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BGH Urteil vom 01.06.2011 - I ZR 140/09 - Urheberrechtsschutz für Lernspiele

BGH v. 01.06.2011: Urheberrechtsschutz für Lernspiele mit Einsatz von graphischen oder plastischen Darstellungen


Der BGH (Urteil vom 01.06.2011 - I ZR 140/09) hat entschieden:

   Lernspiele, die der Vermittlung von belehrenden oder unterrichtenden Informationen dienen und dazu das Ausdrucksmittel der graphischen oder plastischen Darstellung einsetzen, genießen als Darstellungen wissenschaftlicher Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG Urheberrechtsschutz, wenn in der Form der Darstellung eine persönliche, sich vom alltäglichen Schaffen im betroffenen Bereich abhebende, geistige Schöpfung zum Ausdruck kommt.




Siehe auch Der Onlinehandel mit Software und Stichwörter zum Thema Urheberrecht und Urheberschutz


Tatbestand:


Die Klägerin entwickelt und vertreibt unter den Marken "pocketLÜK", "bambinoLÜK" und "miniLÜK" Lernspiele unter dem didaktischen Ansatz "Lerne-Übe-Kontrolliere". Die Lernspiele bestehen jeweils aus Aufgaben- oder Übungsheften und einem Kontrollgerät.

Bei dem Lernspiel "pocketLÜK" ist das Kontrollgerät ein nach oben offener Kunststoffrahmen, in den Aufgabenhefte, die die Form eines Spiralblocks haben, eingesteckt werden können. Auf der rechten Seite sind sechs Kippschalter angebracht, die jeweils mit zwei Symbolen versehen sind. Die Aufgabenhefte enthalten auf jeder Seite sechs Aufgaben. Durch Bedienung der Kippschalter kann der Anwender jeder Aufgabe eine Lösung zuordnen. Hat der Anwender die Aufgabe richtig gelöst, kann er dies, nachdem er das Gerät umgedreht hat, daran erkennen, dass die von ihm eingestellte Symbolkombination ebenso auf der Rückseite des Aufgabenblocks abgebildet ist.



Das Kontrollgerät des Lernspiels "bambinoLÜK" besteht aus einem transparenten, flachen Kunststoffkasten, in dem sechs quadratische Plättchen in zwei Reihen zu je drei Plättchen auf dafür vorgesehenen Feldern liegen. Die Plättchen zeigen auf der Vorderseite einfarbige, recht abstrakt gestaltete Symbole (Apfel, Blume, Auto, Haus, Ente und Herz) und auf der Rückseite ein Farbmuster aus vier zur Seite offenen Halbkreisen in den Farben grün, rot oder blau. Zu dem Lernspiel gehören außerdem Übungshefte. Die Aufgabe des Anwenders besteht darin, die Plättchen je nach Aufgabenstellung einem bestimmten Feld zuzuordnen. Ist diese Zuordnung richtig, sind die Rückseiten der Plättchen so angeordnet, dass sich geschlossene, einfarbige Kreise ergeben.



Das Funktionsprinzip des Lernspiels "miniLÜK" entspricht dem des "bambinoLÜK". Es enthält jedoch 12 Plättchen in zwei Reihen zu je 6 Plättchen. Die Unterseite des Kastens ist nicht transparent, sondern farbig, und die Felder sind von eins bis zwölf durchnummeriert. Hier besteht das Farbmuster aus einem roten, blauen oder grünen rechtwinkligen Trapez, so dass sich bei richtiger Lösung der Aufgabe ein harmonisches, im Übungsheft zur Kontrolle abgebildetes Muster ergibt.



Die Beklagte hat unter den Marken "Taschen Logolino", "Logolino Junior" und "Logolino" Lernspiele hergestellt und vertrieben, die weitgehend nach demselben Prinzip wie die Lernspiele der Klägerin funktionieren.

Das Lernspiel "Taschen Logolino" weist jedoch lediglich fünf Schalter auf, die zudem durch Drehen bewegt werden.



Die Vorderseiten der Plättchen des Lernspiels "Logolino Junior" zeigen bunte, eher konkrete Darstellungen (Ente, Schmetterling, Blume, Gießkanne, Ball, Marienkäfer); die Rückseiten zeigen statt Halbkreisen Rechtecke (mit abgerundeten Ecken), so dass sich bei richtiger Lösung Quadrate ergeben.



