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OLG Jena Beschluss vom 01.12.2009 - 1 Ws 445/09 - Herkunftsangabe muss bei Unklarheit einen klärenden Zusatz haben

OLG Jena v. 01.12.2009: Herkunftsangabe muss bei Unklarheit einen klärenden Zusatz haben


Das OLG Jena (Beschluss vom 01.12.2009 - 1 Ws 445/09) hat entschieden:
  1. Die VO (EG) Nr. 1383/2003 verhält sich nicht über den Kennzeichenschutz einer geografischen Herkunftsangabe (§ 126 Abs. 1 MarkenG) bei Bestehen einer Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft der mit ihr gekennzeichneten Ware (§ 127 Abs. 1 MarkenG).

  2. Bei der Beantwortung der Frage, ob die als irreführend angegriffene geografische Herkunftsangabe bei einem nicht unwesentlichen Teil der Verkehrskreise eine unrichtige Vorstellung über die geografische Herkunft des Produkts hervorruft, ist auf die berechtigten Erwartungen eines verständigen Verbrauchers abzustellen. Jedenfalls dann, wenn die Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören und sich die Angabe auf Gegenstände des allgemeinen Bedarfs bezieht, ist das Gericht nicht gehindert, die Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde und Lebenserfahrung zu treffen; der Einholung eines Gutachtens auf Grundlage einer Verbraucherbefragung bedarf es dann nicht. Dies ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 08.09.2009, Az.: C-478/07.

  3. Die VO (EG) Nr. 510/06 steht dem Schutz der einfachen geografischen Herkunftsangabe nach Maßgabe der §§ 126, 127 Abs. 1 MarkenG nicht entgegen.

  4. Dass die Betroffene Inhaberin der Wort-/Bildmarke „Lausitzer Früchte“ ist, steht dem im Interesse der Allgemeinheit gewährten Schutz der geografischen Herkunftsangabe im Sinne des § 127 Abs. 1 MarkenG nicht entgegen. Vielmehr bleibt es auch in solchen Fällen der Beurteilung des Einzelfalls vorbehalten, ob die Verwendung dieser Bezeichnung eine Irreführung einschließt.

  5. Der Begriff der geografischen Herkunftsangabe setzt nicht voraus, dass der Verkehr mit dem angegebenen oder suggerierten Herkunftsort regionale Besonderheiten verbindet, die für die Qualität der Ware oder die Art ihrer Produktion bedeutsam sein können. Entsprechender Feststellungen bedarf es nur, wenn für eine solche qualifizierte geografische Herkunftsangabe der Schutz des § 127 Abs. 2 MarkenG beansprucht wird.

  6. Das aus § 127 Abs. 1 MarkenG hergeleitete Verbot steht unter dem Vorbehalt seiner Verhältnismäßigkeit. Gewichtige Unternehmensinteressen können gegenüber dem Kennzeichnungsverbot aber nur dann durchgreifen, wenn auch die gleichermaßen zu beachtenden Belange der Markt- und Verbraucherkreise, vor Irreführung geschützt zu werden, Berücksichtigung finden. Deshalb ist regelmäßig zu verlangen, dass in diesen Fällen zumindest entlokalisierende Zusätze oder Ergänzungen (etwa die Angabe des Produktionsortes) auf der Ware angebracht werden.



Siehe auch Werbung mit Herkunftsangaben und Stichwörter zum Thema Wettbewerb


Gründe:

I.

Die Betroffene ist ein frucht- und gemüseverarbeitender Betrieb mit Sitz in S. Sie ist unter der Bezeichnung „L. GmbH“ im Handelsregister eingetragen. Gleichzeitig hält sie beim deutschen Patent- und Markenamt unter anderem die Wort-/Bildmarke „Lausitzer Früchte“. Unter diesem Markenzeichen firmiert und wirbt sie auf dem Markt.

Am 08.09.2009 hat das Hauptzollamt E. bei einer Kontrolle auf der Autobahn BAB 4 am Rastplatz „H“ 30 Paletten mit jeweils 64 Kartons mit insgesamt 23 040 Gläsern Gewürzgurken nach § 151 MarkenG mit der Begründung beschlagnahmt, die an den Gläsern angebrachten Etiketten seien widerrechtlich mit geographischen Herkunftsangaben ausgestattet.

