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OLG Hamm Beschluss vom 11.04.2014 - I-12 U 142/13 - Rechtsfolgen bei Löschung einer englischen Limited

OLG Hamm v. 11.04.2014: Zu den Rechtsfolgen bei Löschung einer englischen Limited


Das OLG Hamm (Beschluss vom 11.04.2014 - I-12 U 142/13) hat entschieden:
  1. Die im Gründungsstaat erloschene englische Limited besteht in Deutschland als Rest- oder Spaltgesellschaft fort, solange sie noch Vermögen besitzt, das ansonsten keinem Rechtsträger zugeordnet werden kann.

  2. Die Rest- oder Spaltgesellschaft unterliegt grundsätzlich dem deutschen Gesellschaftsrecht. Sie wird regelmäßig in der Rechtsform einer OHG oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt.

  3. Diese Einordnung scheidet aus, wenn die Gesellschaft nur über einen einzigen Gesellschafter verfügt hat. In diesem Falle wird sie als Einzelunternehmen des früheren Gesellschafters fortgeführt. Dieser wird Rechtsnachfolger und Inhaber ihrer inländischen Forderungen.



Siehe auch Auslands-Gesellschaft - ausländische GmbH mit Deutschlandbezug - Limited


Gründe:

I.

Der Kläger war Alleingesellschafter der nach englischem Recht gegründeten Firma F mit inländischer Zweigniederlassung in C. Diese war mit der Beklagten, die sich mit Trocknungs- und Sanierungsarbeiten nach Wasser- und/oder Brandschäden befasst, durch einen schriftlichen Rahmenvertrag vom 24.2./8.4.2010 verbunden. Dabei ging es um die Ausführungen von Einzelleistungen der Wasser- und Brandschadenbehebung durch die Firma F als Subunternehmerin. Nach §§ 1 Nr. 1, 9 Nr. 3 S. 2 sollten die Einzelaufträge schriftlich erteilt und bestätigt werden. In § 2 Nr. 1 war vorgesehen, dass die Vergütung bei jedem Einzelauftrag gesondert festgelegt wird. Die Leistungen sollten durch Rechnungen, Lieferscheine und Stundennachweise belegt werden. Fälligkeit war gemäß § 2 Nr. 3 binnen 30 Tagen nach Abnahme vorgesehen.

Am 3.8.2010 wurde die Firma F im englischen Handelsregister gelöscht. Der Kläger war in der Folgezeit in dem Geschäftsbereich der Gesellschaft weiterhin gewerblich tätig.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Bezahlung offener Rechnungen in Höhe eines Gesamtbetrags von 7.484,46 €. Der Betrag setzt sich aus sechs Einzelrechnungen aus dem Jahre 2010 zusammen, die der Beklagten erteilt worden sind.

Der Kläger hat behauptet, dass die abgerechneten Arbeiten aufgrund von Einzelaufträgen ordnungsgemäß erbracht worden seien. Die Beauftragungen seien jeweils kurzfristig mündlich vor Arbeitsbeginn erfolgt. Die hierfür erteilten Rechnungen habe die Beklagte nach Grund und Höhe anerkannt. Das ergebe sich aus einer Email des Prokuristen U der Beklagten vom 13.9.2010, nach der die Rechnungen freigegeben und an die Hauptniederlassung der Beklagten in P übersandt worden seien. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass sämtliche Vergütungsforderungen der gelöschten Gesellschaft im Wege der Universalsukzession auf ihn als einzigen früheren Gesellschafter übergegangen seien.

