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OLG Nürnberg Beschluss vom 13.07.2009 - 3 U 525/09) - Zur Unzulässigkeit der Bewerbung von Rechtsanwaltsdiensten unter der Bezeichnung "Prädikatsanwälte"
 

 

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OLG Nürnberg v. 13.07.2009: Der normale rechtssuchende Referenzverbraucher sieht den Zusatz „Prädikatsanwalt“ nicht mit dem tatsächlichen Erreichen bestimmter Punktzahlen in der zweiten juristischen Staatsprüfung im Zusammenhang, sondern setzt vielmehr ein besonders gutes Examen bei dem als „Prädikatsanwalt“ bezeichneten RA voraus. Die Werbung mit dem Begriff "Prädikatsanwälte.de" ist daher wettbewerbsrechtlich unzulässig.

Das OLG Nürnberg (Beschluss vom 13.07.2009 - 3 U 525/09) hat entschieden:
Der normale rechtssuchende Referenzverbraucher sieht den Zusatz „Prädikatsanwalt“ nicht mit dem tatsächlichen Erreichen bestimmter Punktzahlen in der zweiten juristischen Staatsprüfung im Zusammenhang, sondern setzt vielmehr ein besonders gutes Examen bei dem als „Prädikatsanwalt“ bezeichneten RA voraus. Die Werbung mit dem Begriff "Prädikatsanwälte.de" ist daher wettbewerbsrechtlich unzulässig.




Entscheidungsgründe:

Auch nach nochmaliger Beratung erweist sich die Berufung als unbegründet. Zur Begründung wird im Wesentlichen auf den bereits erteilten richterlichen Hinweis v. 19.5.2009 Bezug genommen. Der Schriftsatz der Bekl. v. 7.7.2009 veranlasst zu folgenden weiteren Ausführungen:

1. Zu I. 1. dieses Schriftsatzes:

Soweit die Bekl. bemängeln, dass der Senat in Ziff. 1 seines Hinweises ein falsches Verbraucherverständnis von dem Begriff „Prädikatsanwalt“ habe, muss sich die Bekl. zunächst auf ihr eigenes, in der Anlage K 2 kommentiertes, Verständnis verweisen lassen. Dort wird ausdrücklich herausgestellt, dass ein Anwalt effektiver mit einer von dritter Seite erteilten Qualifikation, nämlich der eines „Prädikatsanwalts“, werben könne. Die Bekl. verstehen also den Zusatz „Prädikatsanwalt“ selbst als eine Auszeichnung i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG.

Einen Verstoß gegen diese Vorschrift hat die Kl. ausdrücklich in ihrer Klagebegründung, dort S. 9 dritter Absatz unter a), tatsächlich und rechtlich geltend gemacht, da sie ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass hier eine Selbstbewertung vorliegen würde. Genau dies widerspricht nach der vom Senat unter Ziff. 1 zitierten Kommentarstelle aber dem Charakter einer Auszeichnung. Mit diesem Verständnis steht der Senat nicht alleine, sondern in dem soeben genannten Kommentar sowie bei Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 5 Rdnr. 581 ff. wird dieses Verständnis ausdrücklich geteilt. Denn auch dort wird die Ansicht vertreten, dass eine Auszeichnung i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG von einem Dritten aufgrund einer ernsthaften Prüfung vergeben worden sein muss und nicht auf einer Selbstbewertung beruhen darf.

Auf genau diesen Punkt hat die Kl. in ihrer Klagebegründung auf Bl. 9 (s.o.) sowie in der von den Bekl. im Übrigen selbst zitierten Stelle (s. Schriftsatz der Bekl. v. 7.7.2009, Bl. 4, dritter Absatz) ihre rechtliche Argumentation gestützt. Auch im streitigen Tatbestand des Ersturteils ist diese Argumentation der Kl. wiedergegeben. Es ist dem Berufungsgericht somit in keiner Weise verwehrt, dies aufzugreifen und zu verwerten.

Den Bekl. selbst ist insoweit durch den rechtlichen Hinweis ausreichend rechtliches Gehör zu allen tatsächlichen und rechtlichen Problemen gewährt worden.

2. Zu I. 2. des Schriftsatzes:

Es ist durchaus zutreffend, dass der Senat die Auffassung vertritt, dass der angesprochene Referenzverbraucher den Zusatz „Prädikatsanwalt“ nicht mit dem tatsächlichen Erreichen bestimmter Punktzahlen in der zweiten juristischen Staatsprüfung im Zusammenhang sieht, sondern vielmehr ein besonders gutes Examen bei dem als „Prädikatsanwalt“ bezeichneten RA voraussetzt. Nichts anderes bringt entgegen der Auffassung der Bekl. auch das Ersturteil auf Bl. 9 zum Ausdruck. Dort wird doch gerade wie auch auf Seiten des Senats damit argumentiert, dass der Referenzverbraucher in gleicher Weise wie auch die Bekl. selbst unter „Prädikatsanwalt“ einen Anwalt verstehen, der nicht nur ein Examen mit dem in Bayern gebräuchlichen „kleinen Prädikat“ erworben hat, sondern zu einer kleinen Gruppe von auch prüfungsmäßigen Spitzenjuristen zählt. Ein Widerspruch der Argumentation des Berufungsgerichts zu der des Erstgerichts ist nicht zu erkennen.

