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Verwaltungsgericht Köln Urteil vom 11.04.2008 - 18 K 1415/07 - Unter dem Begriff der therapeutischen Wirksamkeit ist die Ursächlichkeit der Anwendung des Arzneimittels für den Heilungserfolg zu verstehen.

VG Köln v. 11.04.2008: Zum Begriff der therapeutschen Wirksamkeit


Das Verwaltungsgericht Köln (Urteil vom 11.04.2008 - 18 K 1415/07) hat entschieden:

  1.  Unter dem Begriff der therapeutischen Wirksamkeit ist die Ursächlichkeit der Anwendung des Arzneimittels für den Heilungserfolg zu verstehen. Die therapeutische Wirksamkeit ist unzureichend begründet, wenn die vom Antragsteller eingereichten Unterlagen nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse den geforderten Schluss auf die therapeutische Wirksamkeit nicht zulassen, wenn sie sachlich unvollständig oder inhaltlich unrichtig sind.

  2.  Die Besonderheiten der homöopathischen Therapierichtung werden u.a. in den von der Kommission D entwickelten Bewertungskriterien konkretisiert. Insbesondere bei der Festlegung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes sind die Bekanntmachungen der Kommission D bei homöopathischen Arzneimitteln wiederholt als antizipierte Sachverständigengutachten herangezogen worden,

  3.  Die Kommission D für homöopathische Arzneimittel stellt ein fachkundiges und weisungsunabhängiges Sachverständigengremium dar, dem der Gesetzgeber ursprünglich die wissenschaftliche Aufbereitung des Erkenntnismaterials übertragen hatte. Äußert dieses Gremium wiederholt Bedenken hinsichtlich der Aussagekraft der von ihr erstellten Einzelmonographien für schwerwiegende Erkrankungen, ist dem bereits aus Gründen der Arzneimittelsicherheit Bedeutung beizumessen.




Siehe auch Homöopathie - homöopathische Arzneimmittel und Stichwörter zum Thema Gesundheitsprodukte


Zum Sachverhalt:


Die Klägerin begehrte die Verlängerung der Zulassung für das homöopathische Arzneimittel Q. mit den arzneilich wirksamen Bestandteilen Digitalis purpurea, Kalium carbonicum, Spigelia anthelmia, Selenicereus grandiflorus und der Indikation „Die Anwendungsgebiete leiten sich von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. Dazu gehört: Unterstützende Behandlung bei Herzbeschwerden.“

Mit Mängelschreiben vom 21. Dezember 2004 übersandte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (im Folgenden: BfArM) die medizinische Stellungnahme zur Klinik und gab der Klägerin Gelegenheit, den Mängeln binnen 12 Monaten nach Zugang des Schreibens abzuhelfen. In dieser Stellungnahme wies das BfArM darauf hin, das Arzneimittel sei nicht ausreichend geprüft, die therapeutische Wirksamkeit unzureichend begründet und die Kombinationsbegründung reiche nicht aus. Wegen der Schwere des beantragten Krankheitsbildes stellten die Einzelmonographien und die angeführte homöopathische Literatur, die bei der Abfassung besagter Monographien bereits vorgelegen habe, keinen hinreichenden Beleg für die therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels dar. Das erforderliche Erkenntnismaterial ergebe sich aus den „Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie“ der Kommission D vom 09.10.2002. Aufgrund der unzureichenden Kombinationsbegründung sei nicht nachvollziehbar, inwiefern jeder Bestandteil einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leiste.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2005, beim BfArM eingegangen am 19. Dezember 2005, übersandte die Klägerin ihre Stellungnahme zu dem Mängelschreiben. Sie begehrte nunmehr das Anwendungsgebiet: „Die Anwendungsgebiete leiten sich von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. Dazu gehören: Unterstützende Behandlung bei Herzbeschwerden.“ Unter Vorsichtsmaßnahmen und Warnhinweise gab sie an: „Bei anhaltenden, unklaren oder neu auftretenden Beschwerden sollte ein Arzt aufgesucht werden, da es sich um Erkrankungen handeln kann, die einer ärztlichen Abklärung bedürfen.“ Zugleich legte die Klägerin auch eine Änderungsanzeige vom 14. Dezember 2005 über die Eliminierung weiterer dreier arzneilich wirksamer Bestandteile vor. Zur Begründung des Anwendungsgebietes führte die Klägerin in der Nachlieferung aus, alle Monographien der Kommission D enthielten Anwendungsgebiete, die begrifflich der unterstützenden Behandlung bei Herzbeschwerden zuzuordnen seien. Jeder Inhaltsstoff leiste einen positiven Beitrag zur Gesamtwirkung des Arzneimittels. Der Vorteil der Kombination bestehe in der gezielten Therapie von Erscheinungsbildern, die bei Herzbeschwerden auftreten würden, und in der additiven Wirkung der Einzelstoffe. Die Klägerin wies darauf hin, dass bei allen Autoren die für Herzerkrankungen typischen Symptome aufgeführt seien.

