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OLG Celle Urteil vom 21.05.2015 - 13 U 38/14 - Widerruf eines Lexikonkaufs mit Teilzahlung

OLG Celle v. 21.05.2015: Widerruf eines auf den Kauf umfangreicher Nachschlagewerke gerichteten Teilzahlungsgeschäftes


Das OLG Celle (Urteil vom 21.05.2015 - 13 U 38/14) hat entschieden:
  1. Die Gesetzlichkeitsfiktion nach § 14 Abs. 1, 3 BGB-InfoV greift nur, wenn das verwandte Formular dem Muster der Anlage 2 zur BGB-InfoV sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. U. a. das Weglassen von Überschriften oder der vorgesehenen Schlusszeile steht der Gesetzlichkeitsfiktion entgegen (Bestätigung u. a. von BGH, Urteil vom. 1. Dezember 2010, VIII ZR 82/10).

  2. Ist eine postalische Erreichbarkeit unter der in einer Widerrufsbelehrung angegebenen Anschrift zweifelsfrei gewährleistet, genügt dies ausnahmsweise den Anforderungen einer ladungsfähigen Anschrift u.a. i.S.d. § 14 Abs. 4 BGB-InfoV a. F. auch dann, wenn die Hausnummer nicht angegeben oder die angegebene Postleitzahl (teilweise) fehlerhaft ist.

  3. Eine Belehrung über die Rechtsfolgen eines Widerrufs ist entgegen § 312 Abs. 2 BGB a.F. nach § 312a BGB a.F. nicht erforderlich, wenn der Vertrag zwar in einer Haustürsituation zustande gekommen ist, gleichzeitig aber ein Widerrufsrecht nach Maßgabe anderer Vorschriften besteht, nach denen eine solche Belehrung nicht erforderlich ist.

  4. Ein Widerrufsrecht ist nicht allein deshalb verwirkt, weil seit dem Vertragsschluss längere Zeit verstrichen und der Vertrag beiderseitig vollständig erfüllt ist. Hinzutreten muss vielmehr, dass sich der Widerrufsgegner im Vertrauen auf das Ausbleiben des Widerrufs so eingerichtet hat, dass ihm durch den späten Widerruf auch unter Berücksichtigung des vom Gesetz bezweckten Verbraucherschutzes unzumutbare Nachteile entstünden.

  5. Zur Bewertung der Nutzung umfangreicher Lexikotheken und anderer Nachschlagewerke.

  6. Vorteile aufgrund einer Teilzahlungsmöglichkeit begründen bei Widerruf von Teilzahlungsgeschäften keinen Anspruch auf Ersatz des Wertes von Nutzungen.



Siehe auch Die Widerrufsbelehrung im Onlinehandel und Buchhandel - Handel mit Büchern - E-Books


Gründe:

A.

Die Parteien streiten über die Rückabwicklung von Kaufverträgen über Bücher und andere Wissensmedien. Die Beklagte verkaufte im Direktvertrieb Lexika und andere Nachschlagewerke. Der Kläger zu 1, in einem Fall auch beide Kläger gemeinsam, bestellten bei ihr nach Hausbesuchen in sechs Fällen im Zeitraum von 1998 bis Juli 2011 unter anderem gedruckte Nachschlagewerke und Nachschlagewerke auf Datenträgern zu Teilzahlungspreisen von - soweit noch streitgegenständlich - 5.068 € (Vertrag vom 14. Juli 2003), 2.608 € (Vertrag vom 17. November 2006) und 2.765 € (Vertrag vom 7. April 2010), zahlbar in Raten. Der erstgenannte noch streitgegenständliche Vertrag ist beidseits vollständig erfüllt. Bei den letztgenannten beiden noch streitgegenständlichen Verträgen stehen noch Restzahlungen aus. Die Beklagte hat die in diesen Verträgen getroffene Teilzahlungsabrede zwischenzeitlich gekündigt.

Mit der Klage begehren die Kläger insbesondere die Rückzahlung der geleisteten Kaufpreise Zug um Zug gegen Rückgabe der gekauften Werke. Sie haben behauptet, auf den Vertrag vom 17. November 2006 Zahlungen in Höhe von 2.556 € und auf den Vertrag vom 7. April 2010 Zahlungen in Höhe von 1.131 € geleistet zu haben. Die Beklagte hat insoweit Zahlungen in Höhe von nur 2.412 € und 1.059,50 € zugestanden. Die Beklagte hat wegen noch ausstehender Zahlungsansprüche Widerklage erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 5.068 €, 2.556 € sowie von 1.059,50 € Zug um Zug gegen Rückgabe der gekauften Werke verurteilt. Die weitergehenden Klaganträge hat es abgewiesen. Ansprüche auf Wertersatz für Nutzungen, die die Beklagte den Klageansprüchen in erster Linie im Wege eines Zurückbehaltungsrechtes entgegenhält, hat es verneint. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf diese Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag sowie ihren Widerklageantrag weiter. Sie ist insbesondere der Auffassung, eine Belehrung über Rechtsfolgen des Widerrufs sei nicht erforderlich. Die von ihr verwandten Widerrufsbelehrungen entsprächen im Übrigen hinreichend dem amtlichen Muster. Zudem habe das Landgericht zu Unrecht eine Verwirkung der geltend gemachten Ansprüche abgelehnt sowie Ansprüche auf Leistung von Wertersatz für Nutzungen verneint.

Sie beantragt,
das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 7. Februar 2014 (Az.: 3 O 280/13) abzuändern und die Klage abzuweisen sowie in Bezug auf die Widerklage wie erstinstanzlich seitens der Berufungsklägerin und Beklagten beantragt zu erkennen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands beider Instanzen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 12. Mai 2015 gibt dem Senat nach pflichtgemäßem Ermessen keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.


B.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig aber nur teilweise begründet.

Dem Kläger zu 1 steht ein Anspruch auf Erstattung nur der auf den Vertrag vom 14. Juli 2003 geleisteten Zahlungen in Höhe von 5.068 € zu und dies nur Zug um Zug gegen Rückgabe der gekauften Werke sowie Zug um Zug gegen Wertersatz der gezogenen Nutzungen in Höhe von 907,60 € aufgrund des Widerrufs dieser Vertragserklärung gem. § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1, 2 BGB i. V. m. § 501 Satz 1, § 495 Abs. 1 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.). Soweit sich die Widerrufserklärung auf die weiteren Verträge bezog, war diese verfristet. Ansprüche der Klägerin zu 2 bestehen aus diesem Grund ebenfalls nicht. Die Widerklage ist begründet.

I.

Die klagweise geltend gemachten Ansprüche bestehen nur in dem vorgenannten Umfang.

1. Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Verträge (zunächst) wirksam durch Angebot und Annahme zustande gekommen. Selbst wenn die jeweiligen Handelsvertreter keine Abschlussvollmacht gehabt haben sollten, hätte die Beklagte die Annahmen der auf den Abschluss des Vertrages gerichteten Erklärungen der Kläger durch die Handelsvertreter jedenfalls konkludent genehmigt oder diese Erklärungen der Kläger zumindest konkludent durch die Erbringung der geschuldeten Leistungen angenommen.

Über die Person des Vertragspartners bestand keine Ungewissheit. Die Firma der Beklagten ist in den „Bestell-​Urkunden“ an mehreren Stellen wiedergegeben, insbesondere unmittelbar vor den Angaben zur Person des Käufers und in der Widerrufsbelehrung.

2. Die Verträge sind aufgrund der vorstehenden Erwägungen nicht nach § 502 Abs. 3 Satz 1 BGB i. V. m. dem Schriftformerfordernis nach § 492 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. nichtig, weil die Person des Vertragspartners nicht angegeben wäre. Auch die nach § 502 Abs. 1 BGB a. F. erforderlichen Angaben sind enthalten. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften wäre im Übrigen nach § 502 Abs. 3 Satz 2 BGB a. F. jedenfalls geheilt.

Die von den Klägern zur Begründung ihrer abweichenden Auffassung in Bezug genommene Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 12. August 2010 (8 U 347/09; vgl. Bl. 174) ist nicht einschlägig.

3. Die Kläger konnten die Verträge nicht wegen einer arglistigen Täuschung wirksam nach § 123 Abs. 1 BGB anfechten. Ein Verkäufer hat grundsätzlich nicht die Pflicht, seinen Vertragspartner vor dem Abschluss wirtschaftlich nachteiliger Geschäfte zu schützen oder irrige Vorstellungen über die Angemessenheit des Kaufpreises zu korrigieren (BGH, Urteil vom 9. November 2007 – V ZR 25/07, juris Tz. 21)

a) Auch wenn die jeweiligen Handelsvertreter die verkauften Lexika etc. als „Wert- und Kapitalanlage“ angepriesen haben sollten und dabei auch betont hätten, dass mit einer möglichen Komplettierung der Sammlung eine „ganz erhebliche Wertsteigerung“ einhergehe, stellte dies jedenfalls überwiegend eine erkennbar unverbindliche werbliche Anpreisung dar, durch die keine Tatsachen vorgespiegelt oder entstellt wurden. Marktschreierische Anpreisungen begründen kein Anfechtungsrecht (vgl. etwa BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - XI ZR 341/05, juris Tz. 30).

