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OLG Stuttgart Urt. v. 11.05.2005 - 4 U 20/05 - Auf Drucker ist eine Geräteabgabe zu zahlen

OLG Stuttgart v. 11.05.2005: Auf Drucker ist eine Geräteabgabe zu zahlen


Das OLG Stuttgart (Urt. v. 11.05.2005 - 4 U 20/05) hat entschieden:

   Da Drucker und Plotter im Zusammenwirken mit anderen Geräten wie etwa einem PC oder einem Scanner die Funktion eines Vervielfältigungsgerätes erfüllen, unterfallen sie der Geräteabgabepflicht des § 54a UrhG. Voraussetzung für die Abgabepflicht ist nicht, dass die Geräte technisch in der Lage sind, die zu vervielfältigende Information zu speichern.

Anmerkung: Der BGH hat in der Revisionsinstanz gegenteilig entschieden.





Siehe auch
Drucker - Multifunktionsgeräte - Vergütungspflicht für Vervielfältigungen
und
Geräteabgabe - Vergütungspflicht für Vervielfältigungen im Wege der Ablichtung zum Schutz der Urheberinteressen


Zum Sachverhalt:


Im Rechtsstreit ging es um die Geräte-Abgabepflicht im Sinne von § 54 a Urheberrechtsgesetz für Drucker und Plotter, die einen “ASCII-Code“ verarbeiten. Die Klägerin als Verwertungsgesellschaft bejahte eine solche, während die Beklagte als Hersteller/Vertreiber der Geräte die Abgabepflichtigkeit verneinte. Die vorgerichtlich angerufene Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt (vgl. § 14 Urheberrechtswahrnehmungsgesetz) hat - wie deren Einigungsvorschlag vom 25.03.2004 (K 11 = Bl. 35) zeigt - die Auffassung der Klägerin grundsätzlich bestätigt.

Die Klägerin hat dort beantragt:

  1.  Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin jeweils nach Gerätetypen und Kalendermonaten aufgeschlüsselt Auskunft zu erteilen über die Art und die jeweilige Anzahl der durch sie oder durch die mit ihr mit Wirkung vom 01.11.2002 verschmolzenen Compaq-Unternehmen seit dem 01.04.2001 in der Bundesrepublik Deutschland veräußerten oder in sonstiger Weise in Verkehr gebrachten Drucker und Plotter, die ASCll-Code verarbeiten, sowie über die Anzahl der Vervielfältigungen (Papierausdrucke, bezogen auf das Format DIN A4), die das jeweilige Gerät pro Minute schnellstmöglich herstellen kann, und zwar

- in Schwarz/Weiß sowie
- in Farbe.


  2.  Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die vollständigen Namen und Anschriften der inländischen Bezugsquellen, von denen sie und die mit ihr verschmolzenen Compaq-Unternehmungen die in Antrag 1 genannten Geräte, soweit sie nicht selbst hergestellt oder importiert haben, bezogen haben, sowie Art (einschließlich Kopiergeschwindigkeit gemäß Antrag 1) und Anzahl der von diesen Quellen jeweils bezogenen Geräte jeweils nach Gerätetypen und Kalendermonaten aufgeschlüsselt anzugeben.

  3.  Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin für jedes Gerät, über welches sie nach Antrag 1 und 2 Auskunft zu erteilen hat, einen Betrag gemäß Tarif der Klägerin vom März 2001, abgedruckt im „Bundesanzeiger“ Nr. XX vom 30.03.2001, S. 5667 (Anlage K 1), zuzüglich 7 % Mehrwertsteuer sowie zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus dem für die Geräte des jeweiligen Kalendermonats zu zahlenden Betrag ab dem 11. Tag des diesem Kalandermonat jeweils nachfolgenden Kalendermonats zu bezahlen hat.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.

Mit Grund- und Teilurteil vom 22.12.2004 hat das Landgericht die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Auskunftsansprüche gemäß Klagantrag Ziff. 1 und 2 antragsgemäß zuerkannt.