Mit Bescheid vom 23. März 2007 wies das BfArM den Antrag auf Verlängerung der Zulassung zurück. Zur Begründung führte das BfArM aus: Nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis sei das Arzneimittel nicht ausreichend geprüft und die therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels sei unzureichend begründet. Die Klägerin beanspruche das Anwendungsgebiet „unterstützende Behandlung bei Herzbeschwerden“. Herzbeschwerden hätten vielfache Ursachen, darunter auch schwerwiegende organische Herzkrankheiten. Aus diesem Grunde sei eine diagnostische und therapeutische Betreuung durch einen Arzt erforderlich. Demnach entspreche das von der Klägerin beanspruchte Anwendungsgebiet nicht einem Grad I, leichte Erkrankungen. Die Monographien der Kommission D und „long-time-use“ seien deshalb als Erkenntnismaterial nicht ausreichend, präparatespezifisches Erkenntnismaterial habe die Klägerin nicht vorgelegt.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin beantragte,

   die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. März 2007 zu verpflichten, über den Antrag auf Verlängerung der Zulassung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung.

Zur Begründung trägt die Beklagte vor: Homöopathische Arzneimittel, für die nicht das vereinfachte Registrierungsverfahren ohne therapeutische Indikation durchlaufen werde, sondern eine klinische Indikation beansprucht werde, unterlägen nach der Richtlinie 2001/83/EG (25. Erwägungsgrund) und den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes denselben inhaltlichen Anforderungen an den Wirksamkeitsbeleg wie schulmedizinische Arzneimittel. Der gleichwohl vorgeschriebenen Berücksichtigung von Besonderheiten der homöopathischen Therapierichtung diene der von der Beklagten herangezogene Kriterienkatalog der Kommission D vom 09. Oktober 2002. Aussagen der Kommission D seien sachverständige Äußerungen zum jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand. Die Kommission D habe die vorgenannten Kriterien in Kenntnis der von ihr ebenfalls verfassten Monographien erstellt und den Monographien daher bewusst die ihnen nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand zukommende Wertigkeit im Hinblick auf einen Wirksamkeitsbeleg zugeordnet. Bei Herzbeschwerden handele es sich nicht um eine leichte Erkrankung im Sinne des Kriterienkatalogs. Der weite Begriff der Herzbeschwerden umfasse Beschwerden, die sowohl im Verlauf organischer Herzerkrankungen als auch bei orthopädischen Erkrankungen, Lungenkrankheiten, Somatisierungsstörungen und psychischen Erkrankungen auftreten könnten. Die Abgrenzung dieser unterschiedlichen Ursachen erfordere eine ärztliche Diagnostik, insbesondere zur Früherkennung bedrohlicher Situationen wie Herzinfarkt oder Lungenembolie. Aus dem Status von Arzneimitteln, die in die sogenannte Traditionsliste aufgenommen worden seien, könne die Klägerin nichts für ihr Arzneimittel herleiten. Derartige Arzneimittel fänden nicht zur Heilung oder Linderung krankheitswertiger Beschwerden, sondern auf der Grundlage einer Anwendungstradition zur Unterstützung normaler Körperfunktionen oder zur Besserung der Befindlichkeit Verwendung.

Die Klage blieb erfolglos.





