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Landgericht Düsseldorf Urteil vom 19.02.2009 - 21 S 53/08 - Zur Vorleistungspflicht des Auftragnehmers bei Erstellung einer Internetpräsenz
 

 

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LG Düsseldorf v. 19.02.2009: Haben die Parteien zum Einen die Recherche nach der Verfügbarkeit der angegebenen Wunschdomain und zum Anderen die Gestaltung einer individuellen Internetpräsenz nebst Hosting, Nutzung des Servers und „Vor Ort Beratung“ vereinbart, dann liegt der Schwerpunkt des Vertrages in der Gestaltung und Programmierung der individuellen Internetpräsenz, nicht in der Zurverfügungstellung der Software und der Speicherkapazitäten. Es ist somit primäre Aufgabe des Autragnehmers eine fertige Internetpräsentation herzustellen, die anhand der Leistungsbeschreibung geprüft und abgenommen werden kann; das Vertragsverhältnis unterliegt dem Werkvertragsrecht. Der Einordnung des Internet-System-Vertrages als Werkvertrag steht nicht entgegen, dass der Beklagte kein Eigentum an dem Werk erhält. Die Vereinbarung einer Vorleistungspflicht des Auftraggebers hinsichtlich der Vergütung in den AGB des Auftragnehmers ist unzulässig.

Das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 19.02.2009 - 21 S 53/08) hat entschieden:
Haben die Parteien zum Einen die Recherche nach der Verfügbarkeit der angegebenen Wunschdomain und zum Anderen die Gestaltung einer individuellen Internetpräsenz nebst Hosting, Nutzung des Servers und „Vor Ort Beratung“ vereinbart, dann liegt der Schwerpunkt des Vertrages in der Gestaltung und Programmierung der individuellen Internetpräsenz, nicht in der Zurverfügungstellung der Software und der Speicherkapazitäten. Es ist somit primäre Aufgabe des Autragnehmers eine fertige Internetpräsentation herzustellen, die anhand der Leistungsbeschreibung geprüft und abgenommen werden kann; das Vertragsverhältnis unterliegt dem Werkvertragsrecht. Der Einordnung des Internet-System-Vertrages als Werkvertrag steht nicht entgegen, dass der Beklagte kein Eigentum an dem Werk erhält. Die Vereinbarung einer Vorleistungspflicht des Auftraggebers hinsichtlich der Vergütung in den AGB des Auftragnehmers ist unzulässig.




Gründe:

I.

Am 14. Juni 2005 schlossen die Parteien einen Internet-System-Vertrag. Vereinbart wurde der Leistungsumfang ... . Die Einzelheiten des Leistungsumfanges sind in der Leistungsbeschreibung enthalten. Die Laufzeit wurde mit 36 Monaten vereinbart, der monatlich im voraus zu entrichtende Preis mit 120,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer.

Die von dem Beklagten gewünschten, im Vertragsformular genannten Wunschdomains „…de“ bzw.“….de“ konnte die Klägerin nicht für den Beklagten registrieren, da diese bereits anderweitig vergeben waren. Sie registrierte für den Beklagten bei der DENIC e.G. die Internetdomain „... .de“.

Nachdem der Beklagte das Entgelt für das erste Vertragsjahr in voller Höhe an die Klägerin gezahlt hatte, zahlte er das Entgelt für die Zeit vom 14. Juni 2006 bis 13. Juni 2008 nicht. Mit Schreiben vom 13. April 2007 hat der Beklagte die außerordentliche Kündigung des Internet-System-Vertrages erklärt, da die Klägerin die ihr obliegenden Leistungspflichten nicht wie geschuldet erfüllt habe.

Das Amtsgericht hat den Beklagten durch das angefochtene Urteil zur Zahlung des Entgeltes für das zweite und dritte Vertragsjahr verurteilt.

Gegen das ihm am 14. Januar 2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem bei Gericht am 13. Februar 2008 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28. März 2009 hat der Beklagte die Berufung mit Schriftsatz vom 28. März 2009, der am selben Tag bei Gericht eingegangen ist, begründet.

Er verfolgt mit der Berufung seinen erstinstanzlich gestellten Klageabweisungsantrag weiter.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache selbst hat das Rechtsmittel Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des Entgeltes für das zweite und dritte Vertragsjahr. Diese sind nicht zur Zahlung fällig. Das Werk wurde auch vom Beklagten nicht abgenommen.

Es kann unentschieden bleiben, ob die Ausführungen des Amtsgerichtes in Bezug auf die Wirksamkeit des § 1 Abs. 1 Satz 2 der AGB der Klägerin für den Fall des Vorliegens eines Vertrages mit überwiegend mietvertraglichem Charakter zutreffen oder nicht. Denn entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist der von den Parteien geschlossene typengemischte Vertrag ein solcher mit überwiegend werkvertraglichem Charakter mit der Folge, dass die Regelungen der §§ 631f BGB Anwendung finden.

