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Landgericht Berlin Urteil vom 23.10.2008 - 32 O 501/08 - Zum Affiliate-Betrug durch Eigenbuchungen des Affiliates bzw. Publishers

LG Berlin v. 23.10.2008: Zum Affiliate-Betrug durch Eigenbuchungen des Affiliates bzw. Publishers


Das Landgericht Berlin (Urteil vom 23.10.2008 - 32 O 501/08) hat entschieden:

   Die Vornahme von später wieder stornierten Eigenbuchungen durch Mitarbeiter oder Organe des Publishers oder durch ihn selbst verstößt ganz offensichtlich gegen das Prinzip eines Affiliate-Netzwerks. Denn dieses geht von vier Beteiligten aus: dem Partner, dem Betreiber, dem Endkunden und dem Netzwerk. Dass der Endkunde aus der persönlichen Sphäre des Partners stammt, entspricht nicht der zugrunde gelegten Wirtschaftsidee. Derartige Eigenbuchungen zum alleinigen Zweck der Erlangung von Provisionen sind unlauter und betrügerisch.




Siehe auch
Affiliate-Werbung
und
Stichwörter zum Thema Werbung


Zum Sachverhalt:

Die Verfügungsklägerin ist ein US-amerikanische Gesellschaft mit Sitz in (...), die u.a. Reiseleistungen über das Internet vermittelt. In Deutschland geschieht dies insbesondere über die Internetplattform „(...).de“.

Die Verfügungsbeklagte ist eine Gesellschaft mit Sitz in Berlin. Sie betreibt ein Reisebüro am (...) , welches auf so genannte Last-Minute-Reisen spezialisiert ist. Die Verfügungsbeklagte betreibt zudem, teilweise firmierend unter „(...)“ im Internet mehrere Webseiten, insbesondere vermittelt sie selbst Reiseleistungen an Endkunden auf den von ihr betriebenen Webseiten, etwa www.(...).de.

Hintergrund des einstweiligen Verfügungsverfahrens war die Nutzung eines so genannten Partnerprogrammes seitens der Verfügungsklägerin als Marketing-Instrument, vermittelt durch ein so genanntes Affiliate-Netzwerk.

Ein Partnerprogramm besteht aus einem Unternehmen („Merchant“), im folgenden auch: „Betreiber“, „Werbender“ oder „Advertiser“, der auf seiner Internetseite ein Produkt oder eine Dienstleistung anbietet und einem Betreiber einer (anderen) Internetseite („Affiliate“), im folgenden auch „Publisher“ oder „Partner“, der dieses Produkt bewirbt. Der Affiliate erhält für vermittelte Kunden, Bestellungen oder Umsätze eine vereinbarte Provision.

Wodurch diese im Einzelfall ausgelöst wird, hängt von dem jeweiligen Partnerprogramm ab. Streitgegenständlich ist das so genannte „Pay-per-Sale“-Verfahren, bei dem der Affiliate ausschließlich für abgeschlossene Geschäfte des Kunden, der den Link benutzt, vergütet wird. Beim Affiliate-Marketing besorgt sich der dritte Webseiteninhaber („Affiliate“) die Werbemittel bei einem „Affiliate-Netzwerk“, stellt sie selbst auf seine Webseite ein und versucht auf diese Weise provisionsträchtige Transaktionen zu vermitteln.

Wird durch das Werbe-Banner das Interesse eines Webseitenbesuchers des Publishers geweckt und klickt jener die Bannerwerbung an, wird durch einen (Hyper-)Link automatisch auf die Webseite des Werbenden („Merchant“) weitergeleitet. Der potentielle Kunde bewegt sich im weiteren Verlauf auf der Webseite des Merchant.

Zwei etablierte Affiliate-Netzwerke sind die der Unternehmen (...).de AG und (...) GmbH.

