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Kammergericht Berlin Urteil vom 11.03.2016 - 5 U 83/15 - Übernachtungswerbung 50% günstiger als Hotels

KG Berlin v. 11.03.2016: Übernachtungswerbung „50% günstiger als Hotels“


Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 11.03.2016 - 5 U 83/15) hat entschieden:
Die Werbung „50% günstiger als Hotels“ einer Online-Vermittlung von Übernachtungen in Ferienhäusern und -wohnungen vermittelt dem Verkehr den Eindruck, dass die Preisgestaltung sich dergestalt an den Preisen von Hotelübernachtungen orientiert, dass (zumindest weitgehend) gewährleistet ist, dass die Unterkunft, die die Beklagte vermitteln kann, nur die Hälfte einer Übernachtung in einem Hotel in vergleichbarer Lage und Qualität kostet. Die geweckte Erwartung einer garantierten Ersparnis der Hälfte der Übernachtungskosten in einem Hotel stimmt mit der Wirklichkeit nicht überein und ist wettbewerbswidrig.




Siehe auch Die Vermietung und Vermittlung von Ferienhäusern und Ferienwohnungen und Preiswerbung - Werbung mit Verkaufspreisen


Gründe:

A.

Der Kläger ist ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.

Die Beklagte betreibt die Internetseite unter www.w....de, auf der sie „Vermittlungsdienstleistungen hinsichtlich der kurzfristigen Vermietung vom Immobilien“ anbietet.

Auf ihrer Internetseite warb die Beklagte mit der Aussage „50% günstiger als Hotels“. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen K 3 und K 4 zur Klageschrift verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,
  1. der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen,
    im geschäftlichen Verkehr für Vermittlungsdienstleistungen im Beherbergungsgewerbe im Internet oder sonst werblich unter Bezugnahme auf das eigene Angebot mit der Aussage „50% günstiger als Hotels“ zu werben, wenn dies geschieht, wie in der Klageschrift nachfolgend wiedergegeben,
  2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 246,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit dem am 14. April 2015 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Es wird insoweit auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen, und zwar auch hinsichtlich des weitergehenden erstinstanzlichen Vortrages der Parteien.

Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen dieses Urteil. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Beklagte beantragt,
das am 14. April 2015 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 103 des Landgerichts Berlin – 103 O 124/14 – zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.


B.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und unbegründet.

1. Der Kläger ist prozessführungsbefugt.

Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG stehen Ansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen zu, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt.

Nach herrschender Meinung erfüllt diese Vorschrift eine doppelte Funktion, indem sie nicht nur einen materiellen Anspruch verschafft, sondern auch ein Prozessführungsrecht begründet (vgl. BGH GRUR 2012, 411 – Glücksspielverband, Rn 12; Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 8, Rn 3.10; Seichter in: jurisPK-​UWG, 3. Aufl., § 8, Rn 154; Ottofülling in: Münchener Kommentar, Lauterkeitsrecht, 2. Aufl., § 8 UWG, Rn 323, 350; Ohly in: Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 8, Rn 86; Büch in: Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 13, Rn 16). Teils wird bzw. wurde jedoch angenommen, die Vorschrift regele nur die materiell-​rechtlichen Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung (vgl. Greger NJW 2000, 2457, 2462 f; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 8, Rn 3.10, 3.65).

Die Entscheidung dieses Streits kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist für den Kläger sowohl bezogen auf den Zeitpunkt des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes wie auch auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu bejahen.

a) Die Prozessführungsbefugnis des Klägers ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (vgl. BGH GRUR 1998, 417 – Verbandsklage in Prozessstandschaft; BGH NJW 2010, 3033, Rn 7; BGH GRUR 2012, 411 – Glücksspielverband, Rn 12; Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 8, Rn 3.65; Seichter in: jurisPK-​UWG, 3. Aufl., § 8, Rn 154; Ottofülling in: Münchener Kommentar, Lauterkeitsrecht, 2. Aufl., § 8 UWG, Rn 323, 350).

