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OVG Lüneburg Urteil vom 03.02.2011 - 13 LC 92/09 - Zur Abgrenzung zwischen Nahrungsergänzungsmitteln und Präsentationsarzneimitteln - "Red Rice 330 mg GPH Kapseln"

OVG Lüneburg v. 03.02.2011: Zur Abgrenzung zwischen Nahrungsergänzungsmitteln und Präsentationsarzneimitteln - "Red Rice 330 mg GPH Kapseln"


Das OVG Lüneburg (Urteil vom 03.02.2011 - 13 LC 92/09) hat entschieden:
Einzelne Werbeaussagen im Internet in Bezug auf ein ausdrücklich als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnetes Produkt, die als solche unter das Verbot krankheitsbezogener Werbung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB oder als Angaben zur Reduzierung eines Krankheitsrisikos in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 ("Health-Claims-Verordnung") fallen können (hier: wissenschaftlich ausgestaltete Beschreibung einer Unterbrechung der körpereigenen Cholesterinsynthese), vermögen die Eigenschaft des Produkts als Präsentationsarzneimittel nicht zu begründen, wenn sie aus Sicht eines durchschnittlich informierten Verbrauchers für das Gesamtbild der Produktpräsentation nicht prägend sind.




Siehe auch Gesundheitsprodukte und Stichwörter zum Theme Onlinehandel mit verschiedenen Produkten


Gründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach Zurückverweisung der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht erneut zu entscheiden hat, ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Untersagungsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 19. Dezember 2002 und deren Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2003 zu Unrecht abgewiesen. Der auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützte Untersagungsbescheid stellt sich nach erneuter Überprüfung unter Zugrundelegung der vom Europäischen Gerichtshof und vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssätze und Prüfungskriterien als rechtswidrig dar und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nach § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG können die zuständigen Behörden im Rahmen ihrer aus Satz 1 dieser Bestimmung resultierenden Anordnungsbefugnis zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung liegen nicht vor, weil es sich bei dem (ehemals) von der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland vertriebenen Produkt "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" nicht um ein (zulassungspflichtiges) Arzneimittel handelt.

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob es sich bei "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" um ein Arzneimittel oder um ein Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel handelt, ist hinsichtlich der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen der Zeitpunkt der (erneuten) letzten mündlichen Verhandlung. Der vormals mit der Sache befasste 11. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat dazu ausgeführt, dass die Untersagungsverfügung des Beklagten ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt darstelle; sie verbiete das Inverkehrbringen des Produkts "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" in Deutschland und erschöpfe sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Da sich aus dem materiellen Recht kein abweichender Beurteilungszeitpunkt ergebe, sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich. Dieser Einschätzung, die der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entspricht (Urt. v. 22.01.1998 - 3 C 6/97 -, juris Rdnr. 18) pflichtet der Senat bei. Die Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung kann allerdings nicht dazu führen, dass damit der Klägerin zugleich auch die Möglichkeit eröffnet wird, den Prüfungsgegenstand der maßgeblichen Abgrenzung von Arzneimitteln und Lebensmitteln bzw. Nahrungsergänzungsmitteln im Verlauf des Prozesses durch Veränderungen des Produktcharakters beliebig zu verändern. Der Senat kann daher bei der Beantwortung der Frage, ob es sich bei dem von der Klägerin vertriebenen Produkt um ein (Präsentations-)Arzneimittel handelt, nicht allein die aktuellste Sachlage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in den Blick nehmen. Für die Einstufung eines Produkts als (Präsentations-)Arzneimittel kommt es - wie noch zu zeigen sein wird - materiell-rechtlich auf ein "Gesamtbild" aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers an, das allerdings zeitlich jedenfalls dann nicht auf einen Verhandlungszeitpunkt fixiert werden kann, wenn durch eine bisherige Bezeichnung, Aufmachung und Bewerbung eines Produkt bereits ein bestimmtes "Gesamtbild" entstanden ist. Eine erst im Verlauf des Verwaltungsprozesses erfolgende Änderung bei den Modalitäten der Bewerbung des Produkts in Internetauftritten - wie es hier möglicherweise aus prozesstaktischen Gründen geschehen ist - kann nach Auffassung des Senats für die gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung daher ebenso wenig maßgeblich sein, wie ein Austausch der Verpackung oder ein Wechsel der Darreichungsform. Die Beurteilung eines solchen "Präsentationsaliuds" muss einer neuen behördlichen Überprüfung vorbehalten bleiben. Letztlich kommt es darauf aber nicht streitentscheidend an, weil nach Auffassung des Senats zu keinem Zeitpunkt die Voraussetzungen eines (Präsentations-)Arzneimittels gegeben waren.