Der Kläger hat beantragt,
  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.484,46 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 331,25 € seit dem 21.1.2010, aus 101,75 € seit dem 29.9.2010, aus 592,45 € seit dem 21.5.2010, aus 5.002,81 € seit dem 8.9.2010, aus 788,94 € seit dem 19.10.2010 und aus 667,26 € seit dem 7.6.2010 zu zahlen,

  2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 603,93 € zu zahlen, nebst fünf Prozentpunkten Zinsen aus 402,82 € über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2010 und aus 201,11 € seit dem 22.12.2010.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat das Klagevorbringen als unsubstantiiert zurückgewiesen. Allein die Vorlage von Rechnungen reiche nicht aus, um einen Vergütungsanspruch zu begründen. Die Erteilung etwaiger den Rechnungen zugrunde liegender Einzelaufträge sei hiernach nicht ersichtlich. Im Übrigen fehle es an der im Rahmenvertrag vereinbarten schriftlichen Auftragserteilung und -bestätigung. Ferner hat die Beklagte die Aktivlegitimation des Klägers bestritten. Die Firma F bestehe nach ihrer Handelsregisterlöschung als Restgesellschaft im Inland fort. Vergütungsforderungen der Gesellschaft seien daher nicht auf den Kläger übergegangen. Hilfsweise hat die Beklagte die Aufrechnung mit einer Gegenforderung i.H.v. 1.085,12 € erklärt. Hierzu hat sie behauptet, dass auf zwei Baustellen mangelhaft gearbeitet worden sei. Das betreffe den fehlerhaften Anschluss eines Warmwasserboilers, was zu Kosten von 199,33 € geführt habe. Ferner seien Leuchtmittel falsch eingebaut worden. Dadurch seien Kosten von 885,79 € entstanden.

Das Landgericht hat der Beklagten zunächst aufgegeben, substantiierte Einwendungen gegen die Klageforderung darzulegen. Mit Verfügung vom 7.3.2013 hat es seine Rechtsauffassung mitgeteilt, nach der die Firma F nach ihrer Löschung im englischen Handelsregister als Restgesellschaft fortbestehe. Ihr Inlandsvermögen sei deshalb nicht auf den Kläger übergegangen.

Mit dem am 1.10.2013 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage mit dieser Begründung wegen fehlender Aktivlegitimation des Klägers abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine Klageanträge weiterverfolgt. Er hält an seiner Rechtsauffassung zum Erwerb der Forderungen der gelöschten Gesellschaft fest.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Vergütungsforderungen der Firma F seien ihr als Restgesellschaft verblieben. Der Kläger sei deshalb nicht aktivlegitimiert.


II.

Die zulässige Berufung ist im Wesentlichen begründet.

Dem Kläger steht aus dem Rahmenvertrag vom 24.2./8.4.2010 und den auf dieser Grundlage erteilten Einzelaufträgen gemäß §§ 631, 632, 641 Abs. 1 S. 1 BGB ein Vergütungsanspruch in der geltend gemachten Höhe gegen die Beklagte zu.

Ferner schuldet die Beklagte Verzugszinsen und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in zuerkannter Höhe.

1. Der Kläger kann sich mit Erfolg darauf berufen, dass er persönlich nach Löschung der F im englischen Handelsregister deren Rechtsnachfolger und Inhaber deren inländischer Forderungen geworden ist. Der Kläger ist für diesen Rechtsstreit deshalb als aktivlegitimiert anzusehen.

a. Das Gesellschaftsstatut juristischer Personen, die nach dem Recht eines anderen EG-Mitgliedsstaates gegründet wurden, bestimmt sich im Rahmen der durch Art. 43, 48 EGV garantierten Niederlassungsfreiheit nach dem Recht des Gründungsstaates. Das ist inzwischen allgemein anerkannt (vgl. etwa BGH NJW 2005, 1648; NJW 2004, 3706; NJW 2003, 1461). Die F ist nach englischem Recht gegründet worden. In Deutschland hat die Gesellschaft nur eine im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung in C.

b. Die Maßgeblichkeit des Gründungsrechts betrifft das Gesellschaftsstatut in seinem gesamten Anwendungsbereich. Auch das Personalstatut ist demnach dem Recht des Gründungsstaats zu entnehmen, wobei sich danach sowohl die Wirksamkeit der Gründung als auch der Umfang und der Fortbestand der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft richten (KG ZIP 2010, 204, Tz. 3; OLG Nürnberg NZG 2008, 76, Tz. 5 f.; Palandt/Thorn, BGB, 70. Aufl. 2011, Anh zu Art. 12 EGBGB, Rn. 8, 10 f.).

