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OLG Karlsruhe Beschluss vom 29.01.2016 - 2 (6) Ss 318/15 - AK 99/15 - Unerlaubte Weitergabe eines SIM-Unlocks für Mobilfunkgeräte

OLG Karlsruhe v. 29.01.2016: Unerlaubte Weitergabe eines SIM-Unlocks für Mobilfunkgeräte


Das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 29.01.2016 - 2 (6) Ss 318/15 - AK 99/15) hat entschieden:
  • Der Entsperr-Code ("Unlock-Code") zur Aufhebung der Kartensperre eines Mobiltelefons ("SIM-Lock") stellt ein Betriebsgeheimnis im Sinne des § 17 Abs. 2 UWG dar.

  • Der Entsperr-Code wird nicht dadurch offenkundig, dass er im Internet - gesondert für jedes einzelne Mobiltelefon - unter erheblichen Schwierigkeiten unbefugt in Erfahrung zu bringen ist.

  • Die dauerhafte Sperrung des Entsperr-Codes nach dreimaliger Fehleingabe und die Kosten der Beschaffung eines Entsperr-Codes sind allgemeinkundige Tatsachen.



    Siehe auch Mobiltelefon - Handyverträge - Mobilfunkanbieter


    Gründe:

    I.

    Das Amtsgericht Heidelberg sprach den Angeklagten am 10.10.2013 wegen gewerbsmäßigen Verrats von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gem. § 17 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG in 137 Fällen schuldig. Die Verhängung einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 80.- EUR blieb vorbehalten. Das Landgericht Heidelberg verwarf die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft am 09.03.2015 und stellte fest, dass das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert wurde. Aus diesem Grund gelte die Gesamtgeldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen als vollstreckt. Die Bewährungszeit wurde auf ein Jahr festgesetzt; ferner wurde dem Angeklagten eine Geldauflage in Höhe von 3.000 EUR erteilt.

    Die Revision, mit der der Angeklagte das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt, ist aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 10.06.2015 offensichtlich unbegründet.


    II.

    A.

    Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

    1. Der Angeklagte hat das Entsperren von durch einen „SIM-Lock“ (Kartensperre) an einen bestimmten Netzbetreiber gebundene Mobiltelefonen ermöglicht, indem er ohne Einwilligung des Netzbetreibers den jeweiligen Entsperr-Code („Unlock-Code“) weitergab.

    a) Technische Grundlagen:

    Bei einem SIM-Lock handelt es sich um eine Einrichtung in Mobiltelefonen, die dafür sorgt, dass das nämliche Mobiltelefon lediglich mit SIM-Karten eines bestimmten einzelnen Netzbetreibers benutzt werden kann. Die Möglichkeit eines SIM-Locks wird durch den Hersteller dem Mobiltelefon implementiert; der Netzbetreiber kann diese Möglichkeit nutzen und die vom Hersteller vorgesehene Sperre aktivieren. In seltenen Fällen aktiviert bereits der Hersteller die Sperre und teilt dann dem Netzbetreiber den Code zum Entsperren mit. Der Grund für die Anbringung dieser Sperre besteht darin, dass diese Mobiltelefone durch den jeweiligen Netzbetreiber subventioniert werden und meist mit einer entsprechenden SIM-Karte dieses Betreibers im Einzelhandel angeboten werden Die jeweilige SIM-Karte wird dabei benötigt, um überhaupt von dem Mobiltelefon ab- bzw. ausgehende Gespräche führen zu können. In der Regel kommen solche Mobiltelefone zusammen mit einer SIM-Karte als sogenanntes „Prepaid-Bundle“ in den Einzelhandel und werden zu einem Preis angeboten, der deutlich unter dem konventionellen Einzelhandelspreis des jeweiligen Mobiltelefons liegt. Bei den eingelegten SIM-Karten handelt es sich meist um solche auf Guthabenbasis, für die kein monatlicher Basispreis zu zahlen ist. Trotzdem erhofft sich der Netzbetreiber, dass der Kunde nicht nur das beim Kauf auf der SIM-Karte üblicherweise vorhandene Startguthaben verbraucht, sondern die Karte durch den Kunden erneut aufgeladen wird, um es durch die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen zu verbrauchen. Durch die Subventionierung tritt der Netzbetreiber in Vorleistung und hofft auf eine Amortisation seiner Investition durch die späteren Einnahmen, denn durch den verbilligten Kauf eines entsprechenden „Prepaid-Bundles“ ist der Käufer an eine bestimmte SIM-Karte bzw. an SIM-Karten eines bestimmten Providers und damit an die Dienstleistungen dieses Providers gebunden.