Die beschlagnahmten Waren stammen aus der Türkei und sind von dort in das Gebiet der Europäischen Gemeinschaften eingeführt worden. Vorgesehener Warenempfänger war ausweislich des vom Frachtführer vorgelegten Frachtbriefes die Betroffene. Die beanstandeten Gläser mit Gewürzgurken sind jeweils mit einem Etikett ausgestattet, das auf überwiegend grün/gelbem Grund die Wort-/Bildmarke „Lausitzer Früchte“ und darunter die Bezeichnung „Gewürzgurken“ ausweist. Außerdem ist auf den Etiketten jeweils die vollständige Firmenbezeichnung der Betroffenen „L. GmbH“ nebst Anschrift angebracht. Ein Hinweis, dass die Gewürzgurken tatsächlich aus der Türkei stammen, befindet sich dagegen nicht auf dem Etikett.

Gegen die Beschlagnahme hat sich die Betroffene mit ihrem Antrag vom 10.09.2009 auf gerichtliche Entscheidung gewendet. Zur Begründung dieses Antrages hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei der Firmierung „Lausitzer Früchte“ nicht um eine geografische Herkunftsangabe, sondern allein um ihre – eingetragene – Firma bzw. Marke handele. Ein Zusammenhang zwischen ihrer Firmierung und der Warenbezeichnung bestehe nicht.

Auch optisch benutze die Betroffene die Bezeichnung „Lausitzer Früchte“ nicht zur Qualifizierung der Ware „Gewürzgurken“; diese würden ausschließlich mit der Bezeichnung „Gewürzgurken Premium-Qualität“ definiert.

Mit Beschluss vom 14.10.2009 hat das Amtsgericht Erfurt den Antrag der Betroffenen auf Aufhebung der Beschlagnahme und Freigabe der beschlagnahmten Waren kostenpflichtig verworfen.

Gegen diesen ihr am 16.10.2009 zugestellten Beschluss wendet sich die Betroffene mit ihrer beim Thüringer Oberlandesgericht am 21.10.2009 eingegangenen sofortigen Beschwerde, die sie näher ausgeführt damit begründet, die angefochtene Entscheidung gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass die Betroffene widerrechtlich eine geschützte Ursprungsbezeichnung für ihr Produkt „Gewürzgurken“ verwende.

Der Schutztatbestand des § 126 Abs. 1 MarkenG greife nicht ein. Rechtsfehlerhaft habe es das Amtsgericht unterlassen, ein Gutachten auf Grundlage einer Verbraucherbefragung einzuholen, das das Bestehen einer entsprechenden geographischen Herkunftsangabe feststellt. Zumindest hätte sich das Amtsgericht mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die Bezeichnung „Lausitzer Früchte“ nach der Verordnung VO 510/2006 überhaupt schutzfähig sei. Das Markengesetz entfalte seinen Schutzzweck dann nicht, wenn – wie hier – ein Herkunftshinweis nicht als geographische Herkunftsangabe benutzt werde, die Bezeichnung aber nach der Verkehrsauffassung als geographische Herkunftsangabe verstanden werde. Dies sei nur für das Wettbewerbsrecht relevant. Die Aufmachung des Etikettes weise nur auf die Zugehörigkeit der Ware zu dem unter „Lausitzer Früchte“ firmierenden Unternehmensbereich der Betroffenen hin. Ein Verweis auf die geographische Herkunft der im Glas befindlichen Gewürzgurken befinde sich auf dem Etikett jedoch nicht. Durch die kreisrunde Einblendung der Bezeichnung „Lausitzer Früchte“ und der mit einer anderen Schrift verwendeten Bezeichnung „Lausitzer“ werde auch im ausreichenden Maße eine Trennung der Produktbezeichnung „Gewürzgurken“ und der Firmierung „Lausitzer Früchte“ vorgenommen. Darüber hinaus kennzeichne das eingekreiste R. die Marke „Lausitzer Früchte“ eindeutig als eine solche und gerade nicht als Herkunftsbezeichnung für das dazugehörige Produkt. Die Region „Lausitz“ werde in Verkehrskreisen nicht mit Obst und Gemüse in Verbindung gebracht. Spreewaldprodukte würden auch explizit mit der Bezeichnung „Spreewald“, werben, jedoch nicht mit einer Herkunft aus der Lausitz. Die überwiegende Mehrheit der Verbraucher dürfte gar nicht wissen, dass der Spreewald zur Lausitz gehöre. Inwieweit die beteiligten Verkehrskreise eine geographische Herkunft kennen und bestimmte Waren mit dieser verbinden, sei jedoch von entscheidender Bedeutung. Die Betroffene könne auch nicht darauf verwiesen werden, sie müsse entlokalisierende Zusätze verwenden, da die Rechtsprechung diese regelmäßig nur dann fordere, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Produkt und der geographischen Bezeichnung bestehe.