Nach dem insoweit anzuwendenden englischen Recht ist die F aufgrund der Löschung im englischen Handelsregister mit konstitutiver Wirkung erloschen, d.h. die Gesellschaft als solche wurde durch die Löschung aufgelöst und hörte auf zu existieren (vgl. OLG Celle NJW-RR 2012, 1065, Tz. 7; OLG Düsseldorf ZIP 2010, 1852, Tz. 5; KG, a.a.O.; OLG Nürnberg, a.a.O., Tz. 7).

c. Ist eine Gesellschaft nach dem für sie maßgeblichen Recht des Gründungsstaates erloschen, so ist dieser Status innerhalb der Europäischen Union in jedem EG-Mitgliedsstaat rechtlich verbindlich. Rechtsfolge ist nach englischem Recht, dass etwaiges Vermögen kraft Gesetzes auf die englische Krone übergeht. Davon wird jedoch nach dem Territorialprinzip nur das in England belegene Vermögen der Gesellschaft umfasst, nicht jedoch etwaiges Auslandsvermögen (OLG Düsseldorf, a.a.O.; KG, a.a.O.; OLG Nürnberg, a.a.O., Tz. 7). Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind Werklohnansprüche der Gesellschaft aus in Deutschland geschlossenen Werkverträgen mit der in Deutschland ansässigen Beklagten. Soweit diese Ansprüche bestehen, handelt es sich somit um Auslandsvermögen der Gesellschaft.

d. Nach der ganz überwiegenden Auffassung, der sich der Senat anschließt, bleibt die in England erloschene Gesellschaft in Deutschland als Rest- oder Spaltgesellschaft fortbestehen, solange sie in Deutschland noch Vermögen besitzt, das ansonsten keinem Rechtsträger zugeordnet werden kann. Denn dem deutschen Recht sind verselbständigte Vermögenseinheiten unbekannt. Würde man das Fortbestehen der Gesellschaft als Rest- oder Spaltgesellschaft verneinen, wäre ihr im Inland befindliches Vermögen "herrenlos". Eine Zuordnung des Inlandsvermögens zu einem Rechtssubjekt wird nur möglich, wenn man vom Fortbestand der Gesellschaft bis zur Beendigung ihrer Liquidation ausgeht (vgl. mit den dortigen Nachweisen: OLG Nürnberg, a.a.O., Tz. 10; Borges, IPRax 2005, 134, 138 m.w.N.). Auch bedeutet nach deutschem Gesellschaftsrecht die Auflösung einer Gesellschaft nicht das Ende der Gesellschaft, sondern in der Regel nur ihren Übergang in die Abwicklung. Bis zu ihrer endgültigen Beendigung besteht die Gesellschaft also fort (vgl. OLG München, Urteil vom 5.12.2012, 7 U 2758, juris Tz. 31).

e. Die Rest- oder Spaltgesellschaft unterliegt nach überwiegender Auffassung dem deutschen Gesellschaftsrecht (vgl. die Nachweise bei: Borges, a.a.O., S. 138, Fn. 58). Denn nach der Löschung im Gründungsstaat verlangt die durch Art. 43, 48 EGV verbürgte Niederlassungsfreiheit keine Verweisung mehr auf das Gründungsrecht. Das deutsche Recht entscheidet daher autonom, ob die Sitztheorie oder die Gründungstheorie anzuwenden ist.