Die Verfügungsbeklagte war als „(...)“ bei beiden vorgestellten Netzwerken angemeldet und insbesondere bei (...) von April bis Ende August 2008 für die Verfügungsklägerin als Affiliate freigeschaltet. In dem Affiliate-Netzwerk (...) war die Verfügungsbeklagte jedenfalls im Juni 2008 für die Verfügungsklägerin freigeschaltet.

Die Parteien hatten einen Affiliate Grundvertrag Rahmenvertrag zur Teilnahme von Affiliate an (...)-Beteiligungsprogrammen für Deutschland und Österreich) abgeschlossen und außerdem galten für Ihre Geschäftsbeziehungen die „AGBs“ des Unternehmens (...) einschließlich der so genannten allgemeinen Geschäftsbedingungen für Publisher („Publisher AGB“).

Im Verfahren ging es um eine Reihe von Buchungen, die in der Vergangenheit über das bei der Verfügungsbeklagten eingestellte Werbebanner der Verfügungsklägerin auf deren Webseite von Mitarbeitern oder vertretungsberechtigten Organen der Verfügungsbeklagten vorgenommen wurden.

Sämtliche in Rede stehenden Vorgänge, für welche die Verfügungsbeklagte jeweils eine entsprechende Provision beanspruchte, wurden über das Netzwerk (...).de AG abgerechnet.

Die auf Grund diese Buchungsvorgänge von der Verfügungsbeklagten beanspruchten Provisionen, welche die Verfügungsklägerin zum großen Teil bereits bezahlt hat, überstiegen zum Teil den jeweiligen Buchungswert erheblich. Eine tatsächlich Inanspruchnahme der gebuchten Reiseleistung durch die Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten erfolgte regelmäßig nicht.

Die Verfügungsklägerin mahnte die Beklagte vergeblich ab.

Mit E-Mail vom 04. September kündigte die (...).de AG der Verfügungsbeklagten gegenüber deren Account im (...) und verwehrte ihr damit den Zugang zu den Partnerprogrammen auf ihrer Webseite. Seitdem ist die Verfügungsbeklagte kein Publisher mehr auf dieser Plattform.

Die Verfügungsklägerin vertrat die Auffassung, die Verfügungsbeklagte habe sich systematisch und planmäßig in vertrags- und rechtswidriger Weise durch Eigenbuchungen anstatt der Vermittlung von Buchungen Dritter Provisionsleistungen zu ihren Lasten erschlichen.

Es seien von ihr systematisch einzelne billige Hotelnächte mittels ihrer eigenen, im Affiliate-Netzwerk registrierten Webseiten gebucht worden, um überschießende Erlöse aus den Provisionen zu generieren. Diese Buchungen seien ganz gezielt über einen langen Zeitraum hinweg unter Einsatz von Betriebsmitteln der Verfügungsbeklagten, insbesondere deren Kreditkartendaten erfolgt. Die Verfügungsbeklagte, so meint die Verfügungsklägerin, müsse sich insoweit die Handlungen ihrer Organe zurechnen lassen. Denn ausgeschlossen sei, dass dies alles ohne Wissen und Lenkung der Geschäftsleitung erfolgt sei. Es handele sich insoweit um nicht authentische Buchungen, durch die keine Provisionen ausgelöst werden dürften.

Die Verfügungsklägerin hat beantragt,

   der Verfügungsbeklagten bei Vermeidung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu verbieten,

   Buchungen auf der Webseite der Verfügungsklägerin unter der URL „www.(...).de“ oder gleichnamiger Webseiten der Verfügungsklägerin u.a. Länderkürzel (d.h. anderer so genannter Top-Level-Domain), für sich vorzunehmen, soweit der Buchungsvorgang durch Anklicken von Werbebannern der Verfügungsklägerin, auf die die Verfügungsbeklagte durch die (...).de AG oder die (...) GmbH Zugriff erhalten hat, auf einer von der Verfügungsbeklagten betriebenen Webseite eingeleitet wird.


Die Verfügungsbeklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie wies - ohne indes eine ausdrückliche Zuständigkeitsrüge zu erheben - darauf hin, dass in Teil 3 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verfügungsklägerin als Gerichtsstand München ausgewiesen sei.