2. a) Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/120/EG enthält für den Begriff des Arzneimittels alternativ zwei Definitionen. Zum einen sind (a) Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind. Zum anderen sind (b) Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Diese zweifache Definition nimmt die seit langem das Gemeinschaftsrecht kennzeichnende Unterscheidung zwischen den sog. Präsentationsarzneimitteln (Arzneimittel nach Bezeichnung) und den Funktionsarzneimitteln (Arzneimittel nach Funktion) auf. In diesem Sinne bezeichnete die Ausgangsfassung der Richtlinie 2001/83/EG als Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet werden, sowie alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die dazu bestimmt sind, im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt zu werden. Die nunmehr geltende Definition enthält zwar in ihrer ersten Alternative nicht mehr das Merkmal des Bezeichnens, sondern verwendet stattdessen den Ausdruck "Bestimmen". Der ansonsten weitgehend übereinstimmende Wortlaut und die beibehaltene Systematik zweier unterschiedlicher Arzneimitteldefinitionen legen aber den Schluss nahe, dass damit weiterhin das Präsentationsarzneimittel gemeint ist. Aus denselben Gründen findet sich in der zweiten Definition das bekannte Funktionsarzneimittel wieder (BVerwG, Urt. v. 25.07.2007 - 3 C 21/06 -, juris Rdnr. 23). Im nationalen Recht wird die unionsrechtliche Begriffsdefinition des Arzneimittels in § 2 Abs. 1 AMG aufgegriffen: Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG sind Arzneimittel zum einen Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind; zum anderen sind es nach Nr. 2 dieser Vorschrift Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder b) eine medizinische Diagnose zu erstellen. Ob maßgeblich auf die Definition im nationalen Recht abzustellen ist oder ob die unionsrechtliche Definition in der (nicht unmittelbar geltenden) Richtlinie 2001/83/EG über die in Art. 2 Abs. 3 Buchst. d) der (unmittelbar geltenden) VO (EG) Nr. 178/2002 i. V. m. Art. 128 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG enthaltene Negativabgrenzung des Lebensmittels zum Arzneimittel direkte Geltung in den Mitgliedstaaten beansprucht, kann wegen der mittlerweile weitgehenden Angleichung der Arzneimitteldefinitionen offen bleiben. Als griffiges Kriterium zum jeweiligen Anwendungsbereich der Definitionen im vorstehenden Sinne lässt sich darauf abstellen, dass sich die Eigenschaft eines Präsentationsarzneimittels danach beurteilt, wie es der durchschnittliche Verbraucher verstehen muss, während beim Funktionsarzneimittel nicht der Verbraucher, sondern der Wissenschaftler entscheidet (vgl. Rennert: Der Arzneimittelbegriff in der jüngeren Rechtsprechung des BVerwG, NVwZ 2008, 1179 (1181 f.)).

b) Im Rahmen des zurückverwiesenen Berufungsverfahrens ist allein entscheidungserheblich, ob es sich bei dem Produkt "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" um ein Präsentationsarzneimittel im Sinne der vorstehend beschriebenen Definitionen handelt. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits ausgeführt, dass dieses Produkt kein Funktionsarzneimittel sei. Zwar liege eine Situation vor, in der eine pharmakologische Wirkung weder positiv festgestellt noch sicher ausgeschlossen werden könne. Dies reiche aber für eine Einstufung als Funktionsarzneimittel nicht aus. Es sei auch nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, zur Frage pharmakologischer Wirkungen des Produkts weitere Ermittlungen anzustellen (BVerwG, Urt. v. 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, juris Rdnr. 17 ff.). Der Europäische Gerichtshof hat in dem aus Anlass des vorliegenden Verfahrens durchgeführten Vorlageverfahren geklärt, inwieweit die Begrifflichkeiten des Funktionsarzneimittels einerseits und des Präsentationsarzneimittels andererseits aufeinander Einfluss nehmen bzw. voneinander abhängen: Die Kriterien der Modalitäten des Gebrauchs eines Produkts, des Umfangs seiner Verbreitung, der Bekanntheit bei den Verbrauchern und der Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen kann, sind trotz der Änderungen der Definition von Arzneimitteln durch die Richtlinie 2004/27/EG für die Entscheidung, ob dieses Produkt unter die Definition des Funktionsarzneimittels fällt, weiterhin relevant (EuGH, Urt. v. 15.01.2009 - Rs. C 140/07 -, juris Rdnr. 37). Damit ist allerdings nur gemeint, dass sie ergänzend - gleichsam als Korrektiv - heranzuziehen sind, wenn eine pharmakologische Wirkung positiv festgestellt worden ist. Wenn eine solche Wirkung ausgeschlossen ist, kann die Arzneimitteleigenschaft nicht allein aufgrund dieser weiteren Kriterien bejaht werden; sie haben keine für ein Arzneimittel nach der Funktion konstitutive Wirkung (BVerwG, Urt. v. 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, juris Rdnr. 18). Mit diesen Verflechtungen hat es nach Auffassung des Senats sein Bewenden. Aus dem Umstand, dass ein Produkt möglicherweise pharmakologische Wirkungen hat, die aber gerade nicht nachgewiesen sind und deshalb eine Einstufung als Funktionsarzneimittel nicht zulassen, können keine Rückschlüsse auf eine Eigenschaft als Präsentationsarzneimittel gezogen werden. Bei einer solchen Betrachtung würde nämlich der gerade nicht für eine Einstufung als Arzneimittel ausreichende Umstand, dass es sich (nur) aller Wahrscheinlichkeit nach um ein Funktionsarzneimittel handelt, über den Umweg des Präsentationsarzneimittels doch wieder Bedeutung für die Charakterisierung des Produkts entfalten. Dann würde wiederum auch der - gerade unter dem Gesichtspunkt eines zweifelhaften Funktionsarzneimittels nicht anwendbaren - Zweifelsregelung in Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG indirekt Geltung verschafft.