3. Zu I. 3. des Schriftsatzes:

Diese Ausführungen stehen im Widerspruch zu dem eigenen Sachvortrag der Bekl.:

Die Bekl. wollen das Verständnis des Verbrauchers, welches dieser von einem Prädikatsanwalt hat, dahingehend einengen, dass der Verbraucher als alleiniges Kriterium, wonach ein RA als „Prädikatsanwalt“ bezeichnet werden darf, nur die tatsächlich erreichte Examensnote sieht. Hier setzt sich die Bekl. allerdings mit ihrem eigenen Verständnis in Widerspruch, da sie nur den als Prädikatsanwalt in ihren Verein aufnimmt, der zusätzlich noch über Berufserfahrung von einer bestimmten Dauer und einen Fachanwaltstitel verfügt. Der Senat vertritt also keineswegs ein vollkommen abweichendes Verbraucherverständnis, welches noch dazu bislang nicht diskutiert worden ist. Vielmehr vertritt er genau das gleiche Verbraucherverständnis, das auch die Bekl. bisher selbst hatten.

4. Zu II. 1. und 2. des Schriftsatzes:

Der Senat ist selbst in der Lage, das Verständnis des hier angesprochenen Verbrauchers zu beurteilen, ohne dass es dafür eines Meinungsforschungsgutachtens bedarf, gehört er doch ebenfalls zu den angesprochenen Verbraucherkreisen.

Bei diesem Verständnis ist zu berücksichtigen, dass der Verbraucher inzwischen die Bezeichnung „Fachanwalt“ kennt. Es ist ihm bewusst, dass dann mit der Bezeichnung „Prädikatsanwalt“ etwas anderes und qualitativ höherwertiges gemeint sein soll. Der Verbraucher wird entgegen der Ansicht der Bekl. (s. bereits oben) auch davon ausgehen, dass ein solcher Anwalt sich nicht nur durch ein gutes Examen, sondern weitere Qualifikationen wie besondere Fachkenntnisse und natürlich eine Praxiserfahrung auszeichnet. Letzteres Kriterium wird von den Bekl. bereits dann als erfüllt angesehen, wenn lediglich eine mindestens fünfjährige Anwaltszulassung vorliegt. Genau hier setzt auch die Kritik des Senats an:

Eine Auszeichnung, wie sie nun einmal die Bezeichnung „Prädikatsanwalt“ ist, setzt inhaltlich objektiv qualifizierende Merkmale voraus; darauf ist deutlich bereits im richterlichen Hinweis aufmerksam gemacht worden. Die von den Bekl. völlig wertfrei herangezogene Zeitdauer der Anwaltszulassung ist dies nicht, außer sie ist mit einer praktischen Tätigkeit als Anwalt verbunden, die bestimmte qualitative Anforderungen erfüllt und daraufhin auch tatsächlich von den Bekl. überprüft wird. Genau dies wird aber der Verbraucher erwarten und genau darüber wird er getäuscht, da eine solche Überprüfung nicht stattfindet.

5. Zu II. 3.:

Den Bekl. ist durch den Hinweis des Senats ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Im Übrigen sind die Ausführungen der Bekl., was die Abweichungen zu der erstinstanzlichen Entscheidung betreffen, ohnehin weitgehend unzutreffend.

6. Zu II. 4.:

Die Voraussetzungen für die Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung sind nicht gegeben, da kein Anlass besteht, auch nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Revision zuzulassen. Im konkreten Fall geht es allein darum, ob die von den Bekl. betriebene Werbung inhaltlich zutreffend ist oder nicht.

Die Frage, ob diese Werbung grundsätzlich mit den Bestimmungen der BRAO bzw. BORA übereinstimmt, ist in keiner Weise entscheidungserheblich und auch entgegen einer nicht näher begründeten Behauptung der Bekl. auf Bl. 13 f. des Schriftsatzes v. 7.7.2009 weder von der Kl., dem Erstgericht oder dem Senat problematisiert worden.

Es geht im vorliegenden Fall allein um Fragen des Verbraucherverständnisses von einem bestimmten Begriff und die sich daraus ergebende Irreführung, d.h. die Anwendung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG auf einen Einzelfall. Die dort relevanten rechtlichen Tatbestandsmerkmale sind vorgeklärt.

Zu allen angesprochenen Fragen ist die Bekl. im Übrigen, wie ihre Ausführungen im soeben besprochenen Schriftsatz zeigen, ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Anforderungen an das rechtliche Gehör sind damit erfüllt.

Die Berufung erweist sich als nach wie vor unbegründet. Sie ist mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.







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