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OLG Koblenz Urteil vom 20.01.2016 - 9 U 1181/15 - Werbung für eine Magnetfeldtherapie mit deren angeblicher therapeutischer Wirksamkeit

OLG Koblenz v. 20.01.2016: Werbung für eine Magnetfeldtherapie mit deren angeblicher therapeutischer Wirksamkeit


Das OLG Koblenz (Urteil vom 20.01.2016 - 9 U 1181/15) hat entschieden:
  1. Die Bewerbung einer Magnetfeldtherapie mit deren therapeutischer Wirksamkeit ist nach §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG, 3 Satz 2 Nr. 1 HWG unlauter und unzulässig, wenn der damit Werbende diese nicht glaubhaft machen kann. Daran ändert auch der Hinweis „Auch wenn die Wirkung bisher noch nicht wissenschaftlich bestätigt ist“ nichts.

  2. Eine unter auflösenden Bedingungen abgegebene Unterlassungserklärung lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen.



Siehe auch Rechtsprechung zu einzelnen Geräten und/oder Behandlungsformen in der Kosmetik und in der Medizin und Werbemaßnahmen von Ärzten, Zahnärzten, Kliniken und Heilpraktikern


Gründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz hat mit Beschluss vom 20.07.2015 dem Antragsgegner zu Recht im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, im geschäftlichen Verkehr für eine "Magnetfeldtherapie" mit den vom Antragsteller beanstandeten Angaben zu werben.

Der Antrag ist zulässig.

Der Antragsteller ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt.

Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG steht der Unterlassungsanspruch rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständig beruflicher Interessen zu, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehören, die Waren- oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben.

Dabei ist der Begriff der "Waren gleicher oder verwandter Art" weit auszulegen (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. § 8 Rn. 3.38 ff. m.w.N.). Damit sind solche Unternehmen gemeint, die dem Verletzer auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt als Wettbewerber begegnen, also um Kunden konkurrieren können (vgl. BGH, GRUR 2000, 1084). Die beiderseitigen Waren oder gewerblichen Leistungen bzw. Dienstleistungen müssen sich ihrer Art nach so gleichen oder nahestehen, dass der Absatz des einen durch irgendein wettbewerbswidriges Verhalten des anderen beeinträchtigt werden kann. Erforderlich ist das Vorliegen eines abstrakten Wettbewerbsverhältnisses, wofür es ausreicht, dass eine nicht gänzlich unbedeutende potentielle Beeinträchtigung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann. Die Zugehörigkeit zu derselben oder einer verwandten Branche ist dabei zwar ein ausreichendes, aber keineswegs notwendiges Kriterium (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. § 8 Rn. 3.38 ff.; BGH, GRUR 2006, 778; GRUR 2000, 438).

Daher ist vorliegend hinsichtlich des erforderlichen Wettbewerbsverhältnisses nicht ausschließlich auf Ärzte und Heilpraktiker abzustellen. Vielmehr sind zumindest auch Apotheken, Kliniken und Hersteller/Vertreiber von Medizinprodukten und Arzneimitteln potentielle Mitbewerber. Denn aus Sicht eines Patienten kommen diese als Alternative zu der vom Antragsgegner angebotenen Behandlung mittels Magnetfeldtherapie in Betracht. Patienten, die einen Bedarf für eine Magnetfeldtherapie sehen, könnten als Alternative andere Behandlungsansätze wählen, z.B. medikamentöse oder operative Behandlungen.

Der Antragsteller hat durch Vorlage seiner Mitgliederliste (Anlage A1) glaubhaft gemacht, dass zu seinen Mitgliedern 89 Dienstleister des Gesundheitswesens, 43 Dienstleister des Heilwesens einschließlich Ärzten, Heilpraktikern und Apothekern sowie 114 Hersteller/Vertreiber von Heilmitteln einschließlich Medizinprodukten und Arzneimitteln gehören und dass auch eine nicht unerhebliche Anzahl davon im räumlich relevanten Markt aktiv sind. Dazu zählen vor allem die Arzneimittelhersteller, wie z.B. die Firmen ...[A]-​Arzneimittel GmbH & Co. KG, ...[B] GmbH, ...[C] AG oder ...[D] GmbH, sowie der Bundesverband deutscher Versandapotheken mit seinen Mitgliedern.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nicht missbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG.

