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Landgericht Arnsberg Urteil vom 30.09.2015 - I-3 S 120/15 - Keine Kundenspezifikation bei Zusammenstellung eines Bettes

LG Arnsberg v. 30.09.2015: Keine Kundenspezifikation bei Zusammenstellung eines Bettes aus Unterbau, Matratze und Kopfteil


Das Landgericht Arnsberg (Urteil vom 30.09.2015 - I-3 S 120/15) hat entschieden:
Eine Anfertigung nach Kundenspezifikation liegt vor, wenn die Angaben des Verbrauchers, nach denen die Ware angefertigt wird, die Sache so individualisieren, dass diese für den Unternehmer im Falle ihrer Rücknahme wirtschaftlich wertlos ist, weil er sie wegen ihrer vom Verbraucher veranlassten besonderen Gestalt anderweitig nicht mehr oder allenfalls noch unter erhöhten Schwierigkeiten und mit erheblichem Preisnachlass absetzen kann. Die Voraussetzungen des § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB a.F. sind eng auszulegen und für ihr Vorliegen trägt der Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast. Bei einem zusammengestelltes Bett aus Unterbau, Matratze und Kopfteil ist die Rücknahme der Ware nach Widerruf für den Händler zumutbar, wenn es sich nicht um außergewöhnliche Bestandteile handelt.




Siehe auch Kundenspezifikation - Zum Ausschluss des Widerrufsrechts bei Produkten, die nach den Bedürfnissen des Kunden gefertigt wurden und Ausschluss oder Erlöschen des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen


Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Bett.

Die Beklagte vertreibt über ihre Internetpräsenz (Name der Homepage) sog. Boxspring-​Betten. Das Bett ist zusammengesetzt aus mehreren Komponenten: einer Matratze, einem Unterbau mit Eckfüßen sowie einem Kopfteil. Auf der Homepage der Beklagten können sich Kunden ein Boxspring-​Bett aus den genannten Komponenten selbst zusammenstellen. Dabei haben sie hinsichtlich des Unterbaus und des Kopfteils die Auswahl zwischen verschiedenen Modellen und für jedes Modell zwischen verschiedenen Größen und Stoffen. Im Hinblick auf die Matratze kann der Kunde in den meisten Fällen lediglich das Modell und die Größe der Matratze, nicht aber deren Härtegrad auswählen.

Der Kläger interessierte sich für ein Bett der Beklagten. Er ließ sich durch einen Mitarbeiter der Beklagten, den Zeugen N, telefonisch über die Zusammenstellungsmöglichkeiten beraten und bestellte anschließend über das Internet am 15.04.2014 ein Boxspring-​Bett bei der Beklagten. Das Bett ist zusammengesetzt aus einer Matratze des Modells "T", einem Unterbau in der Farbe "U", einem Kopfteil ebenfalls in der Farbe "U" sowie Eckfüßen. Das vom Kläger ausgewählte Matratzenmodel, welches auf der Internetseite der Beklagten mit dem Slogan "königliche Kundenanfertigung" beworben wird, lässt - anders als andere Modelle - die Auswahl zwischen drei verschiedenen Härtegraden (hart, weich oder american standard) zu. Der Kläger entschied sich für den Härtegrad american standard.

Das Bett kostet laut Rechnung vom 16.04.2014 (Bl. 21 d.A.) 2.784,00 EUR brutto. Der Rechnungsbetrag setzt sich wie folgt zusammen:

Matratze: 1.642,00 EUR
Unterbau: 688,00 EUR
Kopfteil: 454,00 EUR
  2.784,00 EUR


Die Rechnung enthält einen Vermerk, wonach der Kläger im telefonischen Beratungsgespräch darauf hingewiesen worden sei, dass die Matratze bis max. 95 Kilo ausgelegt sei. Zudem nennt die Rechnung als Lieferzeit die 22. Kalenderwoche (26.05.-​01.06.2014). Der Kläger, der den Kaufpreis bezahlte, erhielt die Ware am 20.06.2014.

Mit Schreiben vom 01.07.2014 erklärte der Kläger den Widerruf des Vertrages, den die Beklagte jedoch mit Schreiben vom 02.07.2014 und 10.07.2014 (Anl. K2 und K3, Bl. 6 f. der Akten) zurückwies. Mit Anwaltsschreiben vom 22.07.2014 (Anl. K4, Bl. 8 f. d. A.) forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 31.07.2014 erfolglos zur Erstattung des Kaufpreises auf.

