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Amtsgericht Frankfurt am Main Urteil vom 15.01.2010 - 32 C 2689/09 - Der eBay-Account-Inhaber haftet für Vertragsabschlüsse von Familienangehörigen

AG Frankfurt am Main v. 15.01.2010: Kunden des Internet-Auktionshauses E- Bay haften grundsätzlich, wenn Familienangehörige ohne deren Zustimmung Käufe tätigen


Das Amtsgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 15.01.2010 - 32 C 2689/09-48) hat entschieden:

   Kunden des Internet-Auktionshauses E- Bay haften grundsätzlich, wenn Familienangehörige ohne deren Zustimmung Käufe tätigen.




Siehe auch
eBay
und
Vertragsschluss im Internet


Tatbestand:


Der Beklagte zu 1) ist bei der Internet-Auktionsplattform eBay registriert. Am 04.04.2009 wurde über die Registrierung des Beklagten ein vom Kläger angebotenes iPhone 3G 8GB OVP mit Unlock Karte zum Preis von 401,00 € ersteigert. Wegen der Einzelheiten der Nachricht von eBay an den Kläger wird auf die Kopie der Mail vom 04.04.2009, 17.45 Uhr verwiesen (Kopie Bl. 9 d.A.). Mit Mail vom 05.04.2009 teilte der Beklagte zu 1) dem Kläger mit, er widerrufe sämtliche von seinem Sohn ..., geb. ...1993, rechtsmissbräuchlich und ohne sein Wissen unter seinem Login Namen abgegebenen Erklärungen und Kaufangebote und bat darum, die Ware anderweitig anzubieten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie Bl. 10 d.A. verwiesen. Der Kläger teilte darauf hin per Mail mit, er halte an dem abgeschlossenen Vertrag fest.

Im vorliegenden Verfahren nimmt der Kläger den Beklagten zu 1) sowie seine Ehefrau, die Beklagte zu 2), auf Zahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Lieferung des iPhone in Anspruch. Der Kläger hat den Anspruch zunächst vor dem Amtsgericht Bad Kreuznach geltend gemacht, das den Rechtsstreit durch Beschluss vom 24.09.2009 an das Amtsgericht Frankfurt am Main verwiesen hat.

Der Kläger beantragt,

   die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 401,00 € nebst 4 % Zinsen seit dem 06.04.2009 Zug um Zug gegen die Lieferung des iPhone 3G 8GB OVP mit Unlock Karte an den Kläger zu zahlen, hilfsweise den Beklagten zu 1) zu verurteilen 401,00 € nebst 4 % Zinsen seit dem 06.04.2009 Zug um Zug gegen Lieferung des iPhone 3G 8GB OVP mit Unlock Karte an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

   die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, das streitgegenständliche iPhone sei von ihnen nicht ersteigert worden, im Zeitpunkt der Ersteigerung seien sie beide nicht zu Hause gewesen. Die Beklagten behaupten, die Beklagte zu 2) verfüge zwar über die Zugangsdaten zu dem Schreibprogramm, nicht aber über das Passwort für eBay. Hilfsweise wenden die Beklagten ein, das iPhone sei allenfalls 100,00 € wert und völlig überteuert ersteigert worden.

Die Beklagten sind der Auffassung, für das Fehlverhalten des minderjährigen Sohnes müssten sie nicht einstehen, der Sohn verfüge über einen eigenen Computer, habe eBay-Verbot und werde auch insoweit von ihnen angewiesen und kontrolliert.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.





Entscheidungsgründe:


Die Klage ist zum Teil begründet.

Der Kläger kann von dem Beklagten zu 1) gemäß § 433 Abs. 2 BGB Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Lieferung des ersteigerten iPhone verlangen.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

Da der Kläger nicht den Nachweis dafür führen kann, dass die Beklagten das Erwerbsgeschäft selbst getätigt haben, kommt es für die gerichtliche Entscheidung darauf an, ob sie für die von einem Dritten, dem Sohn der Beklagten, vorgenommene bestimmungswidrige Nutzung des Kontos nach Rechtsscheingrundsätzen haften. Eine Haftung nach Rechtsscheinsgrundsätzen kommt für die Beklagte zu 2) nicht in Betracht, da das eBay-Konto nicht für sie, sondern den Beklagten zu 1) registriert ist, so dass sie keinen Rechtsschein dafür, dass die Ersteigerung durch sie erfolgt ist, gesetzt hat.