Nach der Gründungstheorie bleibt es bei der Anwendung des Gesellschaftsstatus, also bei der Maßgeblichkeit des Gründungsrechts. Nach der Sitztheorie unterliegt die in England gelöschte Gesellschaft demgegenüber dem Recht des Staates, in dem sie ihren Verwaltungssitz hat. Das ist nach der Auffassung des Senats jedenfalls im Falle einer nach ihrer Löschung in Deutschland weiterhin werbenden Gesellschaft sachgerecht und nach Auffassung des Senats daher vorliegend . Denn die Sitztheorie gewährleistet den Schutz des Rechtsverkehrs besser als die Gründungstheorie. Auch entspricht sie dem zentralen Grundgedanken des Kollisionsrechts, der die Anwendung des Rechts mit der engsten Verbindung zum Sachverhalt vorsieht. Ein dem entgegen stehendes Regelungsinteresse des ausländischen Staates ist nicht gegeben, nachdem er die Gesellschaft im Inland als rechtlich nicht mehr existent ansieht. Auch die Gedanken der Niederlassungs- und Rechtswahlfreiheit, denen die Gründungstheorie Rechnung trägt, sind in diesem Falle nicht berührt (vgl. dazu insgesamt: Borges, a.a.O. S. 138 f. m.w.N.).

f. Unterliegt die Rest- oder Spaltgesellschaft deutschem Recht, so bestimmt sich die Rechtsform nach deutschem Gesellschaftsrecht. Das hat zur Folge, dass die nach englischem Recht erloschene Gesellschaft, die im Inland ihre Geschäftstätigkeit fortführt, bis zur Liquidation ihres in Deutschland belegenen Vermögens grundsätzlich in der Rechtsform einer OHG oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts fortbesteht (vgl. OLG Celle, a.a.O. Tz. 7 f.).

Diese Einordnung scheidet aber aus, wenn die Gesellschaft, wie hier, nur über einen einzigen Gesellschafter verfügt. Die Rest- oder Spaltgesellschaft kann in einem solchen Fall nicht in der Rechtsform einer OHG oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts fortbestehen. Denn das deutsche Recht kennt eine Einmann-Personengesellschaft nicht. Es verbleibt deshalb nur die Einordnung als Einzelunternehmen des Gesellschafters (vgl. Schöne in BeckOK-BGB, 1.2.2014, § 738 Rn. 5; Borges, a.a.O., S. 141 m.w.N.). Hiernach ist der Kläger als Einzelkaufmann Rechtsnachfolger und Inhaber der inländischen Forderungen der Gesellschaft geworden.

Dem entspricht der nach deutschem Gesellschaftsrecht in den sonstigen Fällen des Gesellschafterwegfalls vorgesehene Vermögensübergang. Hierzu gehören etwa die Gesamtrechtsnachfolge des einzig verbliebenen Kommanditisten (BGH WM 2004, 1047, Tz. 4), der Vermögensübergang auf den letzten verbliebenen Gesellschafter (BGH NJW 2002, 1207, Tz. 5), so etwa bei der Übernahme der Geschäftsanteile (BGH NJW-RR 2000, 631), die Gesamtrechtsnachfolge des verbliebenen Gesellschafters aufgrund Ausscheides der Komplementärin (BGH NZG 2000, 474) und die Anwachsung nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters einer Zweipersonengesellschaft (OLG Hamm NJW-RR 1996, 1446, 1447).

2. Werkverträge zwischen der Gesellschaft und der Beklagten sind in dem vom Kläger geltend gemachten Umfang zustande gekommen. Die in Rede stehenden Leistungen, die Ausführung von Arbeiten zur Behebung von Wasser- und/oder Brandschäden, sind erfolgsbezogen. Es handelt sich deshalb um Werkleistungen im Sinne des § 631 BGB.

3. Die vertragliche Beauftragung hat der Kläger vorgetragen und anhand der zu den Akten gereichten Unterlagen sowie unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände hinreichend dargelegt.

Gegen den substantiierten Sachvortrag hat die Beklagte keine konkreten sachlichen Einwendungen erhoben. Ihr schlichtes Bestreiten jeglicher Auftragserteilung reicht nicht aus. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Beklagte mit der Email ihres Prokuristen vom 13.9.2010 die Rechnungsbeträge mit der Folge eines teilweisen Einwendungsausschlusses bindend anerkannt hat.

a. Zu der Rechnung Nr. ...# vom 13.1.2010 über einen Betrag von 331,25 € hat der Kläger vorgetragen, dass es sich um ein Bauvorhaben in G gehandelt habe. Die Beauftragung sei per Email vom 1.1.2010 durch Herrn E und später auch mündlich erfolgt.