Sie vertrat die Rechtsauffassung, dass ein rechtswidriges Verhalten ihrerseits nicht vorgelegen habe, da keine der Buchungen vorgetäuscht oder fingiert worden sei. Man habe lediglich die Angebote der Verfügungsklägerin wahrgenommen und genutzt. Ein Missbrauchstatbestand in Form von unlauteren Methoden oder unzulässigen Mitteln gemäß der AGB des Unternehmens (...).de AG habe nicht vorgelegen. Denn entgegen der allgemeinen Geschäftsbedingungen von (...) enthielten die AGB von (...) keine vergleichbare Regelung über den Ausschluss eigener Aktivitäten eines Publishers innerhalb eines Partnerprogrammes. Mitarbeiter sowie Freunde und Bekannte Einzelner, die an der Verfügungsbeklagten beteiligt seien, könnten auch nicht ohne weiteres dieser direkt zugeordnet werden.

Zu einem Buchungsvorgang gehöre überdies nicht die Verpflichtung des Reisenden, die bezahlte Reiseleistung auch in Anspruch zu nehmen. Eine Täuschung liege damit nicht vor, weshalb der Tatbestand des Betruges nicht einschlägig sei.

Die Klage blieb erfolglos, weil das Gericht die Wiederholungsgefahr als nicht gegeben angesehen hat; in der Sache hat es jedoch das Verhalten der Verfügungsbeklagten als unlauter und bertrügerisch angesehen..




Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist zulässig.

Das angerufene Landgericht Berlin ist aufgrund des Sitzes der Verfügungsbeklagten in Berlin gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 ZPO örtlich zuständig.

Soweit die Verfügungsbeklagte in diesem Zusammenhang auf Teil 3 der AGB der Verfügungsklägerin verweist, woraus sich der Gerichtsstand München ergäbe, muss sie sich entgegenhalten lassen, dass diese AGB schon nach ihrem eigenen und insoweit von der erfügungsklägerin unbestrittenen Vortrag nicht in das zwischen ihr und der Verfügungsklägerin geschlossene Vertragsverhältnis einbezogen worden sind. Soweit die Verfügungsklägerin selbst in ihrer Antragsschrift Bezug nimmt auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen, will sie dadurch lediglich beispielhaft verdeutlichen, auf welche Weise sie sich dem Endkunden gegenüber abzusichern suche.

II.

In der Sache ist die Klage unbegründet.

Denn ein Rechtsschutzbedürfnis der Verfügungsklägerin für den Erlass der von ihr begehrten einstweiligen Verbotsverfügung gemäß §§ 935, 938, (936) ZPO, 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 2, 263 BGB oder §§ 8 I, II, 3 UWG ist jedenfalls nach der vom Unternehmen (...).de AG der Verfügungsbeklagten am 04.09.2008 erklärten Kündigung nicht ersichtlich.

Zwar geht das erkennende Gericht mit der Verfügungsklägerin davon aus, dass eine nicht unerhebliche Anzahl der von Mitarbeitern oder vertretungsberechtigten Organen der Verfügungsbeklagten über das Netzwerk (...).de AG erfolgten streitgegenständlichen Buchungen den Tatbestand des „Missbrauchs“ gemäß Ziffer 5.4 der AGB sowie Ziffer 5 der Publisher AGB des Unternehmens (...) erfüllen.

Denn die Verfügungsbeklagte hat sich auf diese Weise insoweit bereits ausgezahlte Provisionen auf unlauterer Weise erschlichen.

Das ergibt sich schon aus dem übereinstimmenden Tatsachenvortrag der Parteien. Danach sind von Mitarbeitern und vertretungsberechtigten Organen der Verfügungsbeklagten in dem Zeitraum von April bis Ende August 2008 eine ganze Reihe von Buchungen bei der Verfügungsklägerin vorgenommen worden, ohne dass die gebuchte Leistung auch tatsächlich in Anspruch genommen worden ist.