Aus den Entscheidungsgründen:


"... Die Klägerin hat keinen Anspruch auf erneute Bescheidung ihres Nachzulassungsantrages. Der Bescheid vom 23. März 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Rechtsgrundlage für die Verlängerung der Zulassung hinsichtlich der begehrten Anwendungsgebiete ist § 105 Abs. 4f des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.12.2005 (BGBl. I, S. 3394). Danach ist die Zulassung zu verlängern, wenn kein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 AMG vorliegt. Liegt nach Auffassung der Behörde ein Versagungsgrund vor, so hat sie diesen Mangel in der Regel gemäß § 105 Abs. 5 Satz 1 AMG zu beanstanden und dem Antragsteller eine angemessene Frist - höchstens zwölf Monate - zur Mängelbeseitigung zu setzen. Wird dem Mangel nicht fristgerecht abgeholfen, so ist die Zulassung gemäß § 105 Abs. 5 Satz 2 AMG zu versagen.

Der begehrten Verlängerung der Zulassung steht der Versagungsgrund des § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 zweite Alternative AMG entgegen. Die Beklagte hat zu Recht die unzureichende Begründung der therapeutischen Wirksamkeit des Arzneimittels für das von der Klägerin begehrte Anwendungsgebiet „Die Anwendungsgebiete leiten sich von den homöopathischen Arzneimittelbildern ab. Dazu gehört: Unterstützende Behandlung bei Herzbeschwerden“ beanstandet und der Klägerin eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt, die verstrichen ist, ohne dass die Klägerin den Beanstandungen abgeholfen hat.

Unter dem Begriff der therapeutischen Wirksamkeit ist die Ursächlichkeit der Anwendung des Arzneimittels für den Heilungserfolg zu verstehen. Die therapeutische Wirksamkeit ist unzureichend begründet, wenn die vom Antragsteller eingereichten Unterlagen nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse den geforderten Schluss auf die therapeutische Wirksamkeit nicht zulassen, wenn sie sachlich unvollständig oder inhaltlich unrichtig sind. In der Begründung ist im einzelnen darzulegen, dass die Anwendung des Arzneimittels zu einer größeren Zahl an therapeutischen Erfolgen führt als seine Nichtanwendung. Das lässt sich nur dartun, wenn ausgeschlossen ist, dass die den Unterlagen zu entnehmenden therapeutischen Ergebnisse auf Spontanheilungen oder wirkstoffunabhängige Effekte zurückzuführen sind. Auf diesen Nachweis ist auch dann nicht zu verzichten, wenn - wie hier - anstelle einer klinischen Prüfung des Arzneimittels gemäß § 22 Abs. 3 AMG anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt wird. Diese Vorschrift betrifft nicht den Maßstab der therapeutischen Wirksamkeit, sondern nur das dem Antrag auf Zulassung beizufügende Erkenntnismaterial, das sie belegen soll.

   BVerwG, Urteil vom 14.10.1993 - 3 C 21.91 -, BVerwGE 94, 215.

§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG findet auch auf die Zulassung eines Arzneimittels der besonderen Therapierichtung uneingeschränkt Anwendung.

   BVerwG, Urteil vom 14.10.1993 - 3 C 21/91 -, a.a.O..

Bei der Prüfung der Versagungsgründe sind allerdings die Besonderheiten einer bestimmten Therapierichtung zu berücksichtigen. Das folgt speziell für die Nachzulassung aus § 105 Abs. 4f Satz 2 AMG, ergibt sich jedoch auch aus § 25 Abs. 2 Satz 4 AMG und den Arzneimittelprüfrichtlinien, in denen die näheren Anforderungen an Vorlage und Prüfung der vom Antragsteller vorzulegenden Unterlagen geregelt sind, vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AMG. Nach Abs. 7 des ersten Abschnitts der Arzneimittelprüfrichtlinien in der zum Zeitpunkt des Mängelschreibens und des ablehnenden Bescheides gültigen Fassung vom 11. Oktober 2004 (BAnz S. 22037) ist das wissenschaftliche Erkenntnismaterial zu homöopathischen Arzneimitteln entsprechend dem Selbstverständnis und der Eigenerfahrung der jeweiligen Therapierichtung zu bewerten. Den besonderen Therapierichtungen wird überdies durch die Regelung des § 25 Abs. 7 AMG Rechnung getragen, wonach für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für die besonderen Therapierichtungen gebildet werden. Der spezielle Sachverstand der Kommissionen fließt nach dem Willen des Gesetzgebers auch in die Entscheidung über die Nachzulassung ein, § 25 Abs. 7 Sätze 3 und 4 AMG. Die Besonderheiten der homöopathischen Therapierichtung werden u.a. in den von der Kommission D entwickelten Bewertungskriterien konkretisiert. Insbesondere bei der Festlegung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes sind die Bekanntmachungen der Kommission D bei homöopathischen Arzneimitteln wiederholt als antizipierte Sachverständigengutachten herangezogen worden,