    Der SIM-Lock kann allerdings durch die Eingabe eines sogenannten „Unlock-Codes“ (Entsperr-Code) dauerhaft deaktiviert werden, womit eine Nutzung auch mit anderen SIM-Karten möglich wird. Dieser gerätespezifische, aus der IMEI-Nummer des Mobiltelefons generierte Entsperr-Code kann vom jeweiligen Netzbetreiber gegen Entgelt - in der Regel zwischen 50 EUR und 100 EUR - bezogen werden. Kostenlos ist er erst nach einem Zeitablauf von zwei Jahren seit Aktivierung der SIM-Karte zu erhalten. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Subventionierung von Mobiltelefonen ohne gleichzeitigen Abschluss eines Laufzeitvertrages mit erheblichen Grundgebühren für den Netzbetreiber wirtschaftlich rechnet. Allerdings hat der Benutzer eines Mobiltelefons nur drei Versuche zur Eingabe des Entsperr-Codes. Wird bei der Eingabe jeweils ein Fehler gemacht oder ein falscher Code eingegeben, ist das Mobiltelefon dauerhaft gesperrt und kann nicht mehr benutzt werden.

    b) Tatgeschehen:

    Der Angeklagte war im Jahr 2008 Geschäftsführer der S. GmbH mit Sitz in L., welche im Handelsregister des Amtsgerichts M. unter HRB ... eingetragen war. Unter der Internetadresse „s. .de“ bot er mit seinem Unternehmen neben Mobiltelefonen und diesbezüglichem Zubehör auch Dienstleistungen an.

    In Kenntnis der unter a) geschilderten Umstände und im Bewusstsein der Tatsache, dass sein Vorgehen ohne Einwilligung des jeweiligen Netzbetreibers erfolgt und somit unbefugt ist, bot der Angeklagte gleichwohl wissentlich und willentlich an, den SIM-Lock von Mobiltelefonen gegen Entgelt zu entsperren. Auf Grund dessen wurde die von ihm geführte Gesellschaft von Kunden beauftragt, ihnen gegen ein Entgelt den benötigten Entsperr-Code zu übermitteln. Hierzu teilten sie die IMEI-Nummer ihres zu entsperrenden Mobiltelefons dem Angeklagten mit, der diese in aller Regel wiederum an einen tunesischen Kontaktmann weiterleitete. Dieser generierte oder beschaffte sodann selbst den Entsperr-Code oder ließ durch unbekannte Dritte den Entsperr-Code widerrechtlich generieren oder beschaffen und teilte diesen dem Angeklagten mit. Danach reichte der Angeklagte seinen Kunden den Code weiter, die diesen zum Entsperren verwenden konnten. In einigen seltenen Ausnahmefällen gelang es dem Angeklagten, im Internet über verschiedene Webseiten an Anleitungen zur Erstellung des Entsperr-Codes zu gelangen, wobei sich auch für ihn die Durchführung der Anleitungen und die Generierung des jeweiligen Entsperr-Codes aufwändig und schwierig gestalteten, weshalb er in aller Regel den Entsperr-Code gegen Entgelt über seinen tunesischen Kontaktmann bezog.

    ln der Zeit von Februar bis Ende August 2008 reichte der Angeklagte in mindestens 137 Fällen die von ihm in unbefugter Weise beschafften Entsperr-Codes ohne Genehmigung der Netzprovider an Kunden weiter, wobei er jeweils handelte, um sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Der Preis der erbrachten Leistung lag zwischen 5,99 EUR und 64,50 EUR; im Durchschnitt betrug er knapp 18, - EUR. Der Gesamtbetrag belief sich auf 2.421,46 EUR.

    2. Das Landgericht hat die Taten als gewerbsmäßigen Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gem. „§ 17 Abs. 2 Ziffer 2, Abs. 2 Ziffer 1, Abs. 1, Abs. 5 UWG“ in 137 Fällen gewertet und in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

    Der Unlock-Code zum Entsperren eines bestimmten, mittels SIM-Lock gesperrten und dadurch an einen bestimmten Netzbetreiber gebundenen Mobiltelefons stelle ein Betriebsgeheimnis im Sinne des § 17 UWG dar. Der Unlock-Code sei im Jahr 2008 auch nicht offenkundig, d.h. für jedermann bekannt oder auch nur leicht zugänglich gewesen. Wenn ein Besitzer eines Mobiltelefons über eine Internetseite an eine Abfolge von Algorithmen gelange, mit deren Hilfe er aus der IMEI-Nummer den Entsperr-Code entwickeln könne, so könne nicht von leichter Zugänglichkeit gesprochen werden. In einem solchen Fall könne sich der jeweilige Interessent nicht ohne größere Schwierigkeiten, Zeitaufwand und Opfer mit lauteren Mitteln Kenntnis vom jeweiligen Unlock-Code verschaffen. Der Unlock-Code stellte damit zur Tatzeit ein Geheimnis im Sinne des § 17 UWG dar. Der Geheimhaltungswille des jeweiligen Betriebsinhabers sei vorhanden, da der für das jeweilige Mobiltelefon erforderliche Unlock-Code vom Netzbetreiber nicht sofort, sondern erst gegen Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder nach Ablauf einer bestimmten Zeit mitgeteilt werde. Der Netzbetreiber habe auch ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung des jeweiligen Entsperr-Codes, da er über diese Geheimhaltung den Erwerber des jeweiligen Mobiltelefons an sich binde oder zu binden hoffe und aus dieser Bindung Einnahmen erzielen wolle, um die Subventionierung des Mobiltelefons abzugelten. Der Angeklagte habe ohne Erlaubnis durch den jeweiligen Betriebsinhaber unbefugt gehandelt, sich über einen tunesischen Kontaktmann den jeweiligen Entsperr-Code beschafft und diesen weitergegeben. Die Befugnis sei unabhängig von der Strafbarkeit oder Straflosigkeit der Weitergabe des Unlock-Codes, sondern allein abhängig von der Erlaubnis des Betriebsinhabers. Darauf, ob das Verhalten des tunesischen Lieferanten in Tunesien strafbar sei, komme es daher nicht an.


