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Landgericht Düsseldorf Urteil vom 24.07.2009 - 20 S 139/08 - Zur Rechtsnatur eines Dienstleistungsvertrages über Google-Adwords-Suchmaschinenoptimierung

LG Düsseldorf v. 24.07.2009: Zur Rechtsnatur eines Dienstleistungsvertrages über Google-Adwords-Suchmaschinenoptimierung


Das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 24.07.2009 - 20 S 139/08) hat entschieden:
Das Geschäftsmodell der Suchmaschinenoptimalisierung basiert darauf, dass die Regeln der jedermann zur Verfügung stehenden Internetseite Google-Adwords so kompliziert sind, dass nur erfahrenen Anwendern eine zufriedenstellende Nutzung gelingt. Auf den Vertrag sind die Regeln des Dienstvertragsrechts anzuwenden, wenn vom Kunden des Dienstleisters nicht nachgewiesen werden kann, dass eine bestimmter Erfolg einer Adwords-Kampagne vertraglich vereinbart war. Alleine aus dem Umstand, dass die Anzeige in ca. 0,166 % der Fälle, in denen sie angezeigt wurde, auch angeklickt worden ist (rund 50 Klicks bei rund 30.000 Anzeigen), folgt nicht, dass der Dienstleister die Werbeanzeige falsch gestaltet hat, wenn der Kunde nicht darlegen kann, ob das viel, durchschnittlich oder wenig ist.




Siehe auch Adwords-Werbung bei Google und anderen Plattformen und Suchmaschinen und Stichwörter zum Thema Werbung


Gründe:

I.

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Forderungen aus einem Online-Marketingvertrag vom 30.4.2007 geltend. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von 1.248,31 € nebst Zinsen und 156,50 € vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.


II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus dem Online-Marketingvertrag ein Anspruch auf Zahlung von 1.248,31 € zu.

a) Unstreitig haben die Parteien den Vertrag am 30.4.2007 geschlossen.

b) Der Vertrag ist nicht infolge der vom Beklagten in der Klageerwiderung erklärten Anfechtung gemäß §§ 123 I, 142 I 143 I BGB als von Anfang an nichtig anzusehen.

Anhaltspunkte für eine arglistige Täuschung des Beklagten durch die Klägerin sind nicht ersichtlich. Diese soll darin bestehen, dass die Klägerin monatlich 250,00 € Laufzeitkosten und 299,00 € "Anschlusskosten" (jeweils netto) berechne, obwohl ihr selbst wesentlich geringere Kosten entstanden seien.

Welche Kosten der Klägerin tatsächlich entstanden sind, wird vom Beklagten nicht dargetan. Hierauf kommt es letztlich auch nicht an, weil eine Täuschung des Beklagten über diesen Punkt nicht ersichtlich ist. Dass die Klägerin monatlich 250,00 € berechnet, lässt keinerlei Schluss auf die ihr entstehenden Kosten zu und ist daher in keiner Weise irreführend. Die Klägerin hat in ihrem Vertrag auch nicht zum Ausdruck gebracht, bei der "Anschlussgebühr" handele es sich nur um einen durchlaufenden Posten, also um Kosten, die ihr selbst entstünden und die sie lediglich dem Kunden weiterberechne.

c) Auch die Voraussetzungen für eine Nichtigkeit des Vertrages wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten oder wegen Wuchers gemäß § 138 Abs. 1, Abs. 2 BGB sind nicht schlüssig dargetan.

Das Geschäftsmodell der Klägerin basiert nach ihrem Vortrag darauf, dass die Regeln der jedermann zur Verfügung stehenden Internetseite Google-Adwords so kompliziert sind, dass nur erfahrenen Anwendern eine zufriedenstellende Nutzung gelingt. Die Klägerin hat weiter dargelegt, dass Wettbewerber für ihr Know-how 150,00 € pro Monat verlangen, ohne dass hierin die Kosten enthalten seien, die beim Anklicken der Werbung durch die Internetseite Google-Adwords in Rechnung gestellt werden. Der für die Sittenwidrigkeit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte ist dem nicht erheblich entgegengetreten, so dass es an hinreichendem Vortrag zu einem Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung fehlt. Ebenso wenig kann ein auffälliges Missverhältnis im Sinne von § 138 II BGB festgestellt werden, von dem regelmäßig erst bei einem 100 % über dem Marktpreis liegenden Vertragspreis auszugehen ist (Palandt-Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 138 Rn. 67).

2. Der Vertrag hatte auch einen bestimmten Gegenstand, auf den sich die Vertragsparteien geeinigt haben, nämlich von der Klägerin über die Vertragslaufzeit zu schaltende Anzeigen bei Google-Adwords, die Interessenten auf die Internetseite des Beklagten aufmerksam machen sollten. Zugleich war es dem Beklagten über ein Monitoring-System jederzeit möglich, sich darüber zu informieren, wie oft die Anzeige geschaltet wurde und wie oft Google-Nutzer dem Link auf seine Internetseite folgten. Die Kammer folgt insoweit der glaubhaften Aussage der Zeugin ..., wonach dem Beklagten in einem ca. eineinhalb Stunden dauernden Gespräch erläutert wurde, dass die Klägerin Einträge bei Google-Adwords platziert und welche Vorteile sich hieraus für den Kunden ergeben sollen. Anhaltspunkte, an der Glaubwürdigkeit der nicht mehr im Unternehmen der Klägerin tätigen Zeugin zu zweifeln, bestehen nicht. Übereinstimmend mit der Aussage der Zeugin sind im Vertrag Hinweise auf das Monitoringsystem und die beworbene Internetseite genannt.