Beim Lernspiel "Logolino" ist die Rückseite des Kontrollkastens blau; die Rückseiten der Plättchen sind diagonal in zwei Hälften geteilt, deren eine blau ist und deren andere entlang der Diagonalen einen farbigen (gelben, roten oder grünen) Balken aufweist und im Übrigen weiß ist.



Die Aufgaben- und Übungshefte zu den Lernspielen der Beklagten unterscheiden sich inhaltlich von denen der Klägerin.

Die Klägerin hat am 13. Juni 2006 beim Landgericht eine einstweilige Verfügung erwirkt, die der Beklagten die Vervielfältigung und Verbreitung der Kontrollgeräte zu den "Logolino"-Lernspielen verbietet. Die einstweilige Verfügung ist der Beklagten am 22. Juni 2006 zugestellt worden. Am 26. Juli 2006 hat das Landgericht die einstweilige Verfügung wegen Fehlens des Verfügungsgrundes aufgehoben.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch den Vertrieb der Kontrollgeräte zu den "Logolino"-Lernspielen das Urheberrecht an den "LÜK"-Lernspielen verletzt; zudem handele es sich dabei um unlautere Nachahmungen im Sinne des § 4 Nr. 9 UWG.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Vervielfältigung und Verbreitung der Kontrollgeräte, Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Erstattung von Abmahnkosten und Herausgabe von Vervielfältigungsstücken zum Zwecke der Vernichtung in Anspruch.

Die Beklagte hat Widerklage erhoben, mit der sie die Klägerin wegen der Vollziehung der einstweiligen Verfügung nach § 945 ZPO auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 80.084,64 € und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch nimmt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen; hinsichtlich der Widerklage hat es den Zahlungsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Feststellungsantrag stattgegeben (OLG Köln, GRUR-RR 2010, 147 = ZUM 2010, 176). Die Revision hat das Berufungsgericht beschränkt auf die mit der Klage geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche und die Widerklage zugelassen. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, ihren Klageantrag und ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.





Entscheidungsgründe:


A.

Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei weder wegen einer Verletzung von Urheberrechten noch unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes begründet. Die Widerklage sei hinsichtlich des Zahlungsantrags dem Grunde nach und hinsichtlich des Feststellungsantrags in vollem Umfang gerechtfertigt. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Beklagte habe Urheberrechte an den Kontrollgeräten als Werken der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG nicht verletzt. Hinsichtlich des Kontrollgeräts "pocketLÜK" fehle es bereits an der erforderlichen Gestaltungshöhe. Bei den Kontrollgeräten "bambinoLÜK" und "miniLÜK" habe die Beklagte einen in den graphischen Darstellungen und geometrischen Formen möglicherweise verkörperten schöpferischen Gehalt nicht übernommen.

Die Beklagte habe auch Urheberrechte an den Kontrollgeräten als Darstellungen wissenschaftlicher Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG nicht verletzt. Die Kontrollgeräte seien zwar, wenn man sie als Einheit mit den Übungsheften betrachte, möglicherweise als Darstellungen wissenschaftlicher Art geschützt. Die Beklagte habe diese Darstellungen jedoch nicht unzulässig übernommen, weil sich die Inhalte und Aufgaben ihrer Übungshefte von denen der Klägerin abhöben. Die Kontrollgeräte seien auch nicht als Teil einer Darstellung wissenschaftlicher Art urheberrechtlich geschützt. Sie seien keine Darstellungen wissenschaftlicher Art, da sie selbst keine Informationen vermittelten. Die Idee einer Fehlerkontrolle mittels Kippschaltern oder beidseitig bedruckten Plättchen sei urheberrechtlich nicht geschützt, obwohl hierin eine erhebliche geistige Leistung liege. Geschützt sei diese Idee lediglich, soweit sie in einer Formgestaltung verkörpert sei. Die Kontrollgeräte wichen in ihrer Gestaltung jedoch so erheblich voneinander ab, dass eine unfreie Bearbeitung nicht angenommen werden könne.

Es bestünden auch keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz unter den Gesichtspunkten der vermeidbaren Herkunftstäuschung oder der unangemessenen Rufausnutzung.