    B.

    Die Revision deckt keinen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf.

    Die Revision beanstandete mit zwei Verfahrensrügen die Ablehnung von Beweisanträgen. Daneben erhebt sie die Sachrüge. Im Kern greift sie die Feststellung der Kammer an, dass es sich bei den vom Angeklagten im Tatzeittraum für seine Kunden ermittelten Entsperr-Codes um ein Betriebsgeheimnis im Sinne des § 17 Abs. 1 und 2 UWG gehandelt habe. Der Angeklagte habe sich das Wissen um das Betriebsgeheimnis (Entsperr-Code) auch nicht unbefugt verschafft. Im Urteil sei nicht festgestellt - was erforderlich sei -, dass sich der tunesische Kontaktmann des Angeklagten (in Tunesien oder Deutschland) strafbar gemacht habe.

    1. Die erhobene Verfahrensrüge, der in der Hauptverhandlung vom Verteidiger gestellter Beweisantrag auf Vernehmung des Zeugen Ö. aus Göttingen sei fehlerhaft als Beweisermittlungsantrag qualifiziert worden und daher fehlerhaft nicht förmlich nach § 244 Abs. 3 StPO abgelehnt worden, ist zulässig und begründet; jedoch beruht das Urteil auf diesem Rechtsfehler nicht.

    Der Beweisantrag lautete wie folgt:
    „Im Jahr 2008 und auch 2007 gab es diverse Internetseiten mit welchen kostenfrei Folgendes angeboten wurde: Im Falle, dass jemand dem Betreiber der Seite die IMEI-Nummer eines Mobiltelefons mitgeteilt hat, wurde dem betreffenden der Entsperrungscode auf der Webseite angezeigt. Beweis: Herr Ö. Herr Ö. hat mehrfach derartige Codes bezogen.“
    Die Kammer lehnte den Antrag wie folgt ab:
    „Der Antrag ist zu unbestimmt und stellt einen Beweisermittlungsantrag dar. Die Internetseiten, die 2007 und 2008 existierten, werden nicht bezeichnet, ebenso die Handys und die zugehörigen Codes. Auch der Amtsermittlungsgrundsatz erfordert die Vernehmung des Zeugen nicht, zumal auch nicht erkennbar ist, auf welchem Weg man zu den Internetseiten gelangen konnte.“
    a) Die zulässig erhobene Verfahrensrüge ist begründet. Die Strafkammer hat den Beweisantrag fälschlich als Beweisermittlungsantrag behandelt. Die Behauptung stellte jedoch einen förmlich zu bescheidenden Beweisantrag dar. Ein Beweisantrag ist ein in der Hauptverhandlung gestellter Antrag an das Gericht, zu einer bestimmten Beweistatsache ein bestimmtes Beweismittel einzuholen. Die zu beweisende Tatsache (zur Schuld- und/oder Rechtsfolgenfrage) ist bestimmt zu behaupten unter Angabe eines konkreten Beweismittels. Beweistatsachen sind allerdings nur diejenigen Tatsachen, die mit dem Beweismittel unmittelbar bewiesen werden sollen. Wird ein Zeuge - wie vorliegend - als Beweismittel benannt, müssen die im Beweisantrag genannten bestimmten Beweistatsachen dem Zeugenbeweis überhaupt zugänglich sein und mit ihm unmittelbar bewiesen werden (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 244 Rn. 17 ff).

    Beweisermittlungsanträge dienen demgegenüber der Vorbereitung von Beweisanträgen, die der Antragsteller noch nicht stellen kann, weil er die Beweistatsache noch nicht kennt oder nicht bestimmt bezeichnen kann (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 244 Rn. 25).

    Vorliegend sollte mit dem Zeugen Ö. unmittelbar bewiesen werden, dass in den Jahren 2007 und 2008 Internetseiten existierten, auf denen kostenfrei Entsperr-Codes nach Mitteilung der IMEI-Nummer mitgeteilt wurden. Der Beweisantrag enthält damit eine zu beweisende Tatsache und ein Zeuge ist mit ladungsfähiger Anschrift benannt. Auch die Konnexität ist dargelegt - der Zeuge „habe selbst mehrfach derartige Codes bezogen“.

    Der Antrag ist auch nicht zu unbestimmt. Es kann - bei der Flüchtigkeit der Internetadressen - schwerlich verlangt werden, dass der Zeuge heute noch die genauen Adressen oder die damals erhaltenen Codes im Detail weiß. Für das erkennbare Ziel des Beweisantrages - die Entsperr-Codes seien zur Tatzeit über Anbieter im Internet herauszufinden gewesen - ist dies auch nicht erheblich. Es sollte bewiesen werden, dass es für Jedermann über das Internet möglich gewesen sei, an solche Entsperr-Codes zu gelangen. Es bliebe der Beweiswürdigung vorbehalten, die konkrete Erinnerung des Zeugen wie die Bedeutung der Aussage in rechtlicher Hinsicht zu bewerten.

    Der Antrag hätte damit als Beweisantrag behandelt und als solcher bei einer Ablehnung förmlich nach § 244 Abs. 3 StPO verbeschieden werden müssen.

    b) Der Senat kann jedoch ausschließen, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht. Das Urteil muss auf dem Verfahrensfehler beruhen, wobei schon das möglich Beruhen ausreicht, d.h. nur wenn ein Kausalzusammenhang zwischen Gesetzesverletzung und Urteil ausgeschlossen werden kann, ist ein Verfahrensfehler als nicht ursächlich für das Urteil anzusehen (LR/Franke, StPO, 26. Aufl. 2012, § 337 StPO Rn. 23; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl. 2013, § 337 StPO Rn. 38; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 337 StPO Rn 37 m.w.N.).