Die vorgetragene Anpreisung der verkauften Werke in den Verkaufsgesprächen enthält auch in ihrem tatsächlichen Kern - überwiegend - keine unzutreffenden Behauptungen, die eine tatbestandsmäßige Täuschung darstellten. Es lag auf der Hand, dass es sich bei den verkauften Werken nicht um Kapitalanlagen im klassischen Sinne handelte. Auch wenn sie als „ausgezeichnete Altersversorgung“ angepriesen worden sein sollen, war offensichtlich, dass dies nicht im Sinne einer sicheren Kapitalanlage verstanden werden konnte. Auch für den durchschnittlichen Erklärungsempfänger mag aus der Anpreisung als Kapitalanlage allenfalls geschlossen werden können, dass spekulativ eine Wertsteigerung möglich sei. Dass eine solche Behauptung falsch gewesen wäre, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

Die Kläger haben im Übrigen nicht behauptet, dass Angaben zu einer Wertentwicklung vergleichbarer Werke in der Vergangenheit getätigt worden seien, die unzutreffend gewesen wären. Auch haben sie nicht vorgetragen, dass insbesondere zu Unrecht das Vorhandensein eines geregelten Marktes vorgespiegelt worden wäre, über den die verkauften Werke zu Preisen veräußert werden könnten, die nach objektiven Maßstäben gebildet wären.

Betreffend den Vertrag vom 17. November 2006 haben die Kläger zwar behauptet, der dortige Verkäufer, Herr C. S. habe ihnen gegenüber geschildert, die bis dahin gekauften Bücher hätten schon eine Wertsteigerung von 100 % erfahren und ihnen eine Adresse gegeben, wo man diese Behauptung nachlesen könne. Diesen Vortrag hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht dahingehend korrigiert, dass von einer Wertsteigerung in Höhe von 50 - 60 % die Rede gewesen sei. Abgesehen davon, dass expliziter Vortrag der Kläger zur Unwahrheit dieser Behauptung fehlt, wäre ein hierauf beruhendes Anfechtungsrecht aber jedenfalls nach § 124 Abs. 1, 2 BGB verfristet. Der Kläger zu 1 hat nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung unter der von dem Verkäufer genannten Adresse „nichts“ gefunden. Vielmehr habe er etwa 1 Jahr später (mithin Ende 2007/Anfang 2008) unter anderem bei eBay die dort gehandelten Preise für die Bücher nachgesehen und „horrend niedrige Preise“ gefunden. Er kannte daher jedenfalls zu diesem Zeitpunkt die Unrichtigkeit der behaupteten Angaben des Verkäufers. Der Kläger zu 1 war dabei jedenfalls Wissensvertreter der Klägerin zu 2. Er hat den Kaufvertrag vom 17. November 2006 als Käufer allein unterzeichnet und daher die Klägerin zu 2 beim Vertragsschluss vertreten.

Im Übrigen wurden die Werke nach dem Vortrag der Kläger nicht allein als Wertanlage, sondern auch zur Nutzung verkauft, unter anderem für die Schulausbildung der Kinder der Kläger. Zwar sind derart umfangreiche Nachschlagewerke für einen solchen Zweck übertrieben und nicht zwingend erforderlich. Ein solches zwingendes Erfordernis haben die Verkäufer aber nach dem klägerischen Vortrag auch nicht vorgespiegelt. Ungeeignet und nutzlos sind die Werke jedenfalls nicht, was die Kläger auch nicht geltend machen.

b) Eine arglistige Täuschung über den Wert der verkauften Werke haben die Kläger nicht schlüssig dargelegt: Wären diese tatsächlich erheblich über ihrem tatsächlichen Wert veräußert worden, hätte aufgrund der Zusammenschau mit der Anpreisung als Wertanlage zwar eine Aufklärungspflicht der Handelsvertreter bestehen können. Eine derartige Diskrepanz zum tatsächlichen Wert der gekauften Werke ist jedoch nicht schlüssig dargelegt.

Zwar bedarf es keines „besonders substantiierten" Vorbringens zur Darlegung eines bestimmten Verkehrswertes. Grundsätzlich ist es ausreichend, wenn die darlegungspflichtige Partei einen bestimmten Wert behauptet und durch Sachverständigengutachten unter Beweis stellt. Unbeachtlich ist eine solche Behauptung nur dann, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich aufs Geratewohl, gleichsam „ins Blaue hinein" aufgestellt worden ist; bei der Annahme eines solchen rechtmissbräuchlichen Verhaltens ist allerdings Zurückhaltung geboten. In der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte den Vorwurf einer Behauptung „ins Blaue hinein" rechtfertigen können (BGH, Beschluss vom 20. März 2014 – V ZR 149/13, juris Tz. 6 m. w. N.).

Hier fehlen jegliche tatsächliche Anknüpfungspunkte für die Behauptung eines erheblich unter dem Verkaufspreis liegenden Neuwertes. Die bei Verkäufen gebrauchter Werke (z. B. über eBay) erzielten Kaufpreise lassen keine hinreichenden Rückschlüsse auf den Neuwert zu. Allenfalls ließen sich Anhaltspunkte für einen geringeren Marktwert aus einem Vergleich mit anderen (neuen) Werken ziehen. Dass zum damaligen Zeitpunkt überhaupt andere vergleichbare Werke angeboten worden wären und diese einen deutlich niedrigeren Preis als die von den Klägern gekauften Werke gehabt hätten, ist nicht ersichtlich. Die Preise der von der Beklagten verkauften Werke waren am Markt vielmehr offensichtlich erzielbar und damit für die Bestimmung des Verkehrswertes (zumindest mit) zu berücksichtigen.

Auch der Vortrag zu Produktionskosten (etwa 1 % des Verkaufspreises) und dem Preis, zu dem die Werke Mitarbeitern der Beklagten angeboten worden seien (etwa 10 % des Verkaufspreises) lassen keine Rückschlüsse zu. Zu letzteren Preisen wurden die Werke nicht auf dem allgemeinen Markt gehandelt.

Ein Sachverständigengutachten ist daher nicht einzuholen.

4. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen sind die jeweiligen Verträge nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig. Die Kläger haben schon kein auffälliges oder grobes Missverhältnis zwischen den Werten der Werke und dem jeweiligen Kaufpreis schlüssig dargelegt und auch sonst keinen Umstand vorgetragen, der auf eine Ausbeutung, einen Mangel an Urteilsvermögen o. Ä. hinreichend hindeutete.

5. Allerdings steht dem Kläger zu 1 aufgrund des Widerrufs seiner auf den Abschluss des Vertrages vom 14. Juli 2003 gerichteten Willenserklärungen ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Kaufpreise Zug um Zug gegen Rückgabe der gekauften Werke sowie Ersatz der gezogenen Nutzungen aus § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1, 2 BGB i. V. m. § 501 Satz 1, § 495 Abs. 1 BGB a. F. zu. Der Widerruf der weiteren Verträge war demgegenüber verfristet.

a) Bei allen Verträgen handelte es sich um Teilzahlungsgeschäfte i. S. d. § 501 BGB a. F., so dass den Klägern jeweils ein Widerrufsrecht zustand.

b) Mit Anwaltsschreiben vom 28. Januar 2013 (Anlage K 9, Bl. 54 d. A.) ist der Widerruf der geschlossenen Verträge erklärt worden. Dieser Widerruf war zwar ausdrücklich nur für den Kläger zu 1 erklärt. Jedenfalls die Klageerhebung ist aber auch als Widerruf im Namen der Klägerin zu 2 auszulegen.

c) Der von dem Kläger zu 1 erklärte Widerruf war nur betreffend den Vertrag vom 14. Juli 2003 rechtzeitig. Die Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 BGB a. F. hat insoweit nicht zu laufen begonnen, weil dem Kläger zu 1 insoweit keine ausreichende Widerrufsbelehrung erteilt worden war. Die weiteren Widerrufsbelehrungen genügten demgegenüber den gesetzlichen Anforderungen, so dass der erklärte Widerruf nach § 355 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB a. F. verfristet war.

aa) Die Widerrufsbelehrung in der „Bestell-​Urkunde“ betreffend den Kaufvertrag vom 14. Juli 2003 (Anlage K 4) informierte den Kläger zu 1 jedenfalls nicht ausreichend hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist, über den der Verbraucher gem. § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB eindeutig zu unterrichten ist. Die von der Beklagten hier verwendete Formulierung, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, ist unzureichend, weil sie nicht umfassend und zudem irreführend ist (vgl. näher: BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, juris Tz. 34; Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, juris Tz. 14).

Eine Berufung auf § 14 Abs. 1, 3 BGB-​InfoV a. F. und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 u. 3 BGB-​InfoV in den hier maßgeblichen Fassungen vom 5. August 2002 ist der Beklagten schon deshalb verwehrt, weil sie kein Formular verwendet hat, das dem bezeichneten Muster in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht vollständig entsprach. Nach § 14 Abs. 1 BGB-​InfoV genügt eine Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB, wenn das entsprechende Muster verwandt wird. Dabei kann sich ein Unternehmer auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-​InfoV nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10, juris Tz. 37; Urteil vom 19. Juli 2012 - III ZR 252/11, juris Tz. 15 f.; Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, juris Tz. 15 ff., jeweils m. w. N.).

Im vorliegenden Fall wich die Widerrufsbelehrung von dem Formular jedenfalls insoweit ab, als diese keine Überschrift „Widerrufsbelehrung“ oder „Widerrufsrecht“ enthielt. Eine Abweichung in der äußeren Gestaltung ist nach § 14 Abs. 3 BGB-​InfoV jedoch nur in Format und Schriftgröße zulässig. Das Fehlen der im Formular vorgegebenen Überschrift steht dem Eintritt der Schutzwirkung entgegen (im Ergebnis ebenso: BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, juris Tz. 16; Senat, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 13 U 205/13, juris Tz. 40; OLG Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 2012 - 4 U 194/11, juris Tz. 27; OLG Schleswig, Urteil vom 25. Oktober 2007 - 16 U 70/07, juris Tz. 27; OLG München, Urteil vom 17. Januar 2012 – 5 U 2167/11, juris Tz. 42).