Aus der Email vom 1.1.2010 ergibt sich, dass am 4.1.2010 Estricharbeiten in G beginnen sollten. Hiergegen hat die Beklagte lediglich eingewandt, dass die wesentlichen Vertragsbestandteile nicht genannt seien. Es sei offen, um welche Leistungen es gehe. Das reicht indes nicht aus. Denn aus der Email geht klar hervor, dass in G der Estrich hergestellt werden sollte. Welche andere Bedeutung diese an den Kläger gerichtete Email haben sollte, hätte die Beklagte erklären müssen, zumal weitere Gesichtspunkte für eine Beauftragung sprechen:

Der Kläger ist im Besitz des Leistungsverzeichnisses sowie der Projektbeschreibung für dieses Bauvorhaben. Die Rechnung über ursprünglich 1.988,45 € ist zum überwiegenden Teil von der Beklagten bezahlt worden. Die Erklärung ihres Prokuristen in der Email vom 13.9.2010, die Rechnung sei freigegeben worden, ist zumindest als ein Indiz für eine zugrunde liegende Auftragserteilung und Leistungserbringung heranzuziehen. Die vom Kläger berechneten Stundensätze von 25 € / 32 € sind als solche nicht zu beanstanden.

b. Der Rechnung Nr. ...#/... vom 19.9.2010 über 101,75 € liegen nach dem Vorbringen des Klägers erste Arbeiten für die Beklagte zugrunde. Es habe sich um ein Bauvorhaben in M ("N") gehandelt. Der Auftrag sei eine Woche zuvor im August 2009 von Herrn E mündlich erteilt worden. Dabei sei es um die Instandsetzung eines Dachfensters gegangen. Eine Reparatur sei letztlich nicht erfolgt, weil das Fenster "über Garantie" abgewickelt worden sei.

Zu dem Bauvorhaben, das wesentlich umfangreichere Arbeiten umfasste, hat der Kläger eine Vielzahl von Stundenzetteln vorgelegt. Der hier maßgebliche Stundenzettel vom 31.8.2010 verzeichnet eine Arbeitszeit von 2 × 1,5 Stunden, die auch abgerechnet worden ist. Ferner ist erkennbar, dass es, wie in der hierüber erteilten Rechnung, um ein Dachfenster geht. Die berechnete Vergütungshöhe nach einem Stundensatz von 25 € bzw. 32 € begegnet keinen Bedenken.

c. Bei den der Rechnung Nr. ...#/... vom 11.5.2010 über 592,45 € zugrunde liegenden Arbeiten soll es sich um ein Bauvorhaben bei der Familie H in S gehandelt haben. Der Auftrag sei mündlich durch Herrn E erteilt worden.

Aus den zu diesem Bauvorhaben vorgelegten Stundenzetteln ergeben sich insgesamt 18,5 Stunden. Abgerechnet wurden 12,5 Stunden. Die Elektroarbeiten sowie das abgerechnete Material finden in den Stundenzetteln Anklang. Auch der vom Kläger vorgelegte Emailverkehr 4.6.2010 lässt erkennen, dass die auszuführenden Arbeiten an dem Bauvorhaben besprochen worden sind. Ferner hat der Kläger eine schriftliche Teilabnahmeerklärung vorgelegt. Die Erklärung des Prokuristen der Beklagten in der Email vom 13.9.2010, die Rechnung sei freigegeben worden, ist auch hier jedenfalls als ein Indiz für eine zugrunde liegende Auftragserteilung und Leistungserbringung heranzuziehen.

d. Die Rechnung Nr. ... vom 8.8.2010 über 5.002,81 € und die Rechnung Nr. ... vom 19.9.2010 über 788,94 € betreffen nach dem Vorbringen des Klägers das Bauvorhaben "Tennisclub X". Der Kläger hat hierzu eine Vielzahl von Stundenzetteln sowie weitere Unterlagen vorgelegt. Hieraus ergibt sich im Einzelnen:

Die Stundenzettel weisen dem Grunde nach - und noch darüber hinaus - die abgerechneten Arbeitsstunden und in der Sache die Durchführung von Elektroarbeiten sowie das abgerechnete Material aus. Nach dem Faxschreiben der Beklagten vom 16.4.2010 sollte es am 20.4.2005 zu einem Treffen vor Ort im Tennisclub X kommen. Der hinzugefügte handschriftliche Vermerk deutet zwar zunächst nur auf einen Ortstermin hin. Die Beklagte hätte aber erklären müssen, warum ein solcher Ortstermin vereinbart war und warum hierzu Einzelheiten zu dem zu behebenden Schadensfall mitgeteilt worden sind. Auch in den weiteren Emails vom 16./17.7.2010 sowie vom 2.9.2010 geht es konkret um das Bauvorhaben beim Tennisclub X. Das hat die Beklagte nicht weiter erläutert. Mit Schreiben vom 19.8.2010 hat sie zudem Tagesrapporte angefordert, damit die Rechnung zur Zahlung freigegeben werden könne. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte dem Kläger vorwirft, bei dem Bauvorhaben falsche Leuchtmittel eingebaut zu haben. Hierauf stützt sie ihre zur Hilfsaufrechnung gestellte Forderung von 885,79 €. Aus der dazu vorgelegten Rechnung vom 18.10.2010 ergibt sich, dass es um den Tennisclub X geht. Dann muss dort schon nach dem Vorbringen der Beklagten auftragsgemäß gearbeitet worden sein. Schließlich ist auch an dieser Stelle die Erklärung des Prokuristen zu berücksichtigen, die Rechnung sei freigegeben worden, was ein Indiz für die Beauftragung und Erbringung der Leistungen darstellt.

e. Der Rechnung Nr. ... vom 27.5.2010 über 667,26 € sollen schließlich Arbeiten in C zugrunde liegen, I-Straße, Prof. Dr. T. Den Auftrag habe Herr E mündlich vor Ort erteilt. Auch hier sprechen wesentliche Gesichtspunkte für auftragsgemäß erbrachte Leistungen, die die Beklagte hätte aufklären und entkräften müssen:

Auf die Ankündigung des Klägers, mit den Abbrucharbeiten am 22.2.2010 zu beginnen, hat die Beklagte geantwortet und konkrete Anweisungen erteilt. Aus der vorgelegten Abnahmeerklärung vom 5.3.2010 ergibt sich, dass Arbeiten auch tatsächlich ausgeführt worden sind. Dem Schreiben der Helvetia Versicherung vom 7.12.2011 lässt sich entnehmen, dass es um die Behebung eines Leitungswasserschadens ging. Gleiches folgt aus dem vorangegangenen Schreiben der Versicherung vom 16.3.2011.

4. Der wirksamen vertraglichen Beauftragung steht ein vereinbarter Schriftformvorbehalt nicht entgegen.

In § 1 Nr. 1 S. 1 des Rahmenvertrags ist zwar vorgesehen, dass die Einzelaufträge schriftlich erteilt und schriftlich bestätigt werden müssen. Nach § 9 Nr. 3 S. 2 bedürfen zudem Änderungen und Ergänzungen des Vertrags bzw. der in den Anlagen festgehalten einzelnen Beauftragungen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Die Aufhebung eines schuldrechtlichen Schriftformvorbehalts ist jedoch konkludent möglich, dies grundsätzlich auch formfrei. Ein übereinstimmender Aufhebungswille wird nach allgemeiner Auffassung nicht verlangt, d.h. die Schriftformklausel muss den Vertragsparteien nicht bewusst sein.