    Bei mit fehlerhafter Begründung abgelehnten Beweisanträgen kann ein Beruhen des Urteils in Ausnahmefällen ausgeschlossen werden, wenn die Anträge mit anderer Begründung zu Recht hätten abgelehnt werden können und die Verteidigungsmöglichkeiten des Angeklagten hierdurch nicht berührt wurden (Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O.).

    Dies ist vorliegend unter Berücksichtigung der Urteilsausführungen der Fall. Die Ablehnung des Beweisantrags war zwar von der Begründung nicht ausreichend, in der Sache aber nicht fehlerhaft. Für die Frage, ob die Entsperr-Codes im Tatzeitraum ein Betriebsgeheimnis der Mobilgeräteanbieter im Sinne des § 17 UWG darstellten oder offenkundig waren - was das Landgericht in einer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung ausgeschlossen hat -, war die bloße Möglichkeit, dass im Tatzeitraum über verschiedene Internetseiten Entsperr-Codes gefunden werden konnten, bedeutungslos. Auch bei Annahme der Beweistatsache hätte die Kammer daraus nicht den (von der Verteidigung angenommenen) zwingenden Schluss ziehen müssen, dass die Unlock-Codes keine Betriebsgeheimnisse mehr darstellten. Dass ein Betriebsgeheimnis tatsächlich (unbefugt) gelüftet werden kann, macht dieses nicht offenkundig iSd § 17 UWG.

    Im Einzelnen: Eine unbefugte Geheimnisverwertung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG liegt nur vor, wenn es sich bei dem SIM-Lock-Code zur Tatzeit um ein Geheimnis i.S.d. § 17 UWG handelt.

    Der SIM-Lock-Code des einzelnen Mobiltelefons stellt ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis gemäß § 17 Abs. 1 und 2 UWG dar (so auch Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 6. Auflage 2015, § 42 Rn. 83; Busch/Giessler, SIM-Lock und Prepaid-Bundles - Strafbarkeit bei Manipulation, MMR 2001, 586; Wolf, Strafrechtliche Bewertung des Missbrauchs von Mobiltelefon-Prepaid-Paketen und SIM-Karten, MMR 10/2003, XIV).

    Das Geschäftsgeheimnis ist im UWG nicht definiert. Unter den Begriff des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses iSd § 17 Abs. 2 UWG fallen nur solche betriebsbezogene Tatsachen, die nach dem erkennbaren Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden sollen, die ferner nur einem begrenzten Personenkreis bekannt und damit nicht offenkundig sind und hinsichtlich derer der Betriebsinhaber deshalb ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse hat, weil die Aufdeckung der Tatsache geeignet wäre, dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen (BGH NStZ 2014, 325 mwN). Sie unterscheiden sich dadurch, dass sich das Geschäftsgeheimnis auf den kaufmännischen Geschäftsverkehr, das Betriebsgeheimnis auf technische Inhalte bezieht (Ernst in: Ullmann, jurisPK-UWG, 3. Aufl. 2013, § 17 UWG Rn. 13).

    Offenkundig und damit nicht geheim ist eine Tatsache, wenn sie allgemein bekannt oder dergestalt beliebigem Zugriff preisgegeben ist, dass für jeden an ihr Interessierten die Möglichkeit besteht, sich unter Zuhilfenahme lauterer Mittel ohne größere Schwierigkeiten und Opfer von ihr Kenntnis zu verschaffen (Hammer in Graf/Jäger/Witt, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, 770 UWG § 17 Rn. 9 m.w.N.).

    Die Angriffe der Revision - es läge bei den Unlock-Codes kein Geschäftsgeheimnis vor - verfangen letztlich nicht. Selbst wenn es möglich gewesen sein sollte, im Jahr 2008 über bestimmte Internetseiten an eine Möglichkeit der Entsperrung des individuellen SIM-Lock-Codes des einzelnen Mobiltelefons (über eine spezielle Entsperrungssoftware) zu gelangen, bedurfte dies eines erheblichen und unlauteren Aufwandes und war damit jedenfalls nicht offenkundig. Vielmehr musste eine vom Vertreiber eingestellte, erkennbare und individuelle technische Sperre mit Hilfe des Einsatzes von Technik, die von externen Programmieren entwickelt wurde, im Internet gesucht (und begriffen) sowie das einzelne Mobiltelefon technisch manipuliert werden. Die Sperre musste in jedem Einzelfall mit einem anderen individuellen Code überwunden werden, sodass „der“ Entsperr-Code gerade nicht offenkundig war; vielmehr musste einige (kriminelle) Energie eingesetzt werden, um den individuellen Code aufzuheben. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der teilweise geständigen Einlassung des Angeklagten (Feststellungen zum komplizierten Vorgehen des Angeklagten UA S. 5 und Einlassung des Angeklagten UA S. 14). Dieser teilte mit, dass 2008 Entsperr-Codes im Internet kursiert seien, erklärte jedoch auch, dass die Durchführung (der im Internet angebotenen Verfahren) und die Generierung der Codes sowie das Entsperren der Mobiltelefone selbst nicht einfach gewesen seien. Diese Einlassung wurde durch den Zeugen KHK R. bestätigt, dem gegenüber der Angeklagte im Ermittlungsverfahren umfassende Angaben insbesondere dazu gemacht hatte, auf welche Art und Weise er den SIM-Lock entfernt habe bzw. wie dieser entfernt werden könne und welche Schwierigkeiten auf den verschiedenen Wegen zu überwinden gewesen seien (vgl. UA S. 15f).

