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BGH Urteil vom 17.01.2002 - I ZR 241/99 - Zu Mehrfachabmahnungen durch verschiedene Konzernunternehmen durch eine Anwaltskanzlei

BGH v. 17.01.2002: Zu Mehrfachabmahnungen durch verschiedene Konzernunternehmen durch eine Anwaltskanzlei


Der BGH (Urteil vom 17.01.2002 - I ZR 241/99) hat entschieden:

  1.  Gehen mehrere durch denselben Rechtsanwalt vertretene Konzernunternehmen wegen eines Wettbewerbsverstoßes in der Weise vor, dass sie den Beklagten gleichzeitig in jeweils getrennten Anwaltsschreiben abmahnen, kann darin eine missbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs liegen, wenn keine vernünftigen Gründe für dieses Vorgehen ersichtlich sind. Den Konzernunternehmen ist es in einem solchen Fall zuzumuten, ihr Vorgehen in der Weise zu koordinieren, dass die Abmahnung entweder nur von einem Konzernunternehmen oder gemeinsam ausgesprochen wird.

  2.  Der Unterlassungsanspruch, der Gegenstand einer nach § 13 Abs. 5 UWG missbräuchlichen Abmahnung war, kann auch gerichtlich nicht mehr geltend gemacht werden.




Siehe auch
Rechtsmissbrauch
und
Abmahnungskosten


Zum Sachverhalt:


Die Parteien sind in Berlin Wettbewerber im Einzelhandel mit Geräten der Unterhaltungselektronik.

Die Beklagte warb in der “Berliner Zeitung” vom 27. November 1996 für ein Autoradio mit CD-Wechsler zum Preis von 748 DM und dem Zusatz “Ehemaliger P. Markt-Preis 888 DM”. Bereits am 10. Oktober 1996 hatte die Beklagte das gleiche Modell zu einem Preis von 777 DM und mit dem Zusatz “Ehemaliger P. Markt-Preis 899 DM” beworben.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 1996 mahnte die Klägerin, vertreten durch ihren Hamburger Rechtsanwalt, die Beklagte wegen dieser Werbung ab. Mit gleichlautendem Schreiben vom selben Tag mahnte ein zum selben Konzern wie die Klägerin gehörendes Berliner Media-Markt-Unternehmen die Beklagte ebenfalls ab, wobei es durch denselben Hamburger Rechtsanwalt vertreten wurde.

In beiden Abmahnschreiben wurde der Beklagten für den Fall, dass sie bis 11. Dezember 1996 die geforderte Unterwerfungserklärung nicht abgebe, die Einleitung eines Verfügungsverfahrens und die gleichzeitige Erhebung der Hauptsacheklage angedroht. Diese Ankündigung machte nur die Klägerin und zunächst nur durch Einleitung eines Verfügungsverfahrens wahr. Nachdem das Kammergericht in der mündlichen Verhandlung über die Berufung der Beklagten darauf hingewiesen hatte, dass das Vorgehen der Klägerin möglicherweise als missbräuchlich anzusehen sei, nahm die Klägerin den Verfügungsantrag zurück und erhob einige Zeit später die Hauptsacheklage.




Die Klägerin hat beantragt,

   der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit dem Hinweis zu werben: “Ehemaliger P. Markt-Preis ...”, soweit dieser Preis nicht bis vier Wochen vor Erscheinen der Werbung verlangt und ausnahmslos bezahlt worden ist, insbesondere zu werben wie (es folgt ein Hinweis auf die beanstandeten Anzeigen).

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Kammergericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Hiergegen richtete sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihren Klageantrag weiterverfolgte.

Die Revision blieb erfolglos.