Das gesteht die Verfügungsbeklagte letztlich selbst zu, indem sie argumentiert, zu einem Buchungsvorgang gehöre nicht die Verpflichtung des Reisenden, die bezahlte Reiseleistung auch in Anspruch zu nehmen. Alle Buchungen seien, was unstreitig ist, bezahlt und real abgewickelt worden. Soweit in derartigen Fällen die ausgewiesenen und zum Teil auch von der Verfügungsbeklagten tatsächlich erlangten Provisionen den Buchungswert überstiegen haben, ist nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Buchung dem alleinigen Zweck zu dienen bestimmt gewesen ist, die Vermittlungsvergütung zu erlangen.

Dieses Vorgehen verstößt immanent und ganz offensichtlich gegen das „Prinzip des (...)-Netzwerks“. Denn dieses geht gemäß Ziffer 2 seiner allgemeinen AGBs von vier Beteiligten aus: dem Partner, dem Betreiber, dem Endkunden und dem Netzwerk. Dass der Endkunde aus der persönlichen Sphäre des Partners stammt, entspricht nicht der zugrunde gelegten Wirtschaftsidee. Vorgesehen ist eine „erfolgsabhängige“ Vergütung für den Partner (vgl. Ziffer 5.2 der AGB von (...): „Die Betreiber zahlen an (...) ein in ihrem Ermessen liegende erfolgsabhängige Vergütung, wenn es zu einem erfolgreichen Geschäftsabschluss (...) für die Betreiber gekommen ist“ und 5.3 derselben: „Partner erhalten von (...) eine erfolgsabhängige Vergütung, die sich an der erfolgsabhängigen Vergütung der Betreiber an ??? (§ 5 Abs. 2) orientiert“).



Entsprechend heißt es im letzten Satz der Einleitung der Publisher AGB:

   „Klickt ein Endkunde auf ein Werbemittel (...) und kommt es im folgenden zu einem Geschäftsabschluss, ist die Werbung erfolgreich und der Publisher erhält von (...) eine zuvor festgelegte Vergütung“

sowie unter Ziffer 2.2 derselben:

   „Klickt ein Dritter, z. B. ein Endkunde, auf ein Werbemittel und kommt es im Folgenden dadurch zu einem im Rahmen des Partnerprogramms näher bestimmte Geschäftsabschluss mit dem Advertiser, erhält der Publisher von (...) für die Zurverfügungstellung der Werbefläche und die erfolgreiche Vermitttlung von Endkunden an den Advertiser eine erfolgsabhängige Vergütung. Geschäftsabschlüsse in diesem Sinne sind Handlungen, die einen Anspruch auf eine Vergütung begründen.“

Als für den Betreiber (Merchant) erfolgreich angesehen wird demzufolge der Fall eines über die vom Netzwerk vermittelte Werbung erlangten Geschäftsabschlusses. Dass der Partner (Publisher) selbst seine vertretungsberechtigten Organe oder seine Mitarbeiter veranlasst, die provisionsauslösende Momente zu schaffen, läuft der Geschäftsidee der Netzwerkvermittlung grob zuwider.

Denn die provisionierte Leistung des Publishers ist die Herstellung des Kontaktes über seine Web-Seite zu außenstehenden Dritten. Kommt über diese Vermittlung im Ergebnis ein konkretes Geschäft zustande, soll dies dem Publisher honoriert werden. Der Publisher lässt den Merchant an seinem eigenen „Kundenstamm“, womit diejenigen gemeint sind, die sich auf seiner Web-Seite bewegen, partizipieren.