3. Bei dem Produkt "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" handelt es sich nicht um ein Präsentationsarzneimittel. Ein Produkt erfüllt die Voraussetzungen eines Präsentationsarzneimittels i. S. v. Art. 1 Nr. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2001/83/EG und § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG, wenn es entweder ausdrücklich als ein solches Mittel bezeichnet wird oder aber sonst beim Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (BVerwG, Urt. v. 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, juris Rdnr. 21; EuGH, Urt. v. 15.11.2007 - C-319/05 (Knoblauchkapseln), juris Rdnr. 46). Maßgeblich ist hier - wie auch im Lebensmittelrecht - auf einen fiktiven typischen Verbraucher abzustellen, also einen normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, wie er in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs konturiert wurde (vgl. etwa EuGH, Urt. v. 16.07.1998 - C-210/96 -, juris Rdnr. 37) und auch in den Rechtssetzungsakten der Europäischen Union seinen Niederschlag gefunden hat (vgl. etwa Erwägungsgrund 16 der VO (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel ("Health-Claims-Verordnung")). Ob ein Produkt infolge seiner Form und seiner Aufmachung einem Arzneimittel genügend ähnelt, ist fallbezogen anhand konkreter Merkmale zu bestimmen. Für diese Bewertung sind insbesondere seine Verpackung und sein Beipackzettel mit möglichen Hinweisen auf pharmazeutische Forschungen, auf von Ärzten entwickelte Methoden oder Stoffe oder auf von Ärzten abgegebene Zeugnisse im Hinblick auf das Produkt in den Blick zu nehmen. Neben der eigentlichen Produktinformation sind auch dem Hersteller oder Vertreiber zurechenbare Veröffentlichungen oder öffentliche Empfehlungen in die Betrachtung einzubeziehen (OVG Nordrh.-Westf., Beschl .v. 13.10.2010 - 13 A 1187/10 -, juris Rdnr. 23 ff. m. w. N.). Für ein arzneimittelartiges "Erscheinungsbild" eines Produkts reicht es nicht aus, dass diesem nach allgemeiner Verkehrsanschauung gesundheitsbezogene Wirkungen zugeschrieben werden. Vielmehr wird ein Produkt nur dann als Arzneimittel "präsentiert", wenn es auf dem Etikett, durch die Angaben auf der Verpackung oder in sonstiger Weise den Eindruck erweckt, dass es Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten besitzt. Für den erforderlichen Heilmittelbezug genügt es daher nicht, dass einem Erzeugnis Eigenschaften zugeschrieben werden, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind. Es muss vielmehr gerade um die Funktion der Verhütung oder Heilung von menschlichen Krankheiten gehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.02.2010 - 9 S 3331/08, juris Rdnr. 36).

Die Bezeichnung und Aufmachung des Produkts "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlich informierten Verbrauchers sprechen auch unter Berücksichtigung der Darreichungsform und der Art des Vertriebs für das Vorliegen eines Nahrungsergänzungsmittels (a)); auch aus der produktbezogenen Werbung im Internet und anderen im Internet auffindbaren Informationen zu Red-Rice-Produkten lässt sich die Eigenschaft eines Präsentationsarzneimittels nicht ableiten (b)).