Die Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe den Vertrag wirksam widerrufen. Er hat behauptet, das Bett sei aus vorgefertigten standardisierten Bauteilen zusammengesetzt worden, welche ohne Probleme wieder getrennt und dann anderweitig verwendet werden könnten. Eine Einzel- oder Spezialanfertigung liege demgegenüber nicht vor.

Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 2.784,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe einer T Größe 180 × 200 cm, eines Boxspring Unterbaus Größe 20 × 180 × 200 cm und eines Kopfteils D Größe 180 cm, sowie den Kläger von vorgerichtlichen Kosten i.H.v. 334,75 EUR gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, ein Widerrufsrecht des Klägers sei nach § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Hierzu hat sie behauptet, das Bett sei nach Kundenspezifikationen hergestellt worden, was auf der Homepage auch erkennbar gewesen sei. Sämtliche Komponenten eines Bettes würden stets individuell beim Hersteller bestellt und dort besonders angefertigt werden. Eine lagermäßige Vorhaltung finde nicht statt und sei aufgrund der zahlreichen Variationsmöglichkeiten auch gar nicht möglich. So gebe es etwa allein vom Matratze Modell "T" insgesamt 72 mögliche Variationen. Der Unterbau sei bei vier Bauarten in 94 Größen und 21 Farben in insgesamt über 2.000 Varianten verfügbar. Ähnlich gestalte sich die Lage bei den Kopfteilen. Schließlich sei ein Bett wie das vom Kläger zusammengesetzte zu keinem Zeitpunkt nochmals ausgeliefert worden, sodass sie, die Beklagte, das streitgegenständliche Bett im Falle der Rücknahme kaum noch anderweitig absetzen könne. Vielmehr sei es für sie wirtschaftlich wertlos. Auch sei das Widerrufsgewichts ausgeschlossen, weil der schwergewichtige Kläger entgegen dem telefonisch erteilten Ratschlag das Bett bestellt habe.

Wegen der weiteren Feststellungen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Amtsgericht hat der Klage nach Anhörung des Klägers und des Geschäftsführers der Beklagten sowie Vernehmung des von Beklagtenseite benannten Zeugen N stattgegeben. Die Klage sei zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt. Nach verständiger Auslegung des nicht eindeutigen Klageantrages ergebe sich, dass der Kläger die Rückgewähr der in der Rechnung vom 16.04.2014 genannten Teile anbiete.

Die Klage sei auch begründet. Insbesondere sei das Widerrufsrecht des Klägers nicht nach der im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses gültigen Fassung des § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes seien nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erfüllt.

Die Komponenten des bestellten Bettes (Matratze, Unterbau und Kopfteil) könnten nach Angaben der Beklagten und des Zeugen auch nach einer etwaigen Rücknahme grundsätzlich wieder getrennt und dann anderweitig kombiniert werden. Demnach komme die Zusammensetzung des Bettes dem sog. Baukastenprinzip näher als einer Fertigung eines von vornherein als Einzelteil konzipierten Möbelstückes, bei welchem ein Widerrufsrecht ausgeschlossen sei.

Soweit der Zeuge ausgesagt habe, dass man nach einer Trennung der Komponenten zumindest am Kopfteil Abdrücke der vorherigen Verbindung mit dem Unterbau sehe, genüge dies nicht dafür, dass die einmal hergestellte Verbindung nicht mehr rückgängig gemacht werden könne, was jedoch Voraussetzung für den Ausschlusstatbestand sei. Denn Abdrücke bzw. Rückstände seien bei Verbindungen mehrerer Bestandteile zwangsläufig immer vorhanden, ohne dass in solchen Fällen immer der Widerruf ausgeschlossen sei. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Hauptbestandteil des Bettes, nämlich die knapp 60 % des Gesamtpreises ausmachende Matratze, ohne solche Rückstände vom Rest wieder getrennt werden könne. Ein Widerrufsrecht betreffend die Matratze müsse sich nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB auch auf die restlichen Komponenten erstrecken.