Der Beklagten stehe gegen die Klägerin gemäß § 945 ZPO der mit der Widerklage erhobene Anspruch auf Ersatz des Schadens zu, der ihr aus der Vollziehung der einstweiligen Verfügung entstanden sei. Die Anordnung der einstweiligen Verfügung sei von Anfang an ungerechtfertigt gewesen.

B.

Die Revision der Klägerin ist uneingeschränkt zulässig (dazu I). Sie ist begründet, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die mit der Klage geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche abgewiesen hat (dazu II). Sie ist unbegründet, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Berufungsgericht die mit der Klage erhobenen Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz verneint hat (dazu III).

Sie hat Erfolg, soweit sie beanstandet, dass das Berufungsgericht der Widerklage stattgegeben hat (dazu IV)

I.

Die Revision der Klägerin ist uneingeschränkt zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision zwar nur beschränkt auf die mit der Klage geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche sowie die Widerklage zugelassen. Diese Beschränkung ist jedoch unwirksam. Die Revision ist daher auch insoweit statthaft, als sie sich dagegen richtet, dass das Berufungsgericht die mit der Klage erhobenen Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz verneint hat.

Das Berufungsgericht kann die Zulassung der Revision nur auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs beschränken, der Gegenstand eines Teil- oder Zwischenurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - I ZR 195/06, BGHZ 180, 77 Rn. 17 - UHU, mwN).

Wäre allein die Klage, mit der die Klägerin Ansprüche aus Urheberrecht neben Ansprüchen aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz geltend macht, Gegenstand des Rechtsstreits, hätte das Berufungsgericht die Zulassung der Revision wirksam auf urheberrechtliche Ansprüche beschränken können. Werden Ansprüche aus einem Schutzrecht neben Ansprüchen aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz geltend gemacht, handelt es sich um zwei Streitgegenstände; sie bilden jeweils einen selbständigen Teil des Streitstoffs, auf den das Berufungsgericht die Zulassung der Revision beschränken kann (vgl. BGHZ 180, 77 Rn. 18 - UHU, mwN).

Gegenstand des Rechtsstreits ist jedoch auch die Widerklage, mit der die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen der Vollziehung einer - wie sie meint - von Anfang an ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung beansprucht. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zwar sowohl auf urhe-21 berrechtliche Ansprüche als auch auf solche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gestützt und hatte damit gleichfalls zwei Streitgegenstände. Der von der Beklagten mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO stellt jedoch nur einen Streitgegenstand dar. Im Rahmen der Prüfung dieses Schadensersatzanspruchs stellen sich zwar möglicherweise zwei Rechtsfragen, nämlich zum einen die Frage, ob die einstweilige Verfügung auf Ansprüche aus Urheberrecht gestützt werden konnte, und zum andern die Frage, ob sie auf Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gegründet werden konnte. Es ist jedoch nicht zulässig, die Revision auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - I ZR 195/06, BGHZ 180, 77 Rn. 17 - UHU, mwN). Hinsichtlich der Widerklage konnte die Zulassung der Revision daher nicht auf die urheberrechtliche Rechtsfrage beschränkt werden.

Daraus folgt, dass das Berufungsgericht auch die Zulassung der Revision hinsichtlich der Klage nicht wirksam auf die mit der Klage geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche beschränken und seine Entscheidung über die mit der Klage erhobenen Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz damit einer Überprüfung durch den Senat entziehen konnte. Die Entscheidung über die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz könnte mit Blick auf die Widerklage nicht Gegenstand eines Teilurteils sein, weil die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen bestünde (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 2000 - I ZR 220/97, GRUR 2001, 54 Rn. 29 = WRP 2000, 1296 - SUBWAY/Subwear, mwN). Würde sich bei einer Prüfung der Widerklage durch den Senat herausstellen, dass ein Unterlassungsanspruch aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz bestand, stünde dies im Widerspruch dazu, dass das Berufungsgericht im Rahmen der Klage Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz verneint hat.

II.

Die Revision ist begründet, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die mit der Klage geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche abgewiesen hat. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung der Vervielfältigung und Verbreitung der Kontrollgeräte sowie Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht (§ 97 Abs. 1 UrhG aF), Auskunftserteilung und Rechnungslegung (§ 101a UrhG aF, §§ 242, 259, 260 BGB), Erstattung von Abmahnkosten (§ 97 Abs. 1 UrhG aF, §§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB) und Herausgabe von Vervielfältigungsstücken zum Zwecke der Vernichtung (§ 98 Abs. 1 UrhG aF) nicht verneint werden.

