 UWG begründet. Auch wenn von mehreren Abmahnungen nur ein Teil berechtigt ist, entsteht die Kostenpauschale in vollem Umfang (BGH vom 16.07.2008, VIII ZR 348/06 = NJW 2008 S. 3055 (3058 f sowie Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, 28. Auflage, § 12 UWG Randziffer 1.99).

Der Zinsanspruch folgt aus § 288 BGB.

Die Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

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