Das Gericht habe nicht feststellen können, dass eine Rücknahme des Bettes für die Beklagte gleichwohl unzumutbar sei. Die Aussage des Zeugen, es sei praktisch noch nicht vorgekommen, dass ein Bett zurückgenommen und dann anderweitig abgesetzt worden sei, lasse keine sicheren Rückschlüsse darauf zu, inwieweit ein solcher anderweitige Absatz möglich oder zumutbar wäre. Dass sich gerade für eine bereits gebrauchte Matratze nur schwer nochmals ein Abnehmer finde, liege nahe, sei allerdings nicht auf den gerade vom Kläger ausgewählten Zuschnitt zurückzuführen, sondern sei bei Hygieneartikel immer der Fall, ohne dass ein Widerruf ausgeschlossen sei. Vielmehr könne die Wertminderung im Wege des Wertersatzes ausgeglichen werden.

Auch im Hinblick auf den Unterbau und das Kopfteil habe der Zeugen zwar nachvollziehbar ausgesagt, diese seien vorliegend insbesondere aufgrund der gewählten Farbe nur schwer anderweitig absetzbar, hieraus folge indes nicht der Ausschluss des Widerrufsrecht. Denn zum einen seien die hier ausgewählten Farben und Größen des Unterbaus und Kopfteils im üblichen Sortiment der Beklagten vorgesehen. Zum anderen seien die Schwierigkeiten hinsichtlich einer anderweitigen Absatzmöglichkeit eher auf die Vertriebsorganisation der Beklagten zurückzuführen.

Ferner führe der Umstand, dass die Beklagte - wie vom Zeugen bestätigt - die vom Kläger bestellten Komponenten nicht planmäßig vorrätig halte, sondern erst auf konkrete Bestellung hin anfertigen lasse, nicht zu einem Ausschluss des Widerrufsrechtes. Dem stehe der für die Matratze "T" gewählte Slogan "königliche Kundenanfertigung" nicht entgegen, da dieser lediglich auf eine besondere Qualität, nicht jedoch auf eine Anfertigung nach Kundenspezifikation hindeute.

Schließlich führe auch die vorherige telefonische Beratung des Klägers durch den Zeugen, wonach dieser dem Kläger aufgrund dessen Gewichts von der später ausgewählten Matratze abgeraten habe, nicht zu einem Ausschluss des Widerrufsrechts. Denn danach sei die Matratze gerade nicht persönlich auf den Kläger und seine Bedürfnisse zugeschnitten worden. Etwaige Beschädigungen einer Matratze seien allenfalls im Rahmen des Wertersatzes zu berücksichtigen.

Die Beklagte wendet sich gegen das Urteil und stellt es zur vollen Überprüfung durch das Berufungsgericht. Sie ist -jedenfalls sinngemäß- der Ansicht, die Klage sei bereits mangels Bestimmtheit unzulässig. Zum einen gehe aus dem Klageantrag nicht die Farbe und sonstige Beschaffenheit der gelieferten Gegenstände hervor. Zum anderen Fehler im Klageantrag die Übereignung und Übergabe der Eckfüße.

Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet. Das Widerrufsrecht sei vorliegend nach § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB a.F. ausgeschlossen gewesen. Die Matratze sei nicht lagermäßig vorrätig gewesen, sondern sei erst nach Auswahl durch den Kläger gesondert hergestellt worden. Dies sei dem Kläger auch aufgrund der Beschreibung "königliche Kundenanfertigung", der Vielzahl der angebotenen Variationsmöglichkeiten sowie der angegebenen langen Lieferzeit von 6 Wochen erkennbar gewesen. Entsprechendes gelte auch für den Unterbau, die Eckfüße und das Kopfteil, bei denen die Kunden ebenfalls aus einer Vielzahl von möglichen Varianten wählen müssten.

Die Rücknahme des Bettes sei ihr ferner unzumutbar. Dies gelte zunächst im Hinblick auf die Matratze, da es sich bei dieser um einen Hygieneartikel handele, welcher nach Nutzung durch einen Kunden nicht mehr anderweitig verwendbar sei. Auch die Rücknahme des Unterbaus, das Kopfteil des und der Eckfüße sei unzumutbar, da diese in der vom Kläger gewählten Variante allenfalls noch mit erheblichen Schwierigkeiten oder Preisnachlässen absetzbar und mithin für sie, die Beklagte, wirtschaftlich wertlos seien.