1. Die Klägerin hat ihre urheberrechtlichen Ansprüche sowohl auf eine Verletzung von Urheberrechten an den Kontrollgeräten (dazu 2) als auch auf eine Verletzung von Urheberrechten an den aus Kontrollgeräten und Übungsheften bestehenden Lernspielen (dazu 3) gestützt. Das ergibt sich aus dem Klagevorbringen, das zur Auslegung des Klagebegehrens heranzuziehen ist. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin allein aus den Übungsheften zu ihren Lernspielen, die sich von denen der Beklagten inhaltlich unterscheiden, keine Rechte herleitet.

2. Ansprüche wegen Verletzung eines Urheberrechts an den Kontrollgeräten scheitern bereits daran, dass es sich bei den Kontrollgeräten nicht um urheberrechtlich geschützte Werke im Sinne des § 2 UrhG handelt. Die Kontrollgeräte sind - was hier allein in Betracht kommt - weder als Werke der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG noch als Darstellungen wissenschaftlicher Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG urheberrechtlich geschützt.

a) Bei den Kontrollgeräten handelt es sich nicht um schutzfähige Werke der angewandten Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG.

aa) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG gehören Werke der bildenden Kunst einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke zu den urheberrechtlich geschützten Werken, sofern sie nach § 2 Abs. 2 UrhG persönliche geistige Schöpfungen sind.

bb) Die Kontrollgeräte dienen einem Gebrauchszweck und sind daher dem Bereich der angewandten Kunst und nicht dem der "reinen" (zweckfreien) Kunst zuzurechnen. Eine persönliche geistige Schöpfung ist eine Schöpfung individueller Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer "künstlerischen" Leistung gesprochen werden kann (st. Rspr.; vgl. Urteil vom 27. Januar 1983 - I ZR 177/80, GRUR 1983, 377, 378 = WRP 1983, 484 - Brombeer-Muster; Urteil vom 10. Dezember 1986 - I ZR 15/85, GRUR 1987, 903, 904 - Le-Corbusier-Möbel).

cc) Nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können die Kontrollgeräte danach nicht als urheberrechtlich geschützte Werke der angewandten Kunst angesehen werden.

(1) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass bei dem Kontrollgerät "pocketLÜK" der Kunststoffrahmen und die auf den Kippschaltern verwendeten Symbole keine individuellkünstlerische Gestaltung erkennen lassen.

(2) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei den Kontrollgeräten "bambinoLÜK" und "miniLÜK" die Verwendung eines beid-29 seitig zu öffnenden Kastens, in den beidseitig bedruckte quadratische Plättchen eingelegt sind, keine künstlerische Formgebung darstellt, die einen Schutz als Werk der angewandten Kunst rechtfertigen könnte.

Soweit das Berufungsgericht es für möglich gehalten hat, dass bei diesen Kontrollgeräten die graphischen Darstellungen und geometrischen Formen den Anforderungen des § 2 Abs. 2 UrhG genügen, kann dem dagegen nicht zugestimmt werden. Die sechs quadratischen Plättchen des Kontrollgeräts zum Lernspiel "bambinoLÜK" zeigen auf der Vorderseite einfarbige, recht abstrakt gestaltete Symbole (Apfel, Blume, Auto, Haus, Ente und Herz) und auf der Rückseite ein Farbmuster aus vier zur Seite offenen Halbkreisen in den Farben grün, rot oder blau, die bei richtiger Zuordnung in sich geschlossene, einfarbige Kreise ergeben. Die zwölf Plättchen des Kontrollgeräts zum Lernspiel "miniLÜK" sind auf der Vorderseite von eins bis zwölf durchnummeriert und auf der Rückseite mit einem Farbmuster aus einem roten, blauen oder grünen rechtwinkligen Trapez versehen, das bei richtiger Lösung der Aufgabe ein harmonisches Muster ergibt. Damit weisen die Kontrollgeräte keinen schöpferischen Gehalt auf, der einen Schutz als Werk der angewandten Kunst begründen könnte.