Der Beklagte zu 1) haftet nach Rechtsscheingrundsätzen als Inhaber des online geführten eBay-Kontos für dessen Nutzung durch einen Unberechtigten. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung der deutschsprachigen eBay-Website wählen Mitglieder bei der Anmeldung einen Mitgliedsnamen und ein Passwort (§ 2 Nr. 6 der AGB). Weiterhin müssen Mitglieder ihr Passwort geheim halten und den Zugang zu ihrem Mitgliedskonto sorgfältig aufbewahren. Nach den AGB haften sie grundsätzlich für sämtliche Aktivitäten, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden (§§ 2 Nr. 7, 9 der AGB). Wegen der Einzelheiten der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird auf den Ausdruck Bl. 55-65 d.A. verwiesen. Nach den genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, denen sich der Beklagte mit seiner Anmeldung bei eBay unterworfen hat, hat er nach Rechtsscheingrundsätzen für das über seine Anmeldung und die Verwendung seines Passworts getätigte Erwerbsgeschäft einzustehen. Gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestehen auch keine rechtlichen Bedenken, sie entsprechen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der BGH hat im Urteil vom 11.03.2009, Aktenzeichen I ZR 114/06, in der Halzband-Entscheidung ausgeführt, dass bei der Benutzung eines fremden Mitgliedskontos bei eBay der Inhaber dann nach Rechtsscheingrundsätzen haftet, wenn er die Zugangsdaten seines Mitgliedskontos nicht hinreichend vor fremdem Zugriff gesichert hat. Daraus, dass es dem Sohn der Beklagten möglich war, mit dem Mitgliedsnamen und dem Passwort des Beklagten zu 1) ein Erwerbsgeschäft bei eBay zu tätigen ergibt sich, dass der Beklagte diese Daten nicht hinreichend vor fremdem Zugriff geschützt hat.



Die Erklärung des Beklagten zu 1) vom 05.04.2009 hat nicht zu einem nachträglichen Wegfall des Erwerbsgeschäfts geführt. Nach § 10 Nr. 1 AGB für die Nutzung von eBay kommt mit dem Ablauf der Auktion zwischen dem Anbieter und dem Höchstbietenden ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande. Das von dem Beklagten zu 1) in Anspruch genommene Rücktrittsrecht sehen weder die Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch sonstige gesetzliche Regelungen vor.

Das Erwerbsgeschäft ist rechtlich als Kaufvertrag im Sinne des § 433 BGB einzuordnen, aus dem dem Kläger der geltend gemachte Erfüllungsanspruch zusteht. Da es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt, musste der Kläger auch nicht zu einer Geringhaltung des Schadens das ersteigerte iPhone anderweitig verwerten, sondern kann auf die Erfüllung des Kaufvertrages bestehen.

Der Kaufvertrag ist auch nicht nach § 138 BGB nichtig. Der bei der Versteigerung erzielte Erlös liegt – gerichtsbekannt – im Bereich der Preise, die für ein derartiges hochwertiges Handy ohne Vertragsbindung gezahlt werden. Es liegt weder ein wucherischer Preis vor noch sind die sonstigen Voraussetzungen, unter denen ein wucherisches Rechtsgeschäft unwirksam wäre, dargetan.

Die zugesprochenen Zinsen sind gemäß §§ 288 Abs. 1, 286Abs. 1, 280Abs. 1 BGB gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, hinsichtlich der Kosten für die Anrufung des unzuständigen Gerichts aus § 281 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO. Gemäß § 511 Abs. 4 ZPO war der Rechtsstreit im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Rechtsscheinhaftung in Betracht kommt, zuzulassen.

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