Schließlich verhalte sich der Kläger rechtsmissbräuchlich. Dieser folge insbesondere aus dem Umstand, dass der Kläger vor der Bestellung eindringlich darauf hingewiesen worden sei, die später gewählte Matratze sei für sein Gewicht ungeeignet, und er die ausgewählte Matratze nicht etwa wie bei einem Besuch in einem Fachgeschäft üblich einmal geprüft, sondern sie 10 Tage lang genutzt habe.

Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des am 26.05.2015 verkündeten Urteils des AG Soest, Az.: 12 C 208/14, abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger einen Betrag von 2.784,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe einer T Größe 180 × 200 cm, Farbe/Stoff: B, eines Boxspring Unterbaus Größe 20 × 180 × 200 cm, Farbe/Stoff: U und eines Kopfteils D Größe 180 cm, Farbe/Stoff: U.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Im Hinblick auf die Zulässigkeit seiner Klage ist er der Ansicht, die Beklagte sei mit ihren entsprechenden Einwendungen in der Berufungsinstanz ausgeschlossen. Die Klage sei auch mangels Ausschlusses des Widerrufsrechtes begründet. Das streitbefangenen Bett sei, wie bei einem Baukastensystem üblich, aus drei Komponenten (Matratze, Unterbau und Kopfteil) zusammengesetzt. Da die Zusammensetzung ohne Bohrungen, dauerhafte Verschraubungen o.Ä. erfolgt sei, ließen sich die Komponenten ohne Substanzschäden einfach wieder trennen und anderweitig kombinieren. Die Schwierigkeiten, für eine gebrauchte Matratze einen neuen Abnehmer zu finden, seien nicht auf die Individualisierung der Matratze, sondern auf deren Eigenschaft als Hygieneartikel zuzuführen. Gleiches gelte im Hinblick auf den Unterbau und das Kopfteil. Dass die von der Beklagten belieferten Kunden überwiegend kein Interesse an Komponenten in der vom Kläger gewählten Farbe "U", welche nicht unüblich sei, hätten, sei nicht auf die Individualisierung durch den Kläger, sondern auf die Vertriebsorganisation der Beklagten zurückzuführen.

Unerheblich sei ferner, dass die Herstellung der einzelnen Bettkomponenten erst aufgrund der Bestellung des Klägers erfolgte.

Schließlich verhalte er sich nicht rechtsmissbräuchlich. Etwaige Ansprüche aufgrund eines Wertverlustes, den der Kläger bestreitet, hätte die Beklagte in 1. Instanz geltend machen müssen.


II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klage ist zulässig und darüber hinaus begründet.

1. Die Klage ist zulässig.

Jedenfalls aufgrund der Klarstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2015 ist der Klageantrag hinsichtlich der Übergabe und Übereignung der gelieferten Bettkomponenten hinreichend bestimmt nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klageschrift muss danach einen bestimmten Antrag enthalten. Grundsätzlich ist ein Klageantrag hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) erkennbar abgrenzt, den Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko des (evtl. teilweisen) Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und wenn er die Zwangsvollstreckung aus dem beantragten Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 253 Rn. 13 m.w.N.). Ein Herausgabeantrag muss daher die betreffenden Gegenstände so genau wie möglich bezeichnen, damit sie im Falle einer Zwangsvollstreckung identifizierbar sind (Zöller/Greger, a.a.O. Rn. 13c). Dabei muss auch eine -hier vorliegende- Zug um Zug Einschränkung so bestimmt sein, dass sie ihrerseits zum Gegenstand einer Leistungsklage gemacht werden könnte (Zöller/Greger, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist der Klageantrag hinsichtlich der Zug um Zug Einschränkung jedenfalls nach der erklärten Klarstellung hinreichend bestimmt. Etwaige Zweifel bei der Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Bettes als Vollstreckungsgegenstandes gingen sowieso zu Lasten des Klägers.

Der Zulässigkeit steht auch nicht entgegen, dass der Kläger nicht beantragt hat, dass auch die gelieferten Eckfüße Zug um Zug zurückgegeben und -übereignet werden. Das Fehlen einer entsprechenden Zug um Zug Einschränkung berührt die Vollstreckbarkeit des begehrten Urteils nicht.

