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Landgericht Kiel Urteil vom 27.09.2013 - 17 O 147/13 - Kontrollpflicht bei B2B-Shop

LG Kiel v. 27.09.2013: Zur Kontrollpflicht bei Angeboten ausschließlich im B2B-Geschäftsverkehr


Das Landgericht Kiel (Urteil vom 27.09.2013 - 17 O 147/13) hat entschieden:
Es ist grundsätzlich zulässig, ein Angebot ausschließlich auf Unternehmer zu beschränken und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen danach auszurichten. Allerdings ist eine Verwendung von Klauseln, die zum Nachteil eines Verbrauchers gereichen, insoweit unzulässig, als auch Verbraucher in nicht unerheblichem Umfang das Angebot wahrnehmen können. Den Anbieter trifft daher die Pflicht, eindeutig und gezielt darauf hinzuweisen, dass sein Angebot ausschließlich gegenüber Unternehmern gilt. Darüber hinaus muss der Anbieter geeignete Kontrollmaßnahmen ergreifen, um die Unternehmereigenschaft des Kunden zu überprüfen und einen tatsächlichen Kauf durch Verbraucher zu unterbinden. Die Pflicht, durch geeignete Kontrollmaßnahmen im Ergebnis sicherzustellen, dass ausschließlich gewerbliche Abnehmer betrieblich verwendbare Waren erwerben können, trifft den Anbieter selbst bei einer eindeutigen Ausrichtung des Angebots ausschließlich an Gewerbetreibende.




Siehe auch Verkäufe an Unternehmen oder Verbraucher - B2B - Beschränkung des Adressatenkreises und Verbrauchereigenschaft - Unternehmereigenschaft


Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung verschiedener Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie auf Aufwendungsersatz in Anspruch.

Der Kläger ist ein branchenübergreifender Zusammenschluss von Unternehmen und Wirtschaftsorganisationen zum Zwecke der Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere der Erhaltung eines funktionierenden Wettbewerbs und der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen.

Die Beklagte handelt über ihren Onlineshop unter der Adresse www.....de mit Sicherheitsprodukten und Arbeitsschutzartikeln.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthielten im November 2012 folgenden Hinweis:
Unter Onlineangebot richtet sich ausschließlich an gewerbliche Kunden und vergleichbare Institutionen. Kein Verkauf an Privatpersonen!
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K1 (Bl.10 d.A.) Bezug genommen.

Im November 2012 wurde der Kläger beschwerdehalber auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten aufmerksam gemacht. Nach einer inhaltlichen Überprüfung teilte er der Beklagten mit Schreiben vom 02.11.2012 mit, dass verschiedene Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen beanstandet würden, und empfahl der Beklagten, ihre gesamten AGB’s durch einen Rechtsanwalt überprüfen zu lassen. Er forderte die Beklagte auf, die dem Schreiben beigefügte strafbewehrte Unterlassungserklärung bis zum 15.11.2012 abzugeben und sich zu verpflichten, an ihn als Aufwendungsersatz den Betrag von 219,35 € zu zahlen.

Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 06.11.2012 und wies darauf hin, dass sich ihr Online-​Angebot ausschließlich an gewerbliche Kunden und vergleichbare Institutionen richte und die Beanstandungen des Klägers daher an den tatsächlichen Gegebenheiten vorbeigingen.

Mit weiterem Schreiben vom 09.11.2012 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass der Hinweis in den AGB, dass sich das Angebot nur an Gewerbetreibende richte, nicht ausreichend sei, und setzte eine Frist zur Erledigung der Angelegenheit bis zum 22.11.2012. Mit Anwaltschreiben vom 24.11.2012 wies die Beklagte das Ansinnen des Klägers zurück.

Am 28.11.2012 führte der Kläger bei der Beklagten einen Testkauf durch, indem er als Verbraucherin „...“ unter der E-​Mail-​Adresse „...“ zwei Rauchmelder bestellte. Diese wurden unter Beifügung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen an Frau ... ausgeliefert.

Der Kläger trägt vor:

Das Angebot des von der Beklagten betriebenen Onlineshops habe sich jedenfalls zum Zeitpunkt der Abmahnung auch an Verbraucher gerichtet. Insbesondere habe die Eingangsseite keinen anderslautenden Hinweis enthalten. Soweit in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten aufgeführt sei, dass sich das Angebot ausschließlich an gewerbliche Kunden und vergleichbare Institutionen richte, ändere das nichts daran, dass die Beklagte über ihren Onlineshop tatsächlich auch unter Einbeziehung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit Verbrauchern kontrahiere. So seien die Waren an die Testkäuferin ausgeliefert worden, ohne einen Nachweis zu verlangen, dass die Waren für einen Gewerbebetrieb verwendet werden sollten.