Die Parteien haben zum Einen die Recherche nach der Verfügbarkeit der angegebenen Wunschdomain und zum Anderen die Gestaltung einer individuellen Internetpräsenz nebst Hosting, Nutzung des Servers und „Vor Ort Beratung“ vereinbart. Der Schwerpunkt des Vertrages liegt in der Gestaltung und Programmierung der individuellen Internetpräsenz, nicht in der Zurverfügungstellung der Software und der Speicherkapazitäten. Denn erst nach der Erstellung bzw. Gestaltung der individuellen Internetpräsensenz ist die weiter von der Klägerin geschuldete Internetdienstleistung für den Beklagten von Bedeutung und Nutzen. Es ist somit primäre Aufgabe des Autragnehmers eine fertige Internetpräsentation herzustellen, die anhand der Leistungsbeschreibung geprüft und abgenommen werden kann (vgl. hierzu auch Schmidt in Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, Seite 537).

Der Einordnung des Internet-System-Vertrages als Werkvertrag steht nicht entgegen, dass der Beklagte kein Eigentum an dem Werk erhält. Denn ebenso wie bei der Herstellung einer Kundenzeitschrift als Werbebeilage ( OLG Frankfurt, Urteil vom 10. März 2000 – 24 U 41/2000 ) oder der Erstellung von Anzeigen durch Werbeagenturen ist als Vertragsziel bei der Erstellung einer Internetpräsenz die fertige Präsentation als Erfolg der Leistung geschuldet (Schmidt in Spindler a.a.O.).

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 15. November 2006 – XII ZR 120/04 – ist für die rechtliche Einordnung des streitbefangenen Vertrages ohne Relevanz. Der Entscheidung lag ein Application Service Providing Vertrag (ASP-Vertrag) zu Grunde, der charakteristischer Weise auf das zur Verfügungstellen von Software auf einem Server, nicht auf das Erstellen einer Internetpräsenz, ausgerichtet ist.

Auf die in § 1 Abs. 1 S. 2 der AGB vereinbarte Vorleistungspflicht kann die Klägerin sich zur Begründung ihres Anspruches nicht berufen. Da ein „Werkvertrag“ zwischen den Parteien geschlossen worden ist, ist die Vereinbarung einer Vorleistungspflicht unzulässig (Grüneberg in Palandt, BGB, 67. Auflage, § 307 Rdnr. 141). Denn die Vereinbarung weicht von dem gesetzlichen Leitbild des Werkvertragsrechts, insbesondere der §§ 641 und 632a BGB ab.

Gem. § 641 Abs. 1 BGB ist die Vergütung für ein Werk bei Abnahme zu entrichten.

In Abweichung von dieser dispositiven Vorschrift begründet die fragliche Klausel eine Vorleistungspflicht des Kunden, da unabhängig von der Fertigstellung der Internet-Präsenz die gesamte Vergütung für ein Jahr im voraus fällig ist. Die Abweichung von den werkvertraglichen Vorschriften begründet für den Besteller vorliegend auch Nachteile von erheblichem Gewicht. Während nach der Regel des § 641 BGB die Fälligkeit von der Abnahme und somit davon abhängt, ob der Besteller die Leistung als im wesentlichen vertragsgemäß anerkennt, wird vorliegend mit der fraglichen Bestimmung eine Vorleistungspflicht des Bestellers zu einem Zeitpunkt begründet, in dem das eigentliche Werk noch nicht erstellt und die Überprüfung auf die Ordnungsgemäßheit noch nicht möglich ist (so auch OLG Koblenz, OLGR Koblenz 1999, 145f).

Der Klägerin stehen auch Ansprüche aus § 632a BGB oder § 649 BGB nicht zu. Ihr Vortrag ist für die vorgenannten Ansprüche nicht schlüssig. Obgleich die Kammer in der mündlichen Verhandlung, als sie das Ergebnis der Vorberatung mitgeteilt hat, die Klägerin auf den insoweit nicht ausreichenden Vortrag aufmerksam gemacht hat, hat die Klägerin weder zu einem Anspruch auf Zahlung von Abschlagszahlungen noch zu einem Vergütungsanspruch – nach Kündigung – ergänzend vorgetragen. Sie hat weder konkret vorgetragen, welche Teilleistungen wann erbracht worden sein sollen, noch hat sie zu den ersparten Aufwendungen ausgeführt.

Der Klägerin steht auch ein Anspruch gemäß § 642 BGB gegen den Beklagten nicht zu.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, der Beklagte sei seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Aus der Anlage K 8, die schon erstinstanzlich von der Klägerin mit Schriftsatz vom 21. November 2007 zu den Akten gereicht worden ist, ist zu entnehmen, dass die wichtigsten Unterlagen bereits am 31. August 2005 der Klägerin zur Verfügung gestanden haben. Welche Unterlagen konkret noch fehlten und weshalb der Beklagte konkret seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sein soll, trägt die Klägerin in der Berufungserwiderung nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, da die Frage, ob ein Internat-System-Vertrag, der u.a. die Gestaltung einer individuellen Internetpräsenz umfasst, dem Werkvertragsrecht unterfällt grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes erfordert.







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