Aus den Entscheidungsgründen:


"I. Das Berufungsgericht hat das Verhalten der Klägerin als rechtsmissbräuchlich nach § 13 Abs. 5 UWG angesehen und die Abweisung der Klage daher bestätigt. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Das Missbrauchsverbot des § 13 Abs. 5 UWG gelte nicht allein für die nach § 13 Abs. 2 UWG Klagebefugten, sondern auch für die unmittelbar betroffenen Mitbewerber. Die Missbräuchlichkeit des Vorgehens der Klägerin ergebe sich daraus, dass das mit der Klägerin im selben Konzern verbundene Berliner Media-Markt-Unternehmen eine zeit-, inhalts- und wortgleiche Abmahnung an die Beklagte gesandt habe. Von einem Missbrauch könne immer dann ausgegangen werden, wenn Mitkonkurrenten, die denselben Rechtsverstoß verfolgten, gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden seien oder von demselben Rechtsanwalt vertreten würden; denn unter diesen Voraussetzungen sei anzunehmen, dass die parallel abmahnenden Mitbewerber voneinander Kenntnis hätten. Weitere Voraussetzung eines Missbrauchs sei dabei stets, dass ein vernünftiger Grund für die Mehrfachverfolgung nicht ersichtlich sei. So verhalte es sich im Streitfall: Die Klägerin und das zweite abmahnende Unternehmen seien als Konzernschwestern auf demselben räumlichen und sachlichen Markt tätig. Im Bereich des Wettbewerbsrechts würden ihre gerichtlichen und außergerichtlichen Aktivitäten von ein und demselben Hamburger Rechtsanwalt vertreten. Dabei bestehe eine Direktive für alle zum selben Konzern wie die Klägerin gehörenden Unternehmen, nach der es dem fraglichen Hamburger Rechtsanwalt obliege, alle Verfahren gegen die Beklagte zu führen und zu koordinieren.




Da die Mehrfachabmahnung rechtsmissbräuchlich sei, entfalle der Unterlassungsanspruch bei allen Abmahnenden und könne nicht mehr klageweise geltend gemacht werden. Denn es sei die erkennbare Tendenz des Gesetzgebers, Missbräuchen so früh wie möglich einen Riegel vorzuschieben mit der Folge, dass bereits die missbräuchliche Abmahnung unzulässig sei.

II.

Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Mit Recht haben Landgericht und Berufungsgericht das Vorgehen der Klägerin als missbräuchlich angesehen und die Klage als unzulässig abgewiesen.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin unabhängig davon, ob sie ihren Anspruch auf § 13 Abs. 2 Nr. 1 i.V. mit § 3 UWG oder als betroffene Mitbewerberin unmittelbar auf § 3 UWG stützt, Adressatin der Missbrauchsregelung in § 13 Abs. 5 UWG ist. Diese Bestimmung findet nicht nur in den Fällen Anwendung, in denen sich die Anspruchsberechtigung des Gläubigers aus § 13 Abs. 2 UWG ergibt, sondern auch dann, wenn der Gläubiger als betroffener Wettbewerber unmittelbar aus der verletzten Norm vorgehen kann (BGHZ 144, 165, 168 ff. - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung).

2. Die Abmahnung der Beklagten durch die Klägerin war - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - rechtsmissbräuchlich (§ 13 Abs. 5 UWG). Denn der Umstand, dass die Beklagte gleichzeitig von einem zum selben Konzern wie die Klägerin gehörenden, auf demselben Markt tätigen und von demselben Rechtsanwalt vertretenen Unternehmen abgemahnt worden ist, deutet im Streitfall darauf hin, dass bei der Abmahnung sachfremde Ziele - etwa das Interesse, den Gegner mit möglichst hohen Kosten zu belasten - maßgeblich waren. Zwar ist es nicht auszuschließen, dass aus der Sicht des abmahnenden Unternehmens auch bei einer solchen Konstellation eine gleichzeitige Abmahnung durch mehrere Konzernunternehmen erforderlich erscheint. Solche vernünftigen Gründe, die im Einzelfall den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs ausschließen können, sind im Streitfall jedoch nicht ersichtlich.

a) Die Bestimmung des § 13 Abs. 5 UWG bezieht sich - wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist - nicht nur auf die gerichtliche Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs. Dies wird schon vom Wortlaut nahegelegt, der nicht auf ein Gerichtsverfahren, sondern generell auf die Geltendmachung des Anspruchs abstellt. Das Gesetz nennt im übrigen als Regelbeispiel einer missbräuchlichen Geltendmachung den Fall, dass das Interesse des Gläubigers in erster Linie darauf gerichtet ist, gegen den Schuldner einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen entstehen zu lassen. Damit spricht das Gesetz gerade die vorgerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs an.