Das Gericht ist dabei nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden. Es gilt vielmehr der Grundsatz des Freibeweises. (vgl. BGH (1. Zivilsenat) 2009, 692 – Sammelmitgliedschaft VI, Rn 12; BGH (12. Zivilsenat) NJW 2010, 3033, Rn 7; BGH ( 6. Zivilsenat) NJW-​RR 2011, 284, Rn 4; BGH (12. Zivilsenat) NJW 2011, 778, Rn 12; BGH, Urteil vom 17. August 2011, I ZR 223/10, Rn 15; KG Magazindienst 2010, 156; Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 8, Rn 3.65; Ohly in: Ohly/Piper/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 8, Rn 91)

Dem steht die zum 1. September 2004 in Kraft getretene Neufassung des § 284 ZPO nicht entgegen. § 284 Satz 2 ZPO ermöglicht es dem Gericht nunmehr, mit Zustimmung der Parteien im Wege des Freibeweises dort zu verfahren, wo bislang nur eine förmliche Beweisaufnahme nach Strengbeweisregeln stattfinden konnte. Für die Annahme, dass der Freibeweis jetzt auch in solchen Verfahrensabschnitten an das Einverständnis der Parteien gebunden sein sollte, in denen er bisher auch ohne diese Zustimmung für prozessual zulässig gehalten wurde, lässt sich weder aus der Vorschrift selbst noch aus der Gesetzesbegründung (vgl. BT-​Drucks. 15/1508, S. 18) etwas entnehmen. (vgl. BGH NJW 2008, 1531, Rn 20)

b) Der Kläger erfüllt die Anforderungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG an die Verbandsklagebefugnis hinsichtlich seiner Mitgliederstruktur.

Verbände, denen die nach § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG selbst klagebefugten Industrie- und Handelskammern angehören, sind stets klagebefugt (vgl. BGH GRUR 1995, 122 – Laienwerbung für Augenoptiker; OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. Januar 2008, I-​20 U 46/05; Seichter in: jurisPK-​UWG, 3. Aufl., § 8, Rn 168; Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 8, Rn 3.43; Ohly in: Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 8, Rn 103).

aa) Der BGH sieht den Kläger dementsprechend in ständiger Rechtsprechung in umfassendem Umfang als prozessführungsbefugt an, weil ihm unter anderem eine Vielzahl von Industrie- und Handelskammern angehören (vgl. BGH GRUR 1995, 122 – Laienwerbung; BGH GRUR 1997, 758 - Selbsternannter Sachverständiger).

Aus jüngerer Zeit stammen das Urteil des BGH vom 12. März 2015, I ZR 84/14 (GRUR 2015, 1025) – TV-​Wartezimmer, und das Urteil des BGH vom 28. Oktober 2010, I ZR 174/08 (GRUR 2011, 543) – Änderung der Voreinstellung III. Zweifel, dass es sich bei der in den Tatbeständen der angeführten Urteile als „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“ bezeichneten Klägerin um den hiesigen Kläger handelt, hat der Senat nicht.

„Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“ und „Wettbewerbszentrale“ sind als Kurzbezeichnungen für den Kläger allgemein üblich. Zum Beleg für diese Auffassung sowie ergänzend wird auf Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 29., 30., 33. Aufl., 34. Aufl. , Einl, Rn 2.29; Ottofülling in: Münchener Kommentar, Lauterkeitsrecht, 2. Aufl., § 8 UWG, Rn 361 und Rn 401 sowie Büch in: Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 13, Rn 23, verwiesen.

bb) Im vorliegenden Fall kann der Senat sich weiter auf die vom Landgericht vorgenommene Beweisaufnahme stützen, d.h. die schriftliche Aussage der Zeugin J... B... vom 10. Februar 2015. Die Zeugin hat bestätigt, aufgrund ihrer seit 1998 andauernden Tätigkeit für den Kläger zu wissen, dass mit Ausnahme der Industrie- und Handelskammer Aachen alle Industrie- und Handelskammern Deutschlands langjährige Mitglieder des Klägers sind.

Wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, gibt der Umstand, dass die Zeugin in dem Satz, in dem es um die Mitgliedschaft der Industrie- und Handelskammern geht, den Begriff „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“ verwendet hat, keinerlei Anlass zu der Annahme, dass die Zeugin damit einen anderen Verband als den Kläger gemeint haben könnte.

Zum einen wird auf die unter aa) dargestellte Übung des Verkehrs, den Vereinsnamen des Klägers zu verkürzen, verwiesen.

Aber auch aus dem Kontext der Zeugenaussage ergibt sich eindeutig, dass die Zeugin in dem fraglichen Satz, in dem sie sich zur Mitgliedschaft der Industrie- und Handelskammern geäußert hat, den Kläger gemeint hat. Das Beweisthema war ausschließlich auf die Mitgliedschaft der Industrie- und Handelskammern bei dem Kläger ausgerichtet. Der erste Satz, in dem die Zeugin ihre langjährige Tätigkeit für den Kläger angesprochen hat, diente ersichtlich zur Erläuterung, warum sie sich in der Lage sieht, das abgefragte Wissen zu bekunden. Die folgenden Sätze hatten danach den Sinn, die unter Beweis gestellte Behauptung des Klägers zu bestätigen.