In jedem Fall sei eine etwaige Rechtsverletzung nicht offensichtlich. Dies sei nur dann der Fall, wenn sie so eindeutig sei, dass eine ungerechtfertigte Belastung des Dritten ausgeschlossen erscheine. Eine unklare Rechtslage schließe die Anwendung des § 151 MarkenG aus. Eine solche liege vor, wenn weder eine Rechtsverordnung existiere, die die Region Lausitz als geographische Herkunftsangabe schütze, noch es Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Schutzbereich des § 126 MarkenG erfüllt sei. Auch habe sich das Amtsgericht Erfurt mit der Annahme, dass die Marke „Lausitzer Früchte“ gegen § 126 MarkenG verstoße über die rechtliche Einschätzung der für die Eintragung der Wort-/Bildmarke „Lausitzer Früchte“ zuständigen Markenamtes hinweggesetzt. Dieses habe bis zum heutigen Tage die eingetragene Marke „Lausitzer Früchte“ nicht gem. § 8 Abs. 2 MarkenG als eintragungsunfähig angesehen. Auch hieraus ergebe sich, dass das Merkmal der Offensichtlichkeit im Sinne von § 151 Abs. 1 Satz 1 MarkenG nicht vorliege.

Zu der sofortigen Beschwerde hat das Hauptzollamt Erfurt am 16.11.2009 mit dem Antrag Stellung genommen, diese als unbegründet zu verwerfen.

Hierauf hat die Betroffene am 23.11.2009 und 27.11.2009 erwidert.


II.

Die nach § 151 Abs. 4 Satz 2 MarkenG statthafte und auch zulässig, insbesondere fristgerecht, §§ 46 Abs. 1 OWiG, 311 Abs. 2 StPO, eingelegte sofortige Beschwerde, über die gemäß § 151 Abs. 4 Satz 3 MarkenG das Oberlandesgericht entscheidet, hat in der Sache keinen Erfolg.

Die in Rede stehenden 23.040 Gläser Gewürzgurken unterliegen der Beschlagnahme zum Zwecke der Beseitigung einer widerrechtlichen Kennzeichnung, weil sie widerrechtlich mit einer nach dem Markengesetz geschützten Herkunftsangabe versehen sind, die Rechtsverletzung offensichtlich ist und die Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 nicht anzuwenden ist (§ 151 Abs. 1 Satz 1 MarkenG).

1. Die Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 vom 22.07.2003 verhält sich über das Vorgehen der Zollbehörden gegen Waren, die im Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu verletzen und regelt die Maßnahmen gegenüber Waren, die anerkanntermaßen derartige Rechte verletzen.

Hierum geht es vorliegend nicht.

2. Voraussetzung des Kennzeichenschutzes einer geographischen Herkunftsangabe (§ 126 Abs. 1 MarkenG) ist das Bestehen einer Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft der mit ihr gekennzeichneten Ware (§ 127 Abs. 1 MarkenG).

Dabei kommt es darauf an, ob die angegriffene Bezeichnung bei einem nicht unwesentlichen Teil der Verkehrskreise eine unrichtige Vorstellung über die geographische Herkunft des Produkts hervorruft, wobei auf die berechtigten Erwartungen eines verständigen Verbrauchers abzustellen ist (Hanseatisches OLG, Beschluss vom 14.07.2005, Az.: 2 Ws 130/05, m.w.N., bei juris).

Um dies festzustellen, muss kein Gutachten auf Grundlage einer Verbraucherbefragung eingeholt werden. Dies ergibt sich aus der von der Betroffenen für diese Auffassung in Bezug genommene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 08.09.2009, Az.: C-478/07, bei juris) gerade nicht. Vielmehr wird darin ausdrücklich festgestellt, dass das Gemeinschaftsrecht hierzu keine besondere Bestimmung enthält (EuGH, a.a.O., Rn. 87) und dies nach nationalem Recht zu entscheiden ist (EuGH, a.a.O., Rn. 89). Das nationale Recht schreibt die Einholung eines derartigen Gutachtens jedoch nicht vor.

Das Gericht ist auch nicht gehindert, die Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde und Lebenserfahrung zu treffen.

