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Landgericht München Urteil vom 10.10.2008 - 23 O 1724/08 - Zum Eingriff in den eingerichteten Gewerbebetrieb durch Versendung einer unerwünschten E-Mail
 

 

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Adresshandel - Einwilligungserklärung - E-Mail allgemein - Unterlassungsanspruch - Werbemails - Werbung - Wettbewerb


LG München v. 10.10.2008: Auch wenn die Versendung nur einer einzigen E-Mail einen relativ geringen Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb darstellt, so ist dennoch ein Anspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB gegeben. Nach gefestigter Rechtsprechung reicht im Einzelfall ein nur einmaliges Versenden von unerwünschten Werbesendungen wegen ihres besonders belästigenden Charakters aus, um einen Unterlassungsrelevanten Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu sehen.

Das Landgericht München I (Urteil vom 10.10.2008 - 23 O 1724/08) hat entschieden:
Auch wenn die Versendung nur einer einzigen E-Mail einen relativ geringen Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb darstellt, so ist dennoch ein Anspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB gegeben. Nach gefestigter Rechtsprechung reicht im Einzelfall ein nur einmaliges Versenden von unerwünschten Werbesendungen wegen ihres besonders belästigenden Charakters aus, um einen Unterlassungsrelevanten Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu sehen.
Zum Sachverhalt: Die Parteien stritten über den Versand einer einzigen Werbe-E-Mail.

Die Klägerin, eine Stiftung, die sich auch wirtschaftlich am Geschäftsleben beteiligt, hatte bis zur Zusendung der Streitgegenstandlichen Werbe-E-Mail am 18.09.2007 mit dem Unternehmen der Beklagten keinerlei Geschäftsbeziehung oder sonstige Kontakte. Die Beklagte war der Klägerin gänzlich unbekannt.

Am 18.09.2007 ging auf der E-Mail Adresse „…“ der Klägerin eine Werbe-E-Mail unter dem Aufhänger einer drittverfassten Studie „…“ ein. Ebenso ging bei der Stiftung der Klägerin eine Werbe-E-Mail der dritten „…“ ein, diese zweite E-Mail ging relativ zeitgleich ein und hatte ebenso Werbung zum Gegenstand. Diese „…“ steht in einem nicht gänzlich aufgeklärten Verhältnis zur Beklagten.

Die Klägerin meinte, aufgrund der Tatsache, dass eine belästigende Werbe-E-Mail versendet wurde, bestünde Wiederholungsgefahr, insbesondere habe die Beklagte bei der Versendung auch auf einen Verteiler der … rückgegriffen, der eine Vielzahl von E-Mail Adressen ausweist und es sich deshalb aufdränge, dass diese E-Mails an eine Vielzahl von Adressaten gesendet werden. Die Klägerin ist der Rechtsmeinung, dass sich der Anspruch rechtlich sowohl aus einem Eingriff in den ausgeübten und eingerichtete Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB als auch aus § 8 UWG wegen Verstoßes gegen den Wettbewerb ergebe.

Die Klägerin hat dementsprechend Unterlassung und Ersatz ihrer außergerichtlichen Anwaltskosten für die vorgerichtliche Abmahnung verlangt.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie war der Meinung, dass eine Wiederholungsgefahr bei einem bloß einmaligen Versand einer E-Mail ohnehin nicht bestehe. Tatsächlich behauptete sie, die E-Mail Adresse nicht aus einem Verteiler der anderen … gehabt zu haben, sondern aus einem frei zugänglichen öffentlichen Datenbankverzeichnis, dass sie über eine CD käuflich erworben hat.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Klage ist vollumfänglich begründet, rechtlich maßgebend war der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 05.11.2007 (Aktenzeichen 29 W 2626/07).

I.

1. Ein Anspruch aus § 8 UWG besteht nicht, für die Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruches fehlt der Klägerin die Mitbewerbereigenschaft und damit die Aktivlegitimation nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG (vgl. den Beschluss des OLG).