Es überzeugt nicht, wenn die Beklagte dies mit dem Hinweis anzweifelt, der Zeugin müsse als Juristin die Bedeutung ihrer Aussage und die Notwendigkeit einer genauen Bezeichnung juristischer Personen bekannt sein. Es wird insoweit noch einmal auf die Übung, den Vereinsnamen des Klägers auch in der Rechtsprechung und in der Literatur zu verkürzen, verwiesen.

Hingegen bietet sich jedenfalls bei keinem der in der Berufungsschrift angeführten bestehenden Vereine die Verkürzung auf „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“ an. Keiner der Vereinsnamen enthält die beiden Elemente „Z... “ und „B... u. ... W...“.

cc) Aufgrund des kurzen Zeitraums zwischen dem 10. Februar 2015 und dem 11. März 2016 hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die Prozessführungsbefugnis des Klägers auch am Tag der Berufungsverhandlung gegeben war. Der Vortrag der Beklagten enthält keine Hinweise für die Annahme, dass die besagten Industrie- und Handelskammern an diesem Tag nicht mehr Mitglieder des Klägers waren. (vgl. BGH GRUR 2015, 1140 – Bohnengewächsextrakt, Rn 15)

2. Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Unterlassung bejaht, im geschäftlichen Verkehr für Vermittlungsdienstleistungen im Beherbergungsgewerbe im Internet oder sonst werblich unter Bezugnahme auf das eigene Angebot mit der Aussage „50 % günstiger als Hotels“ zu werben, wenn dies geschieht wie im Urteil vom 14. April 2015 nachfolgend wiedergegeben ( § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 UWG).

a) Auf der Grundlage des Vorbringens des Klägers und dem Ergebnis der Beweisaufnahme des Landgerichts, dem die Beklagte nach den obigen Ausführungen nichts Durchgreifendes entgegen gesetzt hat, ist der Kläger als materiell-​rechtlich anspruchsberechtigt im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anzusehen.

b) Die beanstandeten Preisvergleiche sind irreführend.

aa) Maßgeblich für die Prüfung, ob eine Werbeaussage dazu führen kann, den Verkehr in einem wesentlichen Punkt zu täuschen, der den Entschluss zu einer geschäftlichen Entscheidung zu beeinflussen geeignet ist, ist die Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet (vgl. Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 5, Rn 2.67).

Bei der Ermittlung des zur Beurteilung der Irreführungsgefahr maßgeblichen Verkehrsverständnisses ist auf den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher abzustellen. Der Grad der Aufmerksamkeit dieses Verbrauchers ist abhängig von der jeweiligen Situation und vor allem von der Bedeutung, die die beworbenen Waren oder Dienstleistungen für ihn haben. (vgl. BGH WRP 2002, 81 – Anwalts- und Steuerkanzlei; BGH GRUR 2004, 244 – Marktführerschaft; BGH GRUR 2005, 690 - Internet-​Versandhandel; BGH GRUR 2007, 805 – Irreführender Kontoauszug).

bb) Das unter w....de vorgehaltene Dienstleistungsangebot richtet sich an jeden, der an einer Vermittlung von Übernachtungsmöglichkeiten, insbesondere in Appartements und Ferienhäusern, interessiert ist.

Da die Mitglieder des Senats mithin auch zum angesprochenen Personenkreis gehören, können sie den Aussagegehalt der beanstandeten Aussage aufgrund eigener Anschauung und Lebenserfahrung grundsätzlich selbst beurteilen. (vgl. BGH WRP 2002, 81 - Anwalts- und Steuerkanzlei; BGH GRUR 2004, 244 – Marktführerschaft; BGH GRUR 2007, 805 – Irreführender Kontoauszug; BGH GRUR 2013, 401 – Biomineralwasser, Rn 32; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 5, Rn 3.12).

cc) Es ist davon auszugehen, dass derjenige, der nach derartigen Übernachtungsmöglichkeiten sucht, die Selbstdarstellung des Vermittlers, insbesondere wenn sie – wie hier – im Blickfang Angaben zum Preisniveau enthält, durchaus interessiert zur Kenntnis nimmt, sich aber keine längeren und tiefgreifenden Gedanken über den Sinngehalt der Darstellung macht. Das eigentliche Interesse des Nutzers der von der Beklagten angebotenen Dienstleistungen liegt in dem Auffinden einer seinen Vorstellungen entsprechenden Unterkunft.

dd) Im Grundsatz zu Recht gehen das Landgericht und die Beklagte übereinstimmend davon aus, dass der Verkehr in der beanstandeten Werbung einen Vergleich zwischen den Übernachtungspreisen in den von der Beklagten vermittelten Unterkünften und den Kosten einer Übernachtung in einem Hotel sieht.

Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, hat der Verkehr jedoch keinen Anlass zu der Annahme, dass die ausgewiesene Ersparnis von 50 % nur dann realisiert werden kann, wenn die günstigsten Angebote der Beklagten noch verfügbar sind.

Die Werbung der Beklagten vermittelt dem Verkehr zum einen den Eindruck der Vergleichbarkeit von Übernachtungen in Hotels und Übernachtungen in Ferienhäusern und -wohnungen, was in Bezug auf die Lage und die Qualität der Ausstattung grundsätzlich auch zutreffen mag.

Die Werbung der Beklagten vermittelt dem Verkehr aber weiter den Eindruck, dass die Preisgestaltung der Beklagten sich dergestalt an den Preisen von Hotelübernachtungen orientiert, dass (zumindest weitgehend) gewährleistet ist, dass die Unterkunft, die die Beklagte vermitteln kann, nur die Hälfte einer Übernachtung in einem Hotel in vergleichbarer Lage und Qualität kostet. Bezogen auf die einzelne Unterkunft lässt sich das Versprechen einer Ersparnis um 50 % im Vergleich zu den Kosten einer Hotelübernachtung nur verwirklichen, wenn die Preise der einzelnen Unterkunft aus dem Angebot der Beklagten an die regelmäßig saisonabhängigen Kosten einer Übernachtung in einem bestimmten Hotel als Bezugsgröße gekoppelt sind, ohne dass der Verkehrsteilnehmer, der die situationsbedingte Aufmerksamkeit aufbringt, sich Gedanken darüber machen wird, wie die Beklagte dies bewerkstelligt. Die Beklagte wirbt einschränkungslos mit einer Preisersparnis von 50 %, ohne jeden Hinweis darauf, dass es sich dabei um die maximale Kostenersparnis in einer mehr oder weniger geringen Zahl von Fällen handelt, deren Bedingungen nicht nachvollziehbar sind.

Es ist bei der Entscheidung dieses Rechtsstreits davon auszugehen, dass die geweckte Erwartung einer garantierten Ersparnis der Hälfte der Übernachtungskosten in einem Hotel mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt.

Der Kläger hat dies bereits in der Klageschrift so vorgetragen und durch eine Reihe von Beispielen belegt (vgl. Anlage K 6 zur Klageschrift). Jedenfalls nachdem der Kläger der Beklagten diese Anlagen ein zweites Mal überreicht hat, ohne dass die Beklagte erneut deren Lesbarkeit beanstandet hat, konnte die Beklagte diesen Vortrag nach § 138 Abs. 4 ZPO nicht mehr in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestreiten. Sie konnte sich auch nicht mehr darauf beschränken, den Tatsachenvortrag des Klägers pauschal in Abrede zu stellen.

Gemäß § 138 Abs. 2 ZPO hat sich eine Partei grundsätzlich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Sie darf sich also, wenn der Gegner seiner Erklärungslast nachgekommen ist, nicht mit einem bloßen Bestreiten begnügen, sondern muss erläutern, von welchem Sachverhalt sie ausgeht. Der Umfang der erforderlichen Substantiierung richtet sich dabei nach dem Vortrag der darlegungsbelasteten Partei. Je detaillierter dieser ist, desto höher ist die Erklärungslast gemäß § 138 Abs. 2 ZPO. Ob ein einfaches Bestreiten als Erklärung gemäß § 138 Abs. 2 ZPO ausreicht oder ob ein substantiiertes Bestreiten erforderlich ist, hängt somit von dem Vortrag der Gegenseite ab. (BGH NJW 2015, 486, Rn 11; Greger in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 138, Rn 8, 8a).

Die Beklagte hat jedoch nicht vorgetragen, welche Unterkünfte in ihrem Angebot um 50 % günstiger gewesen wären, als die vom Kläger herausgesuchten Hotels. In der Sache hat die Beklagte lediglich darauf verwiesen, der Verkehr gehe davon aus, dass die beworbene Ersparnis nur erzielt werden könne, wenn die günstigsten Unterkünfte bei ihr noch verfügbar seien und damit letztlich zugestanden, dass die uneingeschränkte Werbeaussage so nicht zutrifft.