Die Beurteilung der Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde setzt u.a. voraus, dass es sich bei dem verwendeten Begriff um einen solchen handelt, dessen Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und naheliegend ist, und dass keine Gründe vorliegen, die Zweifel an dem vom Gericht angenommenen Verkehrsverständnis wecken. Diese Annahme liegt umso näher, wenn die Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören und sich die Angabe auf Gegenstände des allgemeinen Bedarfs bezieht (BGH, Urteil vom 10.08.2000, Az.: I ZR 126/98, bei juris Rn. 29). Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ist bereits das Amtsgericht Erfurt bei der Beurteilung des Verkehrsverständnisses der Bezeichnung „Lausitzer Frucht“ rechtsfehlerfrei ausgegangen.

Entgegen der Auffassung der Betroffenen ist auch nicht anstelle der Einholung eines Gutachtens eine Auseinandersetzung mit der Verordnung (EG) Nr. 510/06 veranlasst.

Die soll einen einheitlichen Schutz der von ihr erfassten Bezeichnungen in der Gemeinschaft sicherstellen und hat als Voraussetzung dafür, dass diese in jedem Mitgliedstaat Schutz genießen können, die Eintragung dieser Bezeichnungen auf Gemeinschaftsebene eingeführt. Dem Mitgliedstaat steht es dann nicht mehr frei, ihren Erzeugern zu erlauben, in ihrem Hoheitsgebiet eine der Angaben oder eines der Zeichen, die nach Art. 8 der Verordnung Nr. 510/2006 den nach dieser Verordnung eingetragenen Namen vorbehalten sind, zu benutzen, indem sie sich auf eine nationale Berechtigung berufen (EuGH, a.a.O., Rn. 112). Hierum geht es jedoch vorliegend ersichtlich nicht.

Jedenfalls für die hier in Rede stehende einfache geografische Herkunftsangabe ist geklärt, dass sie auf mitgliedstaatlicher Ebene weiterhin nach Maßgabe der §§ 126, 127 Abs. 1 MarkenG geschützt werden kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 126 Rn 40 m.w.N.).

Dass die Betroffene Inhaberin der Wort-/Bildmarke „Lausitzer Früchte“ ist, steht dem im Interesse der Allgemeinheit gewährten Schutz der geografischen Herkunftsangabe im Sinne des § 127 Abs. 1 MarkenG nicht entgegen. Eine Ortsangabe, die aufgrund ihrer Benutzung durch einen bestimmten Betrieb sich für diesen als ein Herkunftshinweis durchgesetzt hat, verliert dadurch nicht ihre ursprüngliche Eigenschaft als geografische Angabe. Es bleibt vielmehr auch in solchen Fällen der Beurteilung des Einzelfalls vorbehalten, ob die Verwendung dieser Bezeichnung eine Irreführung einschließt (BGH, Urteil v. 02.07.1998, Az.: I ZR 55/96, bei juris). Entgegen der Auffassung der Betroffenen ist die von ihr angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts Erfurt daher nicht schon bereits deshalb rechtsfehlerhaft, weil es sich mit seiner Annahme, die Verwendung der Marke „Lausitzer Früchte“ auf dem Etikett verstoße gegen §§ 126, 127 MarkenG über die rechtliche Einschätzung des für die Eintragung der Wort-/Bildmarke „Lausitzer Früchte“ zuständigen Markenamtes hinweggesetzt habe. Der bereits im Interesse der Allgemeinheit gewährte Schutz (einfacher) geografischer Herkunftsangaben, der jedem zusteht, der seine Betriebsstätte in der bezeichneten Region unterhält, wird nicht dadurch aufgehoben, dass einem Betrieb diese Bezeichnung als Herkunftshinweis kraft Benutzung geschützt ist. Die Rechtsstellung regionaler Wettbewerber wird hierdurch lediglich dahin eingeschränkt, dass eine Verwendung der Herkunftsangabe als Unternehmenshinweis dem besseren Schutz des Markeninhabers weichen muss (BGH, Urteil v. 02.07.1998, Az.: I ZR 55/96, bei juris).

Dementsprechend ist auch unerheblich, ob die Betroffene die Verwendung ihrer Marke auf dem Etikett tatsächlich als geografische Herkunftsangabe verstanden wissen wollte. Nach dem Zweck des § 127 Abs. 1 MarkenG, dem Schutz der Allgemeinheit und insbesondere des Wettbewerbs, kommt es allein darauf an, dass die Bezeichnung nach der Verkehrsauffassung als geografische Herkunftsangabe verstanden wird.