Darüber hinaus enthielt die Belehrung nicht die vorgesehene Schlusszeile („(Ort), (Datum), (Unterschrift des Verbrauchers)“). Die nach der Fußnote 9 zugelassene Alternative („Ihr(e) (einsetzen: Firma des Unternehmers)“) war ebenfalls nicht vollständig verwandt, die Anrede („Ihre“) fehlte.

Ob darüber hinaus die in dem Muster vorgesehene Belehrung über Widerrufsfolgen nach Fußnote 4 entfallen konnte, weil die beiderseitigen Leistungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht wurden, kann hier offen bleiben. Gleiches gilt für die Angabe der ladungsfähigen Anschrift.

Entgegen der Auffassung der Berufung war das Weglassen sowohl der Über- als auch der Unterschrift nicht deshalb unschädlich, weil diese nicht Gegenstand des „amtlichen Musters“ wären (vgl. auch: Senat, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 13 U 205/13, juris Tz. 40). Die Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-​InfoV enthielt unter der Überschrift „Muster für die Widerrufsbelehrung“ einen eingerahmten Text, der mit der Überschrift „Widerrufsbelehrung“ begann und weitere Zwischenüberschriften enthielt (BGBl. I, 2002, 3009 sowie BGBl. I, 2004, 3110). Schon diese grafische Gestaltung des Gesetzes zeigt, dass unter anderem die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ und auch die Schlusszeile, die regelmäßig eine Unterschrift des Verbrauchers vorsah, zu dem Muster gehörten, dessen Verwendung die Gesetzlichkeitsfiktion begründete.

Entgegenstehendes lässt sich auch der von der Berufung in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. August 2012 (VIII ZR 378/11, juris) nicht entnehmen. Gegenstand dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs war allein die Wirksamkeit der BGB-​Informationspflichten-​Verordnung, nicht jedoch, ob die im dort zu entscheidenden Fall verwandte Widerrufsbelehrungen mit dem Muster übereinstimmte. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs geht vielmehr ohne nähere Problematisierung davon aus, dass das Muster verwandt wurde (a. a. O., Tz. 10). Auch die vorausgegangene Berufungsentscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. Dezember 2011 (9 U 52/11, juris) hat dies nicht problematisiert, sondern lediglich darauf abgestellt, dass die Belehrung wörtlich dem „Text“ des Musters entsprochen habe. Dass in der dort in Frage stehenden Belehrung eine Überschrift fehlte oder abgeändert worden wäre, war dieser Entscheidung nicht zu entnehmen. Auch wenn - wie die Berufung vorträgt - tatsächlich statt der vorgesehenen Überschrift „Widerrufsbelehrung“ und „Widerrufsrecht“ die Überschrift „Widerrufsrecht für Verbraucher“ verwandt wurde, ist dem Urteil des Bundesgerichtshofs nicht zu entnehmen, dass er diese abweichende Formulierung bei seiner Entscheidung berücksichtigt hatte. Es spricht nichts dafür, dass er ohne nähere Begründung und auch nur ohne ausdrückliche Klarstellung von seiner bis dahin geltenden Rechtsprechung abweichen wollte.

Auch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. November 2011 (I ZR 123/10) rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Dort wurde die Überschrift zwar nicht als „Teil der Widerrufsbelehrung selbst“ bezeichnet (a. a. O., Tz. 25). In dem dort zu entscheidenden Fall ging es allerdings nicht um die Gesetzlichkeitsfiktion (und damit um die Übereinstimmung mit dem Muster), sondern nur darum, ob die verwandte Belehrung dem Deutlichkeitsgebot entsprach. Die dort vorgenommene Einschätzung, die Belehrung habe „inhaltlich“ der Musterbelehrung entsprochen (a. a. O., Tz. 23, 25) gibt daher für die hier zu beurteilende Gesetzlichkeitsfiktion nichts her.

Soweit das Oberlandesgericht Bamberg ausnahmsweise „punktuelle Abweichungen“, die keinen „inhaltsbezogenen Eingriff“ darstellen, als unschädlich angesehen hat (Urteil vom 25. Juni 2012 - 4 U 262/11, juris Tz. 47 f.; dagegen OLG Köln, Urteil vom 23. Januar 2013 - 13 U 69/12, juris Tz. 31), hatte die dortige Entscheidung einen anderen Sachverhalt zum Gegenstand, in dem - anders als vorliegend - durch die „punktuelle Abweichung“ nicht die Deutlichkeit der Erklärung berührt war.

bb) Die Widerrufsbelehrungen in den weiteren Vertragsurkunden betreffend die Verträge vom 17. November 2006 (Anlage K 5) und vom 7. April 2010 (Anlage K 6) entsprechen demgegenüber entgegen der Auffassung des Landgerichts den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Belehrung.

(1) Nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung hatte die Widerrufsbelehrung u. a. die Anschrift desjenigen zu enthalten, gegenüber dem der Widerruf zu erklären war. Nach § 14 Abs. 4 BGB-​InfoV (gültig bis 10. Juni 2010) war darüber hinaus in der Belehrung die ladungsfähige Anschrift anzugeben, sofern kein Muster der Anlage 2 oder 3 verwandt wurde. Die vom 8. Dezember 2004 bis zum 31. März 2008 sowie vom 1. April 2008 bis zum 3. August 2009 geltenden Muster für die Widerrufsbelehrung in der Anlage 2 sahen nach den Gestaltungshinweisen zu Nr. 3 bzw. Nr. 4 ebenfalls jeweils die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Widerrufsadressaten vor.

Grundsätzlich dürfte damit zwar eine Angabe von Straße und Hausnummer erforderlich gewesen sein; eine Postfachangabe dürfte nicht genügt haben. In beiden Widerrufsbelehrungen fehlt hier demgegenüber eine Angabe der Hausnummer; genannt ist neben der Straße nur ein Postfach sowie eine Postleitzahl und der Ort G. Zudem mögen die letzten beiden Ziffern der angegebenen Postleitzahl falsch gewesen sein. Dennoch stellt dies keinen erheblichen Fehler der Widerrufsbelehrungen dar, aufgrund dessen es an einer ordnungsgemäßen Belehrung nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. fehlte.

(a) Zur Anschrift - insbesondere zur ladungsfähigen Anschrift - gehört grundsätzlich neben der Straße auch die Angabe der Hausnummer (BVerwG, Urteil vom 13. April 2009 - 1 C 24/97, juris Tz. 28; KG, Beschluss vom 10. März 2005 - 19 WF 34/05, juris Tz. 3; BayLSG, Urteil vom 24. April 2012 - L 8 SO 125/10, juris Tz. 26). Unter einer ladungsfähigen Anschrift ist nicht eine Postfach-​Anschrift, sondern die Wohnungsanschrift zu verstehen (BVerwG, a. a. O., Tz. 32 ff.). Überwiegend wird daher vertreten, dass die Angabe einer Postfachanschrift den an eine ausreichende Widerrufsbelehrung zu stellenden Anforderungen nicht genügt (so: OLG Koblenz, Urteil vom 9. Januar 2006, 12 U 740/04, juris Tz. 21 ff.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 12. August 2010 - 8 U 347/09, juris Tz. 18 ff.; juris PK-​BGB/Wildemann, 4. Aufl., § 355 Rn. 45; Kaiser in: Staudinger (2012) § 360 Rn. 23; dies. in: Staudinger (2004) § 355 Rn. 34; wohl auch: Palandt/Grüneberg, 68. Aufl., § 355 Rn. 14; a. A.: OLG Koblenz, Urteil vom 21. Juli 2005, juris Tz. 33 ff.; Staudinger/Kessal-​Wulf (2012) § 495 Rn. 31; offen gelassen von OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. August 2012 - 3 W 72/12, juris Tz. 15 ff.). Die dem entgegenstehende Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. April 2002 (I ZR 306/99, juris Tz. 12 ff.) dürfte nach der vorzitierten herrschenden Auffassung durch § 14 BGB-​InfoV überholt sein.

Soweit teilweise (Kessal-​Wulf, a. a. O., Rn. 35; zweifelnd auch OLG Koblenz, Urteil vom 21. Juli 2005, a. a. O.) angenommen wurde, § 14 BGB-​InfoV sei wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig, dürfte dem nicht zu folgen sein. Diese Verordnung stützt sich auf Art. 245 EGBGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung. Hiernach wurde das Bundesministerium der Justiz ermächtigt, durch Rechtsverordnung Inhalt und Gestaltung der mitzuteilenden Belehrung festzulegen. Dass u. a. § 14 Abs. 4 BGB-​InfoV a. F. Regelungen enthielt, die über die Anforderung des § 355 BGB a. F. hinausgingen, dürfte daher durch die Verordnungsermächtigung gedeckt sein. Auch der Bundesgerichtshof hat die Bedenken an der Wirksamkeit der Verordnung - jedenfalls im Hinblick auf § 14 Abs. 1 BGB-​InfoV - nicht geteilt (Urteil vom 15. August 2012 - VIII ZR 378/11, juris Tz. 14 ff.).