Dabei spielt der Bekanntheitsgrad des Publishers eine nicht unerhebliche Rolle. So, wie die hier praktizierten streitgegenständlichen Buchungen erfolgt sind, hat der Bekanntheitsgrad der Verfügungsbeklagten hingegen keine Rolle gespielt, da ein interner Kreis aus der Sphäre der Verfügungsbeklagten agiert hat. Aufgrund der Häufigkeit der auf diese Weise erfolgten Buchungen kann es sich dabei nicht mehr um Zufälle gehandelt haben. Vielmehr ist hier ganz offensichtlich bewusst und gewollt zugunsten der Verfügungsbeklagten, welche sodann ihren „Provisionsanspruch“ geltend gemacht hat, zusammengewirkt worden.

Darin liegt zugleich ein Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB.

Die der vorstehend erläuterten Marketing-Idee entsprechende Vorstellung (der Irrtum) der Verfügungsklägerin dahin, dass es sich bei den von der Verfügungsbeklagten als Partner vermittelten Buchungen sämtlich um solche ausstehender Dritter gehandelt hat, hat die Verfügungsbeklagte zumindest bewusst aufrechterhalten. Soweit in diesem Zusammenhang Provisionen ausgezahlt bzw. freigegeben worden sind, liegt darin eine Vermögensverfügung zum Nachteil der Verfügungsklägerin, aus der ihr jedenfalls insoweit, als die Provisionen den jeweiligen Buchungswert überschritten haben, auch ein entsprechender Schaden erwachsen ist.

Dass das Vorliegen eines Missbrauchstatbestandes den Provisionsanspruch gemäß Ziffer 5.4, vierter Spiegelstrich der Publisher AGB bereits entfallen lässt, ist demgegenüber unerheblich.

Die Verfügungsbeklagte kann dagegen nicht mit Erfolg einwenden, die AGB der (...).de AG schlössen die Provisionsauslösung durch eine Buchung von Seiten des Publishers selbst nicht zwingend aus. Vielmehr sagt der Einleitungssatz von Ziffer 5 der Publisher AGBs unmissverständlich, dass ein - der Entstehung eines Provisionsanspruchs entgegenstehender - Missbrauch im Sinne dieser Klausel bereits bei einem Verstoß gegen „das Prinzip des (...)-Netzwerkes“ vorliegt.

Entgegen der Ansicht der Verfügungsklägerin hat hinsichtlich der streitgegenständlichen Buchungen eine Wiederholungsgefahr, die sowohl ein Anspruch aus §§ 1004 I Satz 2 BGB, 823 II BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB als auch ein solcher aus §§ 8, 3 UWG schon tatbestandlich voraussetzen, im maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung jedoch nicht mehr bestanden.

Die Möglichkeit der Erhebung einer Unterlassungsklage sieht § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB nur für den Fall vor, dass „weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind“.

Unter einer Wiederholungsgefahr in diesem Sinne versteht man die auf Tatsachen gegründete objektive ernstliche Besorgnis weiterer Störungen (Bassenge in Palandt, 68. Aufl., Rdn. 32 zu § 1004). Zwar ist der Verfügungsklägerin zuzugeben, dass regelmäßig die vorangegangenen rechtswidrigen Beeinträchtigungen eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr begründen (BGH NJW 04, 1035).

Dafür spricht vorliegend auch die Uneinsichtigkeit der Verfügungsbeklagten hinsichtlich der Rechtswidrigkeit ihres Handelns, die in ihrem Schreiben vom 03.09.2008 deutlich zum Ausdruck gekommen ist. Denn die Verfügungsbeklagte hat bis zuletzt auf ihrer Ansicht beharrt, nur die im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen vorhandenen Möglichkeiten genutzt zu haben.

Ihr vorgestelltes Verhalten sowie die Verweigerung der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung führt aber nicht zwingend zur Annahme des Bestehens einer Wiederholungsgefahr. Zwar entfällt eine solche regelmäßig mit Abgabe einer strafbewehrten (vgl. etwa OLG Karlsruhe 6. Zivilrechtssenat, Entscheidung vom 10.08.2005 - 6 U 30/05 -) oder (im Wettbewerbsrecht) durch Vertragsstrafe gesicherten Unterlassungserklärung. Das rechtfertigt indes nicht im Umkehrschluss die Annahme einer stets vorhandenen Wiederholungsgefahr für den Fall der Nichtabgabe einer entsprechenden Erklärung. Vielmehr sind stets die konkreten Umstände des Einzelfalles maßgeblich.