3. Die Klägerin hat die vertragsgemäße Leistung erbracht, insbesondere mindestens 3 Monate Anzeigen in Google-Adwords eingestellt.

Die als Anlage K6 (Bl. 115 GA) überreichte Aufstellung umfasst trotz ihrer anders lautenden Überschrift ("Startdatum: 8.6.2008", "Endedatum: 8.7.2008") einen Zeitraum vom 27.5.2007 bis 27.9.2007. Ferner hat die Klägerin am 3.7.2007 erstellte Ausdrucke (Bl. 67 – 75 GA) vorgelegt, auf denen die bei Google eingestellte Anzeige des Beklagten zu sehen ist.

Wenn der Beklagte gleichwohl pauschal jede Vertragstätigkeit der Klägerin bestreitet, ist dies unbeachtlich, zumal er selbst vorprozessual mit Schreiben vom 28.6.2006 auf die Online-Statistik der Klägerin und die "nun fast einen Monat laufende" Kampagne Bezug genommen hat. Dabei wird nicht verkannt, dass der Beklagte zugleich seine Enttäuschung über den Erfolg der Kampagne und sein Unverständnis darüber geäußert hat, für ihn sei nicht ersichtlich, was die Klägerin unternehme, damit seine Anzeige im Internet gefunden werde. Die Klägerin schuldete dem Beklagten jedoch keinen bestimmten Erfolg der Kampagne (vgl. nachfolgend in Ziffer 4.). Zudem hat sie spätestens im vorliegenden Rechtsstreit nachvollziehbar erklärt, welche Tätigkeit sie für den Beklagten entfaltet hat. Der Beklagte hatte zudem jederzeit die Möglichkeit, seine Kampagne zu verfolgen. Hierzu stellte das "Monitoring-System" die vom Vertrag vorgesehene Möglichkeit dar. Dass die Online-Statistik gefälscht wäre oder aus sonstigen Gründen tatsächlich nicht geschaltete Anzeigen aufweise, behauptet der Beklagte nicht. Der Einwand des Beklagten, das Monitoringsystem der Klägerin lasse nicht erkennen, "dass die angezeigten Besuche der Seite in Verbindung mit einer durch die Klägerin geschalteten "Google Ad"-Anzeige stehen", lässt nicht mit der gebotenen Klarheit erkennen, was der Beklagte damit behaupten möchte. Es sind weder Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin Anzeigen auf anderen Internet-Seiten als Google-Adwords geschaltet hat, noch bestehen Anhaltpunkte dafür, dass nicht die Klägerin, sondern ein Dritter die Anzeigen geschaltet hätte.

Unbeachtlich ist schließlich der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe die Marketingkampagne nicht binnen 30 Tagen gestartet. Aus den vorgenannten Gründen ist davon auszugehen, dass die Kampagne am 27.5.2007 und damit innerhalb der 30-Tages-Frist gestartet ist.

4. In dem Vorwurf des Beklagten, die Kampagne sei erfolglos geblieben, könnte die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs aus § 280 Abs. 1 BGB liegen. In dem Moment, in dem der Beklagte für die aus seiner Sicht wertlose Leistung zahlte, könnte sich ein Schaden realisieren mit der Folge, dass der Beklagte nach Treu und Glauben nicht zur Zahlung verpflichtet wäre (sogenannte dolo-agit-Einrede).

Der Beklagte hat jedoch nicht dargetan, wodurch die Klägerin konkret gegen eine Vertragspflicht verstoßen haben soll. Alleine aus dem Umstand, dass die Anzeige in ca. 0,166 % der Fälle, in denen sie angezeigt wurde, auch angeklickt worden ist (rund 50 Klicks bei rund 30.000 Anzeigen), folgt nicht, dass die Klägerin die Werbeanzeige falsch gestaltet hat. Der Beklagte hat nicht dazu vorgetragen, ob 30.000 Anzeigen oder das Anklicken von 0,166 % der Anzeigen unterdurchschnittlich wenig sind. Immerhin handelt es sich um Werbung, mit der die Nutzer von Google ungefragt überzogen werden.

5. Der Vertrag sieht für das monatliche "Entgelt" in § 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Zahlung spätestens 30 Tage nach Vertragsabschluss vor. Folglich trat gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB ab dem 31. Tag (= 31.5. bzw. 1.7. bzw. 31.7.2007) Verzug ein.

Die Höhe der Verzugszinsen folgt aus § 288 Abs. 2 BGB.

Der Anspruch auf Erstattung der vorprozessual entstandenen Anwaltskosten folgt aus § 286 I BGB. Zu erstatten sind

1,3 Geschäftsgebühr 136,50, Auslagenpauschale 20,00 = 156,50.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.

Streitwert: 1.248,31 €.



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