Dieser Auffassung dürfte auch nicht entgegenstehen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Angabe einer Postfachadresse als Widerrufsadresse bei einem Fernabsatzvertrag auch unter Geltung der BGB-​InfoV ausreichte (BGH, Urteil vom 25. Januar 2012 - VIII ZR 95/11, juris Tz. 11 ff.). Diese Erkenntnis ist nach den dortigen Entscheidungsgründen ausdrücklich auf den Fall eines Fernabsatzvertrages beschränkt. Auf diesen fand nicht § 14 BGB-​InfoV, sondern § 1 BGB-​InfoV Anwendung, der in Abs. 1 Nr. 10 BGB-​InfoV abweichend von § 14 Abs. 4 BGB-​InfoV a. F. nur die Angabe der Anschrift und nicht der ladungsfähigen Anschrift verlangt. Der Bundesgerichtshof hat die vorgenannte Entscheidung zudem auch ausdrücklich damit begründet, dass es sachlich gerechtfertigt sei, an eine Information über das Widerrufsrecht im Fernabsatzgeschäft insoweit andere Anforderungen als an sonstige Widerrufsbelehrungen zu stellen (a. a. O., Tz. 14).

(b) Vorliegend war aber nach dem unstreitigen und durch eine Bestätigung der Deutschen Post AG vom 8. September 2014 (Anlage HLW 11, Bl. 591 d. A.) unterlegten Vortrag der Beklagten eine Zustellung unter den in den Widerrufsbelehrungen genannten Anschriften jederzeit gewährleistet. Ausreichend war hiernach bereits, dass nur die Firma der Beklagten und der Ort G. im Adressfeld genannt waren.

Ist demgemäß eine postalische Erreichbarkeit unter der angegebenen Anschrift zweifelsfrei gewährleistet, genügt dies ausnahmsweise den Anforderungen einer ladungsfähigen Anschrift u. a. i. S. d. § 14 Abs. 4 BGB-​InfoV a. F. auch dann, wenn die Hausnummer nicht angegeben oder die angegebene Postleitzahl (teilweise) fehlerhaft ist (ebenso: OLG Hamburg, Beschluss vom 15. April 2014 - 13 U 52/14, juris Tz. 6).

Diese Auslegung des Begriffs der ladungsfähigen Anschrift folgt bereits aus dem Wortlaut, wonach eine Ladung unter dieser Anschrift möglich sein muss. Darüber hinaus sprechen für eine solche Auslegung Schutzzweckgesichtspunkte. Gesteigerte Anforderungen stellten einen Formalismus dar, der den Verbraucherschutz in der Sache nicht erhöhte, den Rechtsverkehr vielmehr nur unnötig erschwerte. Darüber hinaus stimmte jedenfalls die in der Vertragsurkunde vom 7. April 2010 angegebene Anschrift mit der zum damaligen Zeitpunkt im Handelsregister (vgl. Anlage HLW 10, Bl. 588 d. A.) angegebenen Anschrift der Beklagten überein, so dass nach § 35 Abs. 2 Satz 3 GmbHG bereits unwiderleglich vermutet wurde, dass die Vertreter der Gesellschaft für den Zugang von Willenserklärungen und für Zustellungen unter der im Handelsregister eingetragenen Anschrift zu erreichen sind (Altmeppen in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 35 Rn. 62). Auch deshalb bestand jedenfalls betreffend diesen Vertrag ein Schutzbedürfnis der angesprochenen Verbraucher nicht, weil der Zugang einer entsprechenden Widerrufserklärung fingiert wird, auch wenn er tatsächlich - was aber hier auszuschließen ist - wegen einer fehlerhaften Adressangabe unterbleiben sollte.

(2) Die jeweils enthaltene Angabe, der Widerruf sei in Textform oder durch Rücksendung der Ware zu widerrufen, ist nicht irreführend, auch wenn es nach der Vertragsgestaltung nicht vorgesehen gewesen sein mag, dass die wechselseitigen Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist erbracht wurden. Auch aus der Belehrung in der Vertragsurkunde vom 17. November 2006 ergab sich eindeutig, dass die Widerrufsfrist von zwei Wochen mit dem Erhalt der Belehrung begann und mithin eine Rücksendung der Ware diese Frist nicht wahrte, wenn die Ware erst nach Fristablauf geliefert wurde. Die Gefahr einer Irreführung aufgrund einer vergleichbaren Formulierung hatte der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 2. Februar 2011 (VIII ZR 103/10, juris Tz. 16) nur aufgrund des Zusammenhangs mit der ebenfalls unzureichenden Formulierung „frühestens“ zur Bestimmung des Fristbeginns gesehen.

(3) Die Belehrung hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist, die Frist beginne „mit dem Erhalt dieser Belehrung“, ist nicht zu beanstanden, obwohl nach § 187 Abs. 1 BGB der Tag, in welchem das hier maßgebliche Ereignis des Erhalts der Belehrung fällt, bei der Berechnung der Frist nicht mitgerechnet wird (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 - VII ZR 6/10, juris Tz. 26).

Die in der Vertragsurkunde vom 7. April 2010 enthaltene Formulierung, maßgeblich für den Fristbeginn sei „der Erhalt einer Abschrift dieser Vertragsurkunde, auf der diese Belehrung abgedruckt ist“, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Inhaltlich ist diese Belehrung zutreffend. Eine Irreführungsgefahr besteht entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb, weil die von den Käufern unterzeichnete Urkunde als „Bestell-​Urkunde“ und nicht als Vertragsurkunde überschrieben ist. Sofern überhaupt Zweifel bestehen könnten, werden diese durch den Bezug auf eine Abschrift „dieser Vertragsurkunde“ beseitigt (Unterstreichung durch den Senat).

(4) Bedenken betreffend die deutliche Gestaltung der Belehrung bestehen nicht.

(5) Eine Belehrung über die Widerrufsfolgen war entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht nach § 312abs. 2 BGB a. F. erforderlich. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine solche Belehrung immer dann unterbleiben konnte, wenn es nach der konkreten Vertragsgestaltung ausgeschlossen war, dass vertragliche Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist erfolgen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 103/10, juris Tz. 17 ff.; OLG Frankfurt, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 9 U 68/11, juris Tz. 28) und ob es in den vorliegenden Fällen tatsächlich nach den konkreten Vertragsgestaltungen ausgeschlossen war, dass diese Leistungen hier vor Ablauf der Widerrufsfrist erfolgten.

Vielmehr war bereits nach § 312a BGB a. F. das Widerrufsrecht nach § 312 BGB a. F. ausgeschlossen, da dem Kläger aufgrund der jeweils vereinbarten Finanzierungshilfen - wie dargestellt - nach Maßgabe anderer Vorschriften ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB a. F. zustand, auch wenn die Voraussetzungen eines Widerrufsrechts bei Haustürgeschäften nach § 312 BGB a. F. erfüllt gewesen sein mögen. Dieser Vorrang nach § 312a BGB a. F. gilt für die Gesamtheit der materiell-​rechtlichen Normen betreffend das Widerrufs- oder Rückgaberecht und zwar auch insoweit, als § 312 BGB a. F. besondere, über § 355 Abs. 2 BGB a. F. hinausgehende Anforderungen an die Widerrufsbelehrung enthielt (Masuch in: MüKoBGB, 5. Aufl., § 312a Rn. 14; i. Erg. ebenso: OLG Brandenburg, Urteil vom 8. Juli 2009 – 4 U 152/08, juris Tz. 46 f.; wohl ebenso: Saenger in: Erman, BGB, 13. Aufl., § 312a Rdnr. 7; Junker in: jurisPK-​BGB, 6. Aufl., § 312a Rdnr. 14 f.; Schulte-​Nölke in: Nomos Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 312a Rdnr. 2 a. E.). Eine richtlinienkonforme Auslegung, die zu einem anderen Ergebnis führte, war nicht mehr (anders noch BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 - II ZR 395/01, juris Tz. 11 ff.) erforderlich (Palandt/Grüneberg, 69. Aufl., § 312a Rn. 1).

Nach § 355 Abs. 2 BGB a. F. war ein Hinweis auf die Widerrufsfolgen nicht erforderlich.

(a) § 312a BGB a. F. ist insbesondere nicht teleologisch dahin zu reduzieren, dass bei Zusammentreffen von Haustürgeschäft und Darlehensgeschäft die Widerrufsbelehrung auch der Vorschrift des § 312abs. 2 BGB gerecht werden müsse, da diese ein teilweise höheres Verbraucherschutzniveau aufweise und § 312a BGB bezwecke, dem teilweise höheren Verbraucherschutzniveau in den Spezialregelungen zur Anwendung zu verhelfen und es diesem Gesetzeszweck zuwiderliefe, wenn derjenige Verbraucher, der einen Vertrag mit Finanzierungshilfen in einer Haustürsituation geschlossen habe, wegen der Anwendbarkeit von § 312a BGB deutlich schlechter gestellt werde, als der derjenige Verbraucher, der ein Haustürgeschäft ohne Teilzahlungsabrede geschlossen habe (anders: OLG Oldenburg, Urteil vom 7. April 2015 - 12 U 122/14, vorgelegt als Anlage K 100, S. 8 - 10).

Die Regelung des § 312a BGB a. F. bezweckte in erster Linie die Vermeidung von Anwendungs- und Auslegungsproblemen in Fällen, in denen mehrere Widerrufsrechte anwendbar waren; sie diente der „systematischen Klarheit“ (BT-​Drs.14/9266, Seite 44; Junker in: jurisPK-​BGB, 6. Aufl., § 312a Rn. 1). Diesem Zweck liefe es zuwider, im Einzelfall abzugleichen, ob das Schutzniveau bei einem Widerrufsrecht betreffend Haustürgeschäfte höher wäre als bei einem Widerrufsrecht nach den jeweiligen Spezialregelungen.