2. Die Klage ist darüber hinaus begründet. Der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgewähr der Komponenten des Bettes folgt aus §§ 355, 357, 346 ff. BGB, der Zinsanspruch aus §§ 288 Abs. 1, 2, 286, 288 Abs. 1 BGB sowie der Anspruch auf Erstattung vorgerichtliche Anwaltskosten aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 249 ff. BGB. Denn der Kläger dürfte den Kaufvertrag vom 15.04.2014 wirksam widerrufen haben.

Die Wirksamkeit des Widerrufes beurteilt sich nach §§ 312b, 312d BGB in der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung, Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB. Nach § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB a.F. besteht ein Widerrufsrecht, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, bei Fernabsatzverträgen zur Lieferung von Waren dann nicht, wenn die Waren nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Dabei ist unerheblich, ob der Unternehmer die Sache selbst anfertigt oder auf die persönlichen Bedürfnisse zuschneidet oder ob er -wie vorliegend- die Wünsche des Verbrauchers erst seinerseits an einen Lieferanten bzw. Hersteller weitergibt (Münchener Kommentar/Wendehorst, BGB, 6. Aufl., § 312d Rn. 24).

Eine Anfertigung nach Kundenspezifikation liegt vor, wenn die Angaben des Verbrauchers, nach denen die Ware angefertigt wird, die Sache so individualisieren, dass diese für den Unternehmer im Falle ihrer Rücknahme wirtschaftlich wertlos ist, weil er sie wegen ihrer vom Verbraucher veranlassten besonderen Gestalt anderweitig nicht mehr oder allenfalls noch unter erhöhten Schwierigkeiten und mit erheblichem Preisnachlass absetzen kann (BGH, NJW 2003, 1665; Münchener Kommentar/Wendehorst, a.a.O. Rn. 21).

Für einen eindeutigen Zuschnitt auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers i.S.v. § 312d Abs. 4 Nr. 1 2.Alt BGB a.F. reicht es aus, dass die bereits auf Vorrat hergestellte Sache auf Grund der Bestellung des Verbrauchers weiter in einer Weise bearbeitet wird, wie sie von anderen Verbrauchern zumindest nicht regelmäßig nachgefragt wird. Es ist nicht entscheidend, ob die Sache in ihrem besonderen Zuschnitt nur für den konkreten Besteller (Beispiel: eingravierter Name) oder noch für eine gewisse Zahl von Verbrauchern verwendbar ist (Beispiel: Sonderlackierung). § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB ist dagegen nicht anwendbar auf bloß selten nachgefragte, aber nicht weiter bearbeitete Serienartikel, auch wenn der Unternehmer vergleichbare Schwierigkeiten haben sollte, die von einem Lieferanten oder Hersteller bezogene Ware nach Widerruf des Verbrauchers weiter zu veräußern (Münchener Kommentar/Wendehorst, a.a.O. Rn. 22).

Der Ausschlusstatbestand setzt also über seinen Wortlaut hinaus voraus, dass ein Widerrufsrecht des Verbrauchers für den Unternehmer wirtschaftlich unzumutbar wäre (BGH, NJW 2003, 1665). Von einer solchen Unzumutbarkeit ist auszugehen, wenn die Anfertigung der Ware bzw. deren Zuschnitt auf die Bedürfnisse des Verbrauchers nicht ohne Einbuße an Substanz und Funktionsfähigkeit ihrer Bestandteile bzw. nur mit unverhältnismäßigem Aufwand wieder rückgängig zu machen ist (BGH, a.a.O.). Das Widerrufsrecht des Verbrauchers ist deshalb nur dann ausgeschlossen, wenn der Unternehmer durch die Rücknahme auf Bestellung angefertigter Ware erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleidet, die spezifisch damit zusammenhängen und dadurch entstehen, dass die Ware erst auf Bestellung des Kunden nach dessen besonderen Wünschen angefertigt wurde. Nicht ausreichend dafür sind dagegen die Nachteile, die mit der Rücknahme produzierter Ware stets verbunden sind. Nur wenn der Unternehmer darüber hinausgehende besondere Nachteile erleidet, die gerade durch die Anfertigung nach Kundenspezifikation bedingt sind, kann dem Unternehmer also ein Widerrufsrecht des Verbrauchers -ausnahmsweise- nicht zugemutet werden (BGH, a.a.O.).