Nach der beschriebenen Aufmachung des Etiketts wird bei einem nicht unwesentlichen Teil der Verkehrkreise, insbesondere bei einem verständigen Verbraucher, die unrichtige Vorstellung hervorgerufen, die Gewürzgurken stammten aus der Lausitz. Dass der Begriff „Lausitzer Früchte“ Bestandteil des im Handelsregister eingetragenen Firmennamens der Betroffenen ist, dieser vollständige Firmenname auf dem Etikett ebenfalls aufgedruckt ist und für die Betroffene im Markenregister die Wortbildmarke „Lausitzer Früchte“ eingetragen und die Verwendung dieser Marke auf dem Etikett mit einem eingekreisten R gekennzeichnet ist, wirkt diesem Eindruck nur unzureichend entgegen.

Entgegen der Auffassung der Betroffenen ist es für die Anwendbarkeit von §§ 126, 127 MarkenG auch nicht von Bedeutung, dass die beteiligten Verkehrskreise bestimmte Produkte und regionale Besonderheiten mit der Lausitz verbinden.

Der Begriff der geografischen Herkunftsangabe setzt nicht voraus, dass der Verkehr mit dem angegebenen oder suggerierten Herkunftsort regionale Besonderheiten verbindet, die für die Qualität der Ware oder die Art ihrer Produktion bedeutsam sein können. Entsprechender Feststellungen bedarf es nur, wenn für eine solche qualifizierte geografische Herkunftsangabe der Schutz des § 127 Abs. 2 MarkenG beansprucht wird (BGH, Urteil v. 02.07.1998, Az.: I ZR 55/96, bei juris). Die von der Betroffenen für ihre Auffassung in Bezug genommene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 04.05.1999 (Az.: RS.C – 108 und 109/97, bei juris) ist nicht einschlägig, denn sie verhält sich über die Eintragungsfähigkeit einer geografischen Herkunftsangabe als Marke.

Allerdings steht auch das aus § 127 Abs. 1 MarkenG hergeleitete Verbot unter dem Vorbehalt seiner Verhältnismäßigkeit (BGH, Urteil v. 02.07.1998, Az.: I ZR 55/96, bei juris, m.w.N.). So ist zu berücksichtigen, wenn der Markeninhaber sich – wie der Senat hier zugunsten der Betroffenen annimmt – mit seiner einen Gebietsnamen enthaltenden Marke ein wertvolles Kennzeichen, welches zugleich unternehmenskennzeichnend ist, aufgebaut hat; es erweist sich alsdann für ein expandierendes Unternehmen geradezu als ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft, die Kennzeichnungskraft des weithin bekannten Unternehmens kennzeichnend auch bei der Fortentwicklung des eigenen Unternehmens einzusetzen. Zu den Gegebenheiten eines florierenden Unternehmens kann es danach auch gehören, dass dieses weitere Produktionsstätten an anderen Orten aufbaut oder erwirbt, um dort der Expansion des Geschäftsbetriebes Rechnung tragen zu können. Es besteht dann ein berechtigtes Interesse daran, die erfolgreiche Unternehmensstrategie unter Beibehaltung des wichtigsten immateriellen Gutes, der – einen Gebietsnamen enthaltenden – Marke, fortzusetzen.

Diese gewichtigen Interessen können gegenüber dem Kennzeichnungsverbot des § 127 Abs. 1 MarkenG allerdings nur dann durchgreifen, wenn auch die gleichermaßen zu beachtenden Belange der Markt- und Verbraucherkreise, vor Irreführung geschützt zu werden, Berücksichtigung finden. Dementsprechend ist zu verlangen, dass die Betroffene entlokalisierende Zusätze oder Ergänzungen (etwa die Angabe des Produktionsortes, hier: Türkei) in ihre Etiketten aufnimmt.

3. Die Rechtsverletzung ist auch offensichtlich.

Das Merkmal der Offensichtlichkeit dient dem Zweck, sicherzustellen, dass die Beschlagnahme von Waren, die einen erheblichen Eingriff in den Warenverkehr bedeutet, bei unklarer Rechtslage unterbleibt und ungerechtfertigte Beschlagnahmen weitestgehend ausgeschlossen werden. (Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 146 Rn. 7 m.w.N.).

Vorliegend ist die Rechtslage eindeutig. Die Beschlagnahme ist gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 151 Abs. 4 MarkenG, 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.



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