b) In der Senatsrechtsprechung ist anerkannt, dass die mehrfache gerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch miteinander konzernmäßig verbundene Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen einen Rechtsmissbrauch darstellen kann (BGHZ 144, 165, 170 ff. - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH, Urt. v. 6.4.2000 - I ZR 67/98, GRUR 2001, 82 = WRP 2000, 1263; Urt. v. 6.4.2000 - I ZR 114/98, GRUR 2001, 84 = WRP 2000, 1266 - Neu in Bielefeld I und II; Urt. v. 24.5.2000 - I ZR 222/97, GRUR 2001, 78 = WRP 2000, 1402 - Falsche Herstellerpreisempfehlung; Urt. v. 20.12.2001 - I ZR 15/98 - Zeitlich versetzte Mehrfachverfolgung; Urt. v. 20.12.2001 - I ZR 215/98 - Scanner-Werbung). Dem Gläubiger wird in derartigen Fällen das Recht abgeschnitten, einen bestehenden Unterlassungsanspruch durchzusetzen. Maßgeblich für diese im Gesetz angelegte, gleichwohl weitreichende und einschneidende Begrenzung der Gläubigerbefugnisse ist nicht allein der Schutz des Schuldners, sondern vor allem auch die Erwägung, dass die extensive Mehrfachverfolgung das an sich bewährte System des deutschen Wettbewerbsrechts zu sprengen droht, wonach die auch im Allgemeininteresse liegende Durchsetzung der wettbewerbsrechtlichen Normen einer Vielzahl von Anspruchsberechtigten anvertraut ist, die im Eigeninteresse solche Verstöße verfolgen und damit eine Verwaltungsbehörde, die - wie in anderen Ländern - die Einhaltung wettbewerbsrechtlicher Gebote und Verbote überwacht, überflüssig machen.

Die extensive Mehrfachabmahnung stellt einen Missstand dar, der ähnlich wie die Mehrfachklage das beschriebene System der Rechtsdurchsetzung durch Mitbewerber und durch Verbände in Frage stellen kann. Eine wesentliche Komponente der effektiven zivilrechtlichen Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche liegt in der Möglichkeit, den Gläubiger auch ohne Prozess klaglos zu stellen. Dies geschieht in einer Vielzahl von Fällen durch eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung, die aufgrund einer Abmahnung durch den Gläubiger abgegeben wird. Im Fall einer begründeten Abmahnung ist der Schuldner dann - abgesehen von möglichen weitergehenden Schadensersatzansprüchen - im allgemeinen nur mit den Abmahnkosten belastet, die er dem Gläubiger unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. BGHZ 52, 393, 399 f. - Fotowettbewerb) oder als Schadensersatz (vgl. BGH, Urt. v. 4.3.1982 - I ZR 19/80, GRUR 1982, 489 = WRP 1982, 518 - Korrekturflüssigkeit) schuldet. Indem der Schuldner eine Unterwerfungserklärung abgibt, begegnet er auch der Gefahr, von einer Vielzahl weiterer Gläubiger in Anspruch genommen zu werden, weil mit der Abgabe einer solchen Erklärung im allgemeinen die Wiederholungsgefahr auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern entfällt (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 2.12.1982 - I ZR 121/80, GRUR 1983, 186, 187 = WRP 1983, 264 - Wiederholte Unterwerfung I). Wird der Schuldner indessen gleichzeitig von einer Vielzahl von Gläubigern abgemahnt, die ihr Vorgehen jedenfalls insoweit koordinieren, als sie einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen, ist dem Schuldner der Weg einer kostengünstigen außerprozessualen Erledigung verstellt. Unterwirft er sich, muss er damit rechnen, jedem Abmahner die Kosten der Abmahnung erstatten zu müssen. Denn in Fällen gleichzeitiger Abmahnung hilft auch die Erwägung nicht, dass eine Erstattung der Abmahnkosten aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag im allgemeinen nur hinsichtlich der ersten Abmahnung in Betracht kommt, weil nach der maßgeblichen objektiven Sicht - auf die Sicht des Abmahnenden kommt es nicht an (vgl. nur Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 41 Rdn. 86) - nur die erste Abmahnung dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Abgemahnten entspricht. Durch die aus sachfremden Erwägungen erfolgende Mehrfachabmahnung wird dem Abgemahnten daher - abgesehen von der unangemessenen, das System der zivilrechtlichen Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche diskreditierenden Belastung - auch der kostengünstige Weg aus dem Konflikt verstellt.