2. Auch wenn die Versendung nur einer einzigen E-Mail einen relativ geringen Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb darstellt, so ist dennoch ein Anspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB gegeben.

Nach mehreren obergerichtlichen Entscheidungen, unter anderem OLG Sachsen-Anhalt im Urteil vom 22.12.2006. Aktenzeichen 10 U 60/06 sowie Palandt/Sprau, BGB, 66. Auflage 2007, § 823 Randnummer 132 und natürlich dem bereits zitierten Beschluss des Oberlandesgerichts München in dieser Sache, reicht im Einzelfall ein nur einmaliges Versenden von unerwünschten Werbesendungen wegen ihres besonders belästigenden Charakters aus, um einen Unterlassungsrelevanten Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu sehen. Auf diese gefestigte Rechtsprechung nimmt auch das Landgericht München Bezug, um dieses Urteil zu begründen. Es ist eine Wertung der Rechtsprechung, die sich aus dem millionenfach auftretenden Problem der „Spam-E-Mails“ im Internet ergeben hat und die nur bei strenger Anwendung sinnvoll auf die Beteiligten einwirken kann.

3. Es ergibt sich aus den weiter im Hauptsacheverfahren vorgetragenen Tatsachen für diesen Einzelfall nichts anderes; insbesondere nicht aus der Abmahnung vom 20.09.2007 und der Antwort vom 04.10.2007. Die Antwort vom 04.10.2007 ist entgegen dem etwas verwischenden Vortrag der Beklagtenpartei nämlich nicht im Namen der Beklagten erfolgt, sondern ausdrücklich im Namen der Dritten und hier am Rechtsstreit unbeteiligten „…“. Erst in der Verhandlung vom 15.09.2008 konnte das Gericht aufklären, dass diese dritte andere … mit der … in einer geschäftlichen Beziehung steht, und auch diese dritte unbeteiligte … an die Klägerin eine andere Werbe E-Mail versandt hat An beide Firmen wurde das Abmahnschreiben vom 20.09.2007 seitens der Klägerin gerichtet, so erklärt sich die Antwort vom 04.10.2007 auch im Namen der …. Im Namen der Beklagten erfolgte keinerlei Antwort und auch keinerlei Reaktion, weshalb die Frage, ob sich die Beklagte in Zukunft an ein Unterlassungsgebot irgendwie gearteter Art halten würde, nicht beantwortet wurde. Insofern ergibt sich auch kein Grund, von der oben genannten (Ziffer 2.) Rechtsprechung abzuweichen.

Als besonders belästigend muss man auch den Umfang der E-Mail werten, der nach dem neuerlichen Vortrag der Beklagten dem Empfänger zumuten will den ganzen Inhalt der E-Mail zu überblicken.

4. Das Ordnungsgeld steht im Ermessen des Gerichtes; das Gericht denkt dass ein Ordnungsgeld von lediglich 50 000,00 Euro ausreichend ist, um zukünftige Verstöße zu verhindern. Als Begründung kann aufgeführt werden, dass der Eingriff zwar äußerst belästigend ist, aber dennoch im Bagatellbereich stattfindet, es handelt sich gerade nicht um qualifiziert schwerwiegende Eingriffe in den Gewerbebetrieb. Aus diesem Grund stünde auch die Ordnungshaft (nicht die Ersatzordnungshaft) außer Verhältnis zur Versendung einer einzigen E-Mail.

5. Die Anwaltskosten begründen sich aus dem Streitwert von 7 500,00 Euro, der durchaus zu recht so festgesetzt wurde. Aus den Anlagen K 7 und K 8 kann das Gericht herleiten, dass die vorgerichtlichen Anwaltsgebühren in dieser Höhe angefallen sind und von der Klägerin auch beglichen wurden. Damit steht der Klägerin diesbezüglich der volle Anspruch zu. ..."




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