    Der SIM-Lock-Code jedes einzelnen Mobiltelefons war nach dem Willen der Geschäftsinhaber nur einem sehr begrenzten Personenkreis bekannt (nur den Mitarbeitern, welche die Codes für die einzelnen Telefone einstellten) und nicht etwa - was der Fall gewesen wäre, wenn der Entsperr-Code für jedes einzelne Mobiltelefon ohne weiteres im Netz (oder sonst wo aufgelistet und einfach aufrufbar gewesen wäre) - für jedermann offenkundig. Dies wurde weder behauptet noch ist es ansonsten ersichtlich. Dass ein eingerichteter Sperr-Code durch technische Manipulation umgangen werden kann, ändert nichts an seiner Bestimmung, ein Geheimnis zu schützen und macht das Geheimnis nicht offenkundig.

    Der SIM-Lock-Code stellt vielmehr ein betriebsbezogenes Geheimnis dar. Das Mobiltelefon wird im „Bundle“ von einem Anbieter aus Marktgesichtspunkten (Kundenbindung) billiger verkauft und gerade deshalb für andere Anbieter gesperrt, weshalb der SIM-Lock-Code nach dem erkennbaren Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden soll (vgl. BGHSt 40, 331,- juris Rn. 22 -: Das Programm eines Geldspielautomaten stellt ein Betriebsgeheimnis dar. „Dass bei unerlaubtem Einsatz eines solchen Hilfsmittels [unbefugt beschafftes Programm] der Aufsteller das Benutzen des Spielgeräts nicht gestattet, tritt so deutlich zutage, dass nicht davon gesprochen werden kann, es handle sich um einen Vorbehalt, der sich im Motivationsbereich erschöpfe. Vielmehr fehlt es hier an einer grundlegenden Voraussetzung für befugtes Spielen“).

    Der Betriebsinhaber hat auch ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse, weil die Aufdeckung des Codes geeignet wäre, dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Bei Lösung der Sperre entfällt die mit dem Code hergestellte Bindung des Mobiltelefons an den Anbieter und der Anbieter hätte das konkrete Mobilteil umsonst subventioniert in der Erwartung, dass während des Bestehens des SIM-Locks (regelmäßig zwei Jahre) nur über den Anbieter Verbindungen (SIM-Karten) bezogen und gekauft werden und er somit durch den Code letztlich ausgleichenden Gewinn macht, da das günstiger verkaufte Mobiltelefon mindestens zwei Jahre berechtigt nur über ihn gebührenpflichtig benutzt werden kann.

    Vor diesem Hintergrund kann ausgeschlossen werden, dass die Kammer bei Vernehmung des Zeugen Ö. zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Das Urteil beruht mithin nicht auf der fehlerhaften Ablehnung dieses Beweisantrages.

    c) Die zweite Verfahrensrüge, der in der Hauptverhandlung vom Verteidiger gestellte Beweisantrag Nr. IX auf Vernehmung des Zeugen K. aus Österreich sei rechtsfehlerhaft abgelehnt worden, ist ebenfalls zulässig erhoben, jedoch unbegründet.

    Der Beweisantrag lautete wie folgt:
    „Der Zeuge wird bestätigen, dass er seit 1999 Betreiber der Internetseite unter der Domain „www.entsperren.net“ ist und dass er im Jahre 2008 auf seiner Internetseite für jedermann ein Formular freigeschaltet hatte, in welches man die IMEI Nummer von Handys eingeben konnte, worauf der Entsperr-Code angezeigt wurde. Der Zeuge wird ferner bestätigen, dass dieser Dienst unentgeltlich war und dass seine Internetseite über die Suchmaschine Google leicht auffindbar war. Der Zeuge wird ferner bestätigen, dass er die Informationen für die Generierung des Codes ebenfalls aus öffentlich zugänglichen Quellen erlangt hat.“
    Die Kammer lehnte den Antrag mit folgender Begründung ab:
    „Der Antrag auf Vernehmung des Zeugen K. wird gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO abgelehnt, da die Ladung des Zeugen in Österreich zu erfolgen hat. Nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts ist die Vernehmung des Zeugen nicht erforderlich, da allein die Tatsache, dass er seit 1999 und damit auch im Jahr 2008 eine Internetseite betrieb, auf der er ein Formular geschaltet hatte, in das die IMEI-Nummer eines Handys eingegeben werden konnte, woraufhin ein Entsperrungscode aufgezeigt wurde, nicht die Folgerung nach sich zieht, der Unlock-Code sei in irgendeinem Fall leicht zugänglich gewesen. Wie der Augenschein zeigte, erfasste die Website nicht alle Handytypen und zeigte gleich mehrere Entsperrungs-Codes an, sodass nicht feststellbar ist, ob für jedes Handy der Unlock-Code leicht zugänglich war, zumal der Angeklagte selbst angegeben hatte, er habe sich in den meisten Fällen den Unlock-Code über einen tunesischen Lieferanten gegen Bezahlung besorgt.“
    Die Revision rügt, dass die Kammer am 09.03.2015 lediglich eine österreichische Internetseite in Augenschein genommen habe und sich weder aus der Ablehnung noch aus dem Urteil ergäbe, ob dies die Internetseite aus dem Beweisantrag gewesen sei. Im Freibeweis hätte über ein Telefonat geklärt werden können, ob der Zeuge dies bekunden könne. Es hätte als gegeben angenommen werden müssen, dass derartige Websites im Internet leicht auffindbar sind.