Andererseits ging der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages bei seiner Beschlussempfehlung zu § 312a BGB zwar davon aus, dass die durch § 312a BGB a. F. vorgenommene Abgrenzung nicht das Schutzniveau schmälere; die Voraussetzungen für die Ausübung des Widerrufsrechts seien im Wesentlichen gleich. Unterschiede ergäben sich nur daraus, dass die für bestimmte Vertragstypen geregelten Widerrufsrechte für den Verbraucher in dem einen oder anderen Punkt günstiger seien (a. a. O.). Dass § 312abs. 2 BGB a. F. demgegenüber eine Regelung enthielt, die strengere Anforderungen an die Widerrufsbelehrung als die sonstigen Spezialregelungen aufstellte, hat der Gesetzgeber offensichtlich nicht bedacht. Eine einschränkende Auslegung könnte sich daher im Ausgangspunkt auch auf den gesetzgeberischen Willen stützen.

Unter Berücksichtigung des primären gesetzlichen Zwecks ist eine solche einschränkende Auslegung aber nicht gerechtfertigt. Abgrenzungsschwierigkeiten, denen die Regelung gerade begegnen sollte, wären wiederum uneingeschränkt vorhanden. Es wäre jeweils zu prüfen, inwieweit sich unterschiedliche Regelungen günstig oder ungünstig für den Verbraucher auswirken.

Eine teleologische Reduktion lässt sich auch nicht auf eine richtlinienkonforme Auslegung stützen. Der Hinweis auf Widerrufsfolgen gehört nicht zu den zwingenden Bestandteilen der Widerrufsbelehrung nach Art. 4 der Haustürwiderrufs-​Richtlinie (RL 85/577/EWG; vgl. auch Masuch in: MüKo BGB, 6. Aufl., § 312a Rn. 5 a. E.).

(b) Eine abweichende Auslegung ist entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht unter Berücksichtigung insbesondere des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 14. Juni 2004 (II ZR 395/01, juris Tz. 12) gerechtfertigt wonach § 5 Abs. 2 HaustürWG dahingehend auszulegen sei, dass die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes auch dann anwendbar seien, wenn das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz ausgeschlossen oder erloschen sei. Diese Entscheidung (und auch die weiteren Urteile des Bundesgerichtshofs vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, juris Tz. 16 sowie vom 8 Juni 2004 - XI ZR 167/02, juris Tz. 9 f; ebenso OLG Dresden, Urteil vom 25. April 2007, 12 U 2211/06, juris Tz. 4) bezogen sich auf die mit § 312a BGB in der seit dem 1. August 2002 geltenden Fassung nicht vergleichbaren Regelungen des § 5 Abs. 2 HaustürWG bzw. des § 312a BGB in der bis zum 31. Juli 2002 geltenden Fassung. Diese verstieß gegen die Haustürwiderrufsrechtlinie (vgl. Zitate bei: Palandt/Grüneberg, 73. Aufl., § 312a Rn. 1), weshalb eine richtlinienkonforme Auslegung vorgenommen wurde. Diese Unvereinbarkeit mit der Widerrufsrichtlinie wurde durch die Neuregelung des § 312a BGB mit Wirkung ab dem 1. August 2002 beseitigt, sodass heute keine Rechtfertigung für eine vom Wortlaut abweichende richtlinienkonforme Auslegung besteht (Thüsing in: Staudinger, BGB (2013), § 312a Rn. 8 nimmt zudem an, der Gesetzgeber habe mit der Gesetzesänderung deutlich gemacht, dass er den Wortlaut des zuvor geltenden § 312a BGB nicht in der Weise für auslegungsfähig hielt, in der ihn der Bundesgerichthofs ausgelegt hatte).

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14. Juni 2004 bezog sich zwar nicht auf einen Fall, in dem aufgrund einer sogenannten Bereichsausnahme ein Widerrufsrecht ohne eine richtlinienkonforme Auslegung überhaupt gefehlt hätte. Vielmehr bezog sich die dortige Entscheidung auf die Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbraucherKG a. F., nach der das Widerrufsrecht spätestens 1 Jahr nach Abgabe der Willenserklärung erlöschte. Auch wenn in dieser Fallgestaltung eine richtlinienkonforme Auslegung nicht geboten gewesen wäre, beruhte die vorgenommene Auslegung doch auf dem für die frühere Gesetzesfassung allgemein angenommenen Auslegungsbedarf.

(c) Dass das nach §§ 501, 495, 355 BGB a. F. bestehende Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB a. F. zwischenzeitlich aufgrund einer insoweit ordnungsgemäßen Belehrung erloschen war, führt nicht dazu, dass das Widerrufsrecht nach § 312 Abs. 1 BGB a. F. wieder auflebt. Allein der Umstand, dass überhaupt die Möglichkeit des Widerrufs nach § 495 Abs. 1 BGB a. F. je bestand, sperrt die Anwendbarkeit des § 312 BGB a. F. Die Vorrangregelung des § 312a BGB a. F. kann nicht dadurch ausgehebelt werden, dass von der Möglichkeit des Widerrufs nach § 495 Abs. 1 BGB nicht oder nicht rechtzeitig Gebrauch gemacht wird (OLG Brandenburg, a. a. O., Tz. 58; Saenger in: Erman, BGB, 13. Aufl., § 312a Rdnr. 7; Junker in: jurisPK-​BGB, 6. Aufl., § 312a Rdnr. 15; Schulte-​Nölke in: Nomos Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 312a Rdnr. 2 a. E.).

(d) Die Regelung des § 312a BGB a. F. ist schließlich nicht verfassungswidrig (anders: AG Kerpen, Beschluss vom 3. Juli 2014 - 104 C 340/13, juris). Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung seinen Gestaltungsspielraum noch nicht überschritten. Die Auffassung des Amtsgerichts, bei der Kumulation von Widerrufsrechten oder Belehrungspflichten seien jedenfalls die Mindeststandards einzuhalten, welche sich aus den einzelnen Vorschriften zugunsten von Verbrauchern ergeben (a. a. O. Tz. 43), führt insoweit nicht weiter. Welche „Mindeststandards“ bestehen, stellt eine gesetzgeberische Entscheidung dar. Auch unter Berücksichtigung der Haustür-​Richtlinie spricht viel dafür, die Information über die Widerrufsfolgen nicht zu materiellen „Mindeststandards“ zu zählen. Sollte das Amtsgericht demgegenüber die Auffassung vertreten, bei einer Kumulation verschiedener Widerrufsgründe seien alle Verbraucherschutzpflichten im Zusammenhang mit den jeweiligen Widerrufsrechten zu kumulieren, stellte dies eine mögliche gesetzgeberische Lösung dar, die aber nicht zwingend ist.

d) Das hiernach betreffend den Vertrag vom 14. Juli 2003 bestehende und nicht durch Fristablauf erloschene Widerrufsrecht ist nicht verwirkt.

Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde, sich deshalb hierauf eingerichtet hat und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteile vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, juris Tz. 23; Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 10/11, juris Tz. 20 f.; Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, juris Tz. 20; BGH, Urteil vom 29. Januar 2013 - EnZR 16/12, juris Tz. 13). Gerade im Anwendungsbereich von Verbraucherschutzrechten und damit zusammenhängenden Widerrufsrechten sind strenge Anforderungen zu stellen. Die mit der unterlassenen oder nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile hat grundsätzlich der Geschäftspartner des Verbrauchers zu tragen. Die bloße Dauer zwischen dem widerrufenen Geschäft und dem Widerruf reicht dafür nicht aus (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2004 a. a. O., Tz. 23 f.).

Das Zeitmoment dürfte vorliegend betreffend den Vertrag vom 14. Juli 2003 gegeben sein. Es fehlt aber an dem Umstandsmoment. Dabei kann schon dahingestellt bleiben, ob angesichts der vollständigen beiderseitigen Erfüllung dieses Vertrages und des Umstandes, dass die Kläger nach den zuerst geschlossenen Verträgen jeweils weitere Verträge geschlossen und - jedenfalls überwiegend - erfüllt haben, ein mögliches Vertrauen der Beklagten auf die Beständigkeit der Verträge gerechtfertigt wäre und ob die Beklagte hierauf - wie sie vorträgt - vertraut hat. Hinzukommen muss nämlich weiter, dass sich die Verpflichtete darauf eingerichtet hat, dass das Widerrufsrecht nicht mehr geltend gemacht werde, und deshalb die spätere Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteile vom 18. Oktober 2004 und vom 11. Oktober 2012, a. a. O.). Dies setzt voraus, dass sie sich im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten und seine Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihr durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH, Urteile vom 20. Juli 2010 und vom 29. Januar 2013, a. a. O.).

Hierzu hat die Beklagte auch auf den Hinweis des Senats vom 19. September 2014 nichts Erhebliches vorgetragen. Dass die verkauften Werke aufgrund des Zeitablaufs entwertet sein mögen, ist insoweit unerheblich.