c) Im Streitfall war die gleichzeitige Abmahnung der Beklagten durch die Klägerin und ihre Konzernschwester missbräuchlich nach § 13 Abs. 5 UWG. Vernünftige Gründe, weswegen die Beklagte von beiden Konzerngesellschaften abgemahnt werden musste, bestanden nicht.

aa) Der vorliegende Fall ist - ähnlich wie die Fälle der missbräuchlichen Mehrfachklage, die den Senatsentscheidungen vom 6. April 2000 zugrunde lagen (BGHZ 144, 165 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH GRUR 2001, 82; GRUR 2001, 84 - Neu in Bielefeld I und II) - dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin und das zum selben Konzern gehörende Media-Markt-Unternehmen von demselben Rechtsanwalt vertreten waren. Dieser Umstand ist für die Frage des Missbrauchs deshalb von Bedeutung, weil sich dadurch, dass die Vertretung mehrerer Gläubiger in einer Hand liegt, die Möglichkeit eines koordinierten Vorgehens ergibt, und zwar die Möglichkeit sowohl zu einer für den Schuldner nachteiligen Koordinierung durch gleichzeitige Abmahnung (wodurch dem Schuldner die Möglichkeit genommen wird, sich aufgrund einer ersten Abmahnung zu unterwerfen und damit die Wiederholungsgefahr auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern entfallen zu lassen) als auch zu einer für den Schuldner günstigen Koordinierung (die unter gleichwertigen Vorgehensweisen die für den Schuldner schonendste wählt).

Dabei geht der Senat davon aus, dass die Gesellschaften des Media-Markt/ Saturn-Konzerns nicht zufällig denselben Hamburger Rechtsanwalt beauftragt haben, sondern die Mandatierung zumindest im Bewusstsein erfolgte, dass dieser Anwalt auch andere Konzernunternehmen vertritt. Auf die vom Berufungsgericht festgestellte weitergehende Koordinierung des gerichtlichen und außergerichtlichen Vorgehens aller Konzernunternehmen durch diesen Rechtsanwalt, kommt es im Streitfall nicht an. Daher gehen auch die Rügen der Revision ins Leere, mit denen sie sich gegen diese Feststellung wendet.

Die Maßstäbe, die der Senat in den erwähnten Entscheidungen vom 6. April 2000 für Mehrfachklagen angelegt hat, lassen sich allerdings nicht ohne weiteres auf die Mehrfachabmahnung übertragen. Denn in diesen Entscheidungen ist zwar darauf hingewiesen worden, dass auch ein Konzernunternehmen, das nicht selbst klagt, seine berechtigten Interessen wahren kann. Der Senat hat jedoch betont, dass die Möglichkeit einer gerichtlichen Geltendmachung des bestehenden materiell-rechtlichen Anspruchs nicht generell abgeschnitten ist (BGHZ 144, 165, 171, 177 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung). Eine Abmahnung kann daher nicht als missbräuchlich angesehen werden, soweit sie für eine solche - notfalls im Wege der Streitgenossenschaft - zu erhebende Klage erforderlich ist, um im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses (§ 93 ZPO) Kostennachteile zu vermeiden (dazu bb). Im übrigen muss auch in Fällen, in denen sich der Abgemahnte unterwirft, gewährleistet sein, dass das Konzernunternehmen, das auf eine eigene Abmahnung verzichtet hat, hinreichend gesichert ist (dazu cc). Schließlich dürfen mit dem Verzicht auf die Abmahnung auch keine weiteren unzumutbaren Nachteile verbunden sein (dazu dd).