Vorliegend ist danach eine Wiederholung der in Rede stehenden Handlungen jedenfalls von Seiten der Beklagten - und nur darauf kommt es hier an - sogar ausgeschlossen.

Erklärtes Ziel der Verfügungsklägerin, welche sie mit dem Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung verfolgt ist es, „die Antragsgegnerin (Verfügungsbeklagte) und die beteiligten Personen gesichert davon abzuhalten, die rechtswidrigen und betrügerischen Handlungen zukünftig zu wiederholen“.




Bei den von der Verfügungsklägerin in ihrer Antragsschrift vom 02.10.2008 geschilderten Buchungsvorgängen, auf die sie ihren Unterlassungsanspruch stützt, handelt es sich ausschließlich um Buchungen, die über das Affiliate Netzwerk (...).de AG erfolgt sind. Diesbezüglich ist das vorgestellte Ziel durch die am 04.09.2008 seitens der (...).de AG gegenüber der Verfügungsbeklagten erfolgten Kündigung bereits erreicht. Denn seitdem ist die Verfügungsbeklagte nicht mehr bei dem Netzwerk (...).de AG als Affiliate freigeschaltet und hat daher auch keinen Zugriff mehr auf Werbebanner der Verfügungsklägerin durch die (...).de AG.

Im Falle einer erneuten Anmeldung der Verfügungsbeklagten bei der (...).de AG kann die Verfügungsklägerin einem Zugriff der Verfügungsbeklagten auf ihre Werbebanner wirksam begegnen, indem sie ihre erforderliche Zustimmung verweigert.

Aus Ziffer 4.3 der AGB der (...).de AG ergibt sich, dass die Betreiber gegenüber (...) auswählen, über welche angebotenen Werbeflächen der Partner sie ihre Waren und Dienstleistungen vermarkten und vertreiben wollen. Die Betreiber treffen ihre Auswahlentscheidung, teilen diese (...) mit, welche dieselbe gegenüber Betreibern und Partnern daraufhin bestätigt. Diese Klausel gilt gemäß Ziffer 3.1 der AGB von (...) sowohl für die Verfügungsklägerin als Betreiberin, als auch für die Verfügungsbeklagte als Publisher im Rahmen ihrer jeweiligen rechtlichen Beziehung zum Affiliate Netzwerk, und zwar unabhängig davon, ob das Netzwerk im Einzelfall als bloßer Dienstleister oder als Vermittler tätig wird, worauf es daher für die vorliegende Entscheidung nicht ankommt. Entsprechendes ergibt sich für die Verfügungsbeklagte als Publisher überdies aus den AGB von (...) für Publisher dort unter Ziffer 3.2, wonach es dem Advertiser freisteht, den Publisher zur Teilnahme zuzulassen oder abzulehnen.

Ein Anspruch auf Zulassung besteht nicht.

Hinsichtlich des Netzwerkes Tradedoubler bietet § 1004 Abs. 1 Satz 2 - entgegen seines ausdrücklichen Wortlautes „weitere Beeinträchtigungen“ - auch Schutz gegen erstmals ernsthaft drohende Beeinträchtigungen (vgl. Bassenge in Palandt, 68. Aufl., Rdn. 33 zu § 1004 BGB). Für eine solche spricht indes keine tatsächliche Vermutung.

Insbesondere unterscheidet die Verfügungsbeklagte in ihrer rechtlichen Wertung - und sie nimmt das sich Bewegen innerhalb der erkannten rechtlichen Grenzen für sich in Anspruch - ja offensichtlich zwischen den Beteiligungsprogrammen der (...).de AG und der (...) GmbH. „Entgegen der allgemeinen Geschäftsbedingungen von (...)“, so äußert sie sich, „enthalten die AGB von (...) keine vergleichbare Regelung über den Ausschluss eigener Aktivitäten eines Publisher innerhalb eines Partnerprogramms“.