Darüber hinaus konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass die Kläger wussten, dass ein Widerruf nach Ablauf der in der Belehrung genannten Frist aufgrund von Mängeln der Belehrung noch möglich war. Sie konnte daher aus einer Untätigkeit der Kläger oder auch aus der weiteren Erfüllung der Verträge nicht schließen, dass ein Widerruf auch nach späterem Erkennen der fortbestehenden Widerrufsmöglichkeit nicht erfolgen würde. Ob weiter auch der Umstand gegen die Schutzwürdigkeit eines möglichen Vertrauens der Beklagten spricht, dass diese unter Umständen die Unzulänglichkeit der verwendeten Belehrung erkannt, ihren Kunden aber keine neue, richtige Belehrung erteilt hat (dazu LGU 19 f.; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 25. August 2014 - 31 U 74/14, juris), kann offen bleiben.

Sofern teilweise das Umstandsmoment allein aufgrund vollständiger beiderseitiger Erfüllung sämtlicher Vertragspflichten bejaht wurde (so: OLG Köln, Urteil vom 25. Januar 2012 - 13 U 30/11, juris Tz. 24; KG, Urteil vom 16. August 2012 - 8 U 101/12, juris Tz. 6; andeutend auch: OLG Celle, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 8 U 198/13, juris Tz. 42; anders: OLG Köln, Urteil vom 23. Januar 2013 - 13 U 69/12, juris Tz. 33) stehen diese Entscheidungen der hier vorgenommenen Wertung nicht entgegen. So sind sowohl das Oberlandesgericht Köln in seinem Urteil vom 25. Januar 2012 als auch das Kammergericht jeweils von den zutreffenden und auch hier zugrunde gelegten Obersätzen ausgegangen. In dem dem Urteil des Kammergerichts zugrunde liegenden Sachverhalt bestand die weitere Besonderheit, dass dort der Leasinggeber den Leasinggegenstand nach vollständiger Erfüllung des Leasingvertrages anderweitig - wenn auch an die Tochter des Leasingnehmers - verkauft und dieser finanziert hat, so dass er dort (wohl) im Vertrauen auf die Beständigkeit des Vertrages eine Vermögensdisposition getroffen hat. Dem Urteil des Oberlandesgerichts Köln lag ein abweichender Sachverhalt zugrunde, in dem die auf einen Darlehensvertrag gerichtete Willenserklärung widerrufen wurde, nachdem die Darlehensvaluta vollständig zurückgezahlt war. Ob dies für sich genommen die Annahme einer Verwirkung rechtfertigte, ist hier nicht zu entscheiden. Sollte diesen Entscheidungen allerdings - ungeschrieben - der Rechtssatz zugrunde liegen, dass ein Widerrufsrecht bei beiderseitiger vollständiger Vertragserfüllung nach Ablauf längerer Zeit seit dem Vertragsschluss stets verwirkt sei, folgt der Senat dem aus den genannten Gründen nicht.

e) Aufgrund des damit wirksam erklärten Widerrufs des Vertrages vom 14. Juli 2003 sind nach § 346 Abs. 1, 2 BGB i. V. m. § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben bzw. - da die Herausgabe der Nutzung nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist - insoweit Wertersatz zu leisten. Ein solcher Anspruch auf Ersatz des Wertes gezogener Nutzungen besteht im vorliegenden Fall allerdings nur in Höhe eines Bruchteils des Wertes der Kaufgegenstände.

aa) Zwar ist zur wirksamen Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts die genaue Bezeichnung der Gegenleistung und damit auch die konkrete Bezifferung des Gegenanspruchs erforderlich (s. auch Soergel/Wolf BGB, 12. Aufl., § 274 Rdnr. 4; Erman/Ebert, BGB, 13. Aufl., § 274 Rdnr. 1). Eine solche Bezifferung hat die Beklagte aber mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2014 vorgenommen. Diese Konkretisierung ist nach § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Einer Zurückweisung nach § 530 ZPO i. V. m. § 296 Abs. 1 ZPO steht entgegen, dass die Beklagte zuvor nicht auf diese offensichtlich übersehene Notwendigkeit hingewiesen worden war, § 139 Abs. 2 ZPO.

bb) Herauszugeben bzw. nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB in ihrem Wert zu ersetzen sind Nutzungen, zu denen nach § 100 BGB Gebrauchsvorteile gehören. Wenn eine konkrete Nutzung nicht festzustellen ist, liegen die Gebrauchsvorteile in der bloßen Nutzungsmöglichkeit (jurisPK-​BGB/Faust, 6. Aufl., § 346 Rn. 101). Jedenfalls bei den hier in Frage stehenden Nachschlagewerken ist nicht erforderlich, die tatsächliche Nutzung konkret darzulegen und hierzu etwa vorzutragen, wann, wie oft und in welchen Bereichen die Werke gelesen wurden. Eine Bewertung hiernach stieße nicht nur auf nahezu unüberwindliche Darlegungsschwierigkeiten des Gläubigers, sondern entspräche auch nicht der Wertung, die der Verkehrsauffassung entspricht und zudem der anzuwendenden Berechnungsmethode ausgehend von der linearen Wertabschreibung zugrunde liegt. Ein Nachschlagewerk verliert nicht dadurch an Wert, dass es - sorgsam - gelesen wird, sondern dadurch, dass es - regelmäßig mit der Möglichkeit einer Nutzung - vorgehalten wird und altert. Entsprechend lässt sich eine durchschnittliche, gewöhnliche „Lesedauer“ nicht feststellen, im Verhältnis zu der der Wert der im konkreten Fall stattgefundenen Lesedauer zu bemessen wäre. Der Wert solcher Nachschlagewerke wird - neben u. U. dekorativem Nutzen - auch gerade darin gesehen, eine jederzeitige Nachschlagemöglichkeit zu haben. Diesen Wert danach zu differenzieren, ob viel oder wenig, oberflächlich oder intensiv gelesen wird, entspräche nicht der Verkehrsauffassung.

cc) Regelmäßig ist der Wert dieser Gebrauchsvorteile bei beweglichen Gegenständen nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung im Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebrauch - bzw. der Gebrauchsmöglichkeit - und der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer zu bestimmen (BGH, Urteil vom 31. März 2006 - V ZR 51/05, juris Tz. 12 f.; Urteil vom 25. Oktober 1995 - VIII ZR 42/94, juris Tz. 16, 28; Urteil vom 26. Juni 1991 - VIII ZR 198/90, juris Tz. 21; BT-​Drs. 14/6040, Seite 193 f.). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die fiktiven Aufwendungen herauszugeben sind, die der Käufer gehabt hätte, wenn er anderweit eine gleichartige und gleichwertige Sache angeschafft und diese für dieselbe Zeitspanne in derselben Weise genutzt hätte (BGH, Urteil vom 31. März 2006, a. a. O, Tz. 13; Urteil vom 25. Oktober 1995, a. a. O., Tz. 16). Dabei ist regelmäßig der Kaufpreis als Ausgangswert zugrunde zu legen (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1995, a. a. O., Tz. 29). Wertminderungen, die unabhängig von einer Nutzung oder der Vorhaltung der Nutzungsmöglichkeit eintreten, insbesondere dadurch, dass die verkaufte Sache aufgrund des Verkaufs nicht mehr als neu angesehen werden kann, sowie Verluste aufgrund eines Preisverfalls am Markt sind hierbei nicht zu ersetzen (BT-​Drs. 14/6040, Seite 193 a. E.).

Da diese Werte regelmäßig nicht exakt berechenbar sind, sind sie vom Gericht in entsprechender Anwendung von § 287 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen (BGH, Urteil vom 26. Juni 1991, a. a. O., Tz. 9).

Die Anwendbarkeit dieser Grundsätze ist allerdings auf Sachen mit einer begrenzten Gesamtnutzungsdauer beschränkt (MüKoBGB/Gaier, 6. Aufl., § 346 Rn. 26; jurisPK-​BGB/Vieweg, 6. Aufl., § 100 Rn. 14). Bei Gegenständen, die durch Gebrauch oder Zeitablauf nicht an Wert verlieren, ist umstritten, wie der Wert der Gebrauchsvorteile zu berechnen ist. Teilweise wird vertreten, dass diese anhand eines durchschnittlichen Miet-​/Pachtzinses zu bewerten seien (MüKoBGB/Gaier, § 346 Rn. 28; BeckOK-​BGB/Schmidt (Stand: 1. Februar 2014), § 346 Rn. 36; jurisPK-​BGB/Faust, § 346 Rn. 106). Teilweise wird vertreten, den Wert an die Ertragsverluste des für den Erwerb aufgewandten Kapitals anzulehnen (Soergel/ Lobinger, BGB, 13. Aufl., § 346 Rn. 56). Teilweise wird vertreten, dass in den Fällen, in denen aus dem bloßen Besitz der Sache kein materieller Nutzen gezogen wird, entsprechend einem § 253 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken immaterielle Nutzungen grundsätzlich keinen in Geld bewertbaren Vermögensvorteil hätten und daher kein Wertersatz geschuldet sei (Kaiser in: Staudinger (2012), BGB, § 346 Rn. 272 f.). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe gilt vorliegend Folgendes (vgl. zum Ganzen auch Senatsurteil vom 4. Dezember 2014 - 13 U 205/13, juris Tz. 57 ff.):

(1) Bei Nutzung der vorliegend in Frage stehenden Nachschlagewerke lässt sich die Ersparnis fiktiver Aufwendungen für die Anschaffung gleichartiger und gleichwertiger Sachen entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht mit dem Argument verneinen, der Bildungswert, der Gegenstand des Gebrauchs von Büchern ist, sei auf andere Weise auch kostenlos zu erlangen, etwa durch die Inanspruchnahme öffentlicher Bibliotheken. Die Möglichkeit des Zugriffs in Büchereien, die mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden ist, stellt gegenüber der jederzeit verfügbaren Nutzungsmöglichkeit im eigenen Haus keine vergleichbare Nutzungsmöglichkeit dar.

