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OLG Celle Urteil vom 10.03.2016 - 13 U 77/15 - Gesundheitsbezogene Lebensmittelwerbung mit dem Produktnamen "Detox"

OLG Celle v. 10.03.2016: Wettbewerbsverstoß durch gesundheitsbezogene Lebensmittelwerbung mit dem Produktnamen "Detox"


Das OLG Celle (Urteil vom 10.03.2016 - 13 U 77/15) hat entschieden:
Es ist wettbewerbsrechtlich unlauter, eine Kräuterteemischung, bestehend aus Brennnesseln, Grüner Tee, Pfefferminze, Citronengras, Zitronenverbene, Hagebutten, Süßholzwurzeln, Zitronenmyrte und Ringelblumenblüten unter der Bezeichnung "Detox" in den Verkehr zu bringen. Bei der Produktbezeichnung "Detox" handelt es sich um eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der Health-Claims-Verordnung und darüber hinaus um eine gegen das Irreführungsverbot des § 11 Abs. 1 Nr. 1 und 2 LFGB und des § 5 UWG verstoßende Werbung. Die Bezeichnung "Detox" wird von dem angesprochenen Durchschnittsverbraucher im Sinne einer entgiftenden Wirkung des Tees auf den menschlichen Körper verstanden (die diesem nicht zukommt) und damit zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes führt.




Siehe auch Detox und Die Health-Claims-Verordnung - Bewerbung von Lebensmitteln, insbesondere Nahrungsergänzungsmitteln, mit gesundheitsbezogenen Angaben<


Gründe:

I.

Der Kläger ist ein Wettbewerbsverband. Die Beklagte vertreibt einen Kräutertee unter der Bezeichnung „Detox". Der Kläger begehrt, diese Verwendung der Bezeichnung zu unterlassen.

Nach Ansicht des Klägers handelt es sich bei dieser Produktbezeichnung um eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der Health-​Claims-​Verordnung und darüber hinaus um eine gegen das Irreführungsverbot des § 11 Abs. 1 Nr. 1, 2 LFGB und des § 5 UWG verstoßende Werbung. Er behauptet, die Bezeichnung „Detox" werde von den angesprochenen Verkehrskreisen im Sinne einer entgiftenden Wirkung des Tees auf den menschlichen Körper verstanden.

Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei der Verwendung des Begriffs „Detox" handele es sich im konkreten wettbewerblichen Kontext um eine auf das allgemeine Wohlbefinden bezogene und nicht um eine gesundheitsbezogene Angabe. Der Begriff „Detox" werde recht beliebig und inflationär für alles Mögliche verwendet, um zu beschreiben, dass man sich „etwas Gutes tue". Mit diesem Begriff werde demgegenüber keine konkrete gesundheitliche Aussage verbunden.

Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine erstinstanzlichen Klageanträge unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Er betont zusätzlich, der angesprochene Verkehr verstehe auch dann, wenn er den Begriff „Detox" im Zusammenhang mit dem „Wellness-​Bereich" einordne, diesen nicht als neutralen „Wellness-​Begriff," sondern vielmehr als einen gesundheitsrelevanten Vorgang einer Entgiftung des Körpers.

Er beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Lüneburg vom 4. Juni 2015 wie erkannt zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin L. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2016 Bezug genommen.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 25. Februar 2016 gibt dem Senat nach pflichtgemäßem Ermessen keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.


II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

1. Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Ihm gehört eine erhebliche Anzahl von Unternehmen an, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben; die Zuwiderhandlung berührt zudem die Interessen seiner Mitglieder.

Zum einen sind insoweit entgegen der Ansicht der Beklagten nicht allein die Mitgliedsunternehmen maßgeblich, die Tee vertreiben. Auch Unternehmen der Gesund- heits- und Wellnessbranche können durch die beanstandete Werbung in ihrem Absatz betroffen sein, weil die Werbung nach dem Vortrag des Klägers - und auch tatsächlich, wie nachstehend näher erörtert - gesundheitsbezogene Wirkungen des beworbenen Produkts suggeriert. Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat - insoweit nicht protokolliert - unstreitig gestellt, dass dem Kläger neben dem H. Apothekerverein e. V. eine Vielzahl von Apotheken, Unternehmen der Heilmittelbranche und Heilpraktikern angehören.

