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BGH Urteil v. 04.10.2007 - I ZR 143/04 - Art und Weise der Preisangaben

BGH v. 04.10.2007: Zur Art und Weise der Preisangaben sowie der zusätzlichen Hinweise auf die Mehrwertsteuer und die Versandkosten


Der BGH (Urteil vom 04.10.2007 - I ZR 143/04) hat entschieden:

   Gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) wird bei Internetangeboten nicht bereits dann verstoßen, wenn auf einer Internetseite neben der Abbildung einer Ware nur deren Preis genannt wird und nicht schon auf derselben Internetseite darauf hingewiesen wird, dass der Preis die Umsatzsteuer enthält und zusätzlich zu dem Preis Liefer- und Versandkosten anfallen. Den Verbrauchern ist bekannt, dass im Versandhandel neben dem Endpreis üblicherweise Liefer- und Versandkosten anfallen; sie gehen auch als selbstverständlich davon aus, dass die angegebenen Preise die Umsatzsteuer enthalten. Es kann deshalb genügen, wenn die durch § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben jedenfalls alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Internetseite gemacht werden, die vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden muss.




Siehe auch
Preisangaben
und
Preiswerbung


Zum Sachverhalt:


Die Beklagte, die einen Internetversandhandel betreibt, warb am 25. Mai 2003 im Rahmen ihres Internetauftritts u.a. für Computer und Geräte der Unterhaltungselektronik. Neben einigen der beworbenen Artikel stand der Preis, ohne dass angegeben war, dass darin die Umsatzsteuer enthalten war, und ohne Hinweis darauf, ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfielen. Allgemeine Informationen dazu konnten unter den Menüpunkten „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ und „Service“ auf nachgeordneten Seiten abgerufen werden. Im Zuge des Bestellvorgangs wurden nach Auswahl eines Artikels die Preise der Waren, die anfallenden Versandkosten und der „Gesamtpreis inkl. MwSt“ im Einzelnen ausgewiesen.

Die Klägerin, die mit der Beklagten im Wettbewerb steht, ist der Ansicht, die Beklagte habe mit ihrer Internetwerbung gegen die Preisangabenverordnung verstoßen und dadurch zugleich wettbewerbswidrig gehandelt. Sie hat, soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung, unter anderem beantragt,

   der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Artikel des Sortiments unter Angabe von Preisen zu bewerben, soweit dies ohne den eindeutig zuzuordnenden und leicht erkennbaren Hinweis darauf geschieht, ob und ggf. in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen und/oder dass die Preise einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile gelten, insb. wie unter www.m...de am 25. Mai 2003 geschehen.




Die Beklagte hat die Klageanträge als unbestimmt beanstandet. Die Klage sei auch unbegründet. Ihre allgemeinen Angaben zur Umsatzsteuer und zu den Versandkosten seien ausreichend und könnten von der Startseite aus mit zwei Klicks unter den Menüpunkten „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ und „Service“ abgerufen werden. Der Internetnutzer erhalte die Einzelinformationen zudem rechtzeitig im Rahmen des Bestellvorgangs, den er jederzeit abbrechen könne.

Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme eines nicht mehr streitgegenständlichen Zinsantrags stattgegeben.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Verurteilung zur Auskunftserteilung auf die Zeit ab dem 25. Mai 2003 bezieht (OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 27).

Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Die Revision war vorläufig erfolgreich.


Aus den Entscheidungsgründen:


"... I. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge als hinreichend bestimmt angesehen. Die Klage sei auch begründet, weil die Beklagte mit der angegriffenen Werbung gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) verstoße und dadurch wettbewerbswidrig handele.

Die Beklagte habe die geforderten Angaben über die Umsatzsteuer und die Versandkosten entgegen den Vorschriften in § 1 Abs. 2 und 6 PAngV weder in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der Werbung für den betreffenden Artikel gemacht noch habe sie den Internetnutzer eindeutig und leicht erkennbar zu diesen Angaben hingeführt. Es könne allenfalls vermutet werden, dass allgemeine Angaben zur Umsatzsteuer und zu den Versandkosten unter den Rubriken „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ und „Service“, auf die am oberen Bildschirmrand hingewiesen werde, zu finden seien. Die notwendigen Informationen würden zwar nach Einleitung des Bestellvorgangs gegeben; dies genüge aber nicht den Anforderungen der Preisangabenverordnung. Der Wettbewerbsverstoß der Beklagten sei auch nicht unerheblich.