Es kommt daher nicht darauf an, ob - wie das Berufungsgericht angenommen hat - die Beklagte die graphischen Darstellungen und geometrischen Formen der Kontrollgeräte "bambinoLÜK" und "miniLÜK" nicht übernommen hat, weil die von ihr verwendeten Bilder und Formen völlig anders sind und nicht einmal erkennen lassen, dass die von der Klägerin verwendeten Gestaltungen als Anregung gedient haben könnten.

b) Die Kontrollgeräte sind auch nicht als Darstellungen wissenschaftlicher Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschützt. 35 aa) Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG bezieht Darstellungen wissenschaftlicher und technischer Art (wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen) in den Kreis der urheberrechtlich schutzfähigen Werke ein, wobei § 2 Abs. 2 UrhG voraussetzt, dass diese Darstellungen persönliche geistige Schöpfungen sind.

bb) Eine Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art liegt nur dann vor, wenn sie der Vermittlung von belehrenden oder unterrichtenden Informationen über den dargestellten Gegenstand mit dem Ausdrucksmittel der graphischen oder plastischen Darstellung dient (vgl. OLG München, GRUR 1992, 510; KG, GRUR-RR 2002, 91, 92). Dass sie der Vermittlung von Informationen dient, unterscheidet sie von Werken der bildenden Kunst, die vorwiegend das ästhetische Empfinden ansprechen sollen und als Werke der angewandten Kunst daneben einem Gebrauchszweck dienen; das Ausdrucksmittel der graphischen oder plastischen Darstellung unterscheidet sie von Sprachwerken, deren Ausdrucksmittel die Sprache ist (Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 2 UrhG Rn. 197 mwN).

cc) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Kontrollgeräte danach für sich genommen nicht als Darstellungen wissenschaftlicher Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG anzusehen sind. Die Kontrollgeräte vermitteln selbst keine Informationen. Sie sind zwar dazu bestimmt und geeignet, die Richtigkeit der Lösung einer in den zugehörigen Übungsheften gestellten Aufgabe zu überprüfen und damit eine belehrende oder unterrichtende Information zu vermitteln. Sie vermitteln diese Information aber nicht eigenständig, sondern nur in Verbindung mit den Übungsheften. Die Kontrollgeräte können daher entgegen der Ansicht der Revision nicht für sich genommen, sondern allenfalls zusammen mit den Übungsheften als Darstellungen wissenschaftlicher Art urheberrechtlich geschützt sein (vgl. auch BGH, Urteil vom 25. November 1958 - I ZR 15/58, GRUR 1959, 251 f. - Einheitsfahrschein; Urteil vom 27. März 1963 - Ib ZR 129/61, BGHZ 39, 306, 308 f. - Rechenschieber).

3. Dagegen können Ansprüche wegen einer Verletzung von Urheberrechten an den aus Kontrollgeräten und Übungsheften bestehenden Lernspielen mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Kontrollgeräte seien, wenn man sie als Einheit mit den Übungsheften betrachte, möglicherweise als Darstellungen wissenschaftlicher Art geschützt. Es könne unterstellt werden, dass die Übungshefte im Zusammenwirken mit den Kontrollgeräten wissenschaftliche Erkenntnisse sichtbar machten und sich darin die geistig schöpferische Leistung einer Person manifestiere.

aa) Es bestehen keine rechtlichen Bedenken, die Kontrollgeräte und die zugehörigen Übungshefte, die sinnvoll und zweckentsprechend nur zusammen als Lernspiel verwendet werden können und sollen, auch für die urheberrechtliche Beurteilung als Einheit zu betrachten. Soweit die Kontrollgeräte im Zusammenwirken mit den Übungsheften - wie das Berufungsgericht unterstellt hat - wissenschaftliche Erkenntnisse sichtbar machen, erfüllen sie die Anforderungen an Darstellungen wissenschaftlicher Art im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG. Sie dienen damit der Vermittlung von belehrenden oder unterrichtenden Informationen und setzen dazu (auch) das Ausdrucksmittel der graphischen und plastischen Darstellung ein. Dass die Lernspiele die - vom Berufungsgericht unterstellten - "wissenschaftlichen Erkenntnisse" an Kinder vermitteln sollen, steht ihrer Einordnung als Darstellungen wissenschaftlicher Art nicht entgegen. Der Begriff "wissenschaftlicher oder technischer Art" ist weit auszulegen. Er 41 dient der Abgrenzung zu Werken der bildenden Künste, die vornehmlich das ästhetische Empfinden ansprechen sollen. Bereits die Darstellung einfachster wissenschaftlicher Erkenntnisse kann daher geschützt sein (vgl. Bullinger in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 2 UrhG Rn. 132; Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 2 UrhG Rn. 197).