    Die zulässige Verfahrensrüge ist unbegründet. Die Kammer hat den Beweisantrag auf Vernehmung des Auslandszeugen rechtsfehlerfrei abgelehnt.

    Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre, kann abgelehnt werden, wenn das Aufklärungsgebot keinen Anlass zur Beweiserhebung gibt. Sie erlaubt eine vorweggenommene Beweiswürdigung, die - engeren - Grenzen zulässiger Beweisantizipation für den Augenscheinsbeweis gelten nicht. Im Freibeweisverfahren können Ermittlungen darüber angestellt werden, ob von einem Auslandszeugen relevante Bekundungen zur Beweisfrage zu erwarten sind. Die Ladung eines Auslandszeugen darf nur abgelehnt werden, wenn das Gericht aufgrund hinreichender Anhaltspunkte die sichere Überzeugung gewinnt, dass durch die beantragte Einvernahme eine weiterführende und bessere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist, etwa weil abzusehen ist, dass der Zeuge die Beweisbehauptung nicht bestätigen kann, oder für den Fall, dass der Zeuge dem Beweisantrag entsprechend aussagt, ein Einfluss auf die Überzeugungsbildung des Gerichts auszuschließen ist (BGH NJW 2005, 2322; NStZ 2009, 168; NStZ-RR 2011, 116). Ob die Ladung erforderlich ist, kann nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls beurteilt werden; hierbei sind die Klarheit und Gesichertheit des bisherigen Beweisergebnisses, die Bedeutung der Beweistatsache für die Entscheidung und mögliche verfahrenstechnische Schwierigkeiten der Beweiserhebung in die Abwägung einzustellen (BGH NStZ 2007, 349; NStZ 2009, 168; ferner: BGH NStZ 2011, 268: Widerspruch zur Einlassung des Angeklagten; KK-StPO/Krehl, 7. Aufl. 2013, § 244 Rn. 212).

    Nach diesen Maßstäben hat die Kammer den Beweisantrag mit rechtfehlerfreier Begründung abgelehnt, da das Aufklärungsgebot nach dem durchgeführten Augenschein der im Antrag enthaltenen Website (nur so können die Ausführungen der Kammer in der Ablehnung verstanden werden), der übrigen Beweisaufnahme und vor dem Hintergrund der Einlassung des Angeklagten (zu den Schwierigkeiten im Internet den Entsperrungs-Code selbst zu generieren s.o.) keinen Anlass zur Beweiserhebung durch den Auslandzeugen gab. Die Beweisbehauptung, dass der Entsperr-Code im Tatzeitraum (auch) über leicht zu findende Internetseiten selbständig zu ermitteln gewesen sei, ist, wie bereits ausgeführt, für die Entscheidung bedeutungslos. Allein weil die Codes mit einigem Aufwand auch mit Hilfe von Anbietern im Internet - unerlaubt - herausgefunden werden konnten, machte sie nicht offenkundig. Sie verloren dadurch (bis heute) nicht ihren Geheimnischarakter im Sinne des § 17 UWG (vgl. die Ausführungen zur ersten Verfahrensrüge). Wie der der von der Kammer durchgeführte Augenschein zeigte, erfasste die Internetseite nicht alle Typen von Mobiltelefonen und zeigte gleich mehrere Möglichkeiten des Zugangs zu den Entsperrungs-Codes an, sodass die Kammer den Schluss ziehen konnte, es sei nicht feststellbar, dass für jedes Mobiltelefon der Unlock-Code leicht zugänglich war, zumal der Angeklagte selbst angegeben hatte, er habe sich in den meisten Fällen den schwierig über das Internet zu ermittelnden Unlock-Code über einen tunesischen Lieferanten gegen Bezahlung besorgt. Das von der Kammer festgestellte Geschäftsmodell des Angeklagten beruhte gerade auf seinem Angebot im Internet, die schwer zu ermittelnden individuellen Unlock-Codes an Kunden zu verkaufen, die hierzu selbst nicht in der Lage waren.