Der Kläger beantragt,
  1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,
    in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Sicherheitsprodukten und/oder Arbeitsschutzartikeln

    1. im unternehmerischen Verkehr oder gegenüber Verbrauchern nachstehende Klauseln zu verwenden und/oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf nachstehende Klauseln zu berufen:
      (1) „Nachträgliche Änderungen des Vertrages werden erst nach unserer schriftlichen Bestätigung rechtswirksam.“

      (2) „Weitergehende Ansprüche des Käufers als solche auf Mängelgewährleistung durch Ersatzlieferung oder Erstattung des Kaufpreises sind ausgeschlossen.“

      und

    2. gegenüber Verbrauchern nachstehende Klauseln zu verwenden und/oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf nachstehende Klauseln zu berufen:
      (1) „Die Versendung unserer Waren erfolgt auf Gefahr des Käufers.“

      (2) „Beanstandungen jeglicher Art sind binnen acht Tagen nach Empfang der Waren bzw. Ausführung der Dienstleistung schriftlich geltend zu machen.“

      (3) „Bei von uns anerkannten Mängeln wird die Ware zurückgenommen oder nach unserer Wahl entweder Ersatz geleistet oder über den Gegenwert Gutschrift erteilt.“

      (4) „Die genannten Preise verstehen sich ausschließlich der Mehrwertsteuer bzw. Umsatzsteuer.“
  2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 219,35 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.11.2012 zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor:

Ihr Angebot richte sich an Industrie, Handel, Gewerbe und vergleichbare Institutionen, sie kontrahiere nicht mit Verbrauchern, sondern ausschließlich mit Unternehmern. Einen entsprechenden Hinweis enthalte bereits die Startseite ihres Internetauftritts.

Bei dem von dem Kläger durchgeführten Testkauf handele es sich um eine arglistige Täuschung. Der Testkauf sei nicht unter einer als privat zu erkennenden E-​Mail-​Adresse einer Verbraucherin, sondern mit einer für sie als gewerblich zu erkennende E-​Mail-​Adresse eines Unternehmens erfolgt. Wäre Frau ... mit ihrer eigenen E-​Mail-​Adresse erkennbar als Verbraucherin aufgetreten, so hätte sie selbstverständlich nicht mit ihr kontrahiert.

Soweit der Kläger die Regelung unter Ziffer 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen beanstande, sei zu berücksichtigen, dass die Startseite des Internetauftritts den Hinweis enthalte:
„sämtliche Preise inkl. Mehrwertsteuer, zuzüglich Versandkosten“.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gegenseitig gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Unterlassungsanspruch nach §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG i. V. m. §§ 307, 309 BGB zu.

Nach § 1 UKlaG kann auf Unterlassung verklagt werden, wer in allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen verwendet, die nach den §§ 307 - 309 BGB unwirksam sind.

Klagebefugt sind dabei nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG u. a. rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, soweit sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen.

Bei dem Kläger handelt es sich um einen gemeinnützigen Verein, der sich als Selbstkontrollinstitution der Wirtschaft für die Förderung des fairen Wettbewerbs einsetzt. Mitglieder des Klägers sind die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Verbände der deutschen Wirtschaft. Damit erfüllt der Kläger die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG. Dies ergibt sich im Übrigen bereits daraus, dass ihm sämtliche Industrie- und Handelskammern angehören, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 UKlaG ihrerseits zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen aktivlegitimiert sind und damit auch die Aktivlegitimation dem Kläger vermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 29.09.1994, I ZR 138/92; OLG München, Urteil vom 30.04.2009, 29 U 5351/08).

Die von dem Kläger beanstandeten Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sind unwirksam, da sie gegen §§ 307, 309 BGB verstoßen.

Dabei sind die Klauseln nicht nur an der Zulässigkeit ihrer Verwendung gegenüber Unternehmern, sondern auch an der Zulässigkeit ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern zu messen.

Soweit die Beklagte behauptet, dass sie nur mit Unternehmern i. S. v. § 14 BGB Verträge abschließe, ist es zwar grundsätzlich zulässig, ein Angebot ausschließlich auf Unternehmer zu beschränken und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen danach auszurichten. Allerdings ist eine Verwendung von Klauseln, die zum Nachteil eines Verbrauchers gereichen, insoweit unzulässig, als auch Verbraucher in nicht unerheblichem Umfang das Angebot wahrnehmen können (vgl.OLG Hamm, Urteil vom 20.09.2011, 4 U 73/11).