II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und teilweise, und zwar hinsichtlich des Insbesondere-Teils des Unterlassungsantrags sowie der darauf rückbezogenen Auskunfts- und Schadensersatzanträge, zur Zurückverweisung, im Übrigen zur Abweisung der Klage als unzulässig.

...

III. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird Folgendes zu beachten sein:

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus §§ 8 und 9 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG begründen kann. Die Vorschriften der Preisangabenverordnung sind dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zweck der Preisangabenverordnung ist es, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken und den Wettbewerb zu fördern (vgl. noch zum UWG a.F. BGHZ 155, 301, 305 – Telefonischer Auskunftsdienst, m.w.N.).




2. Die Beklagte, die Verbrauchern im Rahmen ihres Internetauftritts Waren zum Abschluss eines Fernabsatzvertrags im Sinne des § 312b BGB anbietet, ist bei einer Werbung unter Angabe von Preisen verpflichtet, zusätzlich zur Angabe der Endpreise i.S. des § 1 Abs. 1 PAngV die in § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben zu machen. Sie hat deshalb anzugeben, dass die geforderten Preise die Umsatzsteuer enthalten (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PAngV) und ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PAngV).

Entgegen der Ansicht der Revision ist § 1 Abs. 2 PAngV auch nicht mangels einer Ermächtigungsgrundlage unwirksam (Art. 80 Abs. 1 GG). Die Vorschrift beruht auf § 1 des Preisangaben- und Preisklauselgesetzes. Der in dieser Bestimmung verwendete Begriff „Preis“ umfasst nicht nur Preisbestandteile wie die Umsatzsteuer, sondern auch anfallende Liefer- und Versandkosten. Dieses Verständnis liegt (stillschweigend) auch der Änderung der Preisangabenverordnung durch § 20 Abs. 9 Nr. 1 lit. b des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) zugrunde, durch die § 1 Abs. 2 PAngV in seinen Sätzen 2 und 3 mit dem Rang eines einfachen Bundesgesetzes neu gefasst worden ist (vgl. dazu auch § 21 UWG).

3. Die Art und Weise, in der die Hinweise gemäß § 1 Abs. 2 PAngV zu geben sind, richtet sich nach § 1 Abs. 6 PAngV. Wer Angaben nach der Preisangabenverordnung zu machen hat, ist gemäß § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV verpflichtet, diese dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen. Diese Voraussetzungen sind bei dem beanstandeten Internetauftritt der Beklagten, wie er dem unstreitigen Parteivorbringen entspricht und wie er vom Landgericht festgestellt worden ist, nicht erfüllt.

a) Ein unmittelbarer räumlicher Bezug der Hinweise zu den Abbildungen der Waren oder ihren Beschreibungen wird durch § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV nicht zwingend gefordert. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich dies auch nicht aus § 4 Abs. 4 PAngV. Nach dieser Vorschrift sind Waren, die auf Bildschirmen angeboten werden, dadurch auszuzeichnen, dass die Preise unmittelbar bei den Abbildungen oder Beschreibungen der Waren angegeben werden. Eine unmittelbare Anwendung des § 4 Abs. 4 PAngV scheidet bereits deshalb aus, weil die nach § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben zusätzlich zu den Preisen zu machen sind und sich § 4 Abs. 4 PAngV nur auf die Art und Weise der Angaben von Preisen bezieht (vgl. LG Hamburg MMR 2006, 420; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 PAngV Rdn. 1; Rohnke, GRUR 2007, 381, 382). Eine entsprechende Anwendung des § 4 Abs. 4 PAngV kommt nicht in Betracht, weil die Regelung des § 1 Abs. 2 PAngV nicht lückenhaft ist.

b) Danach kann die Bestimmung des § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV, wonach die nach § 1 Abs. 2 PAngV zu machenden Angaben dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sind, im Einzelfall auf unterschiedliche Weise erfüllt werden (vgl. Landmann/Rohmer/Gelberg, Gewerbeordnung und ergänzende Vorschriften, Bd. II, § 1 Abs. 6 PAngV Rdn. 5). In jedem Fall müssen die Angaben allerdings der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechen (§ 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV). Wenn wie hier Waren des täglichen Gebrauchs beworben und angeboten werden, ist dabei maßgeblich auf den durchschnittlichen Nutzer des Internets abzustellen (vgl. zu § 312c BGB BGH, Urt. v. 20.7.2006 – I ZR 228/03, GRUR 2007, 159 Tz. 21 = WRP 2006, 1507 – Anbieterkennzeichnung im Internet). Dieser ist mit den Besonderheiten des Internets vertraut; er weiß, dass Informationen zu angebotenen Waren auf mehrere Seiten verteilt sein können, die untereinander durch elektronische Verweise („Links“) verbunden sind.