   BVerwG, Beschluss vom 08.01.2007 - 3 B 16/06 -, Pharma Recht 2007, 159: zu den Aufbereitungsmonographien der Kommission D; VG Berlin, Urteil vom 11.01.2006 - 14 A 252.98 -, Pharma Recht 2007, 476: zur Heranziehung der Bewertungskriterien für fixe Kombinationen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die therapeutische Wirksamkeit nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse unzureichend begründet. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen stellen keine hinreichende Begründung dar.




Die Klägerin hat sich zur Begründung der therapeutischen Wirksamkeit auf die Einzelmonographien für die arzneilich wirksamen Bestandteile berufen und bei der Nachlieferung weitere Literatur beigefügt, die nach den Angaben der Beklagten größtenteils auch bereits bei der Erstellung der Einzelmonographien berücksichtigt worden ist. Dieses Erkenntnismaterial reicht - jedenfalls im Hinblick auf die hier in Rede stehende schwere Erkrankung - als Wirksamkeitsbeleg nicht aus. Die Klägerin vermag damit nicht tragfähig zu begründen, dass die Anwendung des Arzneimittels der Klägerin zu einer größeren Zahl an therapeutischen Erfolgen führt als seine Nichtanwendung. Die in Bezug genommenen Aufbereitungsmonographien sind aufgrund neuerer Erkenntnisse jedenfalls insoweit überholt, als sie als alleiniger Wirksamkeitsbeleg bei schwerwiegenden Erkrankungen nicht ausreichen. Erforderlich ist vielmehr weiteres, spezielles Erkenntnismaterial, das hier nicht vorgelegt wurde.

Die Kommission D hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die von ihr erstellten Aufbereitungsmonographien bei schweren Erkrankungen aus heutiger Sicht zur Begründung der therapeutischen Wirksamkeit nicht ausreichen. Begründet hat sie dies im Wesentlichen mit den bei der Zulassung und Nachzulassung gesammelten Erfahrungen und der Erkenntnis, dass die Monographien häufig nicht mehr dem aktuellen Erkenntnisstand entsprächen. Das folgt nicht nur aus dem - von den Beteiligten diskutierten - Kriterienpapier der Kommission D für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie vom 09. Oktober 2002, sondern überdies aus den Bewertungskriterien der Kommission D für fixe Kombinationen homöopathischer Einzelmittel vom 24. April 1997. Dort ist ebenfalls dargelegt, dass Indikationsaussagen für schwere Erkrankungen nur auf der Basis wissenschaftlich bewertbaren, speziellen Erkenntnismaterials akzeptiert werden können. Die Kammer folgt dieser Einschätzung der Kommission D, unabhängig von der Frage, ob das Kriterienpapier der Kommission D vom 09. Oktober 2002 hinsichtlich aller dort vorgesehener Zuordnungen bei der Entscheidungsfindung zugrunde gelegt werden kann.

   Vgl. hierzu Urteil der Kammer vom 12.10.2007 - 18 K 38/06 - Juris.