Die Ersparnis von Aufwendungen lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt negieren, dass die in den Nachschlagewerken enthaltenen Informationen heutzutage auch kostenfrei im Internet recherchiert werden können und regelmäßig auch werden. Abgesehen von dem ästhetischen Wert der verkauften Bücher besteht ihr wesentlicher Vorteil gegenüber der Recherche im Internet in der jedenfalls nach allgemeiner Auffassung größeren Verlässlichkeit gegenüber den Informationen in freien Internet-​Enzyklopädien (z. B. Wikipedia) und zum anderen in der didaktisch besonderen Aufarbeitung. Kostenlos zur Verfügung stehende Recherchemöglichkeiten bieten daher nicht den gleichen Nutzwert wie die verkauften Werke.

(2) Ebenfalls überzeugt die Auffassung nicht, § 253 BGB sei ein allgemeiner Rechtsgedanke zu entnehmen, aufgrund dessen Nutzungsvorteile mit immateriellem Charakter nicht zu ersetzen seien. § 253 BGB enthält eine Wertung betreffend die Ersatzpflicht immaterieller Schäden, jedoch nicht den allgemeinen Rechtsgedanken, dass immaterielle Vorteile keinen Wert hätten.

(3) Bei den vorliegend verkauften Werken handelte es sich um Gegenstände mit einer begrenzten Nutzungsdauer, die durch Zeitablauf an Wert verlieren. Auch wenn die in ihnen enthaltenen Informationen durch Zeitablauf regelmäßig nicht vollständig überholt und wertlos werden, unterliegen doch einzelne Informationen und insbesondere voraussichtlich die Art der didaktischen Vermittlung angesichts fortschreitender Digitalisierung und neuartiger Medien einem Wandel, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die verkauften Werke unbegrenzt in der allgemeinen Verkehrsanschauung als nutzungstauglich angesehen werden. Dass im Einzelfall an derartigen Werken ein u. U. zeitlich unbegrenztes Sammlerinteresse bestehen mag, hat bei der Bemessung der gewöhnlichen Nutzungsdauer unberücksichtigt zu bleiben.

Angesichts der Art der in diesen Werken enthaltenen Informationen und der üblicherweise eher hochwertigen Herstellung der gebundenen Werke ist eine verhältnismäßig lange Nutzungsdauer anzunehmen. Der Senat schätzt sie in entsprechender Anwendung von § 287 ZPO für überwiegend gedruckte Nachschlagewerke der vorliegenden Art, wie sie Gegenstand des Vertrages vom 14. Juli 2003 waren, unbeschadet des Umstandes, dass dort auch ein auf drei Jahre beschränkter Zugang zu digitalen Informationen verkauft wurde, auf 50 Jahre (vgl. demgegenüber betreffend überwiegend auf digitalen Datenträgern veröffentlichte Werke: Senat, a. a. O., Tz. 68; insoweit abweichend: OLG Oldenburg, a. a. O., S. 13). Dass der Nutzwert zum Ende dieser Zeitspanne geringer sein wird als heute, liegt in der Natur der Sache. Bei dieser Einschätzung knüpft der Senat an die regelmäßig vorhandene Vorstellung an, mit den hier in Frage stehenden Werken „etwas fürs Leben“ zu erwerben bzw. - bei höherem Lebensalter - etwas zum Vererben. Die allgemeine Verkehrsanschauung, die der Senat aus eigener Erfahrung feststellen kann, weil seine Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, legt daher eine entsprechende Nutzungsdauer zugrunde. Entgegen der Auffassung der Beklagten orientiert sich die Verkehrsauffassung jedenfalls betreffend die hier in Frage stehenden allgemeinen Nachschlagewerke nicht an üblichen Aktualisierungszyklen. Anders als beispielsweise bei fachwissenschaftlichen oder sonst beruflich genutzten Publikationen ist es nicht üblich, privat genutzte Nachschlagewerke des vorliegenden Umfangs und Preises nur aufgrund des Erscheinens einer Aktualisierung zu ersetzen und das frühere Werk nicht mehr zu nutzen. Auch diese allgemeine Verkehrsauffassung kann der Senat aus eigener Anschauung feststellen.

Anhaltspunkte dafür, dass die Werke rein physisch eine geringere Lebenserwartung und Nutzungsdauer haben könnten, bestehen nicht.

Die an das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 27. Mai 2004 (138 C 48/04, NJW 2004, 3342) angelehnte Auffassung der Beklagten, die Nutzungsdauer sei mit höchstens 15 Jahren zu bemessen, ist unzutreffend. Dem Urteil des Amtsgerichts Köln lag ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde. Die gewöhnliche Nutzungsdauer eines dort in Frage stehenden juristischen Kommentars ist ungleich kürzer als die einer Chronik oder eines Lexikons. Auch der zuletzt unter Bezugnahme auf Entscheidungen verschiedener Landgerichte gestützten Annahme einer noch kürzeren gewöhnlichen Nutzungsdauer folgt der Senat aus den genannten Gründen nicht.

(4) Der Wert der Werke, nach dem sich der Wert der Gebrauchsvorteile errechnet, ist nicht anhand des vereinbarten Teilzahlungspreises, sondern anhand des (niedrigeren) Gesamt-​Barpreises zu bemessen. Ausgehend hiervon ergibt sich - gerechnet bis zum 14. April 2015, dem Tag der letzten mündlichen Verhandlung, der folgende entsprechend § 287 ZPO geschätzte Wert der Nutzungsmöglichkeiten:

Die mit Vertrag vom 14. Juli 2003 erworbene 27-​bändige Chronikbibliothek wurde dem Kläger zu 1 am 10. Dezember 2003 geliefert (Bl. 453 d. A.). Am 14. April 2015 hatte er sie mithin 4.143 Tage im Besitz. Ausgehend von einem Gesamt-​Barpreis von 3.998 € (Bl. 49 d. A.) ergibt sich ein Wert der Gebrauchsvorteile in Höhe von 907,60 €.

dd) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist demgegenüber der Vorteil, den der Kläger zu 1 aufgrund der eingeräumten Teilzahlungsmöglichkeit hatte, nicht zu ersetzen. Der Kläger zu 1 hat hierdurch keinen über die Erlangung der Kaufgegenstände hinausgehenden Wert erhalten. Die Gebrauchsvorteile aus dem Besitz der gekauften Werke sind nach den vorstehenden Erwägungen zu ersetzen. Dass der Kaufpreis zeitweise gestundet war, hat demgegenüber keinen eigenständigen Wert.

Zwar besteht bei der Rückabwicklung eines Darlehensvertrages nach einem Widerruf ein Anspruch auf marktübliche Verzinsung (BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, juris Tz. 20 m. w. N.). Diese Rechtsfolge beruht allerdings auf der Besonderheit, dass die Überlassung des Geldes bei einem Darlehensvertrag die Hauptleistungspflicht darstellt (zu dieser Differenzierung: Gaier in: MüKoBGB, 6. Aufl., § 346 Rn. 20, § 347 Rn. 8 a. E.). Im Übrigen ist eine Verzinsung nur dann geschuldet, wenn der Rückgewährschuldner das empfangene Geld - hier: die zunächst gestundeten Beträge - entweder tatsächlich zur Erzielung von Anlagezinsen oder zur Reduzierung von Schuldzinsen genutzt hat (Gaier, a. a. O., § 347 Rn. 8; Palandt/Grüneberg, 72. Aufl., § 346 Rn. 6; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, juris Tz. 29, wonach bei einer Bank zu vermuten ist, dass Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses tatsächlich gezogen wurden).

Im vorliegenden Fall stellte die teilweise Kreditierung des Kaufpreises keine Hauptleistungspflicht dar. Konkrete Nutzungen der aufgrund der Stundung zunächst erlangten Vorteile sind nicht dargelegt. Eine sekundäre Darlegungslast der Käufer besteht insoweit nicht. Die Darlegung eines Vergleichs zwischen der wirtschaftlichen Lage, die sich unter Berücksichtigung der teilweisen Kreditierung tatsächlich ergab, und der fiktiven Lage, die sich bei einer sofortigen Zahlung des Kaufpreises ergeben hätte, ist nicht vertretbar möglich.

ee) Die hiernach bestehenden wechselseitigen Ansprüche - Rückzahlung des Kaufpreises einerseits, Rückgabe der gekauften Werke und Zahlung des Wertersatzes für die Nutzung andererseits - sind nach § 348 BGB Zug um Zug zu erbringen. Eine Saldierung findet nicht statt (MüKoBGB/Gaier, § 348 Rn. 4).

6. Aus den bereits oben unter I.3 dargelegten Erwägungen steht den Klägern kein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten und gegebenenfalls Beratungspflichten zu. In welchem Umfang überhaupt Beratungspflichten bestanden (vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 18. Juli 2008 - V ZR 70/07, juris Tz. 8 f.), kann offen bleiben.

a) Im vorliegenden Fall käme ein Ersatzanspruch zwar grundsätzlich wegen der behaupteten Täuschung bei der Anbahnung zu dem Vertrag vom 17. November 2006 durch den Verkäufer S. in Betracht, der gegenüber den Klägerin behauptet haben soll, der Wert der bis dahin erworbenen Bücher sei schon um 50 - 60 % gestiegen, dies könne unter einer bestimmten Internetadresse nachgelesen werden. Ersatzansprüche aufgrund einer solchen vorvertraglichen Pflichtverletzung wären zwar jedenfalls verjährt, weil der Kläger zu 1 die Unrichtigkeit dieser Angabe etwa 1 Jahr später erkannt hatte (vgl. oben). Auf eine Verjährung beruft sich die Beklagte aber nicht.