c) Den Verbrauchern ist allgemein bekannt, dass im Versandhandel neben dem Endpreis üblicherweise Liefer- und Versandkosten anfallen (vgl. BGH, Urt. v. 14.11.1996 – I ZR 162/94, GRUR 1997, 479, 480 = WRP 1997, 431 – Münzangebot; Urt. v. 5.10.2005 – VIII ZR 382/04, NJW 2006, 211 Tz. 15). Die Trennung von Warenpreis und Versandkosten beruht darauf, dass beim Vertrieb im Wege des Versandhandels regelmäßig Preisaufschläge für Versandkosten anfallen, die zumeist eine variable, mit wachsendem Umfang der Bestellung (bezogen auf das einzelne Stück) abnehmende Belastung darstellen. Dem Verkehr ist geläufig, dass die Versandkosten als Drittkosten neben dem Warenpreis gesondert und nicht auf die Ware, sondern auf die Sendung erhoben werden. Die Versandkosten sind danach nicht schon deshalb in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Warenpreis auszuweisen, weil sie als Teil des Gesamt- oder Endpreises anzusehen wären (vgl. BGH NJW 2006, 211 Tz. 15). Da der durchschnittliche Käufer im Versandhandel mit zusätzlichen Liefer- und Versandkosten rechnet, genügt es, wenn die fraglichen Informationen alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gegeben werden, die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden muss (vgl. zu § 312c BGB BGH NJW 2006, 211 Tz. 16; a.A. MünchKomm.UWG/Ernst, UWG Anh. §§ 1-7 G § 1 PAngV Rdn. 37).

d) Diese Anforderungen erfüllt der Internetauftritt der Beklagten im Hinblick auf die Angabe von Versand- und Lieferkosten nicht. Informationen in anderen, über Links erreichbaren Rubriken, wie sie hier unter den Menüpunkten „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ oder „Service“ gegeben worden sind, genügen nicht. Ein Kaufinteressent wird erfahrungsgemäß nur Seiten aufrufen, die er zur Information über die Ware benötigt oder zu denen er durch einfache Links oder durch klare und unmissverständliche Hinweise auf dem Weg zum Vertragsschluss geführt wird (vgl. BGH, Urt. v. 3.4.2003 – I ZR 222/00, GRUR 2003, 889, 890 = WRP 2003, 1222 – Internet-Reservierungssystem). Erhält er auf diese Weise die Angaben, die er für erforderlich hält, hat er keinen Anlass, auf weiteren Seiten nach zusätzlichen Informationen zu suchen (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2004 – I ZR 222/02, GRUR 2005, 438, 441 = WRP 2005, 480 – Epson-Tinte).

Die Angaben nach der Preisangabenverordnung benötigt der Verbraucher nicht erst im Zuge der Bestellung, sondern bereits, wenn er sich mit dem Angebot näher befasst. Daher müssen sie dem Angebot oder der Werbung eindeutig zugeordnet sein (§ 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV). Werden die erforderlichen Informationen dem Verbraucher erst gegeben, wenn er sich bereits zum Erwerb entschlossen und deswegen den Bestellvorgang durch Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb eingeleitet hat, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 PAngV nicht erfüllt.

e) Für die durch § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PAngV geforderte Angabe, dass die Preise die Umsatzsteuer enthalten, gilt nichts anderes. Für die angesprochenen Verbraucher stellt es allerdings eine Selbstverständlichkeit dar, dass die angegebenen Preise die Umsatzsteuer enthalten (vgl. dazu auch Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rdn. 7.109 f.; MünchKomm.UWG/Ernst aaO § 1 PAngV Rdn. 34; Rohnke, GRUR 2007, 381, 382). Deshalb genügt es, darauf leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer nachgeordneten Seite hinzuweisen (a.A. MünchKomm.UWG/Ernst aaO § 1 PAngV Rdn. 35). Auch hier darf der Hinweis jedoch nicht erst nach Einleitung des Bestellvorgangs gegeben werden. ..."

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