a) Die im engeren Sinne produktbezogenen Beurteilungskriterien (Benennung des Produkts, Darreichungsform, Beipackzettel, Angaben auf der Verpackung) und die Vertriebsform lassen für den durchschnittlich informierten Verbraucher nicht den Schluss zu, dass es sich bei "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" um ein (Präsentations-)Arzneimittel handelt:

aa) Das Produkt der Klägerin wird auf der Verpackung ausdrücklich als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet. Das Bundesverwaltungsgerichts hat wiederholt betont, dass ein verständiger Durchschnittsverbraucher im Allgemeinen nicht annehmen werde, dass ein als Nahrungsergänzungsmittel angebotenes Produkt tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn es in der in der Verzehrempfehlung genannten Dosis keine pharmakologische Wirkung hat (BVerwG, Urt. v. 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, juris Rdnr. 22; Urt. v. 25.07.2007 - 3 C 21.06 -, juris Rdnr. 40). Das hat auch in der vorliegenden Konstellation zu gelten, in der eine Eigenschaft des Produkts als Funktionsarzneimittel aufgrund nicht nachgewiesener pharmakologischer Wirkungen zu verneinen ist. Auch die Darreichungsform in Kapseln lässt als Teil der Aufmachung im engeren Sinne einen gegenteiligen Schluss nicht zu. Die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich bei Kapseln bzw. Tabletten um eine für Nahrungsergänzungsmittel durchaus übliche Darreichungsform handelt, die als solche eine Arzneimitteleigenschaft nicht zu begründen vermag. Dies ergibt sich schon aus der Definition von Nahrungsergänzungsmitteln nach Art. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2002/46/EG und § 1 Abs. 1 Nahrungsergänzungsmittelverordnung - NemV -, wonach es sich dabei um Lebensmittel handelt, die dazu bestimmt sind, die allgemeine bzw. normale Ernährung zu ergänzen und die aus Konzentraten von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen und in dosierter Form in den Verkehr gebracht werden, d. h. in Form von Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen. Der Senat hält es in Anbetracht dieser Definition für zweifelhaft, an eine arzneimitteltypische Darreichungsform etwa in Gestalt einer Kapsel auch nur eine indizielle Wirkung für das Vorliegen eines (Präsentations-)Arzneimittels zu knüpfen (so aber wohl: OVG Nordrh.-Westf., Beschl .v. 13.10.2010 - 13 A 1187/10 -, juris Rdnr. 26; jedenfalls kein ausschlaggebendes Indiz: EuGH, Urt. v. 15.11.2007 - C-319/05 - (Knoblauchkapseln), juris Rdnr. 52). Selbst wenn man eine solche indizielle Wirkung annehmen wollte, könnten nach Auffassung des Senats aus der hier gegebenen Kapselform bei gleichzeitiger ausdrücklicher Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel und Aufführung der nach § 4 NemV erforderlichen Kennzeichnungselemente aus der Sicht eines durchschnittlich informierten Verbrauchers keine auf ein (Präsentations-)Arzneimittel weisenden Schlüsse abgeleitet werden.

bb) Auch aus einer auf der Verpackung aufgedruckten Pharmazentralnummer lässt sich entgegen der Auffassung des Beklagten nicht der Schluss auf ein (Präsentations-)Arznei-mittel ziehen. Die Klägerin weist insoweit nachvollziehbar darauf hin, dass die Pharmazentralnummer bei einem Vertrieb über Apotheken eher logistische Gründe hat. Bei der Pharmazentralnummer (PZN) handelt es sich um einen bundeseinheitlichen Identifikationsschlüssel für Arzneimittel und andere apothekenübliche Waren, der aus einer siebenstelligen Nummer (der "PZN -" vorangestellt ist) und einem Strichcode besteht. Sie wird von der Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IFA) mit Sitz in Frankfurt/Main für alle Apothekenprodukte - nicht nur für Arzneimittel - vergeben und dient dem Zweck, den Warenverkehr mit Apotheken zu organisieren, also die Abwicklung von Bestellungen, Lieferungen und Abrechnung zu ermöglichen (nähere Informationen auf der Internetseite der IFA: http://www.ifaffm.de). Aus der Verwendung eines solchen Strichcodes leitet der durchschnittlich informierte Verbraucher nach Auffassung des Senats nicht die Eigenschaft eines Arzneimittels ab. In der Regel wird er der verwendeten Zahl und dem Strichcode allein die Bedeutung beimessen, die ihm von Strichcodes auf Produktverpackungen in jedem Supermarkt bekannt ist, nämlich dass es sich dabei um eine logistische Arbeitshilfe handelt. Besonderheiten der Pharmazentralnummer - die sich optisch von solchen normalen Strichcodes mit zusätzlicher Ziffernfolge nur durch die der Ziffernfolge vorangestellten Buchstaben "PZN" unterscheidet - wird der typische Verbraucher in der Regel schon gar nicht kennen, geschweige denn daraus den Schluss auf eine bestimmte Produkteigenschaft ziehen.

cc) Auch der Umstand, dass das klägerische Produkt in Apotheken angeboten wird bzw. werden soll, lässt aus Sicht des durchschnittlich informierten Verbrauchers nicht den Schluss auf ein (Präsentations-)Arzneimittel zu. Dem durchschnittlich informierten Verbraucher ist durchaus bewusst, dass in einer Apotheke nicht nur Arzneimittel verkauft werden, sondern ein reichhaltiges Spektrum von Produkten, die einen Bezug zur menschlichen Gesundheit aufweisen. Sortimente von Drogerien und Apotheken weisen insoweit Überschneidungen auf. Gerade Nahrungsergänzungsmittel gehören als Mittel, die die Gesundheit von Menschen fördern sollen, zu den apothekenüblichen Waren i. S. v. § 25 Apothekenbetriebsordnung.