Gegen dieses Urteil richtete sich die ordnungsgemäß eingelegte Berufung der Beklagten mit der Begründung, eine Abgabepflicht für Drucker/Plotter könne der gesetzlichen Regelung nach Wortlaut, Sinn und Zweck nicht entnommen werden. Im wesentlichen machte die Beklagte geltend:

Drucker seien keine Reprografiegeräte, sie fielen deshalb nicht unter § 54 a Urheberrechtsgesetz und könnten allein nicht vervielfältigen. Im Rahmen der Gerätekette Scanner/PC/Drucker habe der Bundesgerichtshof (Scanner-Urteil) entschieden, dass die urheberrechtliche Abgabe allein vom Gerät Scanner zu tragen sei und damit eine Abgabe auf den Drucker ausscheide. In der Konstellation ohne Scanner PC/Drucker komme § 54 a Urheberrechtsgesetz für den Drucker schon deshalb nicht zur Anwendung, weil hier ein fotomechanisches Verfahren (= Ablichtung) oder anderes Verfahren mit ähnlicher Wirkung und damit ein reprographisches Verfahren vorausgesetzt werde. Aber auch eine analoge Anwendung von § 54 a Urheberrechtsgesetz scheide aus, denn es liege keine planwidrige Regelungslücke vor und zudem stehe das Verbot einer extensiven Auslegung entgegen; zudem scheitere eine Abgabepflicht aus europarechtlichen Gründen, denn eine Abgabe auf Drucker sei nicht als „gerechter Ausgleich“ im Sinne der Urheberrechtsrichtline gerechtfertigt. Auch würde die Abgabepflicht eine Verletzung der Grundrechte der Beklagten aus Art. 12 (hilfsweise Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 bedeuten. Selbst wenn eine analoge Anwendbarkeit des § 54 a Urheberrechtsgesetz bejaht würde, scheide die Abgabepflicht für den Drucker (Plotter) aus, da dieser nicht das in der Gerätekette relevante Gerät im Sinne der BGH-Scanner-Entscheidung sei; abgabepflichtig sei in diesem Fall der Scanner als Zugangsgerät.

Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.




Aus den Entscheidungsgründen:


"... Das Landgericht hat zu Recht den Feststellungsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt sowie die Beklagte antragsgemäß zur Auskunft verurteilt.

1. Der Auskunftsanspruch der Klägerin stützt sich auf die §§ 54 g, 53, 54 a, 54 h Urheberrechtsgesetz i.V.m. § 6 Urheberrechtswahrnehmungsgesetz.

a) Der Drucker (Plotter) ist ein Gerät, das zu Vervielfältigungen im Sinne von §§ 54 a, 53 Urheberrechtsgesetz bestimmt ist. Zwar ist es für sich allein dazu nicht geeignet, im Zusammenwirken mit anderen Geräten wie etwa PC oder Scanner ermöglicht es jedoch ähnlich dem der Regelung des § 54 a Urheberrechtsgesetz zugrundeliegenden Fotokopiergerät Vervielfältigungen der genannten Art, wird in dieser Weise auch zweifellos häufig genutzt und ist letztlich auch dazu bestimmt. Diese funktionale Betrachtung reicht nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Scanner (Abgabepflicht bejaht) bzw. der Gerätekette Scanner/PC/Drucker vom 05.07.2001 (NJW 2002, 964; im folgenden: Scanner-Entscheidung) aus, wobei die Abgabepflicht im Sinne von § 54 a Urheberrechtsgesetz nicht voraussetzt, dass gerade dieses Gerät technisch in der Lage ist, die zu vervielfältigende Information zu speichern. Der Drucker unterfällt somit der Abgabepflicht gemäß §§ 54 a, 53 Urheberrechtgesetz. Dies entspricht neben der Auffassung der Schiedsstelle (K 11 = Bl. 35) auch der ganz herrschenden Literaturmeinung (vgl. Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberecht, 2004, § 54 a Rdnr. 9; Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 2002, § 54 a Rdnr. 5; Möhring/Nicolini/Gass, Urheberrecht, 2. Aufl., 2000, § 54 a Rdnr. 8 durch Verweis auf Fromm/Nordemann; Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., 1998, § 54 a Rdnr. 2; wohl auch Schricker, Urheberecht, 2. Aufl., 1999, § 54 a Rdnr. 9).