bb) Das Berufungsgericht hat lediglich unterstellt, dass die in Rede stehenden Lernspiele als Darstellungen wissenschaftlicher Art auch die Anforderungen an eine persönliche geistige Schöpfung erfüllen. Es hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob und gegebenenfalls in welcher Hinsicht sich die Lernspiele nach ihrem Gesamteindruck vom alltäglichen Schaffen im betroffenen Bereich abheben und vom individuellen Geist ihres Schöpfers geprägt sind. Unter diesen Umständen muss für das Revisionsverfahren davon ausgegangen werden, dass die Lernspiele als Darstellungen wissenschaftlicher Art persönliche geistige Schöpfungen darstellen.

b) Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Darstellungen jedenfalls nicht unzulässig übernommen, weil sich die Inhalte und Aufgaben ihrer Übungshefte von denen der Klägerin abhöben. Nehme eine Information auch nicht in Teilen auf die mit dem früheren Werk vermittelte Information Bezug, so sei das frühere Werk in einer Weise umgestaltet worden, dass es völlig hinter das neue Werk zurücktrete.

Das Berufungsgericht ist demnach ersichtlich davon ausgegangen, bei den in Rede stehenden Lernspielen der Beklagten handele es sich nicht um Bearbeitungen oder Umgestaltungen der in Rede stehenden Lernspiele der Klägerin, die nach § 23 Satz 1 UrhG nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes verwertet werden dürften; die Lernspiele der Beklagten seien vielmehr als selbständige Werke anzusehen, die in freier 44 Benutzung der Lernspiele der Klägerin geschaffen worden seien und die nach § 24 Abs. 1 UrhG ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes verwertet werden dürften. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

aa) Bei der Frage, ob in freier Benutzung eines geschützten älteren Werkes ein selbständiges neues Werk geschaffen worden ist, kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Senats entscheidend auf den Abstand an, den das neue Werk zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des benutzten Werkes hält. Eine freie Benutzung setzt voraus, dass angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Werkes verblassen. In der Regel ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn die dem geschützten älteren Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge im neuen Werk zurücktreten, so dass die Benutzung des älteren Werkes durch das neuere nur noch als Anregung zu einem neuen, selbständigen Werkschaffen erscheint (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 12/08, GRUR 2011, 134 Rn. 33 = WRP 2011, 249 - Perlentaucher, mwN).

Zur Prüfung, ob eine freie Benutzung oder eine abhängige Bearbeitung vorliegt, ist zunächst im Einzelnen festzustellen, welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benutzten Werkes bestimmen. Sodann ist durch Vergleich der sich gegenüberstehenden Werke zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang im neuen Werk eigenschöpferische Züge des älteren Werkes übernommen worden sind. Maßgebend für die Entscheidung ist letztlich ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen, in dessen Rahmen sämtliche übernommenen schöpferischen Züge in einer Gesamtschau zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - I ZR 25/02, GRUR 2004, 855, 857 = WRP 2004, 1293 - Hundefigur, mwN).



bb) Das Berufungsgericht hat schon nicht im Einzelnen festgestellt, auf welchen objektiven Merkmalen die schöpferische Eigentümlichkeit der "LÜK"-Lernspiele als Darstellungen wissenschaftlicher Art beruht. Es ist ersichtlich davon ausgegangen, dass diese zumindest auch auf dem Inhalt der Übungshefte beruht und die Lernspiele der Beklagten bereits deshalb als eine urheberrechtlich unbedenkliche freie Bearbeitung der Lernspiele der Klägerin anzusehen sind, weil sich die Inhalte und Aufgaben der Übungshefte der Beklagten von denen der Klägerin deutlich unterscheiden. Das Berufungsgericht hat damit vernachlässigt, dass die urheberrechtlich geschützte schöpferische Eigenart einer Darstellung wissenschaftlicher Art nicht im dargestellten Inhalt, sondern allein in der Form der Darstellung liegt.

