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OLG Celle Beschluss vom 28.03.2013 - 13 U 19/13 - Grundpreisangabe und Abwehrklausel

OLG Celle v. 28.03.2013: Kontaktaufnahme vor Abmahnung nötig?


Das OLG Celle (Beschluss vom 28.03.2013 - 13 U 19/13) hat entschieden:
  1. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV hat, wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offene Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, neben dem Endpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Endpreises gemäß Abs. 3 Satz 1, 2, 4 oder 5 anzugeben. Das Tatbestandsmerkmal "in unmittelbarer Nähe des Endpreises" setzt voraus, dass beide Preise auf einen Blick wahrgenommen werden können.

  2. Es bestehen Zweifel an der grundsätzlichen dogmatischen Herleitung der rechtlichen Konstruktion des OLG Hamm (Urteil vom 31.01.2012 - I-4 U 169/11). Insbesondere erscheint es aus Rechtsgründen als fraglich, warum einem Abmahner aus seiner eigenen „Abwehrklausel“ - Verlangen nach Kontaktaufnahme vor einer Abmahnung - bei der Kostenerstattung Rechtsnachteile erwachsen können sollen, wenn diese eigene „Abwehrklause“" ihrerseits selbstverständlich keine Rechtswirkungen hätte entfalten können.




Siehe auch Grundpreis - Angabe des Grundpreises je Mengeneinheit bei Fertigpackungen und Kontaktaufnahme vor Abmahnung


Gründe:

I.

Der Senat weist darauf hin, dass die Berufung nach dem derzeitigen Beratungsstand des Senats Erfolg haben wird, als der Kläger die Zahlung von 265,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. April 2012 begehrt.

Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG können Abmahnkosten ersetzt verlangt werden, soweit die Abmahnung begründet und berechtigt war. Begründet war die Abmahnung, wenn ihr ein Unterlassungsanspruch zu Grunde lag. Dieser muss dem Gläubiger im Zeitpunkt der Abmahnung zugestanden haben (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 454/11, juris Rdnr. 32). Hiervon geht der Senat nach seinem derzeitigen Beratungsstand aus. Er wird indes den Gegenstandswert für den der Abmahnung zu Grunde liegende Unterlassungsanspruch mit lediglich 3.000 € bewerten.

Im Einzelnen:

1. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV hat, wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offene Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, neben dem Endpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Endpreises gemäß Abs. 3 Satz 1, 2, 4 oder 5 anzugeben.

Das Tatbestandsmerkmal "in unmittelbarer Nähe des Endpreises" setzt voraus, dass beide Preise auf einen Blick wahrgenommen werden können (vgl. BGH, Urteil v. 26. Februar 2009 - I ZR 163/06, juris Rdnr. 13; OLG Hamm, Urteil vom 19. April 2012 - 4 U 196/11, juris, Rdnr. 28; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 2 PAngV Rdnr. 3).

Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht gegeben, da die Angabe "Referenzeinheit: 100 ml = 3,98 €" nicht in "unmittelbarer" Nähe der (Haupt-)Preisangabe steht, sondern man insoweit erst weiter herunterscrollen müsste (s. Anlage K 2).

2. Auch die Spürbarkeit i. S. von § 3 UWG ist zu bejahen (vgl. dazu z. B. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 99/08, juris Rdnr. 27 und vom 28. Juni 2012 - I ZR 110/11, juris Rdnr. 17; OLG Hamm, Urteil vom 19. April 2012 - 4 U 196/11, juris Rdnr. 30).

3. Nicht folgen wird der Senat der landgerichtlichen Entscheidung, soweit diese unter Berufung auf das Urteil des OLG Hamm vom 31. Januar 2012 (4 U 169/11, juris Rdnr. 19 ff.) einen Anspruch des Klägers nach Treu und Glauben, § 242 BGB, verneint.

Der Senat hat bereits Zweifel an der grundsätzlichen dogmatischen Herleitung der rechtlichen Konstruktion des OLG Hamm. Insbesondere erscheint es dem Senat aus Rechtsgründen als fraglich, warum dem Kläger aus seiner eigenen - allerdings überaus aggressiv formulierten - "Abwehrklausel" im vorliegenden Verfahren Rechtsnachteile erfolgen können sollen, wenn diese eigene "Abwehrklausel" - was als solches unzweifelhaft ist - ihrerseits selbstverständlich keine Rechtswirkungen hätte entfalten können.

Das kann aber dahinstehen. Jedenfalls unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt entscheidend von dem, der der Entscheidung des OLG Hamm zu Grunde lag, weshalb der Senat im Falle einer streitigen Entscheidung auch nicht die Revision zulassen müsste. Denn unstreitig hat sich die eigene "Abwehrklausel" des Klägers lediglich im Rahmen seiner Angebote für Bekleidungen befunden, nicht aber im Bereich der hier streitgegenständlichen Nahrungsergänzungsmittel. Nur in Bezug auf den letztgenannten Bereich kann aber ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien hergeleitet werden. Wenn aber der Kläger seine "Abwehrklausel" gerade nicht in dem Bereich seines Internetauftritts verwendet, der zu der Beklagten ein konkretes Wettbewerbsverhältnis begründet, vermag der Senat auch unter Zugrundelegung der rechtlichen Argumentation des OLG Hamm nicht zu erkennen, dass die Klägerin sich - wegen der an Wettbewerber im Bereich des Bekleidungsverkaufs gerichteten "Abwehrklausel" - nach Treu und Glauben in einen Selbstwiderspruch begibt, wenn sie den Beklagten gemäß § 12 Abs. 1 UWG abmahnt.

4. Einen Missbrauch i. S. v. § 8 Abs. 4 UWG hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht schlüssig dargelegt geschweige denn unter Beweis gestellt. Wegen der diesbezüglich geltenden allgemeinen Kriterien verweist der Senat auf die Darstellung bei Köhler in Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 8 Rn. 4.10 ff. An danach einschlägigen Kriterien ist vorliegend eigentlich nur zu erkennen, dass der Kläger - wie von ihm im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast angegeben - Abmahnungen in einer Anzahl "unter zehn" vorgenommen hat. Das als solches begründet aber keinen Missbrauch i. S. v. § 8 Abs. 4 UWG.

5. Jedoch ist der seitens des Klägers seiner Klage zu Grunde gelegte Gegenstandswert von 15.000 € deutlich herabsetzen, nämlich auf 3.000 €. Der Senat verweist insoweit beispielsweise auf seine Entscheidung vom 19. November 2007 - (13 W 112/07, juris Rn. 3 f.). Die dort genannten Zumessungskriterien sind auch vorliegend gegeben: Auch vorliegend ist der eigentliche Wettbewerbsverstoß eher als Bagatelle einzustufen. Die vorliegende Sache ist nach Art und Umfang auch als überaus einfach gelagert zu bewerten. Die Klageschrift umfasst - abzüglich des Rubrums - gerade einmal 1 1/2 Seiten. Die Rechtslage ist einfach und unproblematisch. Für Klagen der vorliegenden Art kann der Prozessbevollmächtigte des Klägers, der selbst einräumt, dass er Abmahnungen der vorliegenden Art schon mehrfach vorgenommen hat, einfach Textbausteine verwenden.


II.

Aus Kostengründen regt der Senat an, dass der Kläger seine Berufung zurücknimmt, soweit sie über den o. g. Betrag hinausgeht und die Beklagte sodann die dann noch rechtshängige Klageforderung anerkennt.

Frist zur Stellungnahme: 24. April 2013. Innerhalb dieser Frist mögen die Parteien vorsorglich auch mitteilen, ob Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren besteht.










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