Den Anbieter trifft daher die Pflicht, eindeutig und gezielt darauf hinzuweisen, dass sein Angebot ausschließlich gegenüber Unternehmern gilt. Darüber hinaus muss der Anbieter geeignete Kontrollmaßnahmen ergreifen, um die Unternehmereigenschaft des Kunden zu überprüfen und einen tatsächlichen Kauf durch Verbraucher zu unterbinden. Die Pflicht, durch geeignete Kontrollmaßnahmen im Ergebnis sicherzustellen, dass ausschließlich gewerbliche Abnehmer betrieblich verwendbare Waren erwerben können, trifft den Anbieter nach der Entscheidung des OLG Hamm vom 20.09.2011 selbst bei einer eindeutigen Ausrichtung des Angebots ausschließlich an Gewerbetreibende.

Derartige Kontrollmaßnahmen hat die Beklagte nicht getroffen. Ihre Internetseite ist für Privatkunden ebenso wie auch für Gewerbetreibende in gleicher Weise zugänglich. Zudem werden über den Onlineshop auch Produkte angeboten, die Privatpersonen interessieren, wie beispielsweise Rauchmelder und Arbeitsschutzutensilien. Dabei handelt es sich um Waren, die sowohl betrieblich als auch privat verwendet werden können. Soweit sich auf der Startseite ihres Internetauftritts der Hinweis befindet, dass das Angebot ausschließlich für Industrie, Handel, Gewerbe und vergleichbare Institutionen gelte, ist das nicht ausreichend. Denn ein solcher Hinweis hat für seine Wirksamkeit direkt am Anfang des Internetauftritts zu erfolgen und muss zudem hervorgehoben sein, um sicher zu stellen, dass Verbraucher von einer Bestellung der angebotenen Waren absehen.

Der Hinweis auf der Startseite der Beklagten ist zwar farblich unterlegt, aber weder von der Schriftgröße noch durch sonstige Maßnahmen besonders hervorgehoben und für den Kunden auch nur erkennbar, wenn er die gesamte Seite öffnet und nicht bereits vorher auf die Links „Bestellung“ oder „Produkte“ klickt.

Soweit die Beklagte im Rahmen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zusätzlich darauf hinweist, dass kein Verkauf an Privatpersonen erfolge, ist auch dies nicht ausreichend, um den Zugriff von Privatpersonen auf die angebotenen Waren zu verhindern. Der Testkauf der Klägerin vom 28.11.2011 hat gezeigt, dass eine Überprüfung der Unternehmereigenschaft der Kunden durch die Beklagte nicht stattfindet und diese Eigenschaft im Rahmen des gesamten Bestellprozesses auch keine Rolle spielt. Der Inhaber der Beklagten hat dazu selbst in seiner mündlichen Anhörung erklärt, dass er überhaupt nicht sicherstellen könne, dass nur Gewerbetreibende bei ihm bestellen. Er könne nicht jedes Mal den Gewerbenachweis verlangen. Er hat allerdings weiter in seiner Anhörung erklärt, dass er bei großen Bestellungen und bei Bestellungen aus dem Ausland schon nachprüfe, wer die Waren bestellt habe.

Es sind entgegen der Ansicht der Beklagten durchaus Möglichkeiten denkbar, den Verkauf an Verbraucher zu unterbinden oder zumindest einzuschränken, z.B. wenn im Rahmen der Bestellung nach der Art des Gewerbes oder der USt-​IDNr. gefragt wird. Allein die anzugebende E-​Mail-​Adresse gibt keinen Hinweis darauf, ob der Besteller eine Privatperson ist oder ein Gewerbetreibender, wie der Testkauf gezeigt hat.

Auf die Frage, ob die Beklagte nur mit Unternehmen i. S. v. § 14 BGB kontrahieren will, kommt es letztendlich nicht an.

Darüber hinaus spricht die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendete Widerrufsbelehrung mit Verweisen auf die Pflichten nach den §§ 312 c, 312 e BGB gezielt Verbraucher an, auch wenn die Beklagte behauptet, sie habe sich durch deren ausschließliche Verwendung gegenüber Unternehmern lediglich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen wollen.