b) Aus der produktbezogenen Werbung im Internet und anderen im Internet auffindbaren Informationen zu "Red-Rice-Produkten" lässt sich die Eigenschaft von "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" als Präsentationsarzneimittel nicht ableiten:

aa) Trotz der ausdrücklichen Bezeichnung eines Produkts als Nahrungsergänzungsmittel können Umstände hinzutreten, die das Produkt gleichwohl als Arzneimittel erscheinen lassen, wozu nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts namentlich die Art der Bewerbung oder die preisende Nennung von (vermeintlich) arzneilich wirksamen Bestandteilen gehören (BVerwG, Urt. v. 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, juris Rdnr. 22; zur Internetwerbung: Urt. v. 16. Mai 2007 - 3 C 34.06 -, juris Rdnr. 24; dazu Rennert, a. a. O. S. 1182). Damit werden die im engeren Sinne produktbezogenen Beurteilungskriterien (Benennung des Produkts, Darreichungsform, Beipackzettel, Angaben auf der Verpackung) verlassen und Beurteilungskriterien im weiteren Sinne herangezogen, was aber nach Auffassung des Senats in der - jedenfalls in der deutschen Fassung zum Ausdruck kommenden - Änderung der unionsrechtlichen Begriffsdefinition des (Präsentations-)Arzneimittels (Ersetzung der "Bezeichnung als Heilmittel" durch "Bestimmung als Heilmittel" durch Art. 1 Nr. 1 Buchst. b) der Richtlinie 2004/27/EG) durchaus angelegt ist. Gerade im Kontext von Werbemaßnahmen ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die Hersteller und Vertreiber von Nahrungsergänzungsmitteln bei ihren Produktpräsentationen und Werbemaßnahmen aus nachvollziehbaren Gründen oft dicht an der rechtlichen Abgrenzungslinie zum Arzneimittel bewegen. Einerseits soll dem Verbraucher - in tatsächlicher Hinsicht - ein Zusatznutzen nahegebracht werden, der mit der regulären Ernährung allein nicht erzielt werden kann, andererseits soll aber - in rechtlicher Hinsicht - das Eingreifen des strengen Rechtsregimes des Arzneimittelrechts - insbesondere also das bei Fertigarzneimitteln notwendige Zulassungsverfahren, in dem Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutische Qualität einer Untersuchung unterzogen werden - vermieden werden. Bei der Grenzziehung ist nach Auffassung des Senats in systematischer Hinsicht in Rechnung zu stellen, dass der Verbraucher bei der Einstufung eines Produkts als Nahrungsergänzungsmittel irreführender, krankheitsbezogener oder einen besonderen gesundheitlichen Nutzen versprechenden Werbung keineswegs schutzlos ausgeliefert ist:

(1) Unionsrechtlich haben gesundheitsbezogene Angaben (jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht) und insbesondere auch Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos (jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass der Verzehr einer Lebensmittelkategorie, eines Lebensmittels oder eines Lebensmittelbestandteils einen Risikofaktor für die Entwicklung einer Krankheit beim Menschen deutlich senkt) in Bezug auf Lebensmittel in der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 eine gesonderte Regelung erfahren, die auch für Nahrungsergänzungsmittel i. S. v. Art. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2002/46/EG Geltung beanspruchen. Einerseits dürfen nach Art. 6 der Richtlinie 2002/46/EG Kennzeichnung, Aufmachung und Werbung Nahrungsergänzungsmitteln keine Eigenschaften zuschreiben, die der Verhütung, Behandlung oder Heilung einer Humanerkrankung dienen und dürfen auch nicht auf solche Eigenschaften hinweisen. Davon zu trennen sind allerdings Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos, für die nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1924/2006 eine - derzeit allerdings erst in der Erstellung befindlichen - Gemeinschaftsliste über zulässige Angaben vorgesehen ist. Im nationalen Recht gilt als Ausprägung des unionsrechtlich in Art. 16 VO (EG) Nr. 178/2002 (Lebensmittel-Basis-Verordnung) verankerten allgemeinen Irreführungsverbots, des Verbots krankheitsbezogener Etikettierung, Aufmachung und Werbung aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. b) und Abs. 3 der Richtlinie 2000/13/EG (Etikettierungsrichtlinie) und des entsprechenden und speziell für Nahrungsergänzungsmittel verankerten Verbots in Art. 6 der Richtlinie 2002/46/EG nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB für Lebensmittel allgemein das Verbot krankheitsbezogener Werbung sowie das Verbot, einem Lebensmittel dem Anschein eines Arzneimittels zu geben (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 LFGB).