    2. Die Sachrüge ist unbegründet.

    Die Feststellungen des angefochtenen Urteils tragen den Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gem. §§ 17 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG, 53 StGB in 137 Fällen.

    a) Die Staatsanwaltschaft hatte vor Erhebung der Anklage am 15.04.2013 mit Verfügung vom selben Tag die Strafverfolgung gemäß §§ 154, 154a StPO auf die in der Anklageschrift genannten Taten/Gesetzesverletzungen - gewerbsmäßiger Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gem. § 17 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1. S. 2 Nr. 1 UWG in 137 rechtlich selbständigen Handlungen - beschränkt, weshalb es keiner Entscheidung bedurfte, ob vorliegend weitere Straftatbestände in Betracht kamen (vgl. zur Frage einer Strafbarkeit gemäß §§ 303a, 269 Abs. 1 StGB, 108b UrhG und § 143 MarkenG Kusnik, CR 2011, 718 [ablehnend]; vgl. auch die ebenfalls eine Strafbarkeit gemäß §§ 303a, 269 StGB ablehnende Anmerkung von Neubauer in MMR 2011, 626 zu den Urteilen des AG Nürtingen vom 20.09.2010, MMR 2011, 121, und AG Göttingen vom 04.05.2011, MMR 2011, 626, welche beide wegen unbefugten Entsperrens von SIM-Lock-Sperren bei Mobiltelefonen eine Strafbarkeit wegen Fälschung beweiserheblicher Daten in Tateinheit mit Datenveränderung nach §§ 269, 267, 303a, 303c, 52, 53 StGB angenommen haben; weder Urteile noch Besprechungen setzen sich mit einer Strafbarkeit nach § 17 UWG auseinander. Eine entsprechende Strafbarkeit unter bestimmten Voraussetzungen bejahend: Busch/Giessler MMR 2001, 586 und Wolf MMR 2003, XIV).

    Die Feststellungen tragen den Schuldspruch auch in subjektiver Hinsicht, der Angeklagte handelte mit dem erforderlichen bedingten Vorsatz. Er hatte Kenntnis vom Vorliegen eines Betriebsgeheimnisses und hat sich dieses auch unbefugt verschafft im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz Nr. 2 UWG. Im Urteil ist ausgeführt, dass der Angeklagte im Bewusstsein der Tatsache war, dass sein Vorgehen ohne Einwilligung des jeweiligen Netzbetreibers erfolgte und somit unbefugt erfolgte. Er bot gleichwohl wissentlich und willentlich im Internet für Jedermann an, den SIM-Lock von Mobiltelefonen gegen Entgelt zu entsperren. Der Angeklagte erhielt die IMEI-Nummer des jeweiligen zu entsperrenden Mobiltelefons und generierte oder beschaffte dann selbst oder über unbekannte Dritte (tunesischer Kontaktmann) widerrechtlich den Entsperr-Code und reichte diesen dann an seine Kunden weiter.

    b) Soweit die Revision ausführt, die Feststellung der Strafbarkeit des tunesischen Kontaktmannes (in Tunesien oder Deutschland) sei Voraussetzung für eine solche des Angeklagten wegen der ihm vorgeworfenen „Datenhehlerei“, ist dies unzutreffend. Die Kammer hat den Angeklagten nicht wegen Ausspähens von Daten (§ 202a StGB) schuldig gesprochen; der künftige Straftatbestand der „Datenhehlerei“ (§ 202d StGB-E) ist bislang noch nicht in Kraft getreten (vgl. auch Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 259 Rn. 1 m.w.N.). § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG erfordert demgegenüber keine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Vortat. „Unbefugt“ im Sinne von § 17 UWG ist lediglich ein Verweis auf die allgemeine Rechtswidrigkeit. Befugt handelt der Täter deshalb nur, wenn ihm ein Rechtfertigungsgrund zur Seite steht (Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl. 2014, § 33 Rn. 64 und 52). Ein Geheimnisverrat liegt nur dann nicht vor, wenn der Angestellte zur Offenbarung aufgrund einer Einwilligung des Betriebsinhabers berechtigt oder auf Grund gesetzlicher Vorschriften dazu verpflichtet ist (Dittrich in Müller-Gugenberger, a.a.O., § 33 Rn. 57). Selbst nach der betrugsspezifischen Auslegung des Tatbestandsmerkmals „unbefugte Verwendung von Daten“ in § 263a StGB liegt eine unbefugte Verwendung von Daten (auch) vor bei Eingabe von Zugangscodes (PIN, TAN) gegen den (erkennbaren) Willen des Berechtigten (Fischer, aaO, § 263a Rn. 11a m.w.N.).

    Die Feststellungen tragen schließlich ebenfalls, dass der Angeklagte in subjektiver Hinsicht aus Eigennutz handelte. Aus Eigennutz handelt wer sich (auch) von einem Streben nach einem materiellen oder immateriellen Vorteil leiten lässt (BGHSt 11, 97). Da der Angeklagte handelte, um sich durch die wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen, lagen diese Voraussetzungen vor.

    3. Die Beweiswürdigung erweist sich als rechtsfehlerfrei. Sie ist weder in sich widersprüchlich noch lückenhaft oder unklar und verstößt auch nicht gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 337 StPO Rn. 27).

    Die Revision greift die Beweiswürdigung insoweit an, wonach die Kammer zu Unrecht technische Grundlagen als allgemein bekannt angenommen habe, weshalb ein Verstoß gegen § 261 StPO gegeben sei. Angeführt wird dabei die Annahme, der Entsperr-Code werde nach dreimaliger falscher Eingabe dauerhaft gesperrt und ein Entsperr-Code koste in der Regel zwischen 50 und 100 EUR.

    Allgemeinkundig sind Tatsachen, von denen verständige und lebenserfahrene Menschen in der Regel Kenntnis haben oder über die sie sich ohne besondere Sachkunde mit Hilfe allgemein zugänglicher Erkenntnismittel jederzeit zuverlässig unterrichten können (BGHSt 6, 292; NJW 1992, 2088; KG NJW 1972, 1909; OLG Frankfurt StV 1983, 192). Die Einbeziehung des aus zuverlässigen Medien ohne Fachkenntnisse zu erlangenden Wissens gibt die Möglichkeit, ein durchschnittliches Anforderungsniveau der Allgemeinkundigkeit zu bestimmen. Das Allgemeinkundige (z. B. Naturvorgänge, Daten, geographische Verhältnisse, geschichtliche Ereignisse; s. auch BGHSt 48, 28 = JR 2003, 290 m. zust. Anm. Behm: nicht Fahrzeug- und Halterdaten des Fahrzeugregisters) kann zeitlich, örtlich, dem Personenkreis nach oder auf andere Weise begrenzt sein (BGHSt 6, 292). Kennen die Mitglieder des Gerichts eine allgemeinkundige Tatsache nicht, muss über sie Beweis erhoben werden, wenn nicht die Benutzung allgemein zugänglicher zuverlässiger Erkenntnismittel (z.B. Stadtpläne, Lexika, populäre Internet-Suchmaschinen) die Kenntnis noch vor der Entscheidung über den Beweisantrag verschaffen kann (Hanack JZ 1970, 561; Alsberg/Nüse/Meyer S. 543; vgl. auch OLG Brandenburg StraFo 1997, 205). Der Weg der Selbstinformation ist verschlossen, wenn in Fällen beschränkter Allgemeinkundigkeit der Richter nicht zu dem Kreis gehört, in welchem eine Tatsache allgemeinkundig ist (KK-Krehl, a.a.O., § 244 Rn. 132).

    Bei Anwendung dieser Maßstäbe können beide Feststellungen als allgemeinkundig angesehen werden. Sie sind über eine populäre Internet- Suchmaschine sofort herauszufinden. Da als allgemeinkundig angenommen werden kann, dass ein Entsperr-Code bei einem an einen Anbieter gebundenen, subventionierten Mobiltelefon - das erkennbar billiger als herkömmlich angeboten wird - etwas kostet, stellte sich insoweit ohnehin nur die Frage der Höhe der Kosten. Unter „kosten für simlock entsperren“, das sich sofort bei der Frage nach „SIM-Lock entsperren“ aufzeigt, findet man mit einem Klick heraus, dass etwa die Telekom die Entsperrung, die erst nach zwei Jahren kostenlos ist, für 99,50 EUR anbietet. Sieht man die vorliegende Fragestellung, die in der Einlassung des Angeklagten wie des vernommenen Zeugen Entsperr-Codes und deren unbefugten Gebrauch betraf, so kann - auch da die Kammer vorsichtig festgestellt hat, dass der Preis für den Entsperr-Code „in der Regel“ 50 bis 100 EUR betrage - diese Feststellung ebenso wie die nach der Lebenserfahrung nahe liegende Feststellung, dass der Entsperr-Code (wie der PIN-Code des Mobiltelefons oder der EC-Karte) nach dreimaliger falscher Eingabe dauerhaft gesperrt wird, als allgemeinkundig angenommen werden. Im Übrigen kann das Urteil auf diesen, für den Vorwurf des § 17 Abs. 2 UWG letztlich unerheblichen Feststellungen nicht beruhen.

    4. Der (milde) Strafausspruch hält gleichfalls rechtlicher Nachprüfung stand, er stellt jedenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten dar. Die Strafzumessungserwägungen lassen den Angeklagten beschwerende Rechtsfehler nicht erkennen.

    Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die Strafzumessung die Aufgabe des Tatrichters. Das Revisionsgericht darf nur eingreifen, wenn die Strafzumessungserwägungen im Urteil in sich fehlerhaft sind oder wenn der Tatrichter die ihm nach § 46 StGB obliegende Pflicht zur Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände verletzt (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 337 Rn. 34). Der Tatrichter muss daher die Zumessungserwägungen in einem die Nachprüfung ermöglichenden Umfang darlegen.

    Das Landgericht hat bei Anwendung des zutreffenden Strafrahmens (auch die Gewerbsmäßigkeit wurde vertretbar begründet) bei der Strafzumessung i.e.S. lediglich die zu Gunsten des Angeklagten sprechenden Umstände (insbesondere frühe und weitegehende Angaben des Angeklagten zur Sache sowie den langen Zeitablauf von bis zu sieben Jahren) aufgeführt. Dies beschwert den Angeklagten nicht und ist im Hinblick auf die Art des Tatvorwurfs sowie die erkannte Verwarnung mit Strafvorbehalt gem. § 59 StGB ausreichend (Höchstmaß von 180 Tagessätzen).

    Die Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung und die Festsetzung einer Kompensation im Weg der Vollstreckungslösung entspricht den in BGHSt 52, 124 entwickelten Grundsätzen. Die Kammer hat unter (kurzer) Darlegung des Verfahrensgangs die Zeiten, in denen das Verfahren unter Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK nicht gefördert wurde, dargelegt. Soweit danach eine bloße Feststellung des Verstoßes nicht für ausreichend erachtet wurde und 60 Tagessätze, d.h. ein Drittel der verhängten Geldstrafe als vollstreckt erklärt wurde, hält sich dies ebenfalls in den Grenzen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums. Der Einwand einer überlangen Verfahrensdauer in der Tatsacheninstanz wurde in der Revisionsbegründung nicht erhoben, eine zulässige Verfahrensrüge liegt nicht vor.

    5. Die Überprüfung des Urteils im Übrigen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).


    III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.



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