Nach Auffassung des Senats steht dem die Scanner-Entscheidung nicht zwingend entgegen. Der BGH hat hier ausgeführt, dass dann, wenn Geräte nur im Zusammenwirken mit anderen Geräten die Funktion eines Vervielfältigungsgeräts erfüllen, nicht sämtliche zu einer solchen Funktionseinheit gehörenden Geräte grundsätzlich der Vergütungspflicht nach § 54 a Urheberrechtsgesetz unterfallen; eine solche Aufteilung der Vergütungspflicht würde schon deswegen der gesetzlichen Regelung zuwiderlaufen, weil im Gesetz feste Verfügungssätze vorgesehen sind; im Übrigen sei es für eine derartige Funktionseinheit typisch, dass nicht für jedes der Geräte in derselben Weise davon ausgegangen werden könne, es sei im Sinne von § 54 a Abs. 1 Satz 1 Urheberrechtsgesetz zur Vornahme urheberrechtsrelevanter Vervielfältigungen bestimmt. Zwar mag die Formulierung des BGH in der genannten Entscheidung dafür sprechen, dass in der Funktionseinheit Scanner/PC/Drucker nur der Scanner als das Gerät vergütungspflichtig sein soll, das „am deutlichsten dazu bestimmt ist, zusammen mit PC und Drucker wie ein Vervielfältigungsgerät eingesetzt zu werden“, völlig eindeutig ist eine solche Aussage jedoch wie auch die Schiedsstelle im vorliegenden Verfahren und bspw. das Landgericht München AZ: 7 O 18484/03 meinen - nicht. Auch steht insbesondere nicht fest, welches Gerät bzw. welche Geräte z.B. bei einer Funktionseinheit ohne Scanner nicht vergütungspflichtig sein sollen. Im Rahmen einer gewollten Funktionseinheit und damit innerhalb einer Kausalkette lassen sich kaum mit hinreichender Sicherheit einzelne Glieder als wesentlich oder unwesentlich beurteilen, weshalb diese Glieder/Geräte insgesamt grundsätzlich als vergütungspflichtig anzusehen sind und allenfalls eine Differenzierung bei der Vergütungshöhe möglich erscheint.

b) Auch in der Kette (betriebsbereiter) PC/Drucker (Plotter) fällt der Drucker unter die Abgabepflicht gemäß § 54 a Urheberrechtsgesetz; die obigen Ausführungen gelten entsprechend. § 54 a Urheberrechtsgesetz setzt - entgegen der Auffassung der Beklagten - innerhalb der Funktionseinheit kein reprografisches (Vervielfältigungs-)Verfahren voraus (Reprografie ist die Sammelbezeichnung für die Kopierverfahren mittels elektromagnetischer Strahlung, also Licht-, Wärme-, Röntgenstrahlung; vgl. Brockhaus, Die Enzyklopädie in 24 Bänden, 20. Aufl.). Mit der Formulierung (§ 54 a Urheberechtsgesetz) „... durch Ablichtung oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung ...“ wird auf die vergleichbare vervielfältigende Wirkungund nicht auf ein der Ablichtung vergleichbares Verfahrenabgestellt. Die vervielfältigende Wirkung in der Funktionseinheit (ohne Scanner) PC/Drucker ist aber der Funktionseinheit Scanner/PC/Drucker „vergleichbar“.




Dies steht nicht in Widerspruch zur Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vom 22. Mai 2001 (abgedruckt z.B. bei Wandtke/Bullinger, Urheberecht, 2002, S. 1533 f.). Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich Art. 5 Abs. 2 a dieser Rechtlinie auch i.V.m. Erwägungsgrund 37 nicht entnehmen, dass bei „andere Verfahren mit ähnlicher Wirkung“ nur Regelungen gemeint sind, die sich auf reprografische Vervielfältigungen beziehen. Aus Art. 5 Abs. 2 a der Richtlinie ergibt sich diese Einschränkung nicht, denn dort ist wie in § 54 a Urheberrechtsgesetz auf die ähnliche Wirkungabgestellt, und die bloße Erwähnung der Reprografie in Erwägungsgrund 37 zwingt nicht zu einer Art. 5 Abs. 2 a Richtlinie einschränkenden Auslegung.

