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Landgericht München Beschluss vom 11.06.2013 - 33 O 12678/13 - Unzulässigkeit einer entgeltlichen Bestellung über eine Schaltfläche "jetzt kostenlos testen"

LG München v. 11.06.2013: Zur Unzulässigkeit einer entgeltlichen Bestellung über eine Schaltfläche "jetzt kostenlos testen"


Das Landgericht München (Beschluss vom 11.06.2013 - 33 O 12678/13) hat entschieden:
Ein Verstoß gegen § 312g Abs. 3 S. 2 BGB liegt auch vor, wenn ein Vertrag über eine entgeltliche Leistung im Internet durch die Betätigung eines Buttons „jetzt kostenlos testen“ geschlossen wird und der erste Monat des Vertrages (hier: Premium-Mitgliedschaft) gratis ist, sich der kostenpflichtige Zeitraum aber an diesen Gratis-Monat anschließt und wenn das Zustandekommen des kostenpflichtigen Vertragsverhältnisses nur dadurch verhindert werden kann, dass der Kunde seinerseits tätig wird und innerhalb des Gratis-Monats die Mitgliedschaft „storniert“.




Siehe auch Die Button-Lösung und Kostenfalle im Internet - Abofalle - Verstecken der Kostenpflichtigkeit - die Button-Lösung


Gründe:

I.

Der Antragsteller ist ein Verband, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung nicht gewerbsmäßig und nur vorübergehend wahrzunehmen. Er gehört dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. als Mitglied an. Er ist in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UklaG eingetragen.

Die Antragsgegnerin betreibt eine Internetverkaufsplattform. Auf dieser bietet sie u. a. die Mitgliedschaft zu "Amazon Prime" an, das verschiedene Leistungen seitens Amazon beinhaltet, insbesondere bestimmte Versanddienstleistungen bezüglich bestellter Waren. Die Mitgliedschaft bei "Amazon Prime" ist – nach Ablauf eines Gratis-​Monats – kostenpflichtig; der Kunde zahlt EUR 29,00 im Jahr (vgl. Anlage AST 1).

Der Antragsteller beanstandet, dass die Antragsgegnerin die Mitgliedschaft bei "Amazon Prime" in der durch Anlage AST 1 dokumentierten Art anbietet, nämlich unter Verwendung eines Buttons "jetzt kostenlos testen", dessen Betätigung zum Abschluss einer kostenpflichtigen Amazon Prime-​Mitgliedschaft nach einem Gratismonat führt, sofern während des Probezeitraums die Mitgliedschaft nicht storniert wird.

Auf Abmahnung des Antragstellers hat die Antragsgegnerin mit einem Schreiben der A. GmbH vom 4. Juni 2013 antworten lassen. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung wurde nicht abgegeben.

Ergänzend wird auf die schriftsätzlichen Ausführungen des Antragstellers sowie die übergebenen Anlagen Bezug genommen.


II.

Die einstweilige Verfügung war antragsgemäß zu erlassen. Verfügungsanspruch und -grund liegen vor.

1. Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegnerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3, 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 312 g Abs. 3 BGB zu.

a) Die Aktivlegitimation des Antragstellers folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG.

b) Die streitgegenständliche Amazon Prime-​Mitgliedschaft stellt ein Vertragsverhältnis im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher dar, das eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat i. S. v. § 312 g Abs. 2 Satz 1 BGB. Da der Vertragsschluss durch Betätigung des Buttons "jetzt kostenlos testen" erfolgt, liegt ein Verstoß gegen § 312 g Abs. 3 Satz 2 BGB vor. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass der erste Monat gratis ist und der kostenpflichtige Zeitraum sich erst an diesen Gratis-​Monat anschließt. Entscheidend ist vielmehr, dass durch Betätigung dieses Buttons das kostenpflichtige Vertragsverhältnis zustande kommt und dieses nur dadurch verhindert werden kann, dass der Kunde seinerseits tätig wird und innerhalb des Gratis-​Monats die Mitgliedschaft "storniert". Eine derartige Konstellation erfordert jedoch – wenn die Bestellung über eine Schaltfläche der hier vorliegenden Art erfolgen soll – eine Wortwahl, die den Anforderungen des § 312 g Abs. 3 Satz 2 entspricht. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

c) Die Antragsgegnerin kann sich auch darauf nicht berufen, dass sie derzeit angeblich nicht in der Lage sei, aus technischen Gründen eine Änderung umzusetzen. Es ist bereits nicht ersichtlich, warum dies nicht der Fall sein sollte. Ungeachtet dessen kann eine den Verbraucher benachteiligende wettbewerbswidrige Verhaltensweise nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass sich der Verwender der beanstandeten Praxis auf eine vermeintliche technische Unmöglichkeit von Alternativen beruft.

d) Da es sich bei der verletzten Norm des § 312 g Abs. 3 BGB auch um eine Marktverhaltensregel i. S. v. § 4 Nr. 11 UWG handelt und der Verstoß hiergegen geeignet ist, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen, steht dem Antragsteller der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 UWG aufgrund der erfolgten Verletzungshandlung, die – wie glaubhaft gemacht wurde – zudem fortdauert, zu, da eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben wurde. Die erforderliche Wiederholungsgefahr besteht.

2. Gem. § 12 Abs. 2 UWG wird der Verfügungsgrund vermutet. Der Antragsteller hat zudem glaubhaft gemacht, dass er die im OLG-​Bezirk München zu beachtende Monatsfrist zwischen Kenntnis von der Verletzungshandlung und Antragstellung eingehalten hat.

3. Die Antragsgegnerin hat als Unterlegene die Kosten des Verfahrens gem. § 91 ZPO zu tragen. Der Streitwert war entsprechend den nicht zu beanstandenden Angaben des Antragstellers auf EUR 50.000,00 festzusetzen.



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