bb) Das berechtigte Interesse der Klägerin und ihrer Konzernschwester, die Beklagte wegen des in Rede stehenden Wettbewerbsverstoßes gerichtlich in Anspruch zu nehmen, wäre nicht dadurch beeinträchtigt worden, dass nur eine der beiden Gesellschaften eine Abmahnung ausspricht. Unterwirft sich der Schuldner nicht und wird er dann streitgenossenschaftlich nicht nur von dem Unternehmen, das die Abmahnung ausgesprochen hat, sondern auch von einer Konzernschwester in Anspruch genommen, drohen dieser im Falle des sofortigen Anerkenntnisses keine Nachteile. Denn der Schuldner hat in einem solchen Fall dadurch, dass er sich trotz Abmahnung nicht unterworfen hat, auch im Verhältnis zu anderen, demselben Konzern angehörigen Gläubigern hinreichenden Anlass zur Klage gegeben. Zwar sehen Rechtsprechung und Schrifttum in der erfolglosen Abmahnung eines Dritten nicht notwendig einen Grund, die Abmahnung für entbehrlich zu halten. Eine Abmahnung ist aber jedenfalls dann nicht geboten, wenn die erste Abmahnung von einem zum selben Konzern gehörenden Unternehmen ausgesprochen wurde und daher abzusehen ist, dass eine zweite Abmahnung ebensowenig Erfolg haben wird wie die erste (vgl. OLG Saarbrücken WRP 1990, 548, 549; ferner Teplitzky aaO Kap. 41 Rdn. 27; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rdn. 761, jeweils m.w.N.).

cc) Auch wenn sich die Beklagte auf die Abmahnung eines der beiden Konzernunternehmen unterworfen hätte, wären damit keine beachtlichen Nachteile für das andere Konzernunternehmen verbunden gewesen.

Dies gilt im Streitfall schon deswegen, weil die beiden als Gläubiger eines Unterlassungsanspruchs auftretenden Konzernunternehmen auf demselben sachlichen wie räumlichen Markt, nämlich im Berliner Einzelhandel mit Geräten der Unterhaltungselektronik, tätig sind. Es ist daher ohne weiteres davon auszugehen, dass die Konzernschwester, die Gläubigerin des Strafversprechens ist, zukünftige gleichartige Verstöße verfolgen wird. Wäre die Beklagte nur von der Konzernschwester abgemahnt worden und hätte sie sich dieser gegenüber unterworfen, wäre die Wiederholungsgefahr daher jedenfalls bezogen auf den Tätigkeitsbereich der Klägerin entfallen. Dies muss sich die Klägerin entgegenhalten lassen.

Aber auch wenn die anspruchsberechtigten Konzernunternehmen an verschiedenen Orten tätig sind, besteht nicht ohne weiteres ein berechtigtes Interesse an einer Mehrfachabmahnung. Denn auch dann, wenn die Unterwerfungserklärung gegenüber einem räumlich begrenzt tätigen Mitbewerber abgegeben wird, wird häufig kein Anlass bestehen, an der Ernsthaftigkeit der Unterwerfungserklärung zu zweifeln mit der Folge, dass die Wiederholungsgefahr im gesamten Bundesgebiet entfällt (vgl. OLG Karlsruhe WRP 1998, 902, 904 f.; Teplitzky, WRP 1995, 359 f.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Gläubiger der Unterwerfungserklärung mit anderen Wettbewerbern des Schuldners in einem Konzern verbunden ist und der Schuldner daher damit rechnen muss, dass der Gläubiger - wenn nicht im eigenen, so doch im Interesse der anderen Konzernunternehmen - Zuwiderhandlungen verfolgen wird, selbst wenn sie außerhalb seines räumlichen Tätigkeitsbereichs begangen worden sind (OLG Karlsruhe WRP 1998, 902, 905). Um jeden Zweifel auszuräumen, kann der von einem Konzernunternehmen Abgemahnte sich im übrigen in der Weise unterwerfen, dass er - als Angebot zum Abschluss eines echten Vertrags zugunsten Dritter - für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Zahlung einer Vertragsstrafe verspricht, die von jedem Konzernunternehmen verlangt werden kann (vgl. Teplitzky, WRP 1995, 359, 360 f.).