Auch die Verfügungsbeklagte versteht Ziffer 7.2 c) des Rahmenvertrages zur Teilnahme von Affiliate an (...) Beteiligungsprogrammen für Deutschland und Österreich dergestalt, dass es sich bei dem Besucher auf der Website des Merchant zwingend um eine dritte Person oder Firma handeln muss. Dann besteht schon keine Wahrscheinlichkeit vergleichbarer „Unregelmäßigkeiten“ der Verfügungsbeklagten über das Netzwerk (...).

Außerdem hat dieses der Verfügungsbeklagten gegenüber seinerseits am 28.08.2008 die Teilnahme am Partnerprogramm der Verfügungsklägerin gekündigt. Auch hier ist im Falle einer erneuten Anmeldung gemäß Ziffer 4.3 der vorgestellten Rahmenvertragsbedingungen eine aktive Bestätigung seitens der Verfügungsklägerin erforderlich. Denn über die Teilnahme des Affiliate an einem Beteiligungsprogramm soll auch danach der Merchant nach eigenem Ermessen entscheiden.

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass es sich bei der Freischaltung in ihrem Bereich um ein automatisiertes Verfahren handele und es ihr aus tatsächlichen Gründen gar nicht möglich sei, in jedem Einzelfall zu prüfen, wer konkret die Freischaltung im Rahmen ihres Partnerprogramms begehre.



Zum einen hat sie ihre diesbezügliche tatsächliche Behauptung (automatisiertes Verfahren), welche die Verfügungsbeklagte bestreitet und wogegen auch der vom Beklagtenvertreter im Termin vorgelegte Auszug spricht, wonach eine Freischaltung mehrere Tage gedauert hat, nicht glaubhaft gemacht. Zum anderen geht die Verfügungsklägerin aber doch offensichtlich davon aus, dass sie für den Fall des Erlasses der begehrten einstweiligen Verfügung in der Lage gewesen wäre, zu erkennen, wann und von wem ggf. dagegen verstoßen würde, in welchem Falle die entsprechende Strafbewehrung also einschlägig zum tragen kommt.

Dann muss es ihr aber auch möglich sein, eine vergleichbare Prüfung bereits im Vorfeld der Anmeldung zur Freischaltung im Rahmen ihres Partnerprogrammes vorzunehmen. Sie wird auch nicht in unzumutbarer Weise auf faktische Selbsthilfe verwiesen. Sie muss sich lediglich entgegenhalten lassen, dass die Gefahr, gegen die sie sich mit der erstrebten einstweiligen Verfügung schützen will, im Termin zur mündlichen Verhandlung bereits gebannt gewesen ist. Die Entstehung einer neuen vergleichbaren Gefahr setzt hingegen einen Vertragsschluss unter Beteiligung der Verfügungsklägerin voraus. Zum Eingehen eines neuen geschäftlichen Kontaktes, ist sie jedoch nicht gezwungen.

Ob die Verfügungsklägerin für den Fall des Zutreffens des von ihr behaupteten undurchschaubaren automatisierten Verfahrens das Risiko eines solchen selbst zu tragen hätte oder sich daraus ein Rechtsschutzbedürfnis der Verfügungsklägerin zur Absicherung gegen eine etwa daraus resultierende Wiederholungsgefahr ableiten ließe, braucht in Ermangelung der Glaubhaftmachung der behaupteten Verfahrensabläufe nicht geprüft zu werden.

Der nicht auszuschließenden Gefahr, dass dieselben Personen (Mitarbeiter der Beklagten und deren Umfeld) unter anderer Firma in gleichgerichteter Weise agieren, vermag eine gegen die Beklagte als Verfügungsgegnerin gerichtete einstweilige Verfügung ohnehin nicht vorzubeugen, so dass sich auch daraus kein Rechtsschutzbedürfnis ableiten lässt. ...

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