Anders kann das zwar bei individualvertraglicher doppelter Schriftformklausel unter Kaufleuten zu sehen sein. Voraussetzung ist aber, dass es sich um eine individualvertragliche Vereinbarung handelt. Vorliegend stammt der Vertragstext des Rahmenvertrags von der Beklagten, die ersichtlich gegenüber der F eine überragende wirtschaftliche Stellung hat. Da der äußere Anschein einseitig gestellter Vertragsbedingungen besteht, hat es der Beklagten oblegen konkret darzulegen, dass die Vertragsbestimmungen zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt worden sind. Das ist indes nicht ersichtlich.

5. Der Vergütungsanspruch in Höhe der Rechnungssummen von 7.484,46 € ist fällig. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob die Werkleistungen im Sinne des § 641 Abs. S. 1 BGB abgenommen worden sind. Denn die Beklagte verlangt weder Erfüllung noch Nacherfüllung. Dem Vergütungsanspruch setzt sie vielmehr im Wege der Hilfsaufrechnung eigene Schadensersatzansprüche gegenüber. Zwischen den Parteien ist deshalb ein Abrechnungsverhältnis entstanden, das eine Abnahme entbehrlich macht.

6. Der Vergütungsanspruch ist nicht in Höhe von 1.085,12 € im Wege der Hilfsaufrechnung der Beklagten gemäß § 389 BGB erloschen.

a. Eine aufrechenbare Gegenforderung wegen mangelhaft ausgeführter Arbeiten kann vorliegend nur aus den §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281, 634 Nr. 4 Alt. 1, 633, 636 BGB in Betracht kommen.

Ein Werkmangel soll nach dem Vorbringen der Beklagten darin liegen, dass in einem Fall ein Warmwasserboiler falsch angeschlossen worden sei. In einem weiteren Fall seien Leuchtmittel falsch eingebaut worden. Das hat der Kläger zu Recht als unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig beanstandet. Hinsichtlich des Warmwasserboilers lässt sich der hierzu vorgelegten Rechnung zwar entnehmen, dass ein Boiler falsch angeschlossen war und ein neuer Boiler geliefert und montiert worden ist. Einzelheiten, etwa konkret zum fehlerhaften Anschluss sowie zu Zeit und Ort, hat die Beklagte indes nicht mitgeteilt. Der zu den falschen Leuchtmitteln vorgelegten Rechnung lässt sich nur entnehmen, dass es um den Tennisclub X geht. Es ist aber nicht erkennbar, was mit "falschen Leuchtmitteln" überhaupt gemeint ist.

b. Die Beklagte hat auch keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt, sondern die Arbeiten sogleich durch Dritte ausführen lassen. Hierzu hat sie lediglich vorgetragen, dass die F nicht mehr habe erreicht werden können. Der Kläger sei "für die Beklagte nicht mehr auf Handy erreichbar" gewesen.

Aus der erfolglosen Kontaktaufnahme über Mobiltelefon lässt sich indes nicht darauf schließen, dass der Beklagten ein Nacherfüllungsverlangen nicht möglich oder nicht zumutbar war. Der Kläger wohnt weiterhin unter der Anschrift in C, die auch für die F im Rahmenvertrag angegeben ist.

7. Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Abs. 1, § 286 Abs. 3 S. 1 BGB. Die Regelung in § 2 Nr. 3 des Rahmenvertrags entspricht der gesetzlichen Vorschrift, die Schuldnerverzug nach Ablauf von 30 Tagen ab Fälligkeit und Rechnungszugang vorsieht. Der Senat hat eine angemessene Postlaufzeit von zwei Tage hinzugerechnet.

8. Die vorprozessuale Anwaltsbeauftragung ist am 28.9.2010 erfolgt, was sich aus den vom Kläger vorgelegten Gebührenrechnungen ergibt. In diesem Zeitpunkt befand sich die Beklagte mit einer Rechnungssumme von 6.593,77 € in Schuldnerverzug. Nach diesem Gegenstandswert berechnen sich eine 1,3 Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer mit insgesamt 603,93 €.

Verzugszinsen schuldet die Beklagte insoweit gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 2 BGB ab dem Tag nach Zustellung des Mahnbescheids. Ein früherer Zahlungsverzug mit den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist nicht belegt.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen nicht vor.



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