Die von dem Kläger beanstandeten Klauseln verstoßen gegen die §§ 307 ff BGB und sind deswegen unwirksam.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

Die Klausel „Nachträgliche Änderungen des Vertrages werden erst nach unserer schriftlichen Bestätigung rechtswirksam“ verstößt gegen § 307 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Bei der von der Beklagten unter Ziffer 4. ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendeten Klausel handelt es sich um eine sogenannte Schriftformklausel. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht jede Schriftformklausel unzulässig, ihre Wirksamkeit hängt aber von der Ausgestaltung und dem Anwendungsbereich ab. Unwirksam ist eine Schriftformklausel immer dann, wenn sie dazu dient, insbesondere nach Vertragsschluss getroffene Individualvereinbarungen zu unterlaufen, indem sie beim anderen Vertragsteil den Eindruck erweckt, eine mündliche Abrede sei entgegen allgemeinen Grundsätzen unwirksam. Eine Schriftformklausel kann nämlich dadurch außer Kraft gesetzt werden, dass die Vertragsparteien deutlich den Willen zum Ausdruck bringen, die mündlich getroffene Abrede solle ungeachtet dieser Klausel gelten. Eine Klauselgestaltung, die dem Verwender die Gelegenheit eröffnet, begründete Ansprüche unter Hinweis auf eine in der Sache nicht - stets - zutreffende Darstellung der Rechtslage in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen abzuwehren, benachteiligt den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.1995, VIII ZR 93/94).

Im vorliegenden Fall ermöglicht es die von der Beklagten verwendete Klausel, den Kunden die Berufung auf eine mündliche Zusatzvereinbarung zu verwehren. Dies führt zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners i. S. v. § 307 Abs. 1 BGB. Dies gilt sowohl gegenüber Verbrauchern als auch gegenüber Unternehmern.

Die Klausel „weitergehende Ansprüche des Käufers als solche auf Mängelgewährleistung durch Ersatzlieferung oder Erstattung des Kaufpreises sind ausgeschlossen“ verstößt gegen § 309 Nr. 7. a) und b) BGB und im unternehmerischen Verkehr gegen § 307 Abs. 1 und 2 BGB.

Nach § 309 Nr. 7. a) und b) BGB kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Verschuldenshaftung für Körper- und Gesundheitsschäden nicht, für sonstige Schäden nur für den Fall einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen oder begrenzt werden. Dieser Regelung trägt die in Ziffer 10. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verwendete Klausel, welche die Haftung auf eine Mängelgewährleistung in Form einer Nachlieferung oder Rückzahlung des Kaufpreises beschränkt, keine Rechnung, sie ist daher unzulässig.

Das gilt auch für eine Verwendung der Klausel im unternehmerischen Verkehr.

Zwar findet § 309 BGB keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden (§ 310 Abs. 1 BGB). Bei der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr sind aber die in den Klauselverboten zum Ausdruck kommenden Wertungen zu berücksichtigen, soweit sie übertragbar sind. Fällt eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern unter eine Verbotsnorm des § 309 BGB, so ist dies ein Indiz dafür, dass die auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, es sei denn, sie kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden (vgl. BGH, Urteil vom 19.09.2007, VIII ZR 141/06). Das absolute Haftungsfreizeichnungsverbot für Verletzungen des Lebens, des Körpers und der Gesundheit gilt deswegen auch im unternehmerischen Rechtsverkehr, da der von § 307 Nr. 7.a) BGB bezweckte Schutz besonders wichtiger persönlicher Rechtsgüter keinen Raum für eine Differenzierung zwischen Unternehmern und Verbrauchern zulässt (vgl. BGH a. a. O.).

Ebenfalls unwirksam ist eine Freizeichnung im unternehmerischen Geschäftsverkehr bei einem Verstoß gegen § 307 Nr. 7. b) BGB, wenn hinsichtlich sonstiger Schäden die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit vollständig ausgeschlossen wird, weil diese Klausel unangemessen von der gesetzlichen Haftungsregelung abweicht (vgl. BGH, Urteil vom 15.09.2005, I ZR 58/02). Eine unangemessene Benachteiligung des Geschäftspartners resultiert aus der Gefährdung des Vertragszwecks. Insofern darf eine Haftungsbeschränkung nicht dazu führen, dass der Verwender der Klausel von Verpflichtungen befreit wird, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Vertragspartner regelmäßig vertraut und vertrauen darf. Ein Unternehmer darf insoweit ebenso wie ein Verbraucher darauf vertrauen, dass sein Vertragspartner ihn nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig schädigt. In dieser Hinsicht besteht auch im Unternehmerverkehr ein Verbot der umfassenden Freizeichnung für grobes Verschulden (vgl. BGH, Urteil vom 19.09.2007, VIII ZR 141/06).