Die Voraussetzungen des § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB a.F. sind eng auszulegen und für ihr Vorliegen trägt der Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast für (Jauring/Stadler, BGB, 15. Aufl., § 312d Rn. 2; Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 312d Rn. 8). Ferner ist zu berücksichtigen, dass ein Widerrufsrecht hinsichtlich einzelner Komponenten entsprechend § 139 BGB Ausstrahlungswirkung für die übrigen Komponenten haben kann (Palandt/Grüneberg, a.a.O. Rn. 8; Münchener Kommentar/Wendehorst, a.a.O. Rn. 89 f.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegen die Voraussetzungen des § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB a.F. nicht vor. Es liegt weder eine Anfertigung nach Kundenspezifikationen noch ein Zuschnitt auf die persönlichen Bedürfnisse des Klägers vor. Jedenfalls im Hinblick auf die Matratze ist nicht von einer Unzumutbarkeit auszugehen und mithin kein Ausschluss nach § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB a.F. gegeben. Denn soweit die Beklagte streitig vorträgt, für eine gebrauchte Matratze nur schwer einen Abnehmer finden zu können, liegt dies nicht am persönlichen, gerade vom Kläger ausgewählten Zuschnitt. Dass das vom Kläger ausgewählte Matratzenmodell "T" derart unüblich ist, dass sich hierfür keine Abnehmer finden lassen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Entsprechendes gilt für die gewählte Größe der Matratze. Ausweislich der Anl. 2 (Bl. 22 d. A.) hat der Kläger insofern eine Standardgröße (180 x 200 cm) gewählt. Ähnlich stellt sich der Fall hinsichtlich des gewählten Härtegrades dar. Dessen Bezeichnung (american standard) deutet ebenfalls auf einen nicht ungewöhnlichen Härtegrad hin. Nach alledem dürften etwaige Schwierigkeiten bei der erneuten Absetzung der Matratze nicht auf den gewählten Zuschnitt zurückzuführen, sondern bei sämtlichen Matratzen der Fall sein (weitergehend sogar Becker/Föhlisch, NJW 2008, 3751, 3755, die mit Hinweis darauf, dass im Beherbergungsgeschäft die zeitweilige Überlassung von "gebrauchten” Schlafstätten ja auch Akzeptanz finde, bei Matratzen generell keine Ausschlusslage annehmen).

Aufgrund des demnach jedenfalls im Hinblick auf die Matratze, die ausgehend von dem Kaufpreis den Hauptbestandteil des Bettes darstellt, bestehenden Widerrufsrechts ist nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB auch für die übrigen Komponenten ein Widerrufsrecht anzunehmen.

Die Ausübung des Widerrufsrecht ist schließlich nicht rechtsmissbräuchlich nach § 242 BGB. Die Ausübung eines Rechts ist i.d.R missbräuchlich, wenn der Berechtigte es gerade durch ein gesetz-​, sitten- oder vertragswidriges Verhalten erworben hat (Palandt/Grüneberg, § 242 Rn. 43 m.w.N.). Ein missbräuchliches Verhalten des Klägers steht nicht fest, was zu Lasten der insofern beweisbelasteten Beklagte geht. Es bestehen bereits Zweifel, ob die Beklagte die Voraussetzungen des § 242 BGB in erster Instanz schlüssig dargetan hat. Soweit sie etwa im Schriftsatz vom 08.10.2014 (Bl. 20 GA) sinngemäß ausführt, ein Widerrufsrecht bestehe nicht, weil dem Kläger die Ware, die ihm nicht gefalle, benutzt habe, dürfte ein solches Verhalten keinen Rechtsmissbrauch darstellen, sondern allenfalls i.R. eines etwaigen Wert- bzw. Schadensersatzanspruchs der Beklagten zu berücksichtigen sein. Jedenfalls hat die Beklagte einen Rechtsmissbrauch nicht bewiesen. Auch der Kläger hat in seiner persönlichen Anhörung vom 13.01.2015 (Bl. 45R GA) lediglich erklärt, dass Bett entspreche nicht seinen Erwartungen und verfüge nicht über die suggerierte Qualität, insbesondere im Hinblick auf den Liegekomfort. In der unter diesen Umständen erfolgten Ausübung eines Widerrufsrechts vermag die Kammer kein gesetz-​, sitten- oder vertragswidriges Verhalten zu sehen.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10 ZPO.










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