Darüber hinaus lässt sich nicht feststellen, dass die Behauptung eines um 50 - 60 % gestiegenen Wertes tatsächlich falsch war. Explizit tragen die Kläger dies schriftsätzlich nicht vor. Vortrag hierzu hat der Kläger zu 1 zwar in der informationshalber erfolgten Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht gehalten. Beweis hierfür hat er aber nicht angetreten. Auch der allgemeine Vortrag zu dem Verkehrswert ist - wie erörtert - nicht ausreichend.

Insbesondere lässt sich aber die Kausalität einer solchen Täuschung für den Kaufentschluss nicht feststellen. Diese haben die Kläger schlicht behauptet, ohne insoweit Beweis anzutreten. Grundsätzlich greift bei der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten (insbesondere auch von Anlagevermittlern und -beratern) zwar die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens (BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, juris Tz. 27 ff.). Diese Vermutung ist hier aber widerlegt. Zum einen hat der Kläger zu 1 in seiner erfolgten Anhörung eingeräumt, dass die gekauften Werke nicht nur als Kapitalanlage, sondern jedenfalls auch, anfangs sogar in erster Linie zu dem Zweck der Wissensvermittlung, unter anderem für seine Kinder, angepriesen und von den Klägern gekauft worden seien. Der Gesichtspunkt einer Wertsteigerung durch Komplettierungen der Sammlung sei nur zusätzlich von den jeweiligen Verkäufern vorgebracht worden. Darüber hinaus - und dies spricht insbesondere für eine Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens - hat der Kläger zu 1 aber rund ein Jahr nach Abschluss des Vertrages vom 17. November 2006 positiv erkannt, dass die gekauften Werke zu „horrend niedrigen Preisen“ gehandelt worden seien (Bl. 432, 7. Absatz). Trotz Kenntnis dieses Umstandes und trotz des weiteren Umstandes, dass die mit Vertrag vom 17. November 2006 erworbenen Bücher optisch nicht zu den bis dahin erworbenen Büchern passten und der Kläger zu 1 deshalb Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit des regelmäßig vorgebrachten Aspektes der Komplettierung der Sammlung für eine Wertsteigerung hatte, hat er dennoch mit Verträgen vom 7. April 2010 sowie vom 25. Juli 2011 weitere Nachschlagewerke gekauft. Dies lässt hinreichend den Schluss zu, dass bereits bei Abschluss des Kaufvertrages vom 17. November 2006 der behauptete Wertzuwachs nicht entscheidungserheblich war. Entgegenstehendes haben die Kläger auch auf den Hinweis vom 19. September 2014 nicht vorgetragen.

b) Ersatzansprüche aufgrund der Verletzung möglicher Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit den vereinbarten Finanzierungshilfen gem. § 655 b BGB a. F. bestehen nicht. Die jeweiligen „Verkäufer“ waren als Handelsvertreter mit der Beklagten als dem Kreditgeber verflochten. Sie unterfielen damit nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des § 655 b BGB a. F. (vgl. Palandt/Sprau, 73. Aufl., § 655 a Rdnr. 5.) Darüber hinaus legen die Kläger auch nicht dar, welcher Schaden ihnen aufgrund der Verletzung dieser Informationspflichten entstanden wäre. Insbesondere behaupten sie nicht, sie hätten die Verträge bei hinreichender Aufklärung nicht abgeschlossen. Insoweit griffe auch eine Vermutung „aufklärungsrichtigen“ Verhaltens nicht.

7. Aus den genannten Gründen bestehen auch keine Ersatzansprüche aus § 826 BGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB.

8. Die Kläger sind aktivlegitimiert. Einen Verlust der Aktivlegitimation hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt.

Der Schuldner ist für eine Forderungsabtretung darlegungs- und beweisbelastet, durch die der ursprüngliche Gläubiger seine Gläubigerstellung verloren hätte. Bei hinreichend substantiiertem Sachvortrag des Schuldners, der einen Verlust der Gläubigerstellung zumindest nahe legt, genügt der Gläubiger seiner sich aus § 138 Abs. 2 ZPO ergebenden Erklärungslast aber nur, wenn auch er ebenso konkret und substantiiert darlegt, dass er noch aktivlegitimiert ist (OLG Köln, Urteil vom 29. Januar 2003 – 13 U 11/02, juris).

Die Beklagte hat unter Berücksichtigung dieser Grundsätze schon nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die Kläger Ansprüche an einen Prozessfinanzierer abgetreten hätten und deshalb nicht mehr aktivlegitimiert wären. Sie bezieht sich unter Berufung auf Erkenntnisse aus anderen Verfahren sowie auf den Umstand, dass der Klägervertreter einer der drei Anwälte ist, die regelmäßig von dem Prozessfinanzierer G. M. S. L. mandatiert seien, darauf, dass die Kläger diesem die streitgegenständlichen Forderungen sicherheitshalber abgetreten hätten. Die Kläger bestreiten dies und behaupten, eine Deckungszusage ihrer Rechtschutzversicherung zu besitzen und den Prozess durch diese finanziert zu führen.

Dieser Vortrag der Beklagten legt schon eine fehlende Prozessführungsbefugnis der Kläger nicht hinreichend dar. Bei der Sicherungsabtretung, die nach dem Vortrag der Beklagten erfolgt sein soll, handelte es sich um eine sogenannte stille Sicherungsabtretung, bei der der Zedent regelmäßig berechtigt bleibt, die Leistung an sich zu verlangen und in gewillkürter Prozessstandschaft zu klagen (Palandt/ Grüneberg, § 398 Rn. 24). Dies entspricht auch Nr. II. 7 der dem Senat in dem weiteren Verfahren 13 U 155/13 vorgelegten Abtretungsvereinbarung. Nach der dortigen Vereinbarung sollte eine Zahlung zwar nur zu Händen des Anwalts verlangt werden; dies ist aber unter Berücksichtigung der dort getroffenen Vereinbarung, dass die Zession nach Möglichkeit nicht offengelegt werden sollte, dahingehend auszulegen, dass eine Klage noch im eigenen Namen erhoben werden kann und lediglich bei der Durchsetzung eines erwirkten Titels Zahlungen nur auf ein Konto des Anwalts verlangt werden durften.

II.

Der widerklagend nur gegen den Kläger - mithin den Kläger zu 1 - geltend gemachte Zahlungsanspruch besteht mangels wirksamen Widerrufs der Verträge vom 17. November 2006 und vom 7. April 2010. Die Beklagte hat die Teilzahlungsabrede gekündigt. Zur Kündigung war sie nach § 499 Abs. 1, § 498 Abs. 1 BGB a. F. berechtigt. Eine Fristsetzung mit Androhung gem. § 498 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB a. F. war aufgrund der in der Klageerhebung liegenden ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung der Kläger entbehrlich (vgl. BGH, Urteil vom 05. Dezember 2006 – XI ZR 341/05, juris Tz. 23).

Zahlungen der Kläger waren nur in dem von der Beklagten zugestandenen Umfang von 2.412 € auf den Vertrag vom 17. November 2006 und von 1.059,50 € auf den Vertrag vom 7. April 2010 zu berücksichtigen. Eine darüber hinausgehende Erfüllung haben die Kläger schon nicht substantiiert durch Vortrag der jeweiligen Einzelzahlungen dargelegt und auch nicht unter Beweis gestellt. Der Beklagten stehen daher Restansprüche in Höhe von 196 € betreffend den Vertrag vom 17. November 2006 und in Höhe von 1.705,50 € betreffend den Vertrag vom 7. April 2010 zu.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1, 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung betreffend die Rechtsgrundsätze, die für die Beurteilung des Anspruchs auf Ersatz des Wertes von Nutzungen dem Grunde und der Höhe nach in Fällen tragend sind, in denen Nutzungen vorwiegend immaterieller Natur sind. Auch die Frage, ob im Falle des Widerrufs eines Kaufvertrages Ersatz für Vorteile aufgrund von Teilzahlungsmöglichkeiten geschuldet ist, ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt. Grundsätzliche Bedeutung haben darüber hinaus die Rechtsfragen, ob § 312 Abs. 2 BGB a. F. trotz § 312a BGB a. F. anwendbar ist, wenn der Vertrag zwar in einer Haustürsituation zustande gekommen ist, gleichzeitig aber ein Widerrufsrecht nach Maßgabe anderer Vorschriften besteht, nach denen eine Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs nicht erforderlich ist, und ob ausnahmsweise trotz Fehlens einer Hausnummer und Angabe einer teilweise fehlerhaften Postleitzahl eine ladungsfähige Anschrift i. S. d. § 14 Abs. 4 BGB-​InfoV angegeben ist, wenn eine postalische Erreichbarkeit unter dieser Anschrift zweifelsfrei gewährleistet ist.

Darüber hinaus ist die Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuzulassen. Soweit das Oberlandesgericht Köln und das Kammergericht den unter I.5.c) in Bezug genommenen Entscheidungen den Rechtssatz zugrunde gelegt haben sollten, dass ein Widerrufsrecht bei beiderseitiger vollständiger Vertragserfüllung nach Ablauf längerer Zeit seit dem Vertragsschluss stets verwirkt sei, folgt der Senat dieser Auffassung nicht.



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