Dies ergibt sich auch aus der vom Kläger als Anlage K 8 zur Klageschrift vorgelegten Antwort der Beklagten auf die Abmahnung des Klägers. Die Beklagte will die beanstandete Aussage danach auf eine Preisanalyse stützen, in der der „allgemeine Hotel-​Preis-​Index“ den „bei den Buchungen über Wimdu im Jahr 2013 erzielten Preisen in einer Vielzahl von Städten“ gegenüber gestellt worden ist. Sie gesteht dort ausdrücklich zu, „Dass es hierbei dazu kommen kann, dass – ... - „teilweise Hotelzimmer [...] zu günstigeren Tarifen zu erhalten [sind]““ und bezeichnet dies als „Ausdruck einer gewöhnlichen statistischen Schwankung“.

Aber auch dann, wenn man der Beklagten zugesteht, dass der Verkehr erkennt, dass das Versprechen einer Ersparnis von 50 % nicht einschränkungslos gelten kann, ist die Werbung der Beklagten irreführend. Die Werbung der Beklagten hebt das niedrigere allgemeine Preisniveau auf ihrer Vermittlungsplattform gegenüber dem Preisniveau von Hotelübernachtungen hervor, obwohl sich der Vergleich offensichtlich nur auf eine mehr oder weniger willkürliche Auswahl von Übernachtungsmöglichkeiten stützen kann. Jeglicher Hinweis darauf, dass sich der Vergleich nur auf eine solche Auswahl und nicht auf alle Angebote der Beklagten bezogen hat, fehlt. (vgl. EuGH GRUR 2007, 69 – Lidl/Colruyt, Rn 83)

c) Die hervorgerufene Fehlvorstellung ist geeignet, das Marktverhalten der Gegenseite, also die Entscheidung für die Nutzung des Dienstleistungsangebots der Beklagten mit zu beeinflussen.

In der Regel kann aus dem Hervorrufen einer Fehlvorstellung auf die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Irreführung geschlossen werden. Eine Ausnahme von dieser Regel kommt jedoch in Betracht, wenn über Umstände getäuscht worden ist, die für das Marktverhalten der Gegenseite nur eine unwesentliche Bedeutung haben. (vgl. BGH GRUR 2008, 443 – Saugeinlagen; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 5, Rn 2.169, 2.178)

Das Preisniveau der Angebote der Beklagten im Vergleich zu den Kosten einer Hotelübernachtung hat aber keinesfalls eine unwesentliche Bedeutung.

d) Das vom Landgericht ausgesprochene Verbot ist nicht zu weitgehend.

Der Unterlassungsantrag und dem folgend der Verbotstenor im angefochtenen Urteil zielen, wie sich aus der Formulierung ergibt („..., wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben“), auf ein Verbot der konkreten Verletzungsform ab. Der weitergehende Inhalt des Antrages kann naturgemäß nicht auf ein Ziel gerichtet sein, das über die konkrete Verletzungsform hinausgeht. Was die Beschreibung der konkreten Verletzungsform angeht, handelt es sich daher um eine unschädliche Überbestimmung. (vgl. BGH GRUR 2011, 340 - Irische Butter, Rn 24)

Die von einer konkreten Verletzungshandlung ausgehende Wiederholungsgefahr besteht jedoch nicht nur für die identische Verletzungsform, sondern auch für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen, so dass bei der Formulierung des Unterlassungsantrages Verallgemeinerungen zulässig sind, wenn in ihnen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform aus der begangenen Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 12, Rn 2.44, m.w.N.).

Vor diesem Hintergrund hat der Zusatz im Unterlassungsantrag die Aufgabe der Klarstellung, in welchem Umfang über die Umstände der konkret beanstandeten Handlung hinaus andere Verletzungshandlungen als im Kern gleichartig anzusehen sind (vgl. BGH GRUR 2011, 340 - Irische Butter, Rn 24). Auch unter diesem Aspekt begegnen der Antrag und das vom Landgericht ausgesprochene Verbot keinen Bedenken.

Dies gilt auch, soweit der Beklagten die streitgegenständliche Aussage nicht nur auf ihrer Webseite oder im Internet, sondern allgemein „sonst werblich“ untersagt wird. Die Verbreitung der beanstandeten Werbung über ein anderes Medium, etwa über eine Printzeitung, ist als der konkreten Verletzungsform im Kern gleich anzusehen, da der Irreführungsvorwurf ausschließlich durch den Inhalt der Werbung und nicht durch die Art und Weise der Verbreitung begründet wird. (vgl. auch BGH GRUR 2010, 156 – EIFEL-​ZEITUNG, Rn 25)

3. Den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten nebst Rechtshängigkeitszinsen hat das Landgericht dem Kläger zu Recht zugesprochen.

Dies greift die Berufung auch nicht mehr an.


C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO). Die Entscheidung folgt der höchstrichterlichen Rechtsprechung, und sie beruht auf den besonderen Umständen des vorliegenden Falles.










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