Ein solcher Missbrauch liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt, insbesondere wenn es überwiegend darum geht, einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Das Vorliegen eines Missbrauchs ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu beurteilen, wozu Art und Umfang des Wettbewerbsverstoßes, Verhalten des Verletzers nach dem Verstoß, Verhalten des Anspruchsberechtigten bei der Verfolgung dieses und anderer Verstöße, Art und Schwere des Verstoßes und Verhalten des Schuldners nach dem Verstoß gehören (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 4.10 ff.).

Umstände, die für ein missbräuchliches Verhalten des Antragstellers im vorliegenden Fall sprechen, sind weder ausreichend dargelegt noch ersichtlich. Ein missbräuchliches Verhalten ergibt sich insbesondere nicht aus dem vom Antragssteller dem Antragsgegner mit der Abmahnung vom 26. Juli 2015 vorgelegten Unterlassungserklärungsformular. Darin ist ausdrücklich aufgenommen, dass eine Vertragsstrafe erst bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung zu zahlen ist. Eine Vertragsstrafe von 5.100,00 € für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung lässt auch nicht den Schluss zu, dass es dem Antragsteller vorliegend nur um ein Gebührenerzielungsinteresse geht.

Der geltend gemachte Unterlassungsantrag ist auch begründet.

Der Antragsteller hat gemäß §§ 920 Abs. 2, 936 ZPO einen Verfügungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG, 3 Satz 2 Nr. 1 HWG glaubhaft gemacht.

Die streitgegenständlichen Angaben des Antragsgegners auf seiner Internetseite betreffend die von ihm angebotene Magnetfeldtherapie suggerieren eine therapeutische Wirksamkeit dieser Therapie. Daran ändert auch nichts der Hinweis "Auch wenn die Wirkung bisher noch nicht wissenschaftlich bestätigt ist,", zumal in der Fortsetzung dieses Satzes "beobachte ich in meiner Praxis täglich erfreuliche Therapieerfolge" die behauptete Wirksamkeit noch einmal zum Ausdruck gebracht wird. Eine therapeutische Wirksamkeit der beworbenen Magnetfeldtherapie hat der Antragsgegner jedoch nicht glaubhaft gemacht. Daher verstößt seine Werbung gegen § 3 HWG und ist somit nach §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG, 3 Satz 2 Nr. 1 HWG unlauter und unzulässig (vgl. u.a. auch OLG Braunschweig, GRUR, RR 2012, 431; OLG Frankfurt, MD 2006, 1179; OLG Koblenz, MD 2007, 307; OLG München, MD 2002, 924).

Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes folgt aus der Vermutung des § 12 Abs. 2 UWG, die nicht widerlegt worden ist.

Der Annahme einer Wiederholungsgefahr steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner am 9.7.2015 gegenüber dem Antragsteller eine Unterlassungserklärung abgegeben hat. Denn diese unter auflösenden Bedingungen abgegebene Unterlassungserklärung lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen.

Für den Fortfall der Wiederholungsgefahr werden strenge Anforderungen gestellt. Bestehen an der Ernsthaftigkeit der übernommenen Verpflichtung auch nur geringste Zweifel, ist sie grundsätzlich nicht geeignet, die Besorgnis zukünftiger Verstöße auszuräumen (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rn. 1.123).

Die auflösenden Bedingungen unter Punkt 3.2 der Unterlassungserklärung, "dass die therapeutische Wirksamkeit oder jeweils beschriebene Wirkung des Verfahrens Magnetfeldtherapie gesicherte Kenntnis der Wissenschaft wird" und unter 3.3., "dass gerichtlich festgestellt wird, dass dem Verband …[X] e.V. der unter Nr. 1. konkretisierte Unterlassungsanspruch nicht zusteht", werden diesen strengen Anforderungen nicht gerecht, zumal der Antragsgegner auch eine negative Feststellungsklage für den Fall angekündigt hat, dass er die Klagebefugnis des Antragstellers für nicht ausreichend nachgewiesen erachtet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.










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