Zum anderen steht aber nach der glaubhaften Aussage der Zeugin L. weiter zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger auch eine Vielzahl von Unternehmen angehören, die Tees vertreiben. Die Zeugin hat nachvollziehbar geschildert, wie der Kläger regelmäßig die fortdauernde Mitgliedschaft der in seiner Mitgliederliste aufgeführten Unternehmen und deren Tätigkeitsgebiet überprüft. Zudem hat sie glaubhaft ausgeführt, bezogen auf die von ihr in ihrer Aussage genannten Unternehmen - wobei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Niederschrift ihrer Aussage im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2016 Bezug genommen wird (Bl. 501 f. d. A.) - noch unmittelbar zuvor anhand einer Internetrecherche überprüft zu haben, dass diese auch tatsächlich Tee vertreiben.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die insoweit zutreffenden Erwägungen in dem angefochtenen Urteil unter A. (LGU 4 f.) Bezug genommen.

Der Kläger ist - wie seine gerichtsbekannte langjährige und umfangreiche Tätigkeit belegt - nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen.

2. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG a. F. / § 3a UWG n. F. i. V. m. Art. 1 Abs. 3, Art. 3, 10 Abs. 1, Art. 13 ff. VO (EG) Nr. 1924/2006 (im Folgenden: HCVO) zu.

a. Die Regelungen der HCVO dienen dem Schutz der Verbraucher und stellen daher Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG a. F. dar, deren Verletzung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und Verbraucher im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG spürbar zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 26. Februar 2014 - I ZR 178/12, juris Tz. 10 m. w. N.).

b. Bei der beanstandeten Produktbezeichnung „Detox" handelt es sich um eine Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 HCVO im allgemeinen und um eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO im Besonderen.

Der Begriff „Angabe" bezeichnet jede Aussage oder Darstellung, die nach dem Unionsrecht oder den nationalen Vorschriften nicht obligatorisch ist und mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt. Gesundheitsbezogen ist eine Angabe, wenn mit ihr erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Der Begriff „Zusammenhang" ist dabei weit zu verstehen. Der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe" erfasst daher jeden Zusammenhang, der eine Verbesserung des Gesundheitszustandes dank des Verzehrs des Lebensmittels impliziert. Maßgeblich ist dabei nach Erwägungsgrund 16 HCVO, wie Angaben über Lebensmittel vom Verbraucher verstanden werden, wobei auf das Verständnis des normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist, das naturgemäß auch durch Vorerwartungen und Kenntnisse geprägt wird (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 26. Februar 2014 - I ZR 178/12, juris Tz. 13, 16 ff. m. w. N.).

Bei dem betroffenen Tee mit dem Produktnamen „Detox" handelt es sich um ein Lebensmittel im Sinne des Art. 2 Abs. 1a), Abs. 2 Nr. 5 HCVO, Art. 2 VO (EG) 178/2002.

Ausgehend von dem maßgeblichen Verständnis des normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers suggeriert dieser Produktname, dass der Verzehr dieses Tees eine entgiftende Wirkung hat und damit zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes führt.

aa) Es kann offen bleiben, ob der Begriff „Detox" von dem Durchschnittsverbraucher als sog. Kopfwort für das englische Wort „detoxinate" verstanden wird, was für sich genommen Zweifeln begegnet. Unabhängig von der genauen Herleitung dieses Kunstwortes verstehen jedenfalls wesentliche Teile der normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dessen Bedeutungsgehalt aber aufgrund der Kombination der Silben „De" und „tox". Bei der Schlusssilbe „tox" liegt ein Zusammenhang mit Begriffen wie „Toxin" oder „toxisch" nahe, die auch ohne nähere Fremdsprachenkenntnisse im Deutschen geläufig sind und sich auf Gifte beziehen. Mit der Vorsilbe „De" wird der Bedeutungsgehalt einer Verringerung oder Herabsetzung verknüpft (z.B. Dekontamination, Deflation, Deregulierung etc.; vgl. zum Ganzen auch: LG Düsseldorf, Urteil vom 22. Mai 2015 - 38 O 119/14, juris Tz. 19 ff).

