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OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 29.01.2015 - 6 W 3/15 - Zwangsvollstreckung eines nicht hinreichend bestimmten Unterlassungstitels

OLG Frankfurt am Main v. 29.01.2015: Zwangsvollstreckung eines nicht hinreichend bestimmten Unterlassungstitels - kerngleicher Verstoß


Das OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 29.01.2015 - 6 W 3/15) hat entschieden:
Ein nicht hinreichend bestimmter Unterlassungstitel ist ausnahmsweise vollstreckungsfähig, wenn er im Wege der Auslegung unter Orientierung an der konkreten Verletzungshandlung, die zum Erlass des Titels geführt hat, auf einen vollstreckungsfähigen Inhalt begrenzt werden kann (Bestätigung der Senatsrechtsprechung).




Siehe auch „Kerngleicher Verstoß“ gegen eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafe-Versprechen und Stichwörter zum Thema Abmahnung


Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 12. August 2014 hat das Landgericht der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter anderem untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken über die Internetplattform X Uhren anzubieten und dabei eine Widerrufsbelehrung zu verwenden, in welcher eine gültige Telefonnummer nicht genannt wird. Die Entscheidung des Gerichts ist nicht begründet. Dem Verfahren liegt die in Anlage K 2 eingeblendete Widerrufsbelehrung der Antragsgegnerin zugrunde, die von der Antragstellerin mit dem Schreiben vom 23.07.2014 abgemahnt worden ist (Anlage K 1).

Die Antragsgegnerin hat am 12.09.2014 die auf Bl. 37/38 eingeblendete Widerrufsbelehrung verwendet, die von der Gläubigerin als kerngleicher Verstoß gegen das Unterlassungsgebot angesehen wird.

Auf ihren Antrag hat das Landgericht der Antragsgegnerin zu 1) ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.000,-​- € auferlegt. Auf die Begründung dieser Entscheidung wird verwiesen (Bl. 56/58 d. A.).

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde strebt die Schuldnerin die Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses an. Sie ist der Meinung, der Tenor der Beschlussverfügung sei nicht hinreichend konkret und damit gar nicht vollstreckbar. Ferner falle die jetzt gerügte Verletzungshandlung nicht in den Kernbereich des Verbots.

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.


II.

Das Rechtsmittel ist begründet, weil die mit dem Bestrafungsantrag der Gläubigerin vorgelegte Gestaltung der Widerrufsbelehrung nicht in den Kernbereich des Verbotstenors gemäß Ziffer 1. der Beschlussverfügung vom 12.08.2014 fällt.

Es ist zweifelhaft, ob der Unterlassungstenor hinreichend bestimmt ist. Insoweit haben die Antragsgegner mit Recht Bedenken angemeldet, so das zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Inhalt ihres Schriftsatzes vom 6. Oktober 2014 verwiesen werden kann (Bl. 45 d. A.). Der Verbotsinhalt ist hier jedenfalls im Wege der Auslegung unter Orientierung an der konkreten Verletzungshandlung, die zum Erlass des Titels geführt hat, auf einen vollstreckungsfähigen Inhalt zu begrenzen (st. Rspr. des erkennenden Senats, vgl. Beschl. v. 7.2.2013 - 6 W 116/12 m. w.N.; ähnlich BGH, Beschl. v. 22.11.2012 - I ZB 18/12, juris-Tz. 17, vgl. ferner Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 6. Auflage Kapitel 65 Rdn. 9).

Der nur schwerlich lesbaren Einblendung in Anlage K 2 lässt sich entnehmen, dass die Antragsgegnerin zu 1) bei ihrer Widerrufsbelehrung überhaupt keine Telefonnummer genannt hat, die der Verbraucher als Kontaktadresse ansehen könnte. Genannt sind dort lediglich eine Telefaxnummer und eine E-​Mail-​Adresse sowie die postalische Anschrift der Antragsgegnerin zu 1).

Anders gestaltet sich das bei der am 12.09.2014 verwendeten Widerrufsbelehrung (Bl. 37/38 d. A.). Hier wird das in Anlage 1 zu Artikel 246a § 1 Abs. 2 EGBGB vom Gesetzgeber bereitgestellte Muster für die Widerrufsbelehrung verwendet, wobei sich die Antragsgegner allerdings nicht an dem Gestaltungshinweis Nr. 2 der Musterwiderrufsbelehrung orientiert und statt dessen die Kontaktdaten der Antragsgegnerin zu 1) einschließlich ihrer Telefon- und Telefaxnummer unmittelbar im Anschluss an das der Belehrung nachgestellte Muster-​Widerrufsformular angegeben haben.

Anders als in der ursprünglichen Gestaltung geht es jetzt nicht mehr darum, dass die Antragsgegner in Zusammenhang mit der Widerrufsbelehrung gebotswidrig keine Telefonnummer genannt haben, sondern nur noch darum, ob die Kontaktdaten an geeigneter Stelle angebracht sind (vgl. zu den gesetzlichen Vorgaben: Föhlisch/Stariradeff, K&R 2014, 825, 826). Von dem eingeschränkten Kernbereich des gerichtlichen Verbots wird die jetzige Gestaltung daher nicht erfasst.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.



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