(2) Aus der Existenz dieser Bestimmungen lässt sich nach Einschätzung des Senats ableiten, dass jedenfalls nicht jede einzelne werbende Aussage im weiteren Umfeld des Produkts, die als Einzelkriterium über die Abgrenzungslinie zum Arzneimittel "hinausschießt", sogleich auch eine Eigenschaft als Präsentationsarzneimittel zu begründen vermag. Wäre dem so, wäre der Anwendungsbereich der genannten lebensmittelrechtlichen Bestimmungen, insbesondere des auf Richtlinienvorgaben beruhenden § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB stark eingeschränkt. Andererseits kann aber eine Werbung, die insgesamt und nicht nur mit einer einzelnen Werbeaussage in prägender Art und Weise das Produkt in die Nähe eines Arzneimittels rückt, nicht allein aufgrund der Schmälerung des Anwendungsbereichs des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB oder des Art. 14 VO (EG) Nr. 1924/2006 bei der Charakterisierung als Präsentationsarzneimittel unberücksichtigt bleiben (vgl. zum dann immer noch verbleibenden Anwendungsbereich von § 12 Abs. 1 LFGB (keinem Nachweis zugängliche Aussagen oder deutlich erkennbare Übertreibungen): OVG Nordrh.-Westf., Beschl .v. 13.10.2010 - 13 A 1187/10 -, juris Rdnr. 37 m. w. N.). Entscheidend ist demnach das Gesamtbild der Bewerbung des Produkts aus der Sicht eines durchschnittlich informierten Verbrauchers, nicht aber eine singuläre Werbeaussage, die für die Präsentation des Produkts insgesamt nicht prägend ist.

bb) Einzelfallbezogen ergibt sich auf der Grundlage der vorstehend beschriebenen Maßstäbe für die produktbezogene Werbung der Klägerin und der Herstellerin Folgendes:

Auf der Internetseite der Klägerin selbst findet sich derzeit kein Hinweis auf das Produkt "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" mehr. Im Angebot befindet sich lediglich noch "Red Rice Knäckebrot". Diese Änderung ist aber offenbar erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens und erst nach Zurückverweisung der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht erfolgt. Im Verlaufe des Verfahrens vorgenommene Modifikationen finden sich auch beim Internetauftritt der Herstellerin: Insbesondere die vom Bundesverwaltungsgericht als Begründung einer möglicherweise gegebenen preisenden Nennung von (vermeintlich) arzneilich wirksamen Bestandteilen herangezogene Passage, wonach Monacoline dosisabhängig eine Hemmung der Cholesterinproduktion der Leber, somit eine Senkung des Cholesterinspiegels sowie eine Beeinflussung des Lipidspiegels des Blutes versprechen, wurde entfernt. An die Stelle dieses Textes ist folgender Text getreten:
"Bei Rotem Reis und somit Red Rice Kapseln handelt es sich eindeutig um ein Lebensmittel. Dies wurde sogar durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes entschieden. Bedauerlicherweise versuchen Behörden in verschiedenen europäischen Ländern und auch in Österreich das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen dies konsequent nicht zur Kenntnis zu nehmen und das verkehrsfähige Nahrungsergänzungsmittel entgegen europäischer Rechtssprechung als Arzneimittel einzustufen. "
Unverändert findet sich hingegen der von der Beklagten als problematisch angesehene Text, der erst eingeblendet wird, wenn man bei der Produktinformation den Reiter "Zusatz-Information" öffnet:
"Für die physiologischen Eigenschaften sind die für Rotreispulver typischen sog. Monacoline, die je nach Untergruppe mit verschiedenen Zusatzbuchstaben (z.B. K, M oder X) bezeichnet werden, verantwortlich. Bei diesen Substanzen handelt es sich um sog. HMG-CoA-Reduktase-Inhibitoren, die in der Leber an der Cholesterinsynthese beteiligt sind. Monacolin verhindert durch die Hemmung der HMG-CoA-Reduktase die Umwandlung von ß-Hydroxy-ß-methylglutaryl-CoA (HMG-CoA) in Mevalonsäure. Damit wird die Vorstufe der Cholesterinsynthese unterbrochen."
Daraus und selbst bei Einbeziehung der mittlerweile entfernten Passage folgert ein durchschnittlich informierter Verbraucher nicht schlüssig und mit Gewissheit, dass das Produkt "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" die Eigenschaften eines Arzneimittels haben soll. Den Werbeaussagen lässt sich nämlich nach Auffassung des Senats kein Heilmittelbezug dergestalt entnehmen, dass das Produkt Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten verspricht. Behandelbare Krankheiten werden im Internetauftritt der Klägerin und der Herstellerin überhaupt nicht genannt. Der Hinweis auf eine dosisabhängige cholesterinsenkende Wirkung von Monacolinen reicht als Heilmittelbezug nicht aus. Die Klägerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass allein ein hoher Cholesterinspiegel im Blut als solcher - außer im Falle einer familiär bedingten oder durch andere Grunderkrankungen bewirkten Hypercholesterinämie - noch keinen Krankheitswert hat, sondern allenfalls als Risikofaktor angesehen werden kann. Diesem Risikofaktor kann unter anderem durch eine cholesterinarme Ernährung begegnet werden. Zwar teilt der Senat nicht die Auffassung der Klägerin, dass das Produkt "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" zwanglos in die Reihe der bei einem hohen Cholesterinspiegel günstigen Lebensmittel gehöre. Allerdings wird sich die Produktbeschreibung gleichwohl eher so verstehen lassen, dass der Konsum gesundheitsfördernde bzw. risikoverringernde Eigenschaften haben soll. Für entscheidend hält der Senat insoweit, dass ein erforderlicher Heilmittelbezug - also der Hinweis auf eine Krankheit - in der Internetwerbung nicht hergestellt wird, sondern allenfalls vom Verbraucher selbst aufgrund anderweitig gewonnener Erkenntnisse hergestellt werden kann. Die Werbeaussagen beschränken sich mithin (allenfalls) auf Angaben zur Reduzierung eines Krankheitsrisikos, die nach den oben dargestellten unionsrechtlichen Regelungen für Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmittel zwar einem Zulassungsverfahren unterliegen könnten, nicht aber sogleich zur Bejahung der Eigenschaft eines (Präsentations-)Arzneimittels führen. Dies gilt auch in Anbetracht der oben zitierten komplizierten und sehr wissenschaftlich gehaltenen Passage zur Wirkungsweise von Monacolinen. Der Umstand, dass sich ein Teil der Verbraucher möglicherweise von einer solchen Beschreibung beeindrucken lässt, reicht für die erforderliche Herstellung eines Heilmittelbezuges nach Auffassung des Senats nicht aus. Der Zweck der Einbeziehung von Produkten in den Arzneimittelbegriff, die eine Arzneimitteleigenschaft nur nach ihrem Erscheinungsbild beanspruchen, dem Risiko der Verwendung eines wirkungslosen Präparates anstelle der geeigneten Heilmittel entgegenzuwirken, wird bei dieser Sichtweise nicht tangiert. Es fehlt - wie ausgeführt - nämlich bereits an einer Inanspruchnahme heilender Wirkungen. Es kommt hinzu, dass die "besonders wissenschaftlich" wirkenden Informationen nur einem Verbraucher zugänglich sind, der sich im Internetauftritt über das Produkt näher informieren will und den Reiter "Zusatz-Information" öffnet. Damit wird die "besonders wissenschaftlich" wirkende Beschreibung der im menschlichen Körper stattfindenden Abläufe nicht in das Zentrum der Produktwerbung gerückt. Selbst wenn man dem Internetauftritt - entgegen der Auffassung des Senats - krankheitsbezogene Werbeaussagen entnehmen wollte, würde es bei einem Verstoß gegen den auf Art. 2 Abs. 1 Buchst. b) und Abs. 3 der Richtlinie 2000/13/EG und Art. 6 der Richtlinie 2002/46/EG beruhenden § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verbleiben, nicht aber zugleich die Eigenschaft eines Präsentationsarzneimittels begründet sein.