Der sich dem maßgeblichen Durchschnittsverbraucher damit schon rein aus der Silbenzusammenstellung aufdrängende Bedeutungsgehalt lässt sich im Übrigen zwanglos mit dem Produkt eines Kräutertees vereinbaren, für das der Name von der Beklagten verwandt wird.

Der Name „Detox" ist schließlich auf den ersten Blick für einen Kräutertee aufgrund seiner Künstlichkeit ungewöhnlich und veranlasst den durchschnittlichen Verbraucher deshalb dazu, ihn genauer zu betrachten und seine Bedeutung zu hinterfragen, so dass die vorstehenden Erwägungen umso eher vorgenommen werden.

bb) Dieses Verständnis des Bedeutungsgehaltes haben auch wesentliche Teile derjenigen angesprochenen Durchschnittsverbraucher, die mit dem Kunstwort „Detox" zugleich oder in erster Linie einen „Wellness-​Trend" verbinden. Auch insoweit liegt bereits allgemein die Assoziation nahe, dass die diesem „Wellness-​Bereich" zugeordneten Produkte, Anwendungen etc. eine das Wohlbefinden steigernde Wirkung aufgrund einer Entschlackung oder Entgiftung haben sollen. Dieser Begriff für einen „Wellness-​Bereich" hat sich auch nicht derart verselbständigt, dass der durchschnittliche Verbraucher nicht mehr die eingangs dargestellte allgemeine Assoziation aufgrund der Silbenkombination hätte.

Dieses Verständnis wird schließlich auch durch die Ergebnisse einer Suche über die Suchmaschine „google.de" nach dem Begriff „Detox" bekräftigt. Die überwiegende Anzahl der 10 auf der ersten Ergebnisseite dargestellten Treffer beziehen sich zwar auf Wellness, eine Kur oder eine Diät, stellen aber einen Zusammenhang mit der Entgiftung bereits in der Überschrift oder der in der Trefferliste veröffentlichten Kurzbeschreibung her. Beispielhaft finden sich dort folgende Überschriften oder Inhalte: „Heilfasten: Detox: Entgiftung auf die Schnelle" (www.brigitte.de/figur/Ernährung/Detox/entgiftung/1154839/); „Detox: Mythos um die böse Schlacke und Gift im Körper..." (www.spiegel.de); „Detox-​Kur: Die Entgiftungs-​Säfte im Test" (eatsmarter.de); „Detox-​Diät zur Entgiftung des Körpers" (www.freundin.de/detox-​diät-​155503.html); „Mit einer Detox-​Kur Körper und Seele natürlich entgiften" (www.vital.de). Die auf dieser Trefferliste an erster Stelle gelistete Veröffentlichung von „fit for fun" erklärt nach ihrem Aufruf zudem beispielsweise bereits im zweiten Satz: „Detox heißt, zu entgiften (...)" (www.fitforfun.de/beauty-​wellness/gesundheit/detox-​mehr-​energie-​als-​je-​zuvor_aid_10883.html).

Auch bei einer Assoziation allein mit diesem „Wellness-​Trend" ist daher eine Verknüpfung mit der Entgiftung vorhanden. Dieser Begriff wird entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht losgelöst hiervon allein als Bezeichnung für ein modisches Lifestyle-​Produkt, für Verwöhnung oder Entschleunigung ohne eine konkrete gesundheitliche Aussage verstanden. Insbesondere erweckt die Verwendung des Begriffs Detox als Produktbezeichnung für einen Kräutertee die Assoziation, dass dieser bei der Entgiftung jedenfalls unterstützend wirkt, die Ziele einer Detox-​Diät etc. also nicht unabhängig hiervon allein durch Heilfasten etc. erzielt werden.