dd) Ein berechtigtes Interesse an der Abmahnung durch alle Konzernunternehmen lässt sich schließlich auch nicht daraus ableiten, dass das Konzernunternehmen, das auf die Abmahnung verzichtet, die entstandenen Anwaltskosten nicht mehr unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag geltend machen kann. Denn eine Abmahnung, die allein dem Zweck dient, einen Anspruch auf Kostenerstattung zu erlangen, entspricht in keinem Fall dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Abgemahnten.



d) Ungeachtet der im Streitfall bestehenden zumutbaren Möglichkeit, die Beklagte nur durch ein Konzernunternehmen abzumahnen, hätten die Klägerin und ihre Konzernschwester die Beklagte auch gemeinsam abmahnen können, ohne sich dem Vorwurf des Missbrauchs auszusetzen. Eine solche gemeinsame Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs hätte deutlich geringere Kosten verursacht, weil sich die Anwaltskosten bei einer gemeinsamen Geltendmachung nicht verdoppeln, sondern - sei es nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO (OLG Karlsruhe Rpfleger 2000, 184, 185; Traub, WRP 1999, 79 ff.; a.A. OLG Düsseldorf GRUR 2000, 825, jeweils für den Fall der Streitgenossenschaft auf der Passivseite), sei es durch eine Berücksichtigung bei der Streitwertbemessung (vgl. Teplitzky aaO Kap. 49 Rdn. 24; KG NJW-RR 2000, 285; OLG Stuttgart WRP 1988, 632) - nur in verhältnismäßig geringem Umfang erhöhen.

3. Ist die außergerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch die Klägerin als missbräuchlich anzusehen, führt dies entgegen der Ansicht der Revision dazu, dass der fragliche Anspruch klageweise nicht mehr geltend gemacht werden kann. Die erhobene Klage ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - unzulässig (vgl. zur Rechtsnatur von § 13 Abs. 5 UWG Großkomm.UWG/Erdmann, § 13 Rdn. 125; Teplitzky aaO Kap. 13 Rdn. 50; BGH, Urt. v. 10.12.1998 - I ZR 141/96, GRUR 1999, 509, 510 = WRP 1999, 421 - Vorratslücken, m.w.N.). Im Falle des Rechtsmissbrauchs nach § 13 Abs. 5 UWG kann der in Rede stehende Unterlassungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden. Es ist dem Gläubiger daher verwehrt, für die Durchsetzung seiner Ansprüche gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, und zwar unabhängig davon, ob ein Rechtsmissbrauch nur in der außergerichtlichen Geltendmachung zu sehen ist oder ob auch die Klageerhebung für sich genommen die Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs erfüllt (so bereits KG NJWE-WettbR 1998, 160, 161). Die von Köhler (in Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 13 Rdn. 56) vertretene Gegenansicht, nach der eine missbräuchliche Abmahnung zwar unwirksam und damit unbeachtlich ist - so dass an sie keine für den Abgemahnten negativen Rechtsfolgen geknüpft werden können -, aber nicht daran hindert, den Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend zu machen, wird durch den Gesetzeswortlaut nicht nahegelegt. Für den Fall des Missbrauchs sieht § 13 Abs. 5 UWG eine Sanktion vor: “Der Anspruch auf Unterlassung kann nicht geltend gemacht werden ...”. Damit ist gerade auch die gerichtliche Geltendmachung gemeint. Denn es wäre wenig sinnvoll, als Rechtsfolge eines Missbrauchs vorzusehen, dass ein Anspruch nicht mehr außergerichtlich, wohl aber gerichtlich geltend gemacht werden kann. Abgesehen von diesem aus dem Gesetzeswortlaut abgeleiteten Argument ist die strengere Rechtsfolge im Hinblick auf die mit der missbräuchlichen Mehrfachabmahnung verbundenen Gefahren auch angemessen.

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