cc) Anderweitige im Internet auffindbare Aussagen zu (Konkurrenz-)Produkten aus rot fermentiertem Reis sind für die Beurteilung, ob es sich bei dem von der Klägerin vertriebenen Produkt "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" um ein Präsentationsarzneimittel handelt, nicht heranzuziehen. Der VGH Baden-Württemberg hat zur Frage der Zurechenbarkeit ausgeführt, dass Aussagen Dritter in Internetforen oder ähnlichem, auf die die Vertreiberin weder Bezug nimmt noch Einfluss hat, ihr nicht zugerechnet werden können (Urt. v. 11.02.2010 - 9 S 3331/08 -, juris Rdnrn. 46 ff.). Begründet wird dies wie folgt:
"Zwar ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hierzu nicht ganz eindeutig, weil es lediglich ausgeführt hat, der Einwand, nicht für beliebige Veröffentlichungen in die Verantwortung genommen werden zu können, gelte „jedenfalls“ nicht für die eigenen und die Produktbeschreibungen des Herstellers, dessen Internetadresse auf dem Verpackungsetikett angegeben sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038, Rn. 23). Die Beschränkung auf ein zurechenbares Verhalten des Herstellers oder Verkäufers lässt sich aber aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ableiten. Denn Anknüpfungspunkt für die Verkehrsanschauung des durchschnittlich informierten Verbrauchers ist danach, dass das fragliche Erzeugnis „in Anbetracht seiner Aufmachung“ eine arzneimittelartige Wirkung haben müsse (ständige Rechtsprechung seit EuGH, Urteil vom 30.11.1983 - C-227/82 -, Slg. 1983, 3883, Rn. 18). Bezugspunkt der „Präsentation“ oder „Bestimmung“ ist demnach die „Aufmachung“ und damit ein dem Hersteller oder Verkäufer zurechenbares Verhalten. Eine andere Interpretation hätte zur Folge, dass dem Produkt die Verkehrsfähigkeit genommen würde, ohne dass der Klägerin eine unmittelbare Reaktion hierauf möglich wäre. Denn angesichts der fehlenden therapeutischen Wirksamkeit könnte eine Arzneimittelzulassung wohl nicht erreicht werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80, Rn. 26), die Beseitigung des arzneimittelartigen Erscheinungsbildes - die für den Vertrieb als Lebensmittel erforderlich wäre - steht der Klägerin mangels eigener Veranlassung oder Beherrschbarkeit aber ebenfalls nicht zur Verfügung. Sie wäre deshalb allein darauf verwiesen, durch entsprechende Werbeaussagen oder Produktgestaltungen dem - unabhängig von ihrem Verhalten - entstandenen Erscheinungsbild eines Arzneimittels entgegenzutreten. Ob eine derartige Obliegenheit als verhältnismäßige Ausgestaltung ihres Rechts auf berufliche Betätigung erachtet werden könnte, erscheint fraglich. Jedenfalls bis zum Erfolg derartiger Maßnahmen unterfiele das Produkt einem Verkaufsverbot, dessen Rechtfertigung Mühe bereiten würde. […]"
Dieser Beurteilung tritt der Senat bei. Auf die im Internet auffindbaren Hinweise zur Verwendung von rot fermentiertem Reis als Mittel der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) kommt es deshalb nicht entscheidungserheblich an. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, ergibt sich nach Auffassung aus den im Internet auffindbaren Aussagen zu Red-Rice-Produkten nicht ein daraus für das Produkt "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" resultierendes Gesamtbild eines Präsentationsarzneimittels. Wenn man eine Zurechnung der Aussagen Dritter überhaupt für möglich hält (vgl. dazu: Zipfel/Rathke: Lebensmittelrecht, Loseblatt, Stand: Juli 2010, C 101, Art. 2 Rdnr. 68l) müsste sich nach Auffassung des Senats die Arzneimitteleigenschaft der in Rede stehenden Produkte gleichsam aufdrängen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr bewegen sich die Aussagen Dritter - insbesondere die vom Beklagten herangezogenen Aussagen zu Konkurrenzprodukten der in G. ansässigen Firma H. GmbH im Internet - überwiegend im Bereich von Angaben zur Senkung eines Krankheitsrisikos (“Natürlich gut für Cholesterin”, "Cholesterin natürlich senken!"). Nach Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 1924/2006 dürften Angaben, die eine cholesterinsenkenden Effekt versprechen, generell ohnehin eher dem Bereich der Angaben über die Verminderung eines Krankheitsrisikos nach Art. 14 dieser Verordnung zuzurechnen sein, so dass sie nicht auch gleichzeitig dem Verbot des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB unterliegen können (vgl. Zipfel/Rathke: Lebensmittelrecht, Loseblatt, Stand: Juli 2010, C 102, § 12 Rdnr. 20a), geschweige denn (allein und für sich genommen) die Eigenschaft eines Präsentationsarzneimittels begründen können.

dd) Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der Zweifelsregelung in Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG, die durch die Änderungsrichtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 eingeführt wurde. Nach dieser Regelung gilt in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von "Arzneimittel" als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, die Richtlinie 2001/83/EG. In der anlässlich dieses Falles ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, dass diese Richtlinie in der geänderten Fassung nicht auf ein Produkt anzuwenden ist, dessen Eigenschaft als Funktionsarzneimittel wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist, ohne dass sie ausgeschlossen werden kann (EuGH, Urt. v. 15.01.2009 - C 140/07 -, juris Rdnr. 29). Allerdings hat der Gerichtshof diese Auslegung ausdrücklich nur auf einen nicht erfolgten Nachweis für ein Arzneimittel nach der Funktion bezogen und demgegenüber an den Schutzzweck des Begriffs des Präsentationsarzneimittels erinnert, dessen weite Auslegung die Verbraucher vor Erzeugnissen schützen soll, die nicht die Wirksamkeit besitzen, welche sie erwarten dürfen. Dies könnte so zu verstehen sein, dass anders als beim Funktionsarzneimittel die Zweifelsregelung beim Präsentations-arzneimittel gerade Geltung beansprucht. Dies bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung. Nach Auffassung des Senats ist nämlich - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen unter aa) bis cc) ergibt - nicht von einem Zweifelsfall auszugehen.



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