Bei Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art muss die persönliche geistige Schöpfung in der Darstellung selbst liegen. In der Form der Darstellung muss ein darstellerischer Gedanke auf eigentümliche Weise zum Ausdruck gekommen sein. Dagegen kommt es nicht auf den schöpferischen Gehalt des wissenschaftlichen oder technischen Inhalts der Darstellung an. Das wissenschaftliche und technische Gedankengut eines Werkes ist nicht Gegenstand des Urheberrechtsschutzes und kann daher auch nicht zur Begründung der Schutzfähigkeit von Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art herangezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 1978 - I ZR 26/77, BGHZ 73, 288, 292 - Flughafenpläne). Eine Verletzung des Urheberrechts an den Lernspielen der Klägerin als Darstellungen wissenschaftlicher Art scheidet demnach nicht schon deshalb aus, weil sich die Inhalte und Aufgaben der Übungshefte der Beklagten von denen der Klägerin unterscheiden.

III.

Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die mit der Klage erhobenen Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 9 49 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 9 Buchst. a und b, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG i.V. mit § 242 BGB verneint hat.

1. Unter dem Gesichtspunkt des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - I ZR 124/06, GRUR 2010, 80 Rn. 21 = WRP 2010, 94 - LIKEaBIKE, mwN). Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 23 - LIKEaBIKE, mwN). Die Unlauterkeit kann sich daraus ergeben, dass das Angebot des nachahmenden Erzeugnisses eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UWG) oder die Wertschätzung der nachgeahmten Ware unangemessen ausnutzt (§ 4 Nr. 9 Buchst. b UWG).

2. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden jedenfalls deshalb keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes wegen vermeidbarer Täuschung über die Herkunft (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UWG) oder unangemessener Ausnutzung der Wertschätzung (§ 4 Nr. 9 Buchst. b UWG) zu, weil es sowohl an einer Herkunftstäuschung als auch an einer Rufausbeutung fehle. Eine Täuschung über die betriebliche Herkunft der Kontrollgeräte erscheine angesichts der Unterschiede zwischen den Kontrollgeräten der Parteien ausgeschlossen. Eine Ausnutzung der Wertschätzung der Produkte der Klägerin liege nicht vor, weil der Abstand zwischen den Produkten der Parteien für einen Imagetransfer zu groß sei. 52 Die Revision macht ohne Erfolg geltend, diese Beurteilung des Berufungsgerichts beruhe auf einer Verletzung der Hinweispflicht aus § 139 ZPO und einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Entgegen der Ansicht der Revision war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass es eine Täuschung über die betriebliche Herkunft der Kontrollgeräte für ausgeschlossen erachtet. Die Klägerin hat sich bereits in ihrer Klageschrift auf Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung berufen. Die Parteien haben eingehend zu der Frage vorgetragen, ob mit Blick auf die Übereinstimmungen und die Unterschiede zwischen den Kontrollgeräten die Gefahr einer Herkunftstäuschung besteht. Das Berufungsgericht war unter diesen Umständen nicht gehalten, die Parteien darauf hinzuweisen, wie es diese streitige Frage entscheiden wird. Es kommt deshalb nicht darauf an, was die Klägerin auf einen entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts vorgetragen hätte. Der von der Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz gehaltene Vortrag zur angeblich unlauteren Ausnutzung einer Vertriebskooperation durch die Beklagte, aus der sich die Unlauterkeit einer Nachahmung ergeben soll, ist daher nicht zu berücksichtigen.




IV.

Die Revision ist begründet, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht hinsichtlich der Widerklage den Zahlungsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Feststellungsantrag stattgegeben hat. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Beklagten mit der Widerklage erhobenen Ansprüche auf Ersatz des Schadens aus der Vollziehung der einstweiligen Verfügung nicht bejaht werden.

1. Die Partei, die - wie hier die Klägerin - die Anordnung einer einstweiligen Verfügung erwirkt hat, ist nach § 945 ZPO verpflichtet, dem Gegner - hier 54 also der Beklagten - den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel entsteht, wenn die Anordnung sich als von Anfang an ungerechtfertigt erweist.

2. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte könne von der Klägerin danach den Ersatz des Schadens verlangen, der ihr aus der Vollziehung der einstweiligen Verfügung entstanden ist, weil die Anordnung der einstweiligen Verfügung wegen Fehlens eines Verfügungsanspruchs von Anfang an ungerechtfertigt gewesen sei.

a) Mit dieser Begründung kann ein Schadensersatzanspruch nicht bejaht werden. Nach den vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann - wie oben unter Rn. 41 ff. ausgeführt - nicht angenommen werden, dass der Klägerin kein Verfügungsanspruch zustand, weil die Beklagte kein Urheberrecht an den Lernspielen verletzt hatte. Zugunsten der Klägerin ist daher im Revisionsverfahren davon auszugehen, dass sie wegen Verletzung eines Urheberrechts an den Lernspielen durch die Beklagte einen Verfügungsanspruch hatte.

b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Hatte die Klägerin einen Verfügungsanspruch wegen einer Urheberrechtsverletzung, ist es unerheblich, dass der Verfügungsanspruch nicht auch noch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründet war. Ebensowenig kommt es darauf an, dass das Landgericht die einstweilige Verfügung wegen Fehlens des Verfügungsgrundes aufgehoben hat. Der Beklagten wäre durch die Vollziehung einer mangels eines Verfügungsgrundes von Anfang an ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung kein nach § 945 ZPO zu ersetzender Schaden erwachsen, wenn sie materiellrechtlich ohnehin verpflichtet gewesen wäre, die ihr durch die einstweilige Verfügung untersagte Handlung zu unterlassen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1954 - I ZR 262/52, BGHZ 15, 356, 358 f. - Progressive Kundenwerbung; Urteil vom 28. November 1980 - I ZR 182/78, GRUR 1981, 295, 296 = WRP 1981, 269 - Fotoartikel I; Urteil vom 7. Juli 1994 - I ZR 63/92, BGHZ 126, 368, 374 f. - Fortsetzungsverbot, mwN).

C.

Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht hinsichtlich der mit der Klage geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche sowie der Widerklage zum Nachteil der Klägerin erkannt hat. In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.



Das Berufungsgericht wird erneut zu prüfen haben, ob die aus den Kontrollgeräten und den Übungsheften bestehenden Lernspiele der Klägerin als Darstellungen wissenschaftlicher Art urheberrechtlich geschützt sind und ob gegebenenfalls die Beklagte diese Urheberrechte mit der Herstellung und dem Vertrieb ihrer Lernspiele verletzt hat. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Bei Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art darf nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kein zu hohes Maß an eigenschöpferischer Formgestaltung verlangt werden; denn derartige Darstellungen stehen unter dem Schutz des Urheberrechtsgesetzes, obwohl sie regelmäßig einem praktischen Zweck dienen, der den Spielraum für eine individuelle Gestaltung einengt. Es reicht daher aus, dass in dem darstellerischen Gedanken eine individuelle, sich vom alltäglichen Schaffen im betroffenen Bereich abhebende, Geistestätigkeit zum Ausdruck kommt, mag auch das Maß der geistigen Leistung und individuellen Prägung gering sein (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 20. November 1986 - I ZR 160/84, GRUR 1987, 360, 361 - Werbepläne; Urteil vom 28. Februar 1991 - I ZR 88/89, GRUR 1991, 529, 530 - Explosionszeichnungen, mwN).

Allerdings ergibt sich bei einem geringen Maß an Eigentümlichkeit auch ein entsprechend enger Schutzbereich für das betreffende Werk (st. Rspr.; BGH, GRUR 1987, 360, 361 - Werbepläne; GRUR 1991, 529, 530 - Explosionszeichnungen, mwN). Sollten die Lernspiele der Klägerin nur ein geringes Maß an Eigentümlichkeit haben, könnten demnach bereits verhältnismäßig geringfügige Abweichungen in der eigenschöpferischen Gestaltung der Lernspiele der Beklagten bewirken, dass keine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Die vom Berufungsgericht - in anderem Zusammenhang - vorgenommene Beurteilung, die Kontrollgeräte wichen in ihrer Gestaltung so erheblich voneinander ab, dass eine unfreie Bearbeitung nicht angenommen werden könne, wird von seinen Feststellungen nicht getragen. Das Berufungsgericht hat bislang nicht festgestellt, auf welchen Merkmalen gegebenenfalls die schöpferische Eigentümlichkeit der "LÜK"-Lernspiele als Darstellung wissenschaftlicher Art beruht, ob die "Logolino"-Lernspiele diese Merkmale übernommen haben und ob die Gestaltung der Lernspiele der Beklagten unter Berücksichtigung etwaiger Übernahmen einen anderen Gesamteindruck als die Gestaltung der Lernspiele der Klägerin vermittelt.

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