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OLG Jena Urteil vom 11.05.2016 - 2 U 663/15 - Werbung mit der Bezeichnung "Heftstreifen Metall"

OLG Jena v. 11.05.2016: Zulässige Werbung mit der Bezeichnung "Heftstreifen Metall"


Das OLG Jena (Urteil vom 11.05.2016 - 2 U 663/15) hat entschieden:
Die Bewerbung eines nicht vollständig aus Metall bestehenden Heftstreifens mit „Heftstreifen Metall“ ist nicht zur Irreführung geeignet. Der Durchschnittsverbraucher, an den sich die Werbung richtet, erwartet aufgrund der Bezeichnung „Heftstreifen Metall“ nicht einen Heftstreifen, der in allen seinen Teilen aus Metall besteht, sondern einen allgemein üblichen Heftstreifen, der aus unterschiedlichen Materialien bestehen kann. Soweit es um den Zusatz „Metall“ geht, versteht der Durchschnittsverbraucher darunter die Beschaffenheit des Teils des Heftstreifens, der für die Stabilität der Heftung die wichtigste Rolle spielt, also des Teils, mit dem die Heftung vorgenommen wird.




Siehe auch Verschiedene Werbeaussagen und Stichwörter zum Thema Werbung


Gründe:

I.

Der Kläger macht einen lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend, weil die Beklagte - seiner Auffassung nach irreführend - im Rahmen von G - Werbung und im eigenen Onlineshop Heftstreifen mit der Angabe " Heftstreifen Metall" bewirbt (vgl. insbesondere Anlagen K 2 und K 3). Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihre erstinstanzlich geäußerten Auffassungen.


II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Ein Unterlassungsanspruch des Klägers, der unzweifelhaft nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt ist, ergibt sich nicht aus - allein in Betracht kommend - §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Bewerbung eines nicht vollständig aus Metall bestehenden Heftstreifens mit "Heftstreifen Metall" ist nicht zur Irreführung geeignet.

Da es sich bei der Angabe um eine Publikumswerbung für eine Ware des täglichen Bedarfs im Internet handelt, ist das allgemeine Publikum, nicht ein spezielles Publikum oder Fachkreise Adressat der streitgegenständlichen Werbung. Maßgeblich ist für das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise vom Begriff eines "Heftstreifens Metall" ist also nicht ein Fachmann oder ein besonderer Verbraucher, der sich mit den Einzelheiten entsprechender Produkte besonders gut auskennt. Auch richtet sich die Werbung nicht nur an die Kreise, die ständig Büroartikel in größerem Umfange und deshalb mit besonderer Erfahrung ausgestattet einkaufen. Deshalb ist das Verständnis des durchschnittlich informierten, durchschnittlich verständigen und situationsadäquat aufmerksamen (Durchschnitts-​)Verbrauchers maßgeblich. Dessen Verständnis kann der Senat, der den einschlägigen Verkehrskreisen selbst angehört, da es um einen Gegenstand des alltäglichen Bedarfs geht und der Senat ständig mit entsprechenden Fragen betraut ist, selbst beurteilen, ohne dass es der Einholung eines demoskopischen Gutachtens bedürfte, gleich ob es um die Bejahung oder die Verneinung der Irreführungseignung geht.

Der so bestimmte Durchschnittsverbraucher erwartet aufgrund der Bezeichnung "Heftstreifen Metall" nicht einen Heftstreifen, der in allen seinen Teilen aus Metall besteht, sondern einen allgemein üblichen Heftstreifen, der aus unterschiedlichen Materialien bestehen kann. Soweit es um den Zusatz "Metall geht", versteht der Durchschnittsverbraucher darunter die Beschaffenheit des Teils des Heftstreifens, der für die Stabilität der Heftung die wichtigste Rolle spielt, also des Teils, mit dem die Heftung vorgenommen wird.

Demgegenüber spielt es eine untergeordnete Rolle, ob für die Stabilität der Heftung nicht wesentliche Teile aus einem anderen Material (Plastik oder Papier) bestehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass dem Durchschnittsverbraucher Heftstreifen, die vollständig aus Metall bestehen, nicht bekannt sind. Wird also eine Ware als "Heftstreifen Metall" bezeichnet, dann erwartet der Verbraucher, dass die Heftklammer aus Metall besteht. Er würde unter "Heftklammer Plastik" - als Kontrollüberlegung - auch keine Heftvorrichtung erwarten, die ausschließlich aus Plastik besteht (vgl. Modell).

Ob etwas anderes gelten würde, wenn die Bezeichnung "Heftstreifen aus Metall" gelautet hätte, kann dahinstehen, da eine solche Bewerbung nicht vorlag. Die Heftklammer bzw. Heftzunge bestand aber auch bei den von der Beklagten angebotenen Heftstreifen aus Metall. Daher war das landgerichtliche Urteil auf die Berufung abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache betrifft die Beurteilung der Irreführung im Einzelfall auf der Grundlage anerkannter Rechtsgrundsätze.



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