c) Drucker (Plotter) können auch zur Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Vorlagen (Sprachwerke in Schriftform, Werke in der bildenden Kunst oder deren Abbildungen, Lichtbilder, Pläne, Karten etc.) genutzt werden (§ 53 Urheberrechtgesetz) und zwar sowohl in den Funktionseinheiten Scanner/PC/Drucker als auch (betriesbereiter) PC/Druck oder Internet/PC/Drucker. Für eine Vergütungspflicht im Sinne von § 54 a Urheberrechtgesetz genügt zwar bereits die Geeignetheit des Geräts, so dass es insoweit nicht auf den Umfang der urheberrechtsrelevanten Nutzung ankommt (BGHZ 140, 326 Telefaxgeräte), doch ist auch tatsächlich von einer erheblich urheberrechtlich relevanten Vervielfältigungstätigkeit auszugehen. Zu dieser Feststellung gelangt der Senat aufgrund eigener beruflicher Erfahrung, den im Einigungsvorschlag der Schiedsstelle vom 25.03.2004 (dort S. 21) enthaltenen Wissensbekundungen sowie aufgrund der von der Klägerin vorgelegt GFK-Studie. Zwar kann diese urheberrechtlich relevante „erhebliche“ Nutzung nicht näher quantifiziert werden, der Senat ist jedoch überzeugt davon, dass auch unter Berücksichtigung von Ausnahmetatbeständen ein Umfang erreicht ist/wird, der nicht ohne angemessene Entschädigung/Vergütung des Urhebers bleiben kann. Ein angemessener Ausgleich des Urhebers ist jedoch das Anliegen der Richtlinie wie auch der Regelung der §§ 54 a, 53 Urheberrechtsgesetz. Auf dieser Grundlage sieht der Senat bei einer entsprechenden Abgabepflichtigkeit für den Drucker auch keine Verletzung von Grundrechten (Art. 12, 2, 3 GG) der Beklagten, wobei im Rahmen des angemessenen Ausgleichs auch die Interessen des Geräteherstellers/Gerätevertreibers sowie des Endnutzers zu berücksichtigen sind. Die von der Beklagten für den Bereich elektronisch vorgehaltener Texte und Bilder geltend gemachte technische Möglichkeit, den unerlaubten Ausdruck urheberrechtlich geschützter Werke unmöglich zu machen („Digital-Rights-Management-Systeme“) ändern daran nach Auffassung des Senats jedenfalls derzeit nichts. Die technischen Schutzmaßnahmen erscheinen noch nicht so mangelfrei ausgereift, dass ein umfassender Schutz möglich ist (vgl. auch Dreyer/Kotthoff/Meckel a.a.O. § 54 c Rdnr. 4 im Zusammenhang mit Bild- und Tonträgern).



2. Gesetzliche Grundlage für den die Vergütung betreffenden Feststellungsantrag sind die §§ 54 a, 53, 54 d, 54 h Urheberrechtgesetz i.V.m. § 6 Urheberrechtswahrnehmungsgesetz.

a) Der Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage steht nicht die Möglichkeit eines Leistungsantrages im Rahmen einer Stufenklage (§ 254 ZPO) entgegen. Im Bereich des Urheberrechts (und gewerblichen Rechtsschutzes) entfällt der an sich gegebene Vorrang der Leistungsklage (vgl. BGH vom 15.05.2003 = MDR 2003, 1304, 1305). Auch das vom Landgericht insoweit erlassene Grundurteil (§ 304 ZPO), das von den Parteien als solches nicht problematisiert wird, ist zulässig. Denn der Feststellungsantrag nimmt hinsichtlich der geforderten Vergütung Bezug auf den von der Klägerin für Drucker/Plotter erlassenen Tarif (K 1 = Bl. 25), weil die Klägerin der Auffassung ist, die Beklagte schulde die dort genannten Beträge als angemessene Vergütung. Damit handelt es sich um einen beziffertenFeststellungsantrag, bei dem der Erlass eines Grundurteils zulässig ist (vgl. BGH NJW 1994, 3296 m.w.N.; Zöller, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 304 Rdnr. 3).

b) Aus den Ausführungen unter Ziff. II. 1. ergibt sich die Begründetheit des Grundurteils.

3. Kostenentscheidung: § 97 Abs. 1 ZPO. Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision wird im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache zugelassen. ..."

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