Die Kommission D stellt ein fachkundiges und weisungsunabhängiges Sachverständigengremium dar, dem der Gesetzgeber ursprünglich die wissenschaftliche Aufbereitung des Erkenntnismaterials übertragen hatte. Die Mitglieder der Kommission müssen gemäß § 25 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. Abs. 6 Sätze 4 bis 6 AMG auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben. Überdies werden sie auf Vorschlag der für diese Therapierichtung kompetenten und repräsentativen Fachgesellschaften berufen. Äußert dieses Gremium wiederholt Bedenken hinsichtlich der Aussagekraft der von ihr erstellten Einzelmonographien für schwerwiegende Erkrankungen, ist dem bereits aus Gründen der Arzneimittelsicherheit Bedeutung beizumessen. Begründete Einwände gegen diese Einschätzung sind nicht erkennbar und werden auch von der Klägerin nicht dargetan. Soweit die Klägerin sich auf einen Widerspruch zu Wertungen der Traditionsliste beruft, in die auch ohne besondere klinische Prüfung Stoffe oder Stoffkombinationen traditionell zur Besserung bei Herzbeschwerden aufgenommen worden seien, verkennt sie deren untergeordnete Bedeutung bei der Heilbehandlung. § 109a Abs. 1 i.V.m. § 109 Abs. 3 AMG ist zu entnehmen, dass es hierbei in erster Linie um Arzneimittel geht, die anderen Zwecken als zur Heilung oder Linderung von Krankheiten, Körperschäden oder krankhafter Beschwerden zu dienen bestimmt sind. Dabei sollen dem Verbraucher insbesondere durch den Zusatz: „Traditionell angewendet“ die Besonderheiten des Arzneimittels als traditionelles Arzneimittel und seine begrenzten Einsatzmöglichkeiten verdeutlicht werden,

   vgl. zum Regelungszweck, Ausschussbericht zum 5. AMG - Änderungsgesetz, abgedruckt bei Kloesel/Cyran, Vorbemerkung zu § 109a.

Beansprucht die Klägerin für das von ihr vertriebene - apothekenpflichtige - Arzneimittel jedoch ein darüber hinausgehendes Anwendungsgebiet, kann sie sich nicht auf den (abgeschwächten) Maßstab berufen, den der Gesetzgeber für einen Traditionsnachweis ausreichen lässt.



Auch unter Berücksichtigung des weiteren von der Klägerin vorgelegten Erkenntnismaterials liegt keine hinreichende Begründung der therapeutischen Wirksamkeit vor. Nach der Einschätzung der Beklagten handelt es sich insoweit bereits um kein „neues“ Erkenntnismaterial, weil die vorgelegte Literatur schon größtenteils bei der Erstellung der Einzelmonographien berücksichtigt worden sei. Diese Einschätzung hat die Klägerin auch im vorliegenden Klageverfahren nicht zu erschüttern vermocht. Abgesehen davon listet die Klägerin hier im Wesentlichen nur die Arzneimittelbilder der einzelnen Autoren tabellarisch auf, fasst diese danach noch einmal zusammen und gelangt zu dem Schluss, dass alle Autoren die für Herzerkrankungen typischen Symptome aufführen. Das Herausgreifen einzelner Symptome aus den Arzneimittelbildern reicht zur Formulierung bzw. Begründung einer Indikation jedoch nicht aus. Die Formulierung einer homöopathischen Indikation erfolgt nicht allein aufgrund einzelner im Arzneimittelbild genannter Symptome; die Symptome müssen vielmehr hinsichtlich ihrer Validität nach bestimmten Kriterien gewichtet werden. Nur „gut bestätige Charakteristika“ können die Grundlage für eine Indikationsformulierung bilden.

   VG Köln, Urteil vom 31.01.2007 - 24 K 4284/04 -, Juris.

Die Kommission D weist in dem Kriterienpapier vom 09. Oktober 2002 ebenfalls darauf hin, dass Angaben aus homöopathischen Arzneimittellehren insbesondere bei schweren Erkrankungen nicht ohne weiteres in klinische Indikationen umformuliert werden könnten. Eine Gewichtung und wertende Betrachtung der Literatur fehlt jedoch vorliegend.

Die Beanstandungen der Beklagten sind schließlich als gravierend im Sinne von § 105 Abs. 5a Satz 2 AMG anzusehen. Eine Auflage kommt als milderes Mittel nicht in Betracht. Insbesondere vermag der differentialdiagnostische Hinweis nicht die mangelnde Begründung der Wirksamkeit zu ersetzen. Diese Einschätzung der Kammer wird im Übrigen auch von der Kommission D geteilt, die auf der 26. Sitzung am 13.09.2006 mit neun Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen für die Versagung der Verlängerung der Zulassung votiert hat. ..."

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