cc) Der Senat kann aufgrund eigener Sachkunde beurteilen, wie die angesprochenen Verbraucher diesen Begriff „Detox" verstehen. Gehören die entscheidenden Richter - wie im Streitfall - selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen, bedarf es keines durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens, um das Verständnis des Verkehrs zu ermitteln (BGH, Urteil vom 9. Juli 2011 - I ZR 113/10, juris Tz. 37). Dabei verkennt der Senat nicht, dass Begriffsbedeutungen von Nichtjuristen teilweise nicht derart genau hinterfragt werden dürften, wie dies Juristen zu Eigen sein mag. Angesichts der sich aufdrängenden Begriffsbedeutungen und der Allgegenwärtigkeit dieser Bedeutung auch in Veröffentlichungen zum Thema „Detox" im Wellnessbereich begründet dies aber keine Zweifel an dem Verständnis jedenfalls wesentlicher Teile der durchschnittlichen Verbraucher.

c. Nach Art. 10 Abs. 1 HCVO sind - wie hier - gesundheitsbezogene Angaben verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II und den speziellen Anforderungen in Kapitel IV HCVO entsprechen, hiernach zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Art. 13, 14 HCVO aufgenommen sind. Jedenfalls Letzteres ist vorliegend nicht der Fall.

Zwar weist die Beklagte im Ausgangspunkt zu Recht darauf hin, dass die Kommission bislang Aussagen betreffend pflanzliche Stoffe, die gemeinhin als „botanicals" bezeichnet werden, noch nicht bewertet hat (vgl. Erwägungsgrund 10 VO(EU) Nr. 432/2012 sowie Erwägungsgrund 4 VO(EU) Nr. 536/2013). Betreffend diese „botanicals" kommt weiterhin die Übergangsvorschrift des Artikel 28 Abs. 5 HCVO zur Anwendung, so dass insoweit die Aufnahme in die Gemeinschaftsliste oder auch nur ein entsprechender Antrag nicht Voraussetzung für die Zulässigkeit entsprechender gesundheitsbezogener Angaben ist (vgl. auch Hahn/Hagenmeyer, ZLR 2013, 4, 20 f.; Teufer, GRUR-​Prax 2012, 476, 478). Unabhängig davon, ob es sich bei den Stoffen „Brennnessel" und „grüner Tee" um derartige „botanicals" handelt, ist jedenfalls die in dem Produktnamen „Detox" liegende gesundheitsbezogene Angabe nicht konkret auf einen dieser beiden Stoffe, sondern vielmehr auf das Gesamtprodukt bezogen, das ausweislich der als Anlage B 6 vorgelegten Produktverpackung zu jeweils 20 % aus Brennnesseln und grünem Tee, im Übrigen aber auch aus sonstigen Inhaltsstoffen besteht. Insoweit ist unerheblich, dass das Produkt auf der Oberseite der Verpackung unterhalb des Produktnamens „Detox" der „Brennessel-​Grüner Tee" bezeichnet ist. Eine möglicherweise für Brennnessel und grünen Tee als „botanicals" zulässige gesundheitsbezogene Angabe wäre aber allenfalls dann zulässig, wenn der Bezug unmittelbar zu diesen Inhaltsstoffen hergestellt worden wäre und nicht - wie vorliegend - allein zu dem Gesamtprodukt. Gesundheitsbezogene Angaben dürfen jeweils nur zu dem konkret in Frage stehenden Lebensmittel, Nährstoff oder der Substanz gemacht werden, für die sie nach der Gemeinschaftsliste zugelassen sind bzw. für die sie als Botanicals zulässigerweise verwandt werden dürfen, nicht aber unmittelbar für ein Lebensmittel als solches, das die fragliche Substanz etc. enthält, ohne den Zusammenhang gerade zwischen der in Frage stehenden Substanz und der Wirkung herauszustellen; solche Angaben dürfen nicht produktbezogen, sondern nur substanzbezogen erfolgen (vgl. näher Senat, Urteil vom 22. Oktober 2015 - 13 U 123/14, juris Tz. 53 ff. m. w. N. zum Meinungsstand).

d. Die mit dem Produktnamen „Detox" verbundene gesundheitsbezogene Angabe ist auch nicht deshalb zulässig, weil es sich hierbei um einen Verweis auf allgemeine, nicht spezifische Vorteile für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden nach Art. 10 Abs. 3 HCVO handelte. Diese Vorschrift erfasst Aussagen, die zwar auf eine der in Art. 13 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 HCVO genannten Funktionen Bezug nehmen, aufgrund ihrer allgemeinen und unspezifischen Formulierungen aber nicht Gegenstand eines Zulassungsverfahrens sein könnten, weil für sie im Hinblick auf ihre Unbestimmtheit keine allgemeinen anerkannten wissenschaftlichen Nachweise im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Nr. i HCVO erbracht werden können (BGH, Urteil vom 17. Januar 2013 - I ZR 5/12, juris Tz. 13 m. w. N.; Beschluss vom 12. März 2015 - I ZR 29/13, juris Tz. 34). Bei der hier angegriffenen Aussage handelt es sich nicht um eine derart unspezifische Aussage, die aufgrund ihres pauschalen Charakters nicht Gegenstand einer Zulassung sein könnte. Zur Abgrenzung hat der Bundesgerichtshof zwar insbesondere darauf abgestellt, ob konkrete Wirkungen für bestimmte Körperfunktionen angegeben werden (a. a. O. sowie Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 29/13, juris Tz. 30). Ob die Entgiftung als solche eine solche bestimmte Körperfunktionen darstellt, kann offen bleiben. Jedenfalls handelt es sich bei ihr um eine spezielle physiologische Wirkung, die als solche messbar und damit hinreichend spezifisch und wissenschaftlich nachweisbar ist, um Gegenstand eines Zulassungsverfahrens sein zu können. Entsprechend hat der Bundesgerichtshof beispielsweise auch die Angaben „zur unterstützenden Vorbeugung gegen Wassereinlagerungen" als hinreichend spezifisch erachtet (BGH, Urteil vom 17. Januar 2013, a. a. O.).

e. Schließlich ist die in Frage stehende gesundheitsbezogene Angabe auch nicht durch Art. 1 Abs. 3 HCVO erlaubt. Danach dürfen Handelsmarken, Namenmarken oder Phantasiebezeichnungen, die in der Kennzeichnung, Aufmachung oder Werbung für ein Lebensmittel verwendet werden und als Nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe aufgefasst werden können, ohne die in der Verordnung vorgesehenen Zulassungsverfahren verwendet werden, sofern der betreffenden Kennzeichnung, Aufmachung oder Werbung eine Nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist, die der Verordnung entspricht. An Letzterem fehlt es vorliegend.

3. Ob der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch aus § 8 Abs. 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 11, § 5 UWG i. V. m. § 11 Abs. 1, 3 LFGB in der seit dem 13. Dezember 2014 geltenden Fassung i. V. m. Artikel 7 Abs. 1 lit. b) VO (EU) 1169/2011 sowie i. V. m. Art. 3 lit. a) HCVO begründet ist, weil es sich bei der Bezeichnung „Detox" um eine irreführende Bezeichnung handelt, kann offen bleiben.

4. Der Anspruch auf Ersatz der durch die vorgenommene Abmahnung verursachten Kosten folgt aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die Höhe der geltend gemachten Pauschale von 178,50 € entspricht unter Anwendung des dem Senat eingeräumten Ermessens nach § 287 ZPO und unter Berücksichtigung des dargelegten Anteils der durch die Abmahnung bedingten Kosten an den Gesamtkosten des Klägers den durchschnittlich für eine Mahnung entstehenden Kosten.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 ZPO aufgrund grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zuzulassen, ob gesundheitsbezogene Angaben nach Art. 10, 13 VO (EG) Nr. 1924/2006 nur substanzbezogen, also nur zu dem jeweiligen Nährstoff, der Substanz oder dem Lebensmittel gemacht werden dürfen, für die sie nach der Gemeinschaftsliste zugelassen sind, nicht jedoch zu dem Lebensmittelprodukt, das diese Elemente enthält, ohne den der zugelassenen Aussage zugrunde liegenden Zusammenhang mit der Substanz etc. herauszustellen. Insoweit erforderte auch die Fortbildung des Rechts die Revisionszulassung.










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