Die Klausel „Die Versendung unserer Waren erfolgt auf Gefahr des Käufers“ verstößt im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern gegen § 307 BGB i. V. m. §§ 474 Abs. 2, 447 BGB. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel dann anzunehmen, wenn die Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Da § 447 BGB, der regelt, dass bei einem Versendungskauf die Gefahr auf den Käufer bereits übergeht, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person ausgeliefert hat, auf einen Verkauf an einen Verbraucher gemäß § 474 Abs. 2 BGB gerade keine Anwendung findet, stellt die Klausel eine unzulässige Abweichung von dieser zwingenden gesetzlichen Regelung dar.

Die Klausel „Beanstandungen jeglicher Art sind binnen acht Tagen nach Empfang der Ware bzw. Ausführung der Dienstleistung schriftlich geltend zu machen“ verstößt gegen § 307 BGB i. V. m. § 475 BGB, soweit sie gegenüber einem Verbraucher verwendet wird. Die in Ziffer 10. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verwendete Klausel normiert eine dem Handelsverkehr angelehnte Rügepflicht. Diese Rügepflicht für offensichtliche Mängel ist dem Gewährleistungsrecht der §§ 437 ff BGB jedoch fremd. Gemäß § 475 Abs. 1 S. 1 BGB gilt für den Verbrauchsgüterkauf, dass sich der Unternehmer auf eine vor Mitteilung eines Mangels an ihn getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Verbrauchers von den gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften abweicht, nicht berufen kann. Die in Ziffer 10. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten genannte Rügepflicht weicht zulasten des Verbrauchers vom geltenden Recht ab und schränkt die Mängelrechte zumindest faktisch zum Nachteil des Verbrauchers ein, sodass eine solche Vereinbarung unzulässig ist (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24.05.2012, 4 U 48/12).

Die Klausel „Bei von uns anerkannten Mängel wird die Ware zurückgenommen und nach unserer Wahl entweder Ersatz geleistet oder über den Gegenwert Gutschrift erteilt“ ist ebenfalls nach § 307 BGB i. V. m. § 475 BGB unwirksam. Denn sie widerspricht dem ausdrücklich in §§ 437, 439 BGB normierten Wahlrecht des Käufers zwischen Nacherfüllung, Rücktritt vom Vertrag, Minderung und Schadensersatz. Eine Abweichung von diesen Regelungen ist nach § 475 Abs. 1 S. 1 BGB im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs unzulässig. Der Verstoß gegen § 475 Abs. 1 BGB führt zur Unwirksamkeit der Klausel.

Die Klausel „Die genannten Preise verstehen sich ausschließlich der Mehrwertsteuer bzw. Umsatzsteuer“ verstößt gegen § 307 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1 S. 1 und 2 Nr. 1 PAngV.

Gemäß § 1 PAngV hat derjenige, der Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren anbietet, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer zu zahlen sind. Dasselbe gilt nach § 1 Abs. 2 PAngV für denjenigen, der Letztverbrauchern in derselben Weise Waren oder Leistungen zum Abschluss eines Fernabsatzvertrages anbietet.

Im November 2012 enthielten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten unter Ziffer 3. den Hinweis, dass die genannten Preise sich ausschließlich der Mehrwertsteuer bzw. Umsatzsteuer verstehen. Diese Regelung stellte eine wesentliche Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften und damit eine unangemessene Benachteiligung i. S. v. § 307 BGB dar. Soweit die Beklagte ihre Geschäftsbedingungen jetzt geändert hat und es unter Ziffer 3. heißt, dass die genannten Preise sich als Endpreise gemäß § 1 Abs. 1 der Preisangabenordnung verstehen würden, ist dadurch der Unterlassungsanspruch des Klägers nicht entfallen, da die Beklagte bisher eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hat und ihre Geschäftsbedingungen jederzeit wieder ändern kann.

Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 219,35 € zu. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 5 UKlaG i. V. m. § 12 Abs. 2 UWG. Die Höhe der Abmahnkosten ist üblich und angemessen und im Übrigen von der Beklagten auch nicht beanstandet worden.

Der Zinsanspruch auf den Betrag